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06.03.2025 :
Pressespiegel überregional
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Übersicht:
die tageszeitung, 06.03.2025:
Amokfahrer war in rechter Szene aktiv
MiGAZIN, 06.03.2025:
Allzeithoch in Sachsen / Zahl von Straftaten Rechter sprunghaft gestiegen
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die tageszeitung, 06.03.2025:
Amokfahrer war in rechter Szene aktiv
Nach der Pkw-Attacke in Mannheim schließen Ermittler ein politisches Motiv aus / Aber: Der Festgenommene war offenbar vor Jahren Teil der rechtsextremen Szene
Von Konrad Litschko
Die Ermittler haben sich vorerst festgelegt: Das Pkw-Attentat, bei dem am Montag in der Mannheimer Innenstadt zwei Menschen getötet und elf teils schwer verletzt wurden, habe keinen politischen Hintergrund. Es gebe vielmehr konkrete Hinweise auf eine psychische Erkrankung des festgenommenen Alexander S. Nun aber gibt es laut der Antifa-Recherche-Gruppe Exif ebenfalls Hinweise, dass der 40-Jährige zumindest in der Vergangenheit politisch aktiv war: in der rechtsextremen Szene.
So sollen Fotos Alexander S. bei einem Aufmarsch von rund 1.300 Rechtsextremen und Reichsbürgern im Oktober 2018 in Berlin zeigen, in der Hand eine Deutschland-Fahne. Aufgerufen hatte das Bündnis "Wir für Deutschland", kurz zuvor war es in Chemnitz zu rechten Unruhen gekommen.
Laut Exif soll Alexander S. zudem zumindest im Jahr 2018 Teil des "Ring Bunds" gewesen sein, einer Gruppe aus dem Umfeld eines rechtsextremen Waffen-Netzwerks. In einer Personenliste eines dort Aktiven soll Alexander S. mit dem Verweis "Ring Bund" notiert gewesen sein. Zudem soll S. im September 2018 via E-Mail instruiert worden sein, wie man Nachrichten mittels Entwürfe-Ordner des "Ring Bund"-Accounts austauschen könne. Der "Ring Bund" soll sich laut Exif unter anderem im Februar 2018 in einer von Rechtsextremen genutzten Immobilie im Thüringer Guthmannshausen getroffen haben. Bei Vorträgen sei es um die "Theorie der revolutionären Situation" gegangen, über "gewaltsamen Widerstand" oder ein System "der weltweit beherrschenden Hochfinanz".
Das Waffen-Netzwerk wiederum, an das der "Ring Bund" angebunden gewesen sei, flog im Jahr 2020 auf. Laut Ermittlungsergebnissen soll das Netzwerk von 2015 bis 2018 Schusswaffen, darunter Uzis und Pumpguns, von Kroatien nach Deutschland gebracht haben. Drei Männer aus Süddeutschland wurden 2022 vom Landgericht München deshalb zu Freiheitsstrafen bis zu 4 Jahren und 3 Monaten verurteilt.
Die taz hatte damals über interne Mails der Gruppe berichtet. Demnach versuchten Mitglieder, an verschiedene rechtsextreme Gruppen wie die Identitären, Pegida, die "Europäische Aktion" oder die AfD anzudocken. Auch eine eigene Gruppe entstand: die "Patriotische Alternative", mit der die AfD unterstützt werden sollte.
Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger kritisierte, ein Mann mit möglicher rechtsextremer Vergangenheit habe einen tödlichen Angriff begangen, und "die Politik schaut weg". Es brauche nun "Aufklärung und Antworten auf Hintergründe zum Täter".
Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mannheim und eine Sprecherin des Landeskriminalamts Baden-Württemberg sagten der taz, die neuen Hinweise auf die rechtsextremen Aktivitäten von Alexander S. würden im Rahmen der Ermittlungen geprüft. Zu klären sei, ob diese für die Tat relevant waren, so der Polizeisprecher. Dazu fänden auch Befragungen des Umfelds des Festgenommenen statt.
Die Durchsuchung der Wohnung von Alexander S. in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) ergab laut Polizei keine Hinweise auf das Tatmotiv. Es gebe aber Hinweise, dass sich S. bei der Tat "in einem psychischen Ausnahmezustand befand", bekräftigten die Behörden am Dienstagabend. Laut Bild soll sich S. im Vorjahr an ein Ludwigshafener Krankenhaus gewandt haben, mit der Ansage, er habe sich mit Benzin übergießen und anzünden wollen.
