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Informationsveranstaltung , 14.07.2005 :

(Bielefeld) Entwicklung und Bedeutung der Heß-Gedenkmärsche und des Widerstandes gegen diese

Donnerstag, den 14. Juli 2005 um 20.00 Uhr

Veranstaltungsort:

AJZ Bielefeld
Heeper Straße 132
33607 Bielefeld

Kein nationalsozialistischer Rudolf-Heß-Gedenkmarsch in Wunsiedel und anderswo!
Gegen deutsche Opferlügen - gegen nationalsozialistisches Heldengedenken / NS-Verherrlichung stoppen!

Mythos Rudolf Heß:

Rudolf Heß bietet sich als Identifikationsfigur für die nationalsozialistisch orientierte Bewegung aus verschiedenen Gründen an: Bereits 1920 der NSDAP beigetreten, wurde er schnell zu einem der engsten Vertrauten von Hitler. Er war wesentlich an der Erstellung von "Mein Kampf" beteiligt. Als Hitler-Stellvertreter war er führend beim Aufbau der NS-Diktatur und Verfolgung der deutschen Juden und Jüdinnen beteiligt. 1941 flog er nach England, angeblich um dort einen Separatfrieden auszuhandeln, damit sich das faschistische Deutschland auf den Krieg gegen die Sowjetunion konzentrieren konnte. Die Briten nahmen ihn jedoch fest. Heß hat sich nie von den Verbrechen des Nationalsozialismus distanziert. Im Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg erklärte er: "Ich bereue nichts. Stünde ich wieder am Anfang, handelte ich wieder, wie ich gehandelt habe, auch wenn ich wüsste, dass am Ende ein Scheiterhaufen für meinen Flammentod brennt."

Die Märsche:

Eine besondere Bedeutung erlangt der Marsch in Wunsiedel durch die internationale Beteiligung. So waren in den letzten Jahren u.a. Neonazis aus Skandinavien, England, Belgien, den Niederlanden, Frankreich, Spanien, Italien, Österreich, der Schweiz, Ungarn, Tschechien, der Slowakei, Kroatien, Russland sowie den USA zugegen. Nazis jeglicher Couleur finden sich hier in der Verherrlichung des Nationalsozialismus zusammen. Deshalb ist für sie der angestrebte Volksfestcharakter rund um den eigentlichen Trauermarsch so wichtig. Hier treffen sich SS-Greise, Naziskins, Braunhemden oder Dirndl, gepiercte Hatecore-Fans, Revanchisten und NPD-Parteifunktionäre zum Bier. Gerade vor dem Hintergrund der 60. Jahrestage der Befreiung vom Nationalsozialismus artikulieren sich vermehrt NS-Verherrlichung, Relativierung von NS-Verbrechen und die Verdrehung der deutschen Geschichte.

Durch die Bezugnahme auf den Mythos Heß wird der gesamte Nationalsozialismus verherrlicht: Der "Friedensflieger" Heß und das nationalsozialistische Deutschland habe eigentlich den Frieden gewollt, der Krieg sei von den Alliierten aufgezwungen worden. Die Verbrechen des Nationalsozialismus werden damit insgesamt geleugnet, der NS als Opfer einer internationalen Verschwörung dargestellt.

Die Geschichte der Heßmärsche in Wunsiedel beginnt bereits kurz nach dessen Suizid 1987. In den Jahren 1988 bis 2000 hatte der Aufmarsch zum Todestag von Heß neben der Verherrlichung des Nationalsozialismus auch das Ziel, die Durchführung legaler Neonazi-Aufmärsche in Deutschland zu etablieren. Schon 1991 führte der Druck aktiver Antifaschistinnen zu einem Verbot der Demonstration in Wunsiedel. In den Folgejahren, nach den Brandanschlägen und Pogromen in Hoyerswerda, Mannheim, Rostock, Mölln oder Solingen, wurde der Druck auf die BRD so groß, dass die Heß-Anhänger nur noch im benachbarten Ausland zu Kleinstaufmärschen mobilisieren konnten, z.B. in Luxemburg oder Roskilde (Dänemark). Dies änderte sich in Folge der vom Hamburger Neonazi Christian Worch 1997 gestarteten Aufmarschkampagne. Indem er nahezu jedes Wochenende irgendwo in der Bundesrepublik einen Naziaufmarsch veranstaltete, gelang es ihm, einen Normalisierungseffekt zu erzielen. Besonders zwei Urteile des Bundesverfassungsgerichts gaben den Nazis nun die Möglichkeit, Aufmärsche durchzuführen, wie und wo sie wollten. Jürgen Rieger ergriff die Gelegenheit und meldete 2001 den Heß-Gedenkmarsch gleich für 10 Jahre in Wunsiedel an. Seit dem Jahr 2003 ist die NPD auch offiziell dabei. Die Teilnahme der NPD ist Ausdruck der gestiegenen gesellschaftlichen Bedeutung jener Kräfte, die sich offen positiv auf den Nationalsozialismus beziehen. Insbesondere der Einzug der NPD in den sächsischen Landtag mit 9,2 % der Stimmen - fast 200.000 Wähler und Wählerinnen gaben der NPD ihre Stimme - sichern eine enorme Medienpräsenz und ermöglichen eine wahrnehmbare Beeinflussung öffentlicher Debatten.

Bielefeld/OWL:

Auch Faschisten aus dem Raum OWL zelebrieren den Heß-Kult. Jährlich nehmen sie an den Aufmärschen teil. Neben der umfangreichen Reisetätigkeit glorifizieren sie Heß durch das Verteilung von Flugblättern, Zeitungen oder Aufklebern oder die Durchführung von Propagandaaktionen. Zum Todestag von Rudolf Heß im August 2000 hängten Neonazis z.B. an der Autobahn A2 Transparente auf. Die Polizei konnte drei von ihnen festnehmen und 15 weitere Transparente beschlagnahmen. Unter den Festgenommenen war laut Lokalpresse Bernd Stehmann.

Wiederstand auch aus OWL:

Wir können rechtsradikale Propaganda nur stoppen, wenn wir eine die gesamte Gesellschaft durchdringende, offene Auseinandersetzung über die zugrunde liegenden Werte und Ideologie führen. Wir wissen aber auch, dass wir uns erfolgreich den Nazis entgegenstellen können, wenn wir dies gemeinsam tun. Wenn wir den Widerstand gegen den nationalsozialistischen Heß-Gedenkmarsch
als Teil eines umfassenden Kampfes gegen Faschismus und für ein friedliches und solidarisches Zusammenleben der Menschen begreifen, können wir langfristig nicht nur den Heß-Marsch verhindern, sondern auch einen Schritt hin zu einer antifaschistischen und solidarischen Gesellschaft tun. Machen wir also den Todestag Rudolf Heß zu einem Tag, der antifaschistischen Bewegung und für eine befreite Gesellschaft.

Weitere Informationsveranstaltung im AJZ am Donnerstag, 4. August 2005 um 20.00 Uhr:
Konzept und konkrete Aktionen der "Kampagne NS-Verherrlichung stoppen!"

Internet: http://www.nadir.org/nadir/kampagnen/ns-verherrlichung-stoppen/


mail@ajz-bielefeld.de

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