Schaumburger Zeitung ,
06.07.2005 :
(Stadthagen) Wie ein Schlag ins Gesicht: Fidan Qorri muss ausreisen / Landtag lehnt Petition für 20-Jährigen ab / 800 Unterschriften für Kosovo-Flüchtling - aber Sonntag endet Duldung
Stadthagen (fox). Der 20-jährige Kosovo-Flüchtling Fidan Qorri, der seit fast 18 Jahren in Stadthagen lebt und Stammzellenspender für seinen leukämiekranken Bruder ist (wir berichteten), wird nur noch bis zum 10. Juli in Deutschland geduldet. Eine Petition des Dekanates Schaumburg an den Niedersächsischen Landtag, in dem sich die katholische Kirche sowie 800 Stadthäger Bürger per Unterschriftenliste für eine Aufenthaltserlaubnis einsetzen, ist in den vergangenen Tagen negativ entschieden worden.
"Dem Anliegen der Petenten kann nicht entsprochen werden." Für Qorri ist diese Nachricht aus Hannover wie ein Schlag ins Gesicht. Am Sonntag endet sein Duldungsstatus - von da an muss er die Bundesrepublik verlassen. Tut er dies nicht aus freien Stücken, droht die Abschiebung. Damit würde er sich jedoch ein zeitlich begrenztes Wiedereinreiseverbot einhandeln. Für den serbisch-montenegrinischen Flüchtling ist die momentane Situation eine Zwickmühle: Seine Mutter Fidanije ist an einem schweren Diabetes erkrankt, die Heilungsbewährung für seinen an Leukämie leidenden Bruder Armend läuft erst Ende 2006 aus. Mehr noch: Der 20-Jährige hat sein Heimatland im Alter von zwei Jahren verlassen und spricht noch nicht einmal "zu 50 Prozent" die Sprache. "Ich habe Angst, nach Jakovice zurückzukehren", befürchtet Qorri Repressalien seiner Landleute. Seine Volksgruppe, die Ashkali, werde dort immer noch verfolgt.
Ursula Krahtz, Dezernentin der Ausländerbehörde im Landkreis Schaumburg, sieht dies anders und verlässt sich auf die Berichte des Auswärtigen Amtes. "Wir haben uns an die Rechtslage zu halten. Nach zahlreichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht müssen wir nun die Ausreise durchsetzen." Dennoch empfinde sie den Fall als "ausgesprochen schmerzlich". Hinsichtlich der Wiedereinreise Qorris nach Deutschland im Falle eines Rückfalls seines Bruders erklärte Krahtz, dass eine kurzfristige Einreise zwecks erneuter Stammzellenspende innerhalb der medizinisch notwendigen Frist von einer Woche möglich sei.
Diese Einschätzung bezeichnete der Anwalt von Qorri, Dietrich Wollschlaeger (Braunschweig), als "völlig weltfremd". "Die Visa-Verfahren für Besuche aus dem Kosovo sind höchst problematisch und binnen einer Woche nicht umsetzbar. Selbst auf Anweisung einer deutschen Behörde kann das Verbindungsbüro in Pristina nicht so schnell reagieren, da diese Stelle überlastet ist. Im schlimmsten Fall hat die verspätete Rückkehr den Tod des Bruders zur Folge."
Für Wollschlaeger und den Pastoralreferenten des Dekanates Schaumburg, Stefan Hagenberg, ist die negative Antwort des Petitionsausschusses ein Indiz dafür, "dass der Ausschuss die Lage nicht erkannt hat". "Die humane Situation zählt hier", so Hagenberg. Er beruft sich auf Artikel 6 des Grundgesetzes, in dem Schutz von Ehe und Familie verankert sind. "Hier muss nicht die Familie für Fidan sorgen, sondern Fidan für seine Familie", so Wollschlaeger.
Das würde der 20-Jährige auch gerne. "Den Arbeitsvertrag für eine Stelle als Gartenbauer in Herford habe ich bereits in der Schublade." Jedoch fehlt ihm dazu die Arbeitserlaubnis. "Für Nicht-EU-Bürger sieht das neue Ausländergesetz dies auch nicht vor", so Krahtz. "Fidan verhält sich vorbildlich, bezieht seit Februar nicht einmal mehr Unterstützung vom Staat, sondern nur noch von der Caritas", hält Hagenberg dem jungen Mann zugute.
Zwar muss Fidan Qorri Land und Familie bald verlassen. Jedoch ist damit noch nicht alles verloren. Wie Krahtz erklärte, könne er nach Deutschland mit einem Besuchervisum für bis zu drei Monate einreisen und seine Bemühen um eine Aufenthaltsgenehmigung fortsetzen.
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