www.hiergeblieben.de

Gütersloher Zeitung , 28.07.2005 :

(Kreis Gütersloh/Rietberg) Adamjans haben noch mehrere Eisen im Feuer / Verwaltungsgericht Minden verhandelt Widerspruch gegen die drohende Abschiebung / Kirche erklärt sich solidarisch

Gütersloh/Rietberg (ost). Mit dem Fall der von Abschiebung bedrohten armenischen Familie Adamjan befasst sich jetzt auch das Verwaltungsgericht Minden. Am Freitag, 12. August, kommt es zur Verhandlung. Die Anwältin der Mutter Neli Adamjan und ihrer behinderten Zwillingstöchter Agnes und Adrine (14) hatte Widerspruch gegen die Abschiebung eingelegt.

Die Bielefelder Anwältin Catrin Hirte-Piel argumentiert, dass die mangelnde medizinische und therapeutische Versorgung in Armenien ein Abschiebehindernis darstellt. Die Zwillinge könnten dort nicht angemessen betreut werden.

In einer Stellungnahme zu dem Fall teilt die Diözese der armenischen Kirche in Deutschland diese Ansicht. Das medizinische System in Armenien sei mangelhaft ausgestattet, zudem sei die Versorgung nicht kostenlos. Der Erzbischof der Diözese schreibt, er möge sich kaum vorstellen, welche "verheerende Folgen" die Aufgabe einer Behandlung für die Kinder mit sich bringen würde.

Der Unterstützerkreis um die Pflegschaft der Michaelisschule hat gestern erneut eindringlich an die Ausländerbehörde des Kreises Gütersloh und an Landrat Sven-Georg Adenauer appelliert, den Adamjans eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Mit der Aussicht auf eine unbefristete Arbeitsstelle für die Mutter (die sie am 1. September antreten könnte) sei die Familie nicht mehr auf Sozialhilfe angewiesen, ein wesentlicher Abschiebegrund falle weg.

Andrea Melzer von der Schulpflegschaft verwies auf die neue Empfehlung der Härtefallkommission (die NW berichtete), die den Kreis Gütersloh ersuche, ein Bleiberecht auszusprechen. "Für uns ist damit die besondere Härte des Falles erwiesen", sagte Melzer. Die Befürchtungen des Kreises, er schaffe einen Präzedenzfall, seien hinfällig. Hoffnung setze sie auch in den Petitionsausschuss des Landtages, der am 16. August - vier Tage nach der Verhandlung in Minden - nach Gütersloh kommt.

Der evangelische Kirchenkreis und das katholische Dekanat sowie der Verein Lebenshilfe Gütersloh unterstützen derweil weiterhin die Bemühungen der Familie und der Schulpflegschaft. In einer Stellungnahme schreibt Superintendent Dr. Detlef Reichert, dass bei den Adamjans "besondere Umstände vorliegen, die berücksichtigt werden sollten. Die Abschiebung wäre rechtens, aber wäre sie auch gerecht?" fragt Reichert. Das Recht solle letztlich Menschen dienen und schützen. "Daher bitte ich die Verantwortlichen der Ausländerbehörde, noch einmal die Möglichkeit zu überdenken, der Familie Adamjan dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren." Auch die Kreissynode hatte vor Wochen den Antrag der Eltern unterstützt.

Ob die Kirche bereit ist, den Adamjans Kirchenasyl zu gewähren - sollte der Kreis trotz der Stellungnahme der Härtefallkommission auf Abschiebung beharren -, das sei nicht konkret überlegt. "Im Sinne der Familie wäre zu hoffen, dass es zu der Frage: Kirchenasyl, ja oder nein? nicht kommt", sagte Pfarrer Andreas Walczak-Detert.


lok-red.guetersloh@neue-westfaelische.de

zurück