Laut seinem Facebook-Profil studierte Alexander S. Biotechnologie in Darmstadt, zuletzt soll er als Gärtner gearbeitet haben. Auf Facebook postete er nur noch sporadisch und vor allem allem Tier-Videos. In einem Beitrag von 2020 kommentierte er eine Graffiti-Aktion, bei der ein Hakenkreuz übermalt wurde, mit "saugeil". Ein zweites Profil beim russischen Anbieter VK zeigt dagegen laut Medienberichten nordische Götter und S. mit einem Gewehr im Schießstand sowie posierend vor einem Panzer. Zudem wurde S. 2019 wegen eines rechtsextremen Facebook- Kommentars verurteilt.
Dass die Tat in Mannheim politisch motiviert sein könnte, dafür gebe es bisher keine Hinweise, hatte auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) betont. Alexander S. war bei der Tat von dem Taxifahrer Muhammad A. gestoppt und darauf von der Polizei festgenommen worden. Zuvor soll sich der 40-Jährige mit einer Schreckschusspistole in den Mund geschossen haben.
Gegen ihn wurde inzwischen Haftbefehl erlassen. Angaben zur Tat machte er nicht. Im Tatfahrzeug wurde nur ein Zettel gefunden, auf dem kryptische Berechnungen von Geschwindigkeit standen oder Schlagworte wie "Anhalteweg", "links", "rechts". Laut Sicherheitsbehörden war Alexander S. in der Vergangenheit wegen einer Körperverletzung, einer Trunkenheitsfahrt und unerlaubten Führens einer Schreckschusswaffe straffällig.
Bildunterschrift: Beamte sichern am 3. März in Mannheim Spuren am Tatfahrzeug.
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MiGAZIN, 06.03.2025:
Allzeithoch in Sachsen / Zahl von Straftaten Rechter sprunghaft gestiegen
06.03.2025 - 10.12 Uhr
Die radikalen Tendenzen in der sächsischen Gesellschaft nehmen zu. Das ist ein Befund, der schon seit Jahren die Sicherheitsbehörden umtreibt. Auch an politisch motivierten Straftaten wird das deutlich.
Die Zahl von Straftaten mit einem rechten Hintergrund ist 2024 sprunghaft gestiegen. Das ergab eine Auswertung Kleiner Anfragen, die Linke-Politikerin Juliane Nagel regelmäßig zu diesem Thema im Landtag stellt. Demnach nahm die Polizei im vergangenen Jahr insgesamt 4.200 Fälle auf - mehr als elf pro Tag und so viele wie nie zuvor im Freistaat, wie die Linksfraktion im Landtag mitteilte. Sie verwies darauf, dass es sich um eine vorläufige Zahl handelt. 2023 lag sie bei 2.704.
"Fest steht schon jetzt: Es handelt sich um ein alarmierendes Allzeithoch", sagte Nagel der Deutschen Presse-Agentur und sprach von einem beispiellosen Sprung nach oben. "Die dramatische Entwicklung dürfte zumindest teilweise auf das zurückliegende "Superwahljahr" zurückzuführen sein: Besonders viele Taten ereigneten sich im Mai (590) und August (485), unmittelbar vor der Europa- und Kommunalwahl sowie der Landtagswahl." Mehr als 200 Mal sei es um zerstörte Wahlplakate gegangen.
Die meisten Taten (79 Prozent) betreffen so genannte Propaganda-Delikte wie das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen und Volksverhetzungen. Allerdings gehen diese Fälle oft mit Sachbeschädigungen einher. Die Statistik nennt auch 105 Körperverletzungen, die sich überwiegend gegen Migranten richteten, hieß es. Zudem wurden fünf Brandstiftungen verzeichnet. Eine Asylunterkunft wurde mit Pyrotechnik angegriffen; dieser Fall wird als Sprengstoffanschlag bewertet.
Linke-Politikerin geht von einem Flächenphänomen aus
Über 1.000 Fälle sind mit den Attributen "ausländerfeindlich" und "fremdenfeindlich" versehen. Bei der regionalen Verteilung zeichnen sich klare Hochburgen ab: Die meisten rechten Taten ereigneten sich in den Städten Leipzig (604) und Dresden (545), gefolgt von den Landkreisen Zwickau (471) und Bautzen (363). "Wir haben es zweifellos mit einem Flächenphänomen zu tun, gegen das flächendeckend eingeschritten werden muss", betonte Nagel. Man brauche eine Neuauflage des Gesamtkonzepts gegen Rechtsextremismus.
Insgesamt wurden 2024 in Sachsen sogar 8.058 Straftaten als politisch motiviert eingestuft. Die von mutmaßlichen linken Tätern verübten Straftaten stiegen binnen eines Jahres von 1.098 auf 1.342. 153 Fälle wurden einer "ausländischen Ideologie" beziehungsweise "religiösen Ideologie" zugeschrieben. Der Großteil der restlichen Taten ließ sich nicht eindeutig zuordnen und ist unter "sonstige" ausgewiesen. (dpa/mig)
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