Neue Westfälische Online ,
05.02.2025 :
"Active Clubs": Neue Neonazi-Gruppe in OWL - was hinter dem Trend steckt
05.02.2025 - 06.20 Uhr
Bundesweite Szene-Entwicklung
Kampfsport, Wandern, rechtsextreme Propaganda: In der deutschen Neonazi-Szene etablieren sich neue Gruppen, so genannte "Active Clubs". Ein Ableger wurde nun offenbar in OWL gegründet. Experten warnen vor Gefahren.
Von Lukas Brekenkamp
Bielefeld. Die Neonazi-Szene ist im stetigen Wandel. Seit einigen Monaten organisieren sich Rechtsextreme in so genannten "Active Clubs", die im ganzen Land entstehen. Nun auch in Ostwestfalen-Lippe. Was steckt hinter der neuen Entwicklung?
"Ausweg Active Club" titelte das Neonazi-Blatt "N.S. Heute" Ende April 2024. Es wird von dem Ex-Bielefelder Sascha Krolzig verlegt. Ein Rechtsextremist aus Bayern schreibt in seinem Beitrag über seinen Lösungsansatz aus der "organisatorischen Schwäche" der Szene. Eine Lösung sieht er in "Active Clubs", einem Phänomen, das in den USA entstanden ist. Im Vordergrund steht hier der gemeinsame Sport - vor allem Kampfsport - oder andere Aktivitäten. Politischer Aktivismus sieht der Rechtsextremist eher im Hintergrund, spielt aber bei den "Clubs" auch eine Rolle. Der Neonazi aus Bayern freute sich: Denn mittlerweile gibt es auch ein gemeinsames Dach für regionale, deutsche Ableger der "Active Clubs".
Ein entsprechender Kanal bei Telegram hat bereits frühzeitig eine niedrige vierstellige Zahl an Abonnenten erreicht. Mittlerweile sind auch verschiedene regionale Ableger entstanden, die sich vor alle durch Kanäle in Sozialen Medien zeigen. Einige in Ostdeutschland, aber auch im Raum Kassel, dem Niederrhein - oder Ostwestfalen. Mittlerweile dürfte es bundesweit ein paar Dutzend neuer "Active Clubs" geben.
OWL-Ableger offenbar auf rechtsextremen Demos
In Sozialen Medien wurden Ende 2024 entsprechende Kanäle eines OWL-Ablegers gegründet. Fotos und Videos zeigen offensichtlich Jugendliche, die vor allem vermummt auftreten oder nachträglich unkenntlich gemacht wurden. Ebenso zeigen Aufnahmen, dass Anhänger offenbar erste typische Aktivitäten von "Active Clubs" in der Region durchgeführt haben - etwa das Kleben rechtsextremer Sticker oder Schmierereien an Wänden. Andere Beiträge legen nahe, dass Anhänger aus OWL rechtsextreme Demos besuchten. Zum Beispiel in Magdeburg kurz nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt oder Mitte Januar in Aachen.
Der Ableger in OWL scheint zudem mit anderen "Active Clubs" aus NRW vernetzt zu sein. Ein Foto deutet an, dass Rechtsextreme aus den Gebieten "Ostwestfalen", "Niederrhein" und "Nordrhein" bereits im Herbst 2024 in Detmold ein Musikvideo für den rechtsextremen Rapper Azatro gedreht haben. Auch der Musiker, der aus OWL stammt, hat eine deutliche Nähe zu "Active Clubs" in Deutschland und Skandinavien. Generell sind bei den deutschen Ablegern immer wieder Verbindungen und Überschneidungen zur Jugendorganisation der Neonazi-Partei "Die Heimat" (früher NPD), den Jungen Nationalisten, festzustellen. Generell soll laut Angaben von Verfassungsschützern das Angebot aber gruppierungs- und parteiübergreifend sein.
Regierung: Bedrohung "potenziell erheblich"
Die Bundesregierung hatte bereits vor einigen Monaten vor der neuen Entwicklung in der Szene und den ersten Gründungen gewarnt. So sei das von den "Active Clubs" ausgehende Gewalt- und Bedrohungspotenzial "potenziell erheblich". Immerhin werden die neuen Gruppen vor allem dem gewaltorientierten rechtsextremistischen Spektrum zugerechnet. Auch andere Experten warnten zuletzt vor den Gefahren durch die Gruppen. So sieht etwa der Extremismus-Experte Alexander Ritzmann in den Clubs das Ziel, ein Netz von kampf- und gewaltbereiten Rechtsextremen aufzubauen.
