3 Artikel ,
10.02.2025 :
Pressespiegel überregional
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Übersicht:
die tageszeitung, 10.02.2025:
Viele rechte Morde nicht erfasst
MiGAZIN, 10.02.2025:
Sechs-Jahres-Hoch / Mehr Straftaten gegen Geflüchtete und deren Unterkünfte in Bayern
MiGAZIN, 10.02.2025:
"EkelhAfD" / Hunderttausende Menschen bei Demos - Sorge vor Rechtsruck
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die tageszeitung, 10.02.2025:
Viele rechte Morde nicht erfasst
87 Tötungsdelikte erkennt die Bundesregierung seit 1990 als rechts motivierte Taten an / Die aktualisierte Liste sei unvollständig, kritisieren Linkspartei und Opferverbände
Von Jean-Philipp Baeck
Insgesamt 87 Einträge umfasst die Liste offiziell anerkannter rechter Tötungsdelikte nach aktuellem Stand. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von Martina Renner (Die Linke) hervor, die der taz vorab vorliegt. Zehn Morde der Rechtsterroristen des NSU sind darauf verzeichnet, ebenso die Anschläge von Halle und Hanau als einzelne Einträge und viele weitere. Die Liste basiert auf einer zentralen Datei, für die die Landeskriminalämter Fälle politisch motivierter Kriminalität (PMK) an das Bundeskriminalamt übermitteln.
2024 wurden auch aus Nordrhein-Westfalen vier ältere Einträge nachgemeldet. Das Landeskriminalamt hatte 2022 begonnen, 30 zurückliegende Gewaltdelikte aus den Jahren 1984 bis 2020 zu überprüfen. Anerkannt ist seitdem auch der rechte Mord an Horst Pulter. Sieben Neonazi-Skinheads hatten den Wohnungslosen am 5. Februar 1995 im Stadtpark von Velbert erstochen, zuvor auf ihn eingeschlagen und ihn als "Penner" und "Scheiß Jude" beschimpft.
Viele Angehörige und Hinterbliebene beklagen eine willkürliche Anerkennungspraxis
Heike Kleffner erinnert an den langen Kampf um die Anerkennung von Horst Pulter als Todesopfer rechter Gewalt. Kleffner recherchiert als Journalistin und Geschäftsführerin des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt schon seit Jahren zu diesen Taten. Dieser Fall zeige, wie wichtig unabhängige Recherchen durch Journalistinnen, Journalisten, Initiativen und Opferberatungsstellen seien. Nach wie vor gebe es laut Kleffner eine Diskrepanz zwischen den 115 Menschen, die mit den aktuell 87 aufgelisteten Fällen offiziell als Todesopfer rechter Gewalt von der Bundesregierung anerkannt werden, und den mehr als 200 Todesopfern, von denen die Opferberatungsstellen ausgehen. "Diese Diskrepanz ist leider seit Jahren nicht geringer geworden", sagt Kleffner. "Die aktuelle Antwort der Bundesregierung zeigt das dramatische Ausmaß der Untererfassung, wenn es um die tödliche Dimension von rassistisch, antisemitisch und rechts motivierter Gewalt seit 1990 geht." Viele Angehörige und Hinterbliebene fänden die willkürliche Anerkennungspraxis völlig unverständlich, sagt Kleffner. Sie nennt etwa die inzwischen 90-jährige Mutter von Alexander Selchow, die seit drei Jahrzehnten um Anerkennung kämpfe. Selchow wurde in der Silvesternacht auf den 1. Januar 1991 bei Göttingen von Neonazis aus dem Umfeld von Thorsten Heise ermordet.
Der Mord an Selchow fehlt auf der Liste der Bundesregierung ebenso wie der an Rolf Baginski. Dieser wurde im thüringischen Nordhausen im November 1991 durch einen Neonazi getötet, der dann in Untersuchungshaft durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als V-Mann im Umfeld des NSU-Unterstützer- Netzwerks angeworben wurde.
Beide Fälle hätten längst anerkannt werden müssen. In Thüringen könnte eine Untersuchung zu älteren Fällen Abhilfe schaffen. Die rot-rot-grüne Minderheitsregierung hatte die Hochschule für Wirtschaft und Recht beauftragt, ein Dutzend Fälle aus dem Land zwischen 1990 und 2023 zu untersuchen. "Der Bericht mit den entsprechenden Empfehlungen liegt fertig vor", sagt Kleffner, die daran beteiligt war. "Die Veröffentlichung und auch die entsprechenden nachträglichen Anerkennungen wurden aber vom Innen- und Justizministerium blockiert und auch nicht mehr vor der Landtagswahl 2024 den Abgeordneten übergeben."
Auch Martina Renner, Bundestagsabgeordnete der Linken, kritisiert, dass eine Reihe von Tötungsdelikten, die durch Zivilgesellschaft und Wissenschaft als eindeutig rechts motiviert eingestuft seien, durch die Bundesregierung nicht einmal genannt würden. Es brauche "dringend auch von behördlicher Seite ein klares Bild davon, wie groß das Ausmaß tödlicher rassistischer, antisemitischer und neonazistischer Gewalt im wiedervereinigten Deutschland ist."
Bildunterschrift: Am dritten Jahrestag erinnern in München Menschen an die Opfer des Anschlages in Hanau 2020.
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MiGAZIN, 10.02.2025:
Sechs-Jahres-Hoch / Mehr Straftaten gegen Geflüchtete und deren Unterkünfte in Bayern
10.02.2025 - 11.00 Uhr
Die Statistik ist noch nicht final. Doch jetzt schon verzeichnet Bayern ein Sechs-Jahres-Hoch bei politisch motivierten Straftaten gegen Geflüchtete - vor allem gegen ihre Unterkünfte. Die Grünen machen das politische Klima verantwortlich.
Die Zahl politisch motivierter Straftaten gegen Geflüchtete und deren Unterkünfte in Bayern ist im vergangenen Jahr weiter angestiegen. Die Polizei registrierte 2024 insgesamt 277 Angriffe gegen Geflüchtete und speziell 33 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. Das geht aus Antworten des Innenministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervor. Zum Vergleich: Im Jahr zuvor lagen die Zahlen nach Grünen-Angaben bei 269 beziehungsweise 20.
Die Zahlen für 2024 markieren den höchsten Wert der vergangenen sechs Jahre. Besonders zugenommen hat die Zahl der Angriffe im Bereich Gewaltkriminalität, hier verzeichnet die Statistik 23 Gewalttaten. Darunter drei Fälle von Brandstiftung (in Krumbach, Putzbrunn und Bayreuth), ein versuchter Totschlag (Angriff mit einem Samurai-Schwert auf zwei Geflüchtete in Selb) sowie neun Fälle von gefährlicher Körperverletzung.
Großteil der Angriffe geht auf Konto von Rechtsextremisten
Ein Großteil der Angriffe gegen Geflüchtete fällt in den Bereich "PMK rechts" ("Politisch motivierte Kriminalität rechts"), diesem sind 221 der Fälle, also rund 80 Prozent, zugeordnet. Auffällig ist auch: Die Zahl der Fälle im Bereich "PMK sonstige Zuordnung" - dazu zählen so genannte Reichsbürger, Selbstverwalter oder Corona-Leugner - hat sich mehr als verdoppelt, von 16 Fällen im Jahr 2023 auf 35 Fälle im Jahr 2024.
Das Innenministerium betont, dass die Fallzahlen nicht endgültig seien - seien aber inzwischen als nahezu valide zu betrachten. Auf Grund von Nachmeldungen kann es vorkommen, dass die Zahlen steigen.
Grüne: Politisches Klima hat Auswirkungen auf Sicherheit
"Hier besteht dringender politischer Handlungsbedarf. An den Zahlen sehen wir leider sehr deutlich, dass aus Worten schnell Taten werden können und auch das politische Klima eine Auswirkung auf die Sicherheit der Menschen vor Ort hat", sagte der Grünen-Politiker Cemal Bozoğlu, Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus. Rassistisch motivierte Straf- und Gewalttaten stiegen vor allem dann immer deutlich an, wenn sich der politische Diskurs um Flucht und Migration verschärfe und populistische migrationsfeindliche Positionen verstärkt Gehör finden, kritisiert Bozoğlu.
Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, fordert mehr Investitionen in die Sicherheitsbehörden für den Schutz und für die schnelle Aufklärung der Taten. Außerdem brauche Bayern mehr Stellen für Dokumentation und Opferberatung.
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MiGAZIN, 10.02.2025:
"EkelhAfD" / Hunderttausende Menschen bei Demos - Sorge vor Rechtsruck
10.02.2025 - 09.19 Uhr
Demonstrationen von Rostock bis München: Die Sorge vor einem Rechtsruck treibt erneut in vielen deutschen Städten Menschen auf die Straßen. Allein in München sind es mehr als 250.000.
Gegen Rechts und für Demokratie sind am Wochenende bundesweit erneut mehrere Hunderttausend Menschen auf die Straße gegangen. Große Demonstrationen gab es vor allem am Samstag, für Sonntag waren Aktionen in weiteren Städten angekündigt, unter anderem in Berlin und Köln, allerdings meist mit deutlich geringeren angemeldeten Teilnehmerzahlen.
Am Samstag kamen allein in München nach Polizeiangaben mehr als 250.000 Demonstrierende bei strahlendem Sonnenschein auf der Theresienwiese zusammen. Die Veranstalter sprachen von mehr als 320.000 Teilnehmern. Dabei wurden zahlreiche Transparente gezeigt mit diversen Aufschriften: "Aus für Demokratie" oder "EkelhAfD". Laut Polizei verlief der Protest friedlich. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zeigte sich beeindruckt angesichts der vielen Menschen, die sich für die Demokratie stark machten. "München steht zusammen, wenn es darauf ankommt - übrigens nicht nur ab und zu, sondern viele Menschen engagieren sich ehrenamtlich jeden Tag", teilte er mit.
In Nürnberg kamen nach Angaben der Polizei mindestens 20.000 Menschen am Samstag zu einer Versammlung auf den Kornmarkt, darunter viele junge Leute und Familien. Auf Schildern war unter anderem zu lesen: "Menschenrechte statt rechter Menschen" und - mit Blick auf den Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) - "Mehr Herz, weniger Merz". Die Versammlung verlief laut Polizei ohne Zwischenfälle.
"Nazis raus"-Rufe mit Nazi-Gruß beantwortet
Bei einer anderen Demonstration gegen einen Infostand der AfD kam es dagegen zu einem Streit zwischen einem Demonstranten und einem 61-Jährigen. Dieser habe die "Nazis raus"-Rufe mit einem Nazi-Gruß beantwortet und den Demonstrierenden den Mittelfinger gezeigt, sagte eine Polizeisprecherin. Als ein 46-Jähriger ihn ansprach und festhielt, habe der 29 Jahre alte Sohn des Mannes diesen mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Das Opfer kam mit einer Blutung am Ohr zur Versorgung ins Krankenhaus.
Am Sonntag versammelten sich in Berlin aus Protest gegen einen Rechtsruck laut Polizei einige Hunderte Menschen im Regierungsviertel. Sie wollten von der FDP-Zentrale zur CDU-Bundesgeschäftsstelle ziehen.
Bereits am vergangenen Wochenende waren Hunderttausende Menschen in ganz Deutschland auf die Straße gegangen. Viele protestierten gegen die gemeinsame Bundestagsabstimmung von Union, FDP und AfD zur Verschärfung der Migrationspolitik.
Knapp 60.000 Menschen auf Demos in Hannover und Bremen
Auch in Niedersachsen und Bremen wurde am Samstag demonstriert. An einer von der Initiative "Omas gegen Rechts" organisierten Kundgebung in der Innenstadt von Hannover nahmen nach Polizeiangaben rund 24.000 Menschen teil.
Daneben habe es noch weitere Protestaktionen von linken Gruppierungen in der niedersächsischen Landeshauptstadt gegeben, sagte ein Polizeisprecher. Zum Teil sei versucht worden, Menschen vom Besuch an einem AfD-Wahlkampfstand abzuhalten. Die Polizei habe die etwa 250 Personen umfassende Gruppe von dem Stand weggedrängt.
In der Innenstadt von Bremen versammelten sich laut Polizei mehr als 35.000 Menschen, die Veranstalter sprachen von mehr als 50.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. In Bremerhaven kamen zudem rund 4.500 Menschen zu einer Kundgebung, wie die Polizei mitteilte. An einer Demonstration im niedersächsischen Hann beteiligten sich 1.200 Menschen.
Etwa 25.000 Menschen in Rheinland-Pfalz und Hessen
Protest gab es auch in Rheinland-Pfalz und Hessen. Wie die Polizei mitteilte, setzten sich am Samstag in Gießen nach einer Kundgebung gegen Rechts 13.000 Menschen in Bewegung. In Darmstadt versammelten sich ebenfalls 8.000 Menschen.
In Mainz fand am Samstag eine Demonstration unter dem Motto "Eine Welt, die zusammenhält - Mainz wählt Zusammenhalt" statt. Die Polizei zählte etwa 4.000 Teilnehmer. In Kassel kamen etwa 800 bis 1.000 Menschen einem Aufruf der "Omas gegen Rechts" nach. Weitere kleinere Kundgebungen der "Omas gegen Rechts" mit wenigen hundert Teilnehmern gab es in Frankfurt und Kaiserslautern.
In Wuppertal in Nordrhein-Westfalen gingen nach Polizeiangaben am Samstag etwa 10.000 Menschen auf die Straße.
Je 3.000 Menschen demonstrieren in Hamburg und Rostock
In Hamburg protestierten am Samstag laut Polizei rund 3.000 Menschen friedlich gegen Rechtsextremismus. Aufgerufen zu der Demonstration hatte ein Bündnis, darunter die Seebrücke Hamburg, das Hamburger Bündnis gegen Rechts sowie weitere Initiativen gegen Rechts und zur Unterstützung von Geflüchteten.
In Rostock gingen rund 3.000 Menschen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Unter dem Motto "Alle gegen Faschismus - Rostock steht zusammen!" zogen die Menschen am Samstag durch die Innenstadt. Aufgerufen zu der Demonstration hatte die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN - BdA). Nach Angaben der Polizei verlief die Demonstration friedlich.
Bereits am vergangenen Wochenende waren Hunderttausende Menschen in ganz Deutschland auf die Straße gegangen. Viele protestierten gegen die gemeinsame Bundestagsabstimmung von Union und AfD zur Verschärfung der Migrationspolitik. (dpa/mig)
Bildunterschrift: 250.000 Menschen demonstrieren gegen Rechtsruck in München.
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