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27.06.2005 :
Übersicht
Veröffentlichungen am 27.06.2005
01.) Informationsveranstaltung:
Antirassismus vorgespult / Kommentierte Videoclips
02.) Neue Westfälische:
Bilder von Riefenstahl in Bielefeld
03.) Lippische Landes-Zeitung:
(Detmold) NS-Verbrechen
04.) Neue Westfälische:
(Bielefeld) Heute wieder Montagsdemonstration
05.) Neue Westfälische:
Auch in Bielefeld bald ein Linksbündnis? / WASG will mit der PDS sprechen
06.) Lippische Landes-Zeitung:
(Augustdorf) Über die Speerspitze
07.) Westfalen-Blatt:
(Bielefeld) Leitartikel / EU-Ratspräsident Blair / London steht vor einer Bergetappe / Von Dirk Schröder
08.) Westfalen-Blatt:
(Bielefeld) Kommentar / EADS / Fein austarierter Kompromiss / Edgar Fels
09.) WDR-Nachrichten aus OWL:
(Herford) Paul Spiegel kommt
Nachrichten vom 27.06.2005
Flucht / Rassismus
01.) "Wir befürchten mehr spektakuläre Abschiebefälle" / Innenministerkonferenz lehnte Bleiberecht für langjährig Geduldete ab / Weiter Ungewissheit für Betroffene / Ein Gespräch mit Martin Link, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein (junge Welt)
02.) Ahmed Saado im Hungerstreik (Arbeitskreis Asyl Goettingen)
01.) "Wir befürchten mehr spektakuläre Abschiebefälle" / Innenministerkonferenz lehnte Bleiberecht für langjährig Geduldete ab / Weiter Ungewissheit für Betroffene / Ein Gespräch mit Martin Link, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein
Frage: Die Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern, die IMK, hat am Freitag den Vorschlag von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) abgelehnt, ein Bleiberecht für langjährig Geduldete zu beschließen. Was ist davon zu halten?
Martin Link: Otto Schily hatte sich überraschend für eine Regelung für Minderjährige und ihre Familien stark gemacht, das heißt, für Kinder und Jugendliche, die schon lange hier leben, aufgewachsen sind, in diesem Land weitgehend sozialisiert wurden und das Herkunftsland zum Teil nicht einmal mehr kennen. Die sollten, nachdem sie viele Jahre nur mit einer Duldung haben leben können, ein Bleiberecht bekommen. Duldungen werden immer nur für einen kurzen Zeitraum ausgesprochen, regelmäßig für wenige Monate, oft nur für Wochen, manchmal nur für einige Tage. Die bundesweit etwa 200.000 Betroffenen, 4.000 davon in Schleswig-Holstein, leben also in ständiger Ungewißheit, und das meist über viele Jahre. Darunter sind viele Menschen mit Kindern, die hier geboren wurden oder bei der Einreise sehr klein waren. Insofern war Schilys Vorstoß sehr hilfreich, doch leider wurde er abgelehnt.
Frage: Weshalb?
Martin Link: Die CDU-Länder haben Schily vorgeworfen, er wolle Wahlkampf betreiben und die rigide Abschiebepraxis der unionsregierten Länder vorführen. Deswegen war kein Konsens herzustellen. Die IMK entscheidet über derlei Fragen nur im Konsens.
Frage: Welche Folgen wird dieser Beschluss in der Praxis haben?
Martin Link: Vor allem muss unsere Bleiberechtskampagne weitergehen, die wir seit zwei Jahren zum Teil recht lautstark landes- und bundesweit in Bündnissen betreiben. Vielleicht haben wir dann auf einer der nächsten IMK, die nicht mehr unter Wahlkampfdruck stünde, ein konstruktiveres Entscheidungsklima. In den vergangenen Monaten haben sich nämlich immer mehr Landräte und Bürgermeister kritisch geäußert und sich für eine Bleiberechtsregelung erwärmt. Sie haben nämlich die Einzelfälle vor Augen, die vielfach gut integrierten Menschen, die hier arbeiten, deren Kinder hier aufgewachsen sind und oft nicht einmal mehr die Sprache der Herkunftsländer richtig beherrschen. Die Bürgermeister und Landräte bekommen zu spüren: Der örtlichen Bevölkerung ist nicht zu vermitteln, dass solche Familien abgeschoben werden sollen. Wir hoffen also, daß das Thema konstruktiver diskutiert werden kann, wenn der Wahlkampf vorüber ist.
Frage: Hätten die Landräte bzw. die Bürgermeister kreisfreier Städte nicht schon jetzt die Möglichkeit, den Betroffenen einen besser gesicherten Aufenthaltsstatus zu geben?