Laut Bundesregierung sind "Active Clubs" international vernetzt und agieren hoch konspirativ. Bereits in etwa 20 Länder sollen solche Gruppen bestehen. Auch der NRW-Verfassungsschutz beobachtet die Entwicklungen in der rechtsextremen Szene und die Gründungen von "Active Clubs" genau. "Die jeweiligen Clubs agieren unabhängig voneinander und bilden ein dezentrales Netzwerk", erklärt eine Sprecherin. Mit ihren Angeboten wie Kampfsport oder Wanderungen sowie Propaganda-Aktionen zielen die Clubs darauf ab, "vor allem junge Menschen langfristig in die Szene zu integrieren". Generell werden die Mitglieder vor allem der Neonazi-Szene zugerechnet. Zahlen zu Anhängern sind auf Grund des konspirativen Agierens schwer. In OWL sind auf einigen Fotos bis zu zehn Personen zu sehen.
Generell rechnet der Nachrichtendienst 150 Personen der rechtsextremen Szene in OWL zu. Aktiv sind und waren hier - neben dem neu gegründeten "Active Club" - auch andere Gruppierungen. Zuletzt durchsuchte etwa die Polizei die Anschriften von vier Rechtsextremen in Bielefeld und Lippe, die Gruppen mit Namen wie "Aktion Hermannsland" oder "Freischar Westfalen" zugerechnet werden. Der Staatsschutz hatte zuvor gegen die Gruppen ermittelt. Die Anhänger der Gruppen inszenierten sich in Sozialen Medien etwa beim Hissen von Bannern, wobei sie auch Pyrotechnik zündeten. Einzelne Videos dieser Aktionen aus OWL landeten übrigens auch in Kanälen von deutschen "Active Clubs".
Bildunterschrift: In Sozialen Medien gibt es Dutzende Hinweise auf so genannte "Active Clubs", in denen sich vor allem junge Neonazis organisieren. Nun hat sich eine solche Gruppe auch in OWL gegründet.
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Am 5. Februar 2025 berichtete die "Neue Westfälische" - ""Active Clubs": Neue Neonazi-Gruppe in OWL" -, dass der "NRW-Verfassungsschutz" lediglich "150 Personen der rechtsextremen Szene in OWL" zurechnet.
Am 12. November 2024 wurden bei Razzien in Bielefeld, Lage, Leopoldshöhe wie Billerbeck auch Hinweise auf eine Verbindung zur "Identitären Bewegung" (Sticker, Flyer, T-Shirt und eine Spendendose) gefunden.
Am 12. November 2024 wurden bei Razzien in Bielefeld, Lage, Leopoldshöhe, wie Billerbeck erlaubnisfreie Waffen, Reizgas, Messer, ein Luftdruckgewehr, Banner, Tatkleidung, Aerosoldosen, Pyrotechnik gefunden.
Am 12. November 2024 durchsuchten Polizeilicher Staatsschutz wie Spezialeinheiten (zur Gefahrenabwehr) die Wohnung von Daniel Kokott (in Leopoldshöhe), Kader der Neonazi-Gruppierung "Freischar Westfalen".
Am 12. November 2024 durchsuchten Polizeilicher Staatsschutz wie Spezialeinheiten (zur Gefahrenabwehr) die Wohnung von Lennard Sanner (in Billerbeck), Kader der Neonazi-Gruppierung "Aktion Hermannsland".
Am 12. November 2024 hieß es aus "Polizeikreisen" bei den Razzien in Bielefeld, Lage, Leopoldshöhe wie Billerbeck, könnte von den Verdächtigen eine Gefahr ausgehen, da sie "Waffen auch einsetzen könnten".
Am 12. November 2024 wurden vier Wohnungen (Bielefeld, Lage, Leopoldshöhe, Billerbeck), wegen Taten der Neonazi-Gruppen "Freischar Westfalen", "Aktion Hermannsland" sowie "Westfalens Erben" durchsucht.
Am 17. Oktober 2024 wurde auf YouTube das in Detmold mit dem neonazistischen "Active Club" gedrehte Video "Staatsfeind" des aus Detmold kommenden Rappers Jann Blumhoff - alias "Azatro" - veröffentlicht.
Am 5. August 2024 berichtete die "Neue Westfälische" - im Artikel: "Wie die rechtsextreme Szene in OWL agiert " -, dass der "rechtsextremen Szene in OWL" (laut Verfassungsschutz) "600 Anhänger" angehören.
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www.mbr-owl.de
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