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3 Artikel , 05.03.2025 :

Pressespiegel überregional

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Übersicht:


t-online.de, 05.03.2025:
"Bolzenschusserlaubnis für Schlachtvieh" / Täter von Mannheim soll Neonazi-Kontakte gehabt haben

die tageszeitung Online, 05.03.2025:
Reichsbürger-Prozess in Frankfurt / Freimütiges Plaudern über Mord und Totschlag

MiGAZIN, 05.03.2025:
Rassistische Chats: Polizei ermittelt gegen Kollegen

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t-online.de, 05.03.2025:

"Bolzenschusserlaubnis für Schlachtvieh" / Täter von Mannheim soll Neonazi-Kontakte gehabt haben

05.03.2025 - 18.58 Uhr

Erst hieß es, die Todesfahrt von Mannheim habe keinen extremistischen Hintergrund. Neue Recherchen stellen diese Aussage in Frage.

Hat sich Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) zu früh festgelegt? Nur Stunden, nachdem am Montag in Mannheim ein Autofahrer mit hoher Geschwindigkeit durch die Innenstadt gerast war und eine 83-jährige Frau und einen 54-jährigen Mann totgefahren hatte, erklärte der Minister, bisherigen Erkenntnissen zufolge habe die Todesfahrt keinen extremistischen Hintergrund.

Die Motivation für die gezielte Jagd auf Fußgänger liege eher in der Person des Täters begründet, sagte Strobl. Der Mannheimer Oberstaatsanwalt Romeo Schüssler ergänzte, es gebe Hinweise auf eine psychische Erkrankung des 40 Jahre alten Landschaftsgärtners aus Ludwigshafen. Dieser sei wiederholt in ärztlicher Behandlung gewesen, hieß es.

Jetzt sind allerdings auch Anhaltspunkte für eine extremistische Verstrickung des Tatverdächtigen aufgetaucht: Die antifaschistische Rechercheplattform "Exif" hat Fotos veröffentlicht, die Alexander S. bei einer unter anderem von der NPD organisierten Demonstration am 3. Oktober 2018 in Berlin zeigen sollen.

Auf den Fotos ist der mutmaßliche Täter von Mannheim in einem Meer von Deutschland-Fahnen zu sehen. Er selbst trägt auch eine.

S. taucht auf Neonazi-Mitgliederliste auf

Aber S. soll nicht nur ein bloßer Mitläufer gewesen sein. Laut "Exif" gehörte er wohl auch zu einer Neonazi-Splittergruppe namens "Ring Bund". Einer der Leiter dieser Gruppe habe S. in einer 2018 angelegten Personenliste mit der Nummer 000415 als mutmaßliches Mitglied geführt. Dazu notierte der Neonazi-Kader laut "Exif" diverse Fähigkeiten von S.: "gelernter Landschaftsgärtner, Boxer, Bolzenschusserlaubnis für Schlachtvieh, Englisch".

S. soll Zugriff auf die Kommunikationsstruktur der Gruppierung "Ring Bund" gehabt haben. Die Gruppe wiederum habe laut ihrer Personenliste persönliche Kontakte unter anderem zu dem militanten Neonazi Thorsten Heise und dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke gehabt.

Der "Ring Bund" sei zudem an ein Waffen-Netzwerk angebunden gewesen, das im Jahr 2020 aufflog. Laut Ermittlungen brachte dieses Netzwerk zwischen 2015 und 2018 Schusswaffen von Kroatien nach Deutschland, darunter Maschinenpistolen und Pumpguns. Einer der Köpfe des "Ring Bund" wurde deswegen 2022 zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

Behörden prüfen Hinweise

Der "Exif"-Bericht ist bei den Strafverfolgungsbehörden bekannt. Die Hinweise auf rechtsextreme Aktivitäten von S. stünden nun "im Fokus der Ermittlungen", teilten Staatsanwaltschaft Mannheim und Landeskriminalamt Baden-Württemberg am Mittwoch mit. Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen sei aber weiterhin nicht von einem extremistischen oder politischen Motiv für die "konkrete Tat" auszugehen.

"Gemäß den bislang vorliegenden Erkenntnissen, bestehend aus umfangreichen ärztlichen Unterlagen und einer Vielzahl sich gegenseitig bestätigender Zeugenaussagen, ist davon auszugehen, dass bei dem Tatverdächtigen seit vielen Jahren eine psychische Erkrankung vorliegt", teilten Staatsanwaltschaft und LKA mit. Der Verdächtige habe sich in der Vergangenheit regelmäßig in ärztlicher beziehungsweise psychiatrischer Behandlung befunden, zuletzt im vergangenen Jahr auch stationär.

Bisher war über S. bekannt, dass er mehrfach vorbestraft war. Staatsanwalt Schüssler berichtete von einer Körperverletzung, für die der mutmaßliche Täter von Mannheim vor mehr als zehn Jahren eine kurze Freiheitsstrafe verbüßt habe, außerdem habe es einen Fall von Trunkenheit im Verkehr gegeben. Zuletzt sei der heute 40-Jährige wegen eines Facebook-Kommentars zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Laut Staatsanwaltschaft handelte es sich um ein Hass-Rede-Delikt aus dem Jahr 2018.

Die Linken-Politikerin Katharina König-Preuss forderte unterdessen, die Aktivitäten der Gruppierung "Ring Bund" losgelöst von der konkreten Motivation des Täters von Mannheim aufzuklären und aufzuarbeiten. Dass Sicherheitsbehörden und politische Verantwortungsträger kurz nach der Todesfahrt eine politische Motivation verneinten, sei unverantwortlich gewesen und bestätige, "dass Bedrohung durch extrem rechte Strukturen systematisch unterschätzt wird".

Bildunterschrift: Alexander S. auf einem von ihm bei Facebook veröffentlichten Foto: Im Hintergrund liegt ein Kissen, auf dem der bei Neonazis beliebte Slogan "Odin statt Jesus" zu lesen sein soll.

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die tageszeitung Online, 05.03.2025:

Reichsbürger-Prozess in Frankfurt / Freimütiges Plaudern über Mord und Totschlag

05.03.2025 - 17.50 Uhr

Im Reichsbürger-Prozess gegen Prinz Reuß und Co. berichtet ein erster Belastungszeuge über blutige Umsturzpläne der Truppe. Doch es bleiben Fragezeichen.

Von Joachim F. Tornau

Frankfurt am Main (taz). Wenn dieser Prozess eines in großem Maße zutage gefördert hat, dann ist es Irrsinn. An mehr als 50 Tagen hat das Frankfurter Oberlandesgericht nun schon gegen die mutmaßliche Führungsriege der Reichsbürger-Verschwörung um Heinrich XIII. Prinz Reuß verhandelt. Doch über die mörderischen Putschpläne, die den neun Männern und Frauen zur Last gelegt werden, war bislang wenig zu erfahren. Umso mehr dafür über die kruden und nicht selten antisemitisch gefärbten Verschwörungsmythen, denen sie anhängen.

Fernab von Anspruch auf Vollständigkeit: Reptiloide. Jüdische und muslimische Soldaten, die in einem Bunker unter dem Kanzleramt stationiert seien. Altnazis, die in der Arktis "Reichsflugscheiben" zusammen zimmern. Eine globale und / oder intergalaktische Geheimarmee, die die Menschheit "befreien" werde. Und über allem der QAnon-Glaube, dass satanisch-pädophile Machteliten das Land beherrschen und in unterirdischen Tunneln Kindern rituell missbrauchen.

Waren die Angeklagten und ihre Mitstreiterinnen, Mitstreiter, die in parallelen Prozessen in Stuttgart und München vor Gericht stehen, also nur harmlose Irre, wie die Verteidigung glauben machen will? Oder waren sie so verblendet, dass sie zum Äußersten bereit waren, wie die Bundesanwaltschaft argumentiert? Erstmals ist im Prozess nun ein Zeuge vernommen worden, der sagt: eindeutig letzteres.

Der 31-Jährige, der am Dienstag bereits zum dritten Mal vom Gericht befragt wurde, hat mit dem Angeklagten Hans-Joachim H. in Untersuchungshaft gesessen. Jeden Tag sollen sie miteinander gesprochen haben, oft stundenlang. Jedes Mal will der Zeuge unmittelbar danach aufgeschrieben haben, was ihm der 66-Jährige, ein selbstständiger Unternehmensberater aus der Nähe von Hamburg, erzählt haben soll.

Traum vom gewaltvollen Umsturz

Von einem "kranken System, das mit aller Kraft zerstört werden muss", soll H. gesprochen haben. Dass das "nicht auf demokratischer Basis" möglich sei, sondern nur "blutig". Und selbstverständlich hätten in dem von Reuß geführten "Rat", den die Bundesanwaltschaft für die designierte Putsch-Regierung hält, alle von den Plänen gewusst, den Bundestag anzugreifen. Was die Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann, die sich als einzige der Frankfurter Angeklagten bisher zur Sache geäußert hat, wortreich bestritten hat.

Hans-Joachim H. kommt in der Anklage vor allem als Geldgeber vor, der die Vereinigung mit rund 160.000 Euro unterstützt haben soll. In der Darstellung seines ehemaligen Mithäftlings erscheint eher dagegen als Gewaltprediger mit AfD-Sympathien, der davon geträumt haben soll, mit einer Schusswaffe das Weltwirtschaftsforum in Davos zu stürmen.

Der es okay gefunden haben soll, wenn im Bundestag "ein paar über die Wupper gehen würden". Und der auch sonst recht freimütig darüber gesprochen haben soll, wer angeblich alles hingerichtet werden sollte. Die Moderatorinnen, Moderatoren Markus Lanz und Sandra Maischberger zum Beispiel.

Kann man das glauben? Für die Verteidigung ist klar: auf keinen Fall. Sie verweist darauf, dass der Zeuge ein verurteilter Betrüger sei, der vor Hans-Joachim H. schon zwei weitere Mitgefangene zum Plaudern gebracht haben will, in erstaunlich kurzer Zeit. Und der sich davon natürlich Vorteile für seinen eigenen Prozess erhofft habe. "Der Zeuge lügt notorisch, dass sich die Balken biegen", sagt Rechtsanwalt Jochen Lober.

Ins Vertrauen gezogen

Unbestreitbar ist: Der Mann hat von H. nicht nur den Haftbefehl, sondern auch die Anklage zu lesen bekommen. Er hätte also auch auf dieser Grundlage etwas zusammen fabulieren können. Ebenfalls unbestreitbar aber dürfte sein, dass H. ihm vertraut hat. Rund 200 Seiten, auf denen er unter anderem Überlegungen zu seiner Verteidigungsstrategie festgehalten hat, übergab er seinem vermeintlichen Gesinnungsgenossen.

Er beauftragte ihn, nach der Entlassung aus der Haft eine "Pädo-Liste" mit den Namen von 442 angeblichen Täterinnen, Täter der "satanisch-rituellen Pädophilie" zu veröffentlichen. Und er verriet ihm, wo der USB-Stick mit dieser Liste in seinem Haus versteckt sei.

Kurz bevor im Mai 2024 der Prozess in Frankfurt begann, wurde das Haus von Hans-Joachim H. deshalb erneut durchsucht. Der USB-Stick wurde in einem Treppengeländer entdeckt - genau dort, wo der Belastungszeuge gesagt hatte.

Bildunterschrift: SEK Beamte eskortieren den Hauptangeklagten Heinrich Prinz Reuß vom Oberlandesgericht Frankfurt in einen Wagen zum Gefängnis.

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MiGAZIN, 05.03.2025:

Rassistische Chats: Polizei ermittelt gegen Kollegen

05.03.2025 - 11.02 Uhr

Am frühen Morgen stehen bei mehreren Hamburger Polizisten Kollegen vor der Tür. Die Durchsuchungen sollen Beweise in laufenden Disziplinarverfahren bringen. Vorwurf: fremdenfeindliche, rassistische sowie Gewalt und den Nationalsozialismus verherrlichende Chats.

Von Christiane Bosch

Rassistische und teils die Nazi-Zeit verherrlichende WhatsApp-Nachrichten zwischen Polizisten haben in Hamburg und Schleswig-Holstein zu einem größeren Polizeieinsatz geführt. Am Morgen waren deshalb zeitgleich die Wohnungen und Diensträume von sechs aktiven und drei pensionierten Beamten durchsucht worden, wie die Polizei in Hamburg mitteilte. Dabei seien zahlreiche Datenträger als Beweismittel sichergestellt worden.

Insgesamt werde gegen 15 aktive und pensionierte Polizisten dienstrechtlich ermittelt. Hintergrund sind "fremdenfeindliche, rassistische sowie Gewalt und teilweise den Nationalsozialismus verherrlichende Nachrichten", die über den Instant-Messenger-Dienst WhatsApp in zwei verschiedenen und voneinander unabhängigen Chat-Gruppen gesendet worden waren.

