Neue Westfälische ,
21.07.2005 :
(Kreis Gütersloh/Düsseldorf) Adamjan soll bleiben dürfen / Härtefallkommission empfiehlt Aufenthaltserlaubnis / Freude beim Unterstützerkreis
Von Ludger Osterkamp
Gütersloh/Rietberg. Hoffnung für die von Abschiebung bedrohte armenische Familie Adamjan: Die Härtefallkommission des Landes NRW hat sich ein zweites Mal mit dem Fall befasst und ist zu einer neuen Gewichtung gekommen. Sie ersucht den Kreis Gütersloh, den Adamjans nun eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
Der Ausländerbehörde des Kreises Gütersloh liegt die Stellungnahme der Kommission vor. "Die Behörde wird sich den Fall noch mal neu angucken", sagte Carola Adenauer, Sprecherin des Kreises. Sie verwies darauf, dass die Entscheidungshoheit letztlich beim Kreis liege.
Entscheidend für den Sinneswandel der Härtefallkommission, die ihre erste Stellungnahme eher neutral gehalten hatte, ist die Aussicht auf eine Vollzeit-Arbeitsstelle für Neli Adamjan. Damit könnte die Mutter der beiden schwerbehinderten Zwillinge ihren Lebensunterhalt eigenständig sichern und müsste keine Sozialhilfe mehr beziehen. Und genau das – die Nicht-Inanspruchnahme öffentlicher Mittel – wäre laut Kommission ein Grund, von den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes abzuweichen und Neli Adamjan ein Bleiberecht zu gewähren. Die Ausländerbehörde sollte ihr daher eine Arbeitserlaubnis erteilen.
"Wenn Frau Adamjan keine Sozialhilfe mehr bezieht, steigt die Chance, dass sie hier bleiben darf", kommentierte Carola Adenauer die aktuelle Stellungnahme der Härtefallkommission. Diesen Sachverhalt gelte es zu prüfen. Der Job wird der 52-jährigen Armenierin, eine gelernte Schwester und Hebamme, von der Gesellschaft für Sozialarbeit (Bielefeld) angeboten; die Firma stellt unter anderem das Personal für die neue Schule für Behinderte in Rietberg, wo die Adamjans wohnen.
Mit Freude hat die Elternpflegschaft der Gütersloher Michaelisschule, die sich gegen die Abschiebung einsetzt, die neue Entwicklung aufgenommen. "Wir sind optimistisch, dass sich die Angelegenheit doch noch zum Guten wendet", sagte Andrea Melzer, stellvertretende Pflegschaftsvorsitzende. Nach Berechnungen des Helferkreises sei Neli Adamjan künftig nicht mehr auf Sozialhilfe angewiesen – "also gibt es keinen wirtschaftlichen Grund mehr, sie und ihre beiden Kinder zurück nach Armenien zu schicken". Seit achteinhalb Jahren leben die Adamjans im Kreis Gütersloh. Die 14-jährigen Zwillinge besuchen seither die Michaelisschule.
Nach Angaben von Andrea Melzer hat der Helferkreis mittlerweile 2.500 Unterschriften für den Verbleib der Familie Adamjan gesammelt. Wie berichtet, hat auch die Synode des Kirchenkreises Gütersloh den Antrag der Eltern unterstützt.
Unterdessen hat der Petitionsausschuss des NRW-Landtages, der in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause den Fall beraten hatte, für Dienstag, 16. August, seinen Besuch angekündigt. Um 10 Uhr sollen die Mitglieder des Ausschusses in der Kreisverwaltung sein, um sich vor Ort über die Situation der Familie Adamjan zu informieren und anschließend eine Empfehlung abzugeben. Allerdings ist der Kreis auch an das Votum des Ausschusses nicht gebunden.
lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de
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