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23.07.2005 :
Übersicht
Veröffentlichungen am 23.07.2005
01.) Die Glocke:
(Freckenhorst) KZ-Überlebende / Das Entsetzliche ist zum steten Begleiter geworden
02.) Westfalen-Blatt:
(Rheda-Wiedenbrück) "Bös-Seite" belastet und verdammt / Alle Schuld wird auf Deutsche abgeladen
03.) Die Glocke:
(Ahlen) Bundeswehr / NRW-Innenminister beim Sommerbiwak
04.) Westfalen-Blatt:
(Bielefeld) Leitartikel / Schröders Etappensieg / Kann er's wie Münchhausen drehen? / Von Rolf Dressler
05.) Westfalen-Blatt:
(Bielefeld) Kommentar / Terrorismus / Angst darf nicht siegen / Friedhelm Peiter
06.) Lippe aktuell:
(Augustdorf) Sicherheitspolitischer Vortrag: "Für eine bessere Zukunft der Menschen"
07.) Lippe aktuell:
(Lemgo) Zum 60. Jahrestag: Gedenken an die Opfer von Hiroshima
Nachrichten vom 23.07.2005
Flucht / Rassismus
01.) Mit der Standesbeamtin kam die Polizei / Behörden in Frankfurt am Main wollen einen schwulen Iraner abschieben / Er fürchtet, dass ihm in seinem Heimatland die Todesstrafe droht (Frankfurter Rundschau)
02.) Protest gegen Abschiebung (Lesben- und Schwulenverband in Deutschland)
03.) Europa sollte sich schämen - Abschiebungen nach Kabul (Indymedia)
01.) Mit der Standesbeamtin kam die Polizei / Behörden in Frankfurt am Main wollen einen schwulen Iraner abschieben / Er fürchtet, dass ihm in seinem Heimatland die Todesstrafe droht
Andre Aragoli flieht im Jahr 2002 nach Deutschland. Weil er in Iran als Homosexueller verfolgt wird, erzählt er. Sicherheitskräfte hätten Schwulenclubs in Teheran ausgespäht und Freunde verhaftet. Einmal sei er von Spitzeln angegriffen worden und habe Verletzungen erlitten. Zunächst sei er untergetaucht, dann geflohen. In Iran drohe ihm die Todesstrafe.
Andre Aragolis Asylantrag wird vom Verwaltungsgericht Kassel 2004 endgültig abgelehnt. Zwar sei Aragoli "irreversibel homosexuell" und in Iran seien homosexuelle Handlungen "mit der Todesstrafe bedroht", formulierte das Gericht spitzfindig. Doch eine Gefahr bestehe für Aragoli nur dann, "wenn er seiner homosexuellen Neigung nachgebend sexuelle Handlungen mit Männern pflegen würde". Lebensgefahr könne man jedenfalls nicht erkennen.
In Frankfurt lernt Aragoli währenddessen den Griechen Sevastos Sampsounis kennen. Sie werden ein Paar und wollen ihre Lebenspartnerschaft am 9. März dieses Jahres beim Frankfurter Standesamt eintragen. Statt der Hochzeit bahnt sich aber etwas anderes an: Die Standesbeamtin behält den Pass von Aragoli ein und leitet ihn an die Ausländerbehörde weiter. Der nächste Termin für die Vorbereitung der Trauung sei der 11. April, heißt es. Ende März müsse Aragoli Deutschland verlassen, schreibt prompt die Ausländerbehörde. Aragoli versteckt sich.
Als Aragoli und Sampsounis am 11. April zum Standesamt gehen, verlässt die Beamtin den Raum. 45 Minuten vergehen, dann flüchtet Aragoli. Kaum ist er weg, stürzen drei Polizisten in den Raum. Sie sollten ihn festnehmen. Für Sampsounis, der in Darmstadt geboren wurde und seitdem in Deutschland lebt, unbegreiflich: "Ich wollte nur heiraten!" Er ist wütend auf die Behörden und sieht seine Rechte als EU-Bürger verletzt.
"Wir haben den Pass eingezogen, weil wir von der Ausländerbehörde gebeten wurden", sagt Peter Dommermuth, Leiter des Standesamts. Zur "Amtshilfe" sei man verpflichtet. Bei "Zweifeln am Aufenthaltsstatus" informiere das Standesamt die Ausländerbehörde und diese rufe die Polizei. "Das ist eine ganz fiese Geschichte", sagt Aragolis Anwalt Reinhard Marx. "Standesamt und Ausländerbehörde haben meinen Mandanten ausgetrickst." Zwar sei eine Lebenspartnerschaft rechtlich keine Ehe, dennoch verstoße diese Praxis gegen die Eheschließungsfreiheit.