Martin Link: Nach dem Zuwanderungsgesetz können sie im Einzelfall prüfen, ob es besondere Härten gibt, die ein Bleiberecht rechtfertigen. Das Problem ist, dass dies Kann-Regelungen sind. Die jetzige Ablehnung des Beiberechts durch die Innenminister könnten die Ausländerbehörden als Aufforderung verstehen, ihren Ermessensspielraum immer restriktiver auszulegen. Wir befürchten daher, dass es künftig zu mehr spektakulären Abschiebefällen kommt, wie jüngst in Norderstedt bei Hamburg.
Frage: Was ist dort passiert?
Martin Link: Ende Mai sind morgens um vier Uhr Polizisten mit einem Vertreter der Ausländerbehörde unangekündigt in eine Flüchtlingsunterkunft gekommen, um die sechsköpfige Familie Özdemir in die Türkei abzuschieben. Das führte dazu, dass Frau Özdemir zusammenbrach. Wie der Ausländerbehörde bekannt war, ist sie schwer gewalttraumatisiert und hatte deswegen gerade eine vom Sozialamt finanzierte Behandlung begonnen. Trotzdem wurde diese schwerkranke Frau von ihrer Familie getrennt und ohne genügend Gepäck, ohne ihre Medikamente und nur unzureichend bekleidet nach Istanbul abgeschoben. Ihr 16-jähriger Sohn, der zunächst abgetaucht war, und ihr Mann, den dessen Hausarzt für selbstmordgefährdet hält, wurden letzte Woche Freitag ebenfalls abgeschoben. Die Ausländerbehörde hätte rechtlich ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, die Ausweisung zu verschieben, zum einen wegen der Therapie von Frau Özdemir, zum anderen, weil der Hauptschulabschluss des ältesten Sohnes absehbar bevorstand.
Quelle: junge Welt
02.) Ahmed Saado im Hungerstreik
Der staatenlose aus dem Libanon geflohne Ahmed Saado ist heute im Abschiebeknast in Hannover-Langenhagen in den Hungerstreik getreten.
Damit will Ahmed gegen seine Abschiebung in die Türkei(!), wie gesagt er kommt aus dem Libanon, protestieren. Da selbst der JVA-Arzt sich wegen der Suizidgefahr Ahmeds gegen eine Abschiebung ausgesprochen hat, will die Ausländerbehörde des Ldk Göttingen in persona von Herrn Fraatz Ahmed Saado in der Türkei "zum eigenen Schutz" in Sicherheitsverwahrung stecken.
Hier noch ein Bericht u.a. auch von der heutigen Protestaktion in Göttingen:
Ahmed Saado - weiter in Haft - seit heute im Hungerstreik
Ahmed Saado bleibt vorerst in Abschiebehaft in Hannover Langenhagen. Das Ergebnis des Haftprüfungstermins heute morgen steht allerdings aus. Bis die Richter die für die nächsten Tage angekündigte Entscheidung fällen, bleibt Ahmed in Abschiebehaft.
Während des Haftprüfungstermins hat Ahmed Saado verkündet, dass er ab heute in den Hungerstreik geht - aus Protest und als Kampf gegen die möglicherweise bevorstehende Abschiebung in die Türkei.
Etwa 30 UnterstützerInnen Ahmeds hielten während des Gerichtstermins eine Kundgebung am Landgericht ab. Abermals war viel Polizei dabei im Einsatz: mehrere Dutzend Beamte belagerten die Kundgebung und das entfernter liegende Kreishaus.
In den kommenden Tagen steht nun die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über den Eilantrag gegen die Abschiebung von Ahmed Saado an. Zuletzt war die Entscheidung am Freitag auf Betreiben des Landkreises vertagt worden. Alle Zeichen sprachen für einen Stopp der Abschiebung durch das VG nachdem der JVA-Arzt selbst sich gegen die Abschiebung ausgesprochen hatte wegen der erhöhten Suizidgefahr von Ahmed Saado.
Die Ausländerbehoerde reagierte nun auf die unabweisbaren Diagnosen mit der Ankündigung, für eine Abschiebung mit ärztlicher und “Sicherheits-” Begleitung zu sorgen. Der Suzizidgefährdung will die Ausländerbehörde mit der Einweisung in eine geschlossene psychiatrische Anstalt in der Tuerkei (!) begegnen.
D.h. Ahmed, der erst durch den jahrelangen Druck der Behörde und durch die Trennung von seinen Angehörigen, sowie durch mehrere brutale Polizeieinsätze in den vergangenen 12 Monaten in diese Situation gebracht wurde, soll nun zu "seinem Wohle" in der Türkei sicherheitsverwahrt werden.
Quelle: Arbeitskreis Asyl Goettingen
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