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Antifa-West , 14.04.2003 :

Protest gegen Neonaziveranstaltung in Vlotho

Rund 30 AntifaschistInnen protestierten am 11. April gegen eine Neonaziveranstaltung in Vlotho. Das Treffen fand im einschlägig bekannten Collegium Humanum statt.

Mit zahlreichen Holzschildern erinnerten AntifaschistInnen an die Todesopfer neonazistischer Gewalt der letzten Jahre. Ihre Einschätzung, dass im Collegium Humanum jene Ideologie vermittelt wird, die den Neonazis auf der Straße als Legitimation für Überfälle und Gewalttaten gibt, wurde durch den Teilnehmerkreis der Veranstaltung, das Thema und den Referenten erneut bestätigt.

Rund 60 Alt- und Neonazis waren zu dem Vortrag von Horst Mahler über das World Trade Center erschienen. Darunter zahlreiche Aktivisten der Freien Kameradschaften und der NPD. So der ostwestfälische Bezirkschef der Partei, Manfred Gutsche aus Minden. Markus Spilker, als NPD-Kontaktmann für Herford bekannt, leitete den Ordnerdienst. In Formation marschierten etwa sieben Aktivisten der Bielefelder Kameradschaft auf. Darunter auch Bernd Stehmann, der versuchte AntifaschistInnen anzugreifen, von diesen aber entschlossen in seine Grenzen verwiesen wurde.

Eingeladen hatte die ostwestfälische Sektion der Gesellschaft für freie Publizistik (GfP), eine der ältesten Neonaziorganisationen der Bundesrepublik. In Ihr sind etwa 400 bis 500 extrem rechte Publizisten organisiert. Einer der Mitbegründer der 1960 ins Leben gerufenen Organisation war der ehemalige stellvertretende Reichspressechef der NSDAP, Helmut Sündermann. In Ostwestfalen ist Sigrid Schenk aus Minden seit Jahren für die Veranstaltungen der Gesellschaft verantwortlich. Vor Ort trat Ursula Haverbeck vom Collegium als Organisatorin auf. Die GfP in Ostwestfalen ist eine Schnittstelle der Neonaziszene, die auf ihren Veranstaltungen die alte und jüngere Generation sowie Neonazis aus verschiedenen Teilen der Szene zusammenbringt.

Dazu eignen sich die aggressiv antisemitischen Weltverschwörungstheorien Horst Mahlers anscheinend besonders gut. Eine von Mahler für einen internationalen Revisionistenkongress vorbereitete Rede trug nach Angaben des Informationsdienst gegen Rechtsextremismus den Titel: "Endlösung der Judenfrage. Gotterkenntnis statt Judenhass". Darin plädiert Mahler für einen "geistigen Zweifrontenkrieg": "Um den Judaismus endlich zu begraben, erhebt sich wie Phönix aus der Asche der Geist der Germanen ... " Den Anschlag auf das World Trade Center rechtfertigte Mahler als "Angriffe auf die Symbole der mammonistischen Weltherrschaft", ein Synonym für die von den Neonazis propagierte angebliche Weltverschwörung der Juden. Mahler sah sich für seine ekelhaft antisemitischen Aussagen zu diesen Themenbereichen mehrfach mit Anzeigen und Gerichtsverfahren konfrontiert. Um so erschreckender ist, dass die Polizei ihre Maßnahmen am 11. April lediglich auf den Schutz der Neonaziveranstaltung ausrichtete und nicht einmal gegen den randalierenden Kameradschaftsführer Bernd Stehmann vorging.

Bedauerlich war die Tatsache, dass es den AntifaschistInnen aufgrund der geringen Anzahl nicht möglich war, das weitläufige Gelände effektiv zu blockieren und den antisemitischen Spuk zu verhindern. Zuletzt war die GfP 1997 mit einer Veranstaltung an die Öffentlichkeit getreten, auf der der damalige Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen, Paul Latussek, referiert hatte. Die Veranstaltung musste aufgrund antifaschistischer Proteste abgebrochen werden. Auch zuvor konnten mehrere Treffen der Gesellschaft verhindert werden. Die Organisatorin, Sigrid Schenk aus Minden hatte daraufhin ihre Aktivitäten bis zu diesem Jahr eingestellt.


antifa-west@nadir.org

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