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Mindener Tageblatt Online , 17.02.2025 :

Gewaltfantasien und Reichsbürger-Verdacht: Portaner kämpft vor Gericht um Waffenerlaubnis

17.02.2025 - 17.22 Uhr

Ist der Kläger gefährlich?

Ein Mann soll der Reichsbürger-Szene nahe stehen und in Nachrichten mit Gewaltfantasien gedroht haben - die Behörden halten ihn deswegen für unzuverlässig im Umgang mit Waffen. Vor dem Verwaltungsgericht Minden wehrt er sich nun gegen den Entzug seiner Waffenerlaubnis.

Maximilian Hampel

Minden. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Minden bot am Montag einen Einblick in die bizarre Welt der so genannten Reichsbürger. Ein Portaner, den die Behörden dieser Szene zuordnen, wehrt sich zusammen mit seinem Anwalt Thomas Röckemann gegen den Entzug seiner Waffenerlaubnis, die ihm im Sommer 2023 entzogen worden war.
Die zuständige Einzelrichterin Annika Kapitza erläuterte zu Anfang die zwei wesentlichen Gründe, weswegen die Waffenbehörde dem Mann die Eignung als Waffenbesitzer abspricht: Zum einen gebe es laut Staatsschutz deutliche Indizien für eine Reichsbürger-Mentalität. So habe der Kläger, der angeblich in Österreich heiraten und Grundbesitz erwerben wolle, einen so genannten Staatsangehörigkeitsausweis beantragt. Dieser wird nach Kenntnis des Verfassungsschutzes häufig von Reichsbürgern genutzt, welche die Bundesrepublik als illegitime Konstruktion ablehnen und sich auf eine "ursprüngliche" Staatsangehörigkeit berufen.

Außerdem habe der Mann beim Beantragen eines Reisepasses Zweifel an seiner deutschen Staatsangehörigkeit geäußert und sich geweigert, den Ausweis zu unterschreiben - angeblich aus Angst vor Datenmissbrauch. Ein schriftlicher Bericht des Bielefelder Staatsschutzes verortet ihn zudem in einschlägigen Telegram-Gruppen wie "Die Deutschlandfrage", "Freunde des Kaisers - Hand in Hand in ganz Deutschland" und "Wissen ist Macht", in denen das Grundgesetz als "Provisorium" dargestellt und generell staatsfeindliche Äußerungen verbreitet würden. Hinzu komme, dass sein Name auf dem Klingelschild in Sperrschrift stehe, einer für Reichsbürger typischen Schreibweise, bei der die Buchstaben durch Leerzeichen voneinander getrennt sind. Dies wird von Reichsbürgern als pseudo-juristisches Mittel verwendet. Angehörige der Szene glauben, dass Dokumente so nicht rechtlich wirksam sind oder von Behörden nicht anerkannt werden dürfen.

Zwei eingestellte Strafverfahren

Zusätzlich stützt sich die Waffenbehörde auf zwei Strafverfahren, die zwar eingestellt wurden, aber laut Kapitza auf ein gewaltbereites Verhalten hindeuten. In einem Fall soll der Kläger einem Ehepaar per WhatsApp in drastischer Weise mit Gewalt gedroht haben; in einem weiteren Verfahren soll er seiner Ex-Partnerin geschrieben haben, er wolle "nur noch Blut" von ihr sehen. Die Richterin attestiert dem Angeklagten an Hand der Nachrichten ein aufbrausendes aggressives Verhalten. Beide Verfahren wurden zwar eingestellt. Dennoch, so die Richterin, dürfe das Ordnungsrecht auch eingestellte Verfahren und mehrfache Auffälligkeiten berücksichtigen, da dies auf eine mögliche missbräuchliche Verwendung von Waffen schließen lasse.

Der Kläger selbst bestreitet jede Nähe zur Reichsbürger-Szene. "Das mit der Sperrschrift ist mir bisher nicht bewusst, dass es verpönt oder verboten ist." Er habe die Telegram-Gruppen nicht freiwillig betreten, sondern sei ohne sein Zutun hinzugefügt worden. Auch die angeblichen Droh-Nachrichten ließen sich ihm nicht eindeutig zuordnen. Beide Verfahren seien schließlich eingestellt worden und dürften daher nicht herangezogen werden, um seine Zuverlässigkeit in waffenrechtlicher Hinsicht in Frage zu stellen, betont sein Anwalt Röckemann. Zudem führte dieser ein Schreiben einer Behörde aus Österreich ins Feld, wonach für das geplante Vorhaben - Heirat und Immobilienkauf - ein Staatsangehörigkeitsausweis erforderlich sei. Allerdings, so entgegnet ein Vertreter des beklagten Landes NRW, hege der Staatsschutz erhebliche Zweifel an der Echtheit dieses Dokuments.

Keine direkte Entscheidung

Klar sei, so die Richterin, dass bereits die wiederholten, wenn auch nicht verurteilten, Droh-Nachrichten für Zweifel an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers ausreichen. Die Frage seiner mutmaßlichen Reichsbürger-Zugehörigkeit komme als weiterer Faktor hinzu.

Der Kläger und sein Anwalt bleiben dennoch bei ihrem Antrag, die waffenrechtlichen Erlaubnisse - darunter eine Waffenbesitzkarte (WBK) als Sportschütze, aber auch eine grüne WBK und einen kleinen Waffenschein - wiederherzustellen. In Deutschland gibt es drei Varianten der WBK, wobei die grüne WBK die umfassendste ist. Nach einer etwa 25-minütigen mündlichen Verhandlung kündigte Richterin Kapitza am Montag an, kein sofortiges Urteil zu fällen. Stattdessen wolle das Gericht den Beteiligten seine Entscheidung schriftlich mitteilen.

Bildunterschrift: Am Verwaltungsgericht Minden wehrt sich ein mutmaßlicher Reichsbürger gegen den Entzug seiner Waffenerlaubnis (MT-Symbolbild).


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Am 17. Februar 2025 wurde "Reichsbürger" Stefan K. aus Porta Westfalica von dem Szene-Anwalt Thomas Röckemann ("AfD") beim Verwaltungsgericht Minden vertreten - eine Entscheidung wird schriftlich erfolgen.

Am 17. Februar 2025 wendete sich "Reichsbürger" Stefan K. aus Porta Westfalica beim Verwaltungsgericht Minden gegen den Widerruf "waffenrechtlicher Erlaubnisse" - klagte gegen das Land Nordrhein-Westfalen.

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