Als Aragoli sich am vergangenen Montag bei der Ausländerbehörde meldet, wird er verhaftet und in ein Kasseler Gefängnis gebracht. Jetzt hoffen die beiden Männer auf eine Petition, die beim Hessischen Landtag anhängig ist. Wird sie abgelehnt, droht Aragoli die Abschiebung nach Iran, von wo die Presseagentur Isna am 20. Juli berichtet: "Das Urteil, zwei Männer hinzurichten, die gleichgeschlechtliche Liebe praktizierten, wurde in Mashad, im Osten Irans, vollstreckt. ( ... ) Die Hinrichtung durch Erhängung fand öffentlich und im Beisein einer Vielzahl von Zuschauern statt."
Quelle: Frankfurter Rundschau (M. Thieme)
02.) Protest gegen Abschiebung
Berlin. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) hat eigenen Angaben zufolge heute den Hessischen Innenminister um Intervention gebeten, da dem abgelehnten homosexuellen Asylbewerber Andre Aragoli die Abschiebung in den Iran droht. Das Verwaltungsgericht Kassel hatte im Oktober 2004 den Asylantrag des 32-Jährigen mit der Begründung abgewiesen, Homosexuellen drohe im Iran keine Verfolgung. Erst gestern war bekannt geworden, dass im Iran zwei Jugendliche aufgrund homosexuellem Kontakt gehängt worden waren. Der LSVD weist zusätzlich darauf hin, dass juristisch die Todesgefahr nicht einfach mit dem Hinweis verneint werden könne, dass im Iran nur die homosexuelle Praxis bestraft wird, nicht die Homosexualität als solche. Das habe das Bundesverwaltungsgericht schon 1988 festgestellt (BVerwGE 79, 143 - InfAuslR 1988, 230). Das Gericht habe dazu in seinem Urteil auf den Erfahrungssatz verwiesen, dass es Homosexuellen - genauso wie Heterosexuellen - unmöglich sei, auf Dauer asexuell zu leben.
Aragoli ist vom Standesamt in Frankfurt am Main der Antrag auf Eingehung einer Lebenspartnerschaft verweigert worden. Mit dem Rechtsstatus hätte er eine Aufenthaltserlaubnis erlangt. Der LSVD ruft zu Protestschreiben an den Petitionsausschuss im Hessischen Landtag, die zuständige Ausländerbehörde und das Frankfurter Standesamt auf. Vordrucke und Adressen finden sich auf einer extra eingerichteten Seite.
Quelle: Lesben- und Schwulenverband in Deutschland
03.) Europa sollte sich schämen - Abschiebungen nach Kabul
Nächsten Montag oder Dienstag wird ein Charterflugzeug London verlassen und schlieslich über Paris mit mindestens 60 jungen Afghanen an Bord, denen Asyl in Frankreich und UK verweigert wurde, nach Kabul fliegen.
Die Innenminister der 5 größten europäischen Länder (Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien und UK) verkündeten Anfang Juni, das sie gemeinsame Charterflüge organisieren wollen, um die Anzahl der Abschiebungen aus ihren Ländern zu erhöhen, unter Mißachtung internationaler Abkommen und Menschenrechte.
Als erstes Ziel wurde Afghanistan festgelegt. Die Anzeichen sprechen dafür, dass die Abschiebungen in Kürze erfolgen werden: es gab eine scharfe Erhöhung in der Zahl aufgegriffener und in Abschiebelager gebrachter Afghanen und der afghanische Konsul in Frankreich wurde gebeten die Identitäten derjenigen festzustellen um Reisedokumente auszustellen.
Um Kabul als erstes Ziel dieser Charterabschiebungen auszuwählen, muss man blind und taub gegenüber den Realitäten dieser Welt sein und dem Scheitern vorheriger Versuche irreguläre Migration zu unterdrücken. Die Situation in Kabul war niemals so explosiv wie in den letzten 3 Monaten. Tödliche verlaufenden Angriffe und ihre Opfer sind im Vorfeld der Wahlen am 18.September dieen Jahres mit atemberaubender Geschwindigkeit aufgetreten.
Die Provinzen Paktika, Uruzgan, Khôst, Badakhshan, Kounar, Helmand und der Region um Kunduz haben eine Zunahme von Gewalt erfahren. In anderen Provinzen wie Takhar widersetzen sich Afghanen gegen korrupte oder inkompete lokale Behörden. Sogar in Kabul, die sogenannte sichere Hauptstadt, wurde eine Mädchenschule am hellichten Tag, am 22.Juni, durch die Taliban angegriffen. Zusätzlich wütet eine Choleraepidemie (am 14.Juni wurde von 2.000 Fälle berichtet). Am 7.Juli hat die NGO Humans Right Watch einen Bericht veröffentlicht, in dem sie die Aktionen der Warlords verurteilen und Kritik an der Untätigkeit der NATO-Truppen üben, welche theoretisch die Sicherheit im Land gewährleisten sollen.
Es ist unglaublich, das die Europäiche Union die Rückkehr von Menschen vorschlägt, die ihr Leben auf der Suche nach Frieden und Sicherheit vor diesen Gefahren riskiert hatten. Diese gemeinschaftlichen Abschiebungen werden schwere Konsequenzen für Europa haben. Der symbolische Wert dieser Charter, von denen die Regierungen in Europa hoffen, das sie die Menschen davon abbringen zu migrieren, trägt vor allem zur Schande Europas bei. Das Bild von Dutzenden von Menschen, umstellt von Dutzenden europäischer Polizisten wird in den Herkunftsländern als Akt von Feindseligkeit gegen die gesamte Bevölkerung dieser Ländern widerhallen.
Diese Politik repräsentiert eine Gefahr für die Deportierten, für die Demokratie und die Beziehungen zwischen dem Westen und Osten, Norden und Süden und als solches sollte sie aufgegeben werden.
Wir, die UnterzeichnerInnen, verlangen, das der Rat der Europäischen Union und ihre jeweiligen involvierten europäischen Regierungen ein sofortigen Stopp dieser Abschiebungen einleiten.
Quelle: Indymedia
Schlagzeilen vom 23.07.2005
International
- Japan / Starkes Erdbeben erschüttert Tokio / Nachbeben erwartet
- US-Außenministerin Rice in Ramallah eingetroffen
- Ramallah / US-Außenministerin Rice lobt Vorgehen von Abbas gegen Militante
- Palästinensicher Angriff auf der Kissufimstrasse / Zwei Israelis getötet
- Irak / Drei US-Soldaten bei Bombenanschlag nahe Bagdad getötet
- Attentatsserie im ägyptische Badeort Scharm el Scheich / Explosionen kurz nach Mitternacht
- Kairo / Tourismusministerium spricht von sieben ausländischen Toten
- Kairo / Laut ägyptischem Innenminister unter 59 Toten 8 Ausländer
- Kairo / Laut Al Dschasira jetzt 83 Tote in Scharm el Scheich
- Weltweites Entsetzen über Terroranschläge in Ägypten / "Bande von Kriminellen"
- Kairo / Scharm el Scheich: Sonderflüge bringen Touristen heim
- Erneute Festnahme eines Terrorverdächtigen in London
- Fahndung nach Londoner Attentätern auf Hochtouren / Polizei verhört zwei Terrorverdächtige
- Madrid / Waldbrand im Westen Spaniens unter Kontrolle
Deutschland
- Selbstmordverdacht nach Flugzeugabsturz vor Reichstag erhärtet
- Nach Absturz in Berlin Debatte über Sicherheit im Regierungsviertel
- Ruf nach Flugverbot über Berliner Parlamentsviertel
- Nach Flugzeug-Absturz vor dem Reichstag / Beckstein will Luftabwehrraketen zum Schutz einsetzen
- Neuwahlen / SPD-Linke wollen Koalition mit Linkspartei nicht ausschließen
- Streit in der SPD / Schreiner warnt vor "Dämonisierung" der Linkspartei
- Berlin / Schröder: Werde kein Juniorpartner in großer Koalition
- Güstrow / Merkel Spitzenkandidatin der CDU von Mecklenburg-Vorpommern
- Güstrow / Merkel eröffnet neue Debatte zu Bundeswehreinsatz im Innern
- Augsburg / Bayerns Grüne beginnen Parteitag mit Gedenken an Carl Amery
- Erfurt / ver.di-Chef Bsirske für Vermögensteuer und Mindestlohn
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