4 Artikel ,
02.02.2025 :
Pressespiegel überregional
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Übersicht:
MiGAZIN, 02.02.2025:
Experten warnen / Mehr politisch motivierte Straftaten gegen Flüchtlingsheime
MiGAZIN, 02.02.2025:
Schwarz-Blau-Gelb / Die Brandmauer ist Merz auf den Kopf gefallen
Rundfunk Berlin-Brandenburg, 02.02.2025:
Mindestens 160.000 Menschen demonstrieren in Berlin für Erhalt der "Brandmauer"
MiGAZIN, 02.02.2025:
"Wir sind die Brandmauer!" / Bundesweit Zehntausende bