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Neue Westfälische - Herford und Enger / Spenge , 03.03.2025 :

Wie der Kirchenkreis Herford mit extrem rechten politischen Kräften umgeht

Die Mitteldeutsche Kirche schließt AfD-Mitglieder von Leitungspositionen aus / So ist der Stand der Debatte im Kirchenkreis Herford / Ein Bekenntnis zu Vielfalt

Matthias Bungeroth

Kreis Herford. Die Haltung zu Themen wie Demokratie, Vielfalt, Gleichberechtigung und Migration bestimmt auch im Raum Herford dieser Tage die gesellschaftliche Debatte. Viele Bürgerinnen und Bürger gehen auf die Straßen, beziehen hier Stellung und wollen so die Grundwerte des liberalen Rechtsstaates verteidigen. Auch die großen christlichen Kirchen in Deutschland haben diese Debatte aufgenommen und beginnen sich für ihre eigenen Strukturen zu positionieren. So beschloss jüngst die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland mit rund 638.000 Mitgliedern, dass Mitglieder extremistischer Parteien wie der AfD keine Leitungspositionen - etwa die eines Gemeindekirchenrates - bekleiden dürfen.

"Menschenverachtende, fremdenfeindliche und antikirchliche Positionen vertragen sich nicht mit der Übernahme eines Amtes im Gemeindekirchenrat oder an einer anderen Leitungsstelle in unserer Kirche", begründete Landesbischof Friedrich Kramer diesen Schritt. Die Kirchentüren, betonte Kramer, stünden aber weiterhin allen Menschen offen. Eine ähnliche Entscheidung hatte zuvor bereits das katholische Bistum Magdeburg getroffen.

Die Neue Westfälische sprach mit dem Superintendenten des Evangelischen Kirchenkreises Herford, Olaf Reinmuth, sowie Holger Kasfeld, dort Leiter des Referates für Diakonie und gesellschaftliche Verantwortung, darüber, wie der Kirchenkreis Herford sich in dieser Frage positioniert.

Alle rund 1.500 Mitarbeitenden des Kirchenkreises Herford - darunter etwa 1.000 in Kitas - hätten in ihren Arbeitsverträgen auch eine Präambel unterschrieben, die ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung enthalte, erläuterte Reinmuth. "Also gehen wir davon aus, dass die Leute das auch ernst nehmen."

Der Evangelische Kirchenkreis Herford stehe für Grundwerte wie Gleichberechtigung, Rechtssicherheit und repräsentative Demokratie sowie gegen Antisemitismus, unterstrich der Superintendent. Dies alles werde von der Präambel mit erfasst. Diese Position könne auch nicht infrage gestellt werden.

Allerdings sei es zugleich auch Aufgabe der Kirche, über die wichtigen Fragen, die die Gesellschaft bewegten, auch im Gespräch zu bleiben und Öffentlichkeit herzustellen. Als etwa zwei AfD-Kommunalpolitiker angefragt hätten, ob sie sich über die Arbeit der Migrationsberatung des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Herford informieren dürften, "haben wir sie auch eingeladen".

Kasfeld zeigte sich überzeugt, dass das deutsche Rechtssystem sowie die soziale Marktwirtschaft "große Errungenschaften" der Bundesrepublik Deutschland seien. Doch man nehme auch wahr, dass in Teilen der Bevölkerung die Wahrnehmung herrsche, dass es ungelöste gesellschaftliche Probleme gebe. Darüber müsse man im Gespräch bleiben. Aber, so Reinmuth: "Radikale Pläne sind nicht umzusetzen."

Kasfeld machte deutlich, wo er einen möglichen Nährboden für das Funktionieren populistischer und extremistischer politischer Positionen sieht: "Jeder Mensch braucht Arbeit und Anerkennung. Das ist der Schlüssel." Auch die Situation in den Themenfeldern Pflege und Rente habe bei manchen Menschen Verunsicherungspotenzial, so Reinmuth: "Bildung und Kita müssen auskömmlich gewährleistet werden." Den Kita-Bereich bezeichnete der Superintendent wörtlich als "Integrationsmaschine".

Die Kirche müsse auch den Raum dafür schaffen, dass der Streit um diese kontroversen Themen in einer sauberen Debattenkultur aufgearbeitet werden könne, so Kasfeld. "Man braucht Plätze, an denen man über die eigene Bubble rauskommt." Doch die Debatte habe selbstverständlich auch ihre Grenzen. Zu befürworten, dass Stolpersteine aus dem Wegepflaster gerissen würden, die an den Tod oder die Vertreibung ehemals in Herford lebender Menschen durch die Nationalsozialisten erinnerten, gehe nicht, nennt Kasfeld ein Beispiel. "Da müssen wir unsere Stimme erheben."

Bildunterschrift: Der Superintendent der evangelischen Kirche im Kreis Herford bezieht klar Stellung gegen Hass und Hetze sowie die AfD.

Bildunterschrift: Olaf Reinmuth, Superintendent des Kirchenkreises Herford (r.) und Holger Kasfeld, Leiter der Abteilung für Diakonie und gesellschaftliche Verantwortung.

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Am 17. Januar 2025 hat die "Evangelische Kirche in Mitteldeutschland" noch einmal bekräftigt, Mitgliedern der Partei "AfD", den Einzug in die im Herbst 2025 neu zu wählenden Gemeindekirchenräte zu verweigern.

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www.kirchenkreis-herford.de


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