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Neue Westfälische , 28.06.2005 :

(Bielefeld) Zehn Jahre nach Srebrenica / Gedenken an 8.000 getötete Bosnier

Bielefeld (lad). Die Zeit heilt alle Wunden, sagt der Volksmund. Doch die Zeugen des Massakers von Srebrenica können kein normales Leben mehr führen. Viele dieser Bosniaken sind ins Ausland geflüchtet, einige davon nach Bielefeld. Am Wochenende gedachten sie der 8.000 bosnischen Zivilisten, die am 11. Juli 1995 von serbischen Soldaten verschleppt und ermordet worden waren.

"Die Leute sind dort durch die Hölle gegangen. Schutzlos waren sie den serbischen Soldaten ausgeliefert, obwohl das Gebiet der UNO unterstellt war", klagt Murisa Adilovic-Berends die internationale Gemeinschaft an. Die Bosnierin ist Sprecherin des Bielefelder "Kultur- und Sportcentrums Bosna i Hercegovina", welches die Gedenkfeier organisiert hatte

Das Zentrum wird von bosnischen Migranten geleitet und setzt seit einem Jahr die Arbeit des ehemaligen "Bosnisch-Deutschen Vereins" fort. "Wir wollen den Flüchtlingen unter die Arme greifen, sie in Deutschland integrieren und ihnen eine Perspektive bieten", erklärt Adilovic-Berends.

Die Bilder von Srebrenica gingen damals um die ganze Welt. Heute sind es die Zeugen und Angehörigen, die die Tragödie nicht in Vergessenheit geraten lassen. Nur wenige Männer überlebten den Überfall. Vilic Safet und Mujic Resid sind zwei von ihnen. Die jetzt in Bielefeld lebenden Bosniaken berichteten während der Gedenkfeier von den Schreckensszenen.

Stellvertretend für die in Bielefeld und Stukenbrock lebenden Witwen aus Srebrenica erhob Adilovic-Berends das Wort. "Es schnürt mir die Kehle zu, wenn ich aussprechen muss, was den Frauen wiederfahren ist. Noch heute sind viele der Vermissten nicht gefunden."

Aneinander gereit hängt die Liste der Namen der 8.000 Opfer an den Wänden des Kulturzentrums an der Buddestraße. Für Enver Koracevic, Vorsitzender des Vereins, trägt die UNO eine Mitschuld: "Zum ersten Mal in der Geschichte wurde die Weltgemeinschaft zum Mittäter bei dem Verbrechen an einem Volk, das nach Freiheit, Demokratie und Menschenrechten strebte."

Die Kinder und Jugendlichen, die die Gedenkfeier mit eigenen Gedichten und Liedern unterstützten, kennen Srebrenica nur aus Erzählungen. Ob sie jemals die Heimat ihrer Eltern oder ihrer Freunde besuchen können, ist fraglich.

"Zur Zeit können Bosniaken das Gebiet nur unter Polizeischutz betreten. Die Anfeindungen zwischen ihnen und den dort lebenden Serben ist noch groß", erzählt Adilovic-Berends betrübt.


lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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