Lippische Landes-Zeitung ,
05.02.2025 :
Für Demokratie auf der Straße
Im Vorfeld der großen Menschenkette am kommenden Samstag hier ein Überblick über die vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen, die in Lippe im Dienste der Menschenrechte und der Toleranz unterwegs sind
Von der Lokalredaktion
Kreis Lippe. Sie gehen gemeinsam auf die Straße, treten ein für Demokratie und Toleranz. Bündnisse aus der Zivilgesellschaft haben sich fast überall in Lippe gegründet. Unter der Federführung des Forums offenes Detmold lädt ein Teil von ihnen für kommenden Samstag, 8. Februar, auf 11 Uhr zu einer Menschenkette in der Detmolder Innenstadt ein. "Im Vorfeld der Bundestagswahl wollen wir ein starkes Zeichen für die offene, bunte, vielfältige Gesellschaft setzen", heißt es in der Ankündigung. Treffpunkt ist die Ameide am Landesmuseum. Die LZ hat mal einen Überblick über die Initiativen für Demokratie und Toleranz im gesamten Kreisgebiet versucht.
Bad Salzuflen
Der Bad Salzufler Ratschlag für Vielfalt, Toleranz und Respekt, gegründet als Reaktion auf den Wahlerfolg der Republikaner 1989, ist ein überparteiliches Netzwerk aus Vertretern gesellschaftlicher Gruppen, Verbänden, Kirchen und Einzelpersonen. Der Arbeitskreis engagiert sich aktiv gegen Fremdenfeindlichkeit und für ein friedliches Miteinander. Zu den zentralen Aktivitäten gehören die Organisation der Gedenkfeiern zur Pogromnacht seit 1999, die Beteiligung am Holocaust-Gedenktag sowie die Verlegung und Pflege der Stolpersteine zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus.
Der Arbeitskreis veranstaltet regelmäßig Vorträge, Mahnwachen und interkulturelle Projekte wie das "Fest der Kulturen" und die "Interkulturellen Wochen". Kontakt: über Pfarrer Andreas Gronemeier, per E-Mail an gronan@web.de.
Die Gruppe "Omas gegen Rechts" (OgR) Bad Salzuflen engagiert sich aktiv für Demokratie, Vielfalt und Toleranz. An ihren Treffen nehmen etwa 35 bis 40 Frauen teil. Gegründet wurde die Gruppe nach Enthüllungen des Recherche-Teams "Correctiv" und einer Kundgebung des Bad Salzufler Ratschlags im Januar 2024. Seitdem haben die OgR zahlreiche Aktionen organisiert, darunter Demonstrationen, Mahnwachen und die Beteiligung am Weihnachtsmarkt sowie an der Initiative "Deutschland singt". Aktuell plant die Gruppe eine Aktion zur Mobilisierung für die Kommunalwahl im September 2025 und probt bereits für den nächsten Auftritt am 3. Oktober. Kontakt: omasgegenrechts-salzuflen@t-online.de.
Lemgo
"Lemgo hält zusammen" heißt es seit 2022 in der Alten Hansestadt. Damals schlossen sich Parteien zu einem Bündnis zusammen, um einen friedlichen Gegenpol zu den so genannten Corona-Leugnern zu bilden, die sich montags auf dem Lemgoer Marktplatz trafen. Ihnen wollten die Lemgoer etwas entgegensetzen und kamen dafür zu Hunderten zusammen, um friedlich ein Zeichen zu setzen. Nach Corona pausierte das Bündnis und kam erst 2024 nach den Veröffentlichungen des Recherche-Teams "Correctiv" wieder zusammen - das aber in weitaus größerem Umfang. "War es zunächst eine Initiative der Lemgoer Parteien, so sind mittlerweile viele Gruppen und Menschen aus allen Bevölkerungsschichten dabei", erklärt Katharina Kleine Vennekate, die zum Bündnisrat gehört.
Über 50 Organisationen, Vereine und Gruppen zählen zum Bündnis, ebenso wie einige Unternehmen und Einzelpersonen. Im Januar 2024 kamen sie in beeindruckender Zahl auf dem Marktplatz zusammen, um für ein friedliches Miteinander, eine vielfältige Gesellschaft und die Wahrung der Menschenrechte zu demonstrieren. Beim Europa-Walk im Juni auf dem Lemgoer Wall setzten sie erneut ein Zeichen mit einer bunten Veranstaltung mit Musik und Reden.
"Wir wollen sensibilisieren und auch das Positive in den Vordergrund rücken", so Kleine Vennekate. Das lokale Bündnis will auch bei der Menschenkette in Detmold dabei sein. Kontakt: www.lemgo-haelt-zusammen.de.