Diese Chats konnte die für Beschwerdemanagement und Disziplinarangelegenheiten zuständige Dienststelle der Polizei Hamburg genauer in Augenschein nehmen, nachdem sie von den Staatsanwaltschaften in Lübeck und Vechta die Akten zu zwei anderen, bereits abgeschlossenen Verfahren erhalten und durchforstet hatte. Dort war gegen zwei Beamte in anderer Sache strafrechtlich ermittelt worden. In den Strafakten fanden die Ermittler der Polizei mehrere zehntausend Chat-Nachrichten, die derzeit noch ausgewertet werden.

Betreten der Diensträume für Verdächtige vorerst verboten

Schon jetzt aber sei klar, dass die beiden Polizeibeamten der Wasserschutzpolizei und der Schutzpolizei in Einzel- und Gruppen-Chats diese rassistischen und verherrlichenden Nachrichten gesendet und empfangen haben sollen. Zudem gerieten 13 weitere Chat-Partner ins Visier der Polizeiermittler. Sie sollen sich "in unterschiedlichem Umfang" an den Chats beteiligt haben, wie es weiter hieß.

Gegen alle 15 Verdächtigen im Alter von 44 bis 61 Jahren seien Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Den aktiven Beamten wurden die Dienstausweise und Dienstwaffen abgenommen und sie dürfen die Hamburger Polizeidienststellen nicht mehr ohne triftigen Grund betreten.

Rassistische Chats von Polizisten kein Einzelfall

Strafrechtliche und dienstrechtliche Ermittlungen gegen Polizeibeamte wegen rassistischer Aussagen oder Chats hatte es zuletzt auch immer wieder in anderen Bundesländern gegeben. So gab es 2023 Verfahren gegen Beamte des Polizeipräsidiums Recklinghausen, 2022 stand ein Berliner Polizist wegen Nachrichten mit menschenverachtenden Inhalten im Fokus der Ermittler.

In Hessen hatten 2014 bis 2018 mehrere Polizeibeamte in verschiedenen Chat-Gruppen Bilder und Videos mit verbotenem Inhalt verbreitet. Dabei soll es sich überwiegend um Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie volksverhetzende Inhalte gehandelt haben.

Innensenator: Menschenfeindlichkeit hat bei Polizei keinen Platz

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) befürwortet die "notwendigen" disziplinarrechtlichen Maßnahmen. "Menschenfeindlichkeit und Demokratie-Verachtung haben in der Polizei Hamburg keinen Platz", sagte der Politiker laut Mitteilung. Er mahnte zudem an, dass das Fehlverhalten einzelner nicht den hohen Einsatz von mehr als 11.000 Polizistinnen und Polizisten diskreditieren dürfe. Sie stünden "jeden Tag für ein demokratisches, tolerantes und friedliches Miteinander in unserer Stadt" ein.

Auch Polizeipräsident Falk Schnabel betonte, dass "jegliche Form von Diskriminierung, Gewaltverherrlichung oder Fremdenfeindlichkeit" bei der Hamburger Polizei nicht akzeptiert würde. "Wir werden die Vorwürfe restlos aufklären und alle nötigen disziplinarrechtlichen Konsequenzen ziehen." Die Polizei Hamburg stehe für die Werte des Grundgesetzes. "Wir sind daher alle aufgefordert, nicht wegzusehen, sondern aktiv einzuschreiten, wo auch immer uns Aussagen begegnen, die diesen Werten widersprechen."

Polizei ermittelt gegen Kollegen

Als problematisch und hinderlich bei der Aufklärung könnte sich erweisen, dass die Polizei gegen sich selbst ermittelt. In Deutschland gibt - anders als in anderen Ländern - es keine Strukturen, die unabhängige Ermittlungen gegen Polizeibeamten durchführen können.

Kritiker haben in solchen Fällen der Polizei wiederholt vorgeworfen, gegen eigene Kollegen nicht oder zu lasch zu ermitteln. Am Ende solcher Ermittlungen würden Polizeikollegen oft glimpflich davonkommen oder gar nicht belangt. Es liege in der Natur der Sache, dass Kollegen gegen Kollegen gerne mal ein oder beide Augen zudrücken oder nicht jeder Spur nachgehen. (dpa/mig)

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