Lippische Rundschau ,
06.10.1992 :
Hermannsdenkmal von Initiativen besetzt / Flüchtlingsrat NRW: "Asylrecht beibehalten"
Detmold (LR). Unter dem Motto: "Gemeinsam gegen Nationalismus und Rassismus!" haben am 3. Oktober über 50 Angehörige aus Flüchtlingsinitiativen und sogenannten "antifaschistischen Organisationen" das Hermannsdenkmal "symbolisch besetzt". Gegen 14 Uhr entrollten sie ein 20 Meter langes Transparent über den Sockel des Denkmals, in denen sie zur "Solidarität mit Flüchtlingen" aufforderten.
Der "Flüchtlingsrat NRW", der zu der Aktion aufgerufen hatte, nahm in einem an die zahlreichen Besucher verteilten Flugblatt auf das Datum der "symbolischen Besetzung" Bezug: "Der 3. Oktober - der Tag der deutschen Einheit - ist zu einem verhängnisvollen Tag für die Menschen ohne deutschen Paß geworden. Sie sind von dieser Einheit ausgeschlossen. Seit Öffnung der innerdeutschen Grenze werden die Außengrenzen für Flüchtlinge abgeschottet", heißt es dort. Der staatlichen Ausgrenzungspolitik folge die gesellschaftliche Selbstjustiz. Wer die "Anschläge von Rostock und anderswo" zum Anlaß nähme, um die Änderung des Grundrechts auf Asyl zu beschließen, mache sich "zum Handlanger der Brandstifter und Gewalttäter", erklärte ein Sprecher des Flüchtlingsrates. Die Änderung oder Abschaffung des Artikel 16 sei "nur eine andere Form der 'Ausländer-raus-Parole'." Das Asylrecht sei ein "Menschenrecht der Verfolgten", zu dem sich die Bundesrepublik "aufgrund der Erfahrungen nationalsozialistischer Barbarei" bekennen müsse.
Deutliche Worte fand der Sprecher des Flüchtlingsrates auch zu der "nationalistisch umgefälschten Geschichte" des Hermannsdenkmals durch einen "rührigen Heimatverein". Wer die "Erinnerung an das blutrünstige Symbol der Vergangenheit" mit "verharmlosenden Geschichtskittungen" wachhielte, trage auch "Verantwortung für das immer mehr um sich greifende rassistische Klimain der Bundesrepublik". Der Sprecher abschließend: "Die im April 1945 anrückenden amerikanischen Panzerverbände haben da deutlich mehr Geschmack bewiesen: Sie benutzten das Denkmal für Schießübungen und hatten es besonders auf das drohend greckte Schwert abgesehen."
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