Lage
Seit 2017 / 18 gibt es das Lagenser Bündnis gegen Rechts. Vorangegangen waren Proteste gegen Neonazis, die 2015 / 16 den Bahnhof Ehlenbruch für ihre Zwecke nutzen wollten. Damals, so erklärt Manfred Hilbrink-Späth, habe man ein Zeichen setzen wollen gegen das Erstarken der Rechten. Die Mitglieder des "Arbeitskreises gegen das Vergessen" seien dabei gewesen, der Arbeitskreis selbst sei später im Bündnis aufgegangen. Es sei ein loser Zusammenschluss. "Vom Schüler bis zum Rentner - es sind viele dabei. Vor allem merken wir bei den Aktionen, dass die Unterstützung groß ist." Es gehe dabei nicht allein um die AfD, sondern um "die Rechtsentwicklung in unserem Land", sagt Hilbrink-Späth. Das Bündnis arbeitet mit lokalen demokratischen Parteien zusammen und mit Organisationen, die die Ziele teilen. Am 27. Februar gibt es eine Info-Veranstaltung in Lage-Hörste in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund zum Thema "Sozialpolitik von Rechts". "Das ist leider nach der Wahl, aber als wir das geplant haben, wussten wir noch nicht, dass überhaupt im Februar gewählt wird", sagt Hilbrink-Späth. Das Bündnis hofft, dass sich viele Menschen der Demonstration anschließen und ein Zeichen setzen. Wer Kontakt mit dem Lagenser Bündnis gegen Rechts aufnehmen möchte, kann eine Mail schreiben an lagenser-buendnis-gegen-rechts@gmx.de oder findet es in den Sozialen Medien. Die Webseite ist derzeit in Arbeit.
Detmold
Der Antifaschistische Arbeitskreis Detmold hat sich 1981 gegründet. Das Oktoberfest-Attentat vom 26. September 1980, ein rechtsextremer Terroranschlag, war der Anlass für den Zusammenschluss, sagt Volker Wiemann. Die Bürgerinitiative setze sich für mehr Demokratie ein und gegen menschenfeindliche Ideologien. Sie ist Mitorganisator der Aktion in Detmold. Mehr Infos auch zu den monatlichen Treffen gibt es unter www.antifa-detmold.de.
Im "Forum offenes Detmold" haben sich 2018 unterschiedlich politisch engagierte Menschen und Gruppen zusammengeschlossen: Es ist ein lokales parteiunabhängigen Bündnis, das sich angesichts des als immer bedrohlicher empfundenen Rechtsrucks in Deutschland und der Welt gegründet hat, wie es heißt. Ziel der Gruppe sei es, mit verschiedenen Aktionen für die Themen "Pro Asyl" und „Anti-Rechtspopulismus und -Radikalismus" einzustehen.
Das "Forum offenes Detmold" trägt mit Diskussionsrunden und Veranstaltungen zur Aufklärung über Rechtsextremismus in Lippe bei, liefert Hintergrundwissen zu den Hauptherkunftsländern von Geflüchteten und organisiert gemeinsam mit anderen Initiativen kulturelle Events um seine Botschaft zu transportieren. Die Menschenkette am 8. Februar ist vom "Forum offenes Detmold" initiiert worden. Kontakt über E-Mail an info-fodt@gmx.de.
Ende 2019 gründete Brigitte van Ahee die "Omas gegen Rechts Detmold". Anfangs bestand die Gruppe aus fünf Frauen. "Zu der Zeit wurden wir kaum in der Öffentlichkeit wahrgenommen", erinnert sich van Ahee, "und wenn, dann fand man uns eher putzig. Das hat sich inzwischen deutlich geändert." Heute besteht die Gruppe aus rund 100 Frauen, von denen etwa 50 regelmäßig aktiv dabei sind. Die Omas gegen Rechts Detmold sind regelmäßig mit Info-Ständen in der Innenstadt vertreten, organisieren Flashmobs, um beispielsweise für den Erhalt der ehemaligen Hofsynagoge einzustehen. Die Gruppe spricht mit Menschen jeden Alters über die Zeit des Faschismus und die gefährlichen aktuellen Parallelen, zeigen Präsenz bei Gerichtsverhandlungen gegen rechte Kriminelle. 2022 wurde die Gruppe mit dem Preis der Felix-Fechenbach-Stiftung ausgezeichnet. Kontakt per E-Mail an omasgegenrechts-detmold@gmx.de.
Die Seebrücke Detmold organisiert seit dem 14. Juli 2018 an jedem Samstag Flashmobs an verschiedenen Punkten in der Detmolder Innenstadt. "Immer mehr Menschen sind damals im Mittelmeer in Seenot geraten und dabei ertrunken. Die Abschottung an den EU-Außengrenzen wurde immer stärker und die Unterbringung der Geflüchteten immer unmenschlicher", erinnert sich Mitglied Walter Meutzner an den Ursprung der Gruppe. Heute beteiligen sich bis zu 35 Personen regelmäßig an den rund 15 Minuten dauernden Mahnwachen. Damit wolle die Initiative aufmerksam machen auf das ständig wachsende Massengrab im Mittelmeer und das Schicksal derer, die auf ihrer Flucht vor Krieg, Verfolgung und Elend viel erleiden müssen. Neben Mahnwachen gibt es in unregelmäßigen Abständen von der Gruppe organisierte Info-Veranstaltungen und besondere Aktionen in Detmold zu den Themen. Auch bei dem Vorhaben am Samstag nimmt die Seebrücke Detmold teil. Der nächste Flashmob danach ist am 15. Februar am Rosental geplant. Teilnehmen kann jeder der möchte. Kontakt per E-Mail an detmold@seebruecke.org.
Horn-Bad Meinberg
Den Arbeitskreis gegen Nazis (AGN) in Horn-Bad Meinberg gibt es seit 2006. Damals fand im Ortsteil Fromhausen ein Zeltlager der inzwischen verbotenen, rechtsextremen Gruppierung "Heimattreue Deutsche Jugend" statt. In der Folge kam es laut dem Vorsitzenden Ditmar Ahrweiler zur Gründung des AGN, dessen erste Aktion das Erarbeiten einer Resolution war, die als Bürgerantrag in den Rat eingebracht wurde. In dieser bekannte sich die Stadt zu Weltoffenheit und Toleranz und verurteilte Faschismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit.
Seither haben die Mitglieder des Arbeitskreises mit einer Vielzahl von Aktionen für ihre Idee einer offenen und toleranten Gesellschaft geworben und sich gegen faschistische, völkisch-rassistische und überhaupt antidemokratische Bestrebungen engagiert, sie veranstalten regelmäßig Vorträge und ähnliches rund ums Thema. Der Arbeitskreis ruft zu Demonstrationen für die streithafte Verteidigung der Demokratie und gegen Rechtsextremismus auf.
Die monatlichen Treffen - jeweils am ersten Freitag im Monat um 18 Uhr im Rathaus der Stadt - dienen dem Gedankenaustausch sowie der Planung und Vorbereitung der Aktivitäten. "Hier haben alle Anwesenden in den Diskussionen und bei Entscheidungen dasselbe Gewicht, unabhängig davon, ob sie bereits seit Bestehen des Arbeitskreises dabei sind oder das erste Mal an einem Treffen des Arbeitskreises teilnehmen", so Ahrweiler. Für sein fortlaufendes Engagement ist der Arbeitskreis 2016 vom Bündnis für Demokratie und Toleranz ausgezeichnet worden. Mehr auf der Internetseite unter arbeitskreis-gegen-nazis.de.
Blomberg
Im lippischen Südosten kümmert sich der Runde Tisch Flüchtlingshilfe Blomberg um Menschen mit Migrationshintergrund. Er ist unter anderem aus dem Unterstützungskreis für die Spätaussiedler entstanden, der bereits vor etwa 40 Jahren gegründet wurde. Heute haben sich unter anderem die Kirchengemeinden, die Stadt, Sozialarbeiter und viele andere Mitstreiter aus dem sozialen Bereich zusammengeschlossen - Vereine, Institutionen, aber auch engagierte Einzelpersonen. Sie tauschen sich regelmäßig aus, die Koordinierung haben Nicole Albrecht vom Arbeitslosenzentrum (ALZ) und Holger Nickel von SOS Beratung und Treffpunkt übernommen. Kontakt per E-Mail an info@alz-ostlippe.de.
Aktiv ist in Blomberg auch die Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine, die seit 2021 daran gearbeitet hat, die Geschichte der NS-Opfer zu recherchieren und über den Künstler Gunter Demnig für sie Stolpersteine verlegen zu lassen beziehungsweise im zweiten Rutsch selbst zu verlegen. Die AG hat auch ein Benefizkonzert organisiert, um mit dem Erlös die Nachfahren der jüdischen Familie Königheim nach Blomberg kommen zu lassen. Das war der in Israel lebenden Familie bisher wegen des Krieges nicht möglich, aber die Einladung bleibt bestehen. Kontakt über d.zoremba@blomberg-lippe.de.
Aktiv in Blomberg ist auch das Blomberger Bündnis, in dem mittlerweile über 25 Vereine gemeinsam für Demokratie und Toleranz eintreten. Gegründet hat sich das Bündnis im Juli 2023 als Reaktion auf den Versuch des extrem rechten Influencers Tim Kellner, in Tintrup ein Clubhaus für einen einschlägig bekannten Motorradclub zu betreiben. Es ist nach eigener Auskunft aber vor allem eine zivilgesellschaftliche, überparteiliche Initiative zur Stärkung des ländlichen Raumes.
Das Blomberger Bündnis ist auch auf verschiedenen Ebenen maßgeblich beteiligt an der Vorbereitung der für Samstag, 8. Februar, geplanten Demonstration in Detmold, weitere Aktionen in diesem Jahr sind in der Planung. Kontakt über die Internetseite www.blomberger-buendnis.org.
Bildunterschrift: Über 2.000 Menschen kamen Ende Januar 2024 auf dem Marktplatz zusammen, um ein Zeichen für Demokratie und Menschenrechte zu setzen. Das Bündnis "Lemgo hält zusammen" hatte aufgerufen.
Bildunterschrift: Rund 120 Teilnehmer vom Arbeitskreis gegen Nazis und "Die Partei" positionieren sich im Oktober 2024 in Horn gegen eine politische Versammlung der AfD.
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- Samstag, 8. Februar 2025 um 11.00 Uhr -
Menschenkette: Lippe bleibt bunt! - Gemeinsam für Demokratie und Vielfalt
Treffpunkt:
Ameide / Lippisches Landesmuseum Detmold
Ameide 4
32756 Detmold
Statements und Menschenkette
Im Februar findet die vorgezogene Bundestagswahl statt. Deutschland steht vor einer richtungsweisenden Entscheidung: Es gilt unsere parlamentarische Demokratie zu stärken und dem Hass, der Hetze und der Fremdenfeindlichkeit entschieden entgegenzutreten. Unser gesellschaftliches Fundament wird von menschen- und demokratiefeindlichen Parteien und Gruppierungen angegriffen. Sie attackieren das Grundgesetz und spalten die Gesellschaft. Unsere Demokratie muss geschützt werden!
Wir - ein Zusammenschluss vieler lippischer Initiativen und Bündnisse (siehe unten) - wollen mit einer bunten Menschenkette in der Detmolder Innenstadt ein Zeichen setzen für eine offene, liberale und solidarische Gesellschaft. Wir rufen dazu auf, wählen zu gehen, auch wenn die Entscheidung vielleicht nicht leicht fällt.
Wir können am 23. Februar 2025 bei der Bundestagswahl mit unserer Stimme die Parteien stärken, die sich uneingeschränkt zum Grundgesetz bekennen.
Wir machen unser Kreuz X für Demokratie und Vielfalt. Denn: Wir sind mehr!
Menschenkette:
Treffpunkt ist die Ameide (vor dem Landemuseum). Wir starten um
11.00 Uhr mit kurzen Redebeiträgen. Danach bilden wir die Menschenkette durch die Detmolder Innenstadt in Form eines großen X als Symbol für die Wahl demokratischer Parteien.
Lasst uns zeigen, wie bunt Lippe ist: tragt bunte Kleidung! Vielfältige kreative Beiträge können die Menschenkette begleiten.
Nicht erwünscht sind National- und Partei-Flaggen.
Veranstalterinnen:
Forum offenes Detmold, CSD Lippe e.V., Omas gegen Rechts - Ortsgruppe Detmold, Blomberger Bündnis, Lagenser Bündnis gegen Rechts, Lemgo hält zusammen für Demokratie und Vielfalt, Lippische Landeskirche, Arbeitskreis gegen Nazis e.V. - Horn-Bad Meinberg, Seebrücke - Ortsgruppe Detmold, Deutscher Gewerkschaftsbund - Kreisverband Lippe, Antifaschistischer Arbeitskreis Detmold.
Wichtige Information zur Veranstaltung:
Die Veranstaltenden behalten sich gemäß § 6 Versammlungsgesetz vor, von ihrem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch zu machen und den Kreis der Teilnehmenden der Versammlung unter freiem Himmel einzuschränken. Personen, die extrem rechten Parteien oder Organisationen angehören, der extrem rechten Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, sexistische, nationalistische, militärische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, sind von der Veranstaltung ausgeschlossen.
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Am 8. Februar 2025 ab 11.00 Uhr veranstalten zahlreiche Initiativen aus dem Kreis Lippe in Detmold eine Menschenkette in Kreuzform mit dem Motto "Lippe bleibt bunt!: Gemeinsam für Demokratie und Vielfalt".
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www.instagram.com/forum.offenes.detmold
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