Lippische Landes-Zeitung ,
19.12.2003 :
Lieber Geld statt Gutscheine / Flüchtlingsberatung in Lage setzt sich für Gleichbehandlung ein
Lage (mib). Der Kontaktkreis Asyl ist vor Jahren bei der Stadt vorstellig geworden, jetzt hat Anne Becker von der Flüchtlingsberatung der evangelischen Kirchen Lage einen neuen Vorstoß beim Lagenser Sozialamt gewagt. Die abgelehnten Asylbewerber in der Zuckerstadt sollten Geld statt Gutscheine zum Bestreiten ihres Lebensunterhaltes bekommen - so wie es in einigen anderen lippischen Kommunen längst üblich ist.
"Die Gutschein-Vergabe bringt für die Asylbewerber viele Probleme mit sich und ist eine Form der Diskriminierung", meint Anne Becker. Da beim Einkauf mit den Gutscheinen nur maximal zehn Prozent als Wechselgeld zurückgegeben werden dürften, fehle oft das nötige Kleingeld für die Busfahrt, das Kakaogeld in der Schule oder dies und das. "Um die 90 Prozent des Gutschein-Betrages auszuschöpfen, wird schnell noch etwas eingekauft, was eigentlich nicht gebraucht wird", berichtet Anne Becker. "Und wenn das Kassen-Personal nicht um die Handhabung mit den Gutscheinen Bescheid weiß, muss es erst nachfragen. Es entstehen Diskussionen und Schlangen wartender Kunden - das ist den meisten peinlich." Sprachprobleme erschwerten die Situation.
Anait Tadevosjan und Anzella Canikjan aus Armenien verstehen nicht, warum die Stadt Lage das Geld nicht überweist wie andere Kommunen. "Die Logik kann man nicht erkennen", meint die vierfache Mutter Anzella (31). "Wir müssen beim Einkaufen immer genau mitrechen", ergänzt sie.
Sozialamtsleiter Erwin Denke versteht zwar die Vorbehalte, weist jedoch auf die Rechtmäßigkeit dieses Verfahrens hin: "Wir bewegen uns ganz im legalen Bereich." Nach Paragraph 3 des Asylbewerber-Leistungsgesetzes bestehe für abgelehnte und geduldete Asylbewerber lediglich ein Anspruch auf Sachleistungen für den Lebensunterhalt. "Die Frage 'Geld oder Gutschein?' ist eine Gewissensfrage." Das Lagenser Sozialamt habe sich für die Gutschein-Ausgabe entschieden und werde auch daran festhalten, um den Unterschied zu den anerkannten Asylbewerbern zu unterstreichen und die "Versorgungsmentalität" nicht zu fördern. Eine Argumentation, die Anne Becker nicht nachvollziehen kann. "Doppelmeldungen können damit nicht verhindert werden", meint sie. Und eine wirksame Handhabe gegen ausreisepflichtige, aber nicht -willige Asylbewerber sei die Gutschein-Lösung auch nicht. "Wir appellieren deshalb an die Stadt Lage so wie viele andere Kommunen im Umkreis zu verfahren und Geld statt Gutscheine zu geben."
Lage@lz-online.de
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