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Gütersloher Zeitung , 29.07.2005 :

Der Bunker nebenan / Rietberger Brüder erkunden Schutzanlage auf dem eigenen Hof

Rietberg (NW). Wenzel und Karl-Heinz Stroop haben ein bombensicheres Versteck. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn neben Küche und Wohnzimmer liegt der eigene Bunker.

Die Geschichte des Rietberger Scheinflughafens ist bekannt. Doch was in seinem Umfeld geschah, das blieb lange Zeit verborgen. Jetzt machten Wenzel und Karl-Heinz Stroop aufmerksam auf eine Baumaßnahme, die 63 Jahre zurückliegt und in Vergessenheit geraten ist.

Bei einem Besuch von Bürgermeister André Kuper und Hubert Deittert zeigten die Brüder auf dem Hof an der Delbrücker Straße, was sich hinter der harmlos aussehenden Geschirrkammer am Pferdestall verbirgt. Ein bombensicherer Schutzbunker.

Erbaut Anfang der 40er Jahre. "Er sollte für die nahe dem Scheinflughafen wohnenden Leute eine Hilfestellung sein", so Karl-Heinz Stroop. Die Flugplatzattrappe war mit Kriegsbeginn aufgebaut worden. Südlich der Emsstadt entlang der Delbrücker Straße bis nahe der Kreisgrenze Paderborn hatten seinerzeit Einheiten des so genannten Reichsarbeitsdienstes Baracken errichtet, die aus der Luft Flughafengebäuden täuschend ähnlich sahen.

Ein Reichsbahn-Kesselwagen wurde originalgetreu nachgebaut und ebenso entstanden falsche Flugzeuge. Sperrholz und Sackleinwand dienten als Material, versehen mit dem üblichen Tarnanstrich.

Die Anlage sollte feindliche Bomber anlocken und so von den Städten Gütersloh und Lippstadt samt den dortigen Militärflugplätzen ablenken. Die an das Pseudoflughafengelände anliegenden Höfe waren dadurch in Gefahr, von eventuellen Bomben getroffen zu werden.

Im Herbst 1940, die ersten Bomben waren bereits niedergegangen, rückte ein Bautrupp an, der an den Höfen Unterstände errichtete, in denen die Bewohner bei Luftgefahr Schutz suchen sollten. Dabei handelte es sich um Unterstände in Form abgedeckter Splittergräben.

Sie wurden einen Meter tief in der Erde angesetzt, innen Holz verschalt und nach oben hin mit Erde überdeckt, ragten aber anderthalb Meter über dem Bodenniveau heraus. "Im Winter 1941/42 wurden insgesamt 12 feste Bunker gebaut", erinnern sich die Brüder Stroop. Die Bunker an den Bauernhöfen führten eine Stufe hinunter ins Erdreich. Sie bestanden aus 50 Zentimeter dickem Mauerwerk aus Hartbrandsteinen und hatte eine 35 Zentimeter starke Stahlbetondecke. Fenster gab es nicht. Die Eingangstür war 90 mal 200 Zentimeter groß, nach außen aufgehend und versehen mit einer Splitterwand. Das Grundmaß lag bei etwa 2,05 Metern mal 4,66 Metern. Der Bunker war rund 2,30 Meter hoch. Eingebaut war ein Schornstein für einen Ofen. "Die Inneneinrichtung wie Bett und Stühle mussten von der Bevölkerung selbst bereit gestellt werden", so Karl-Heinz Stroop.

Vor allem nachts, wenn die Bomber Richtung Paderborn und Kassel flogen habe die ganze Familie oft stundenlang auf den knapp zehn Quadratmetern ausharren müssen, doch als Kinder habe man das eher als eine Art Abenteuer angesehen. Wie stabil und fest die Schutzanlagen waren, habe sich dort gezeigt, wo sie nach dem Krieg seitens der Hofbesitzer abgerissen werden sollten.

Auf dem Stroop'schen Hof ist die Bunkeranlage noch vorhanden, doch man muss genau hinsehen, um sie als solche zu erkennen. Vordergründig gehört sie als Geschirrkammer direkt an die Pferdeställe angebaut zum Gesamtscheunenkomplex. Bei nahem Betrachten erkennt man die andere Gesteinsart und die außergewöhnliche Dicke der Mauer. In den Geschichtsbüchern fand sich bis dato jedoch nirgendwo ein Hinweis.


lok-red.guetersloh@neue-westfaelische.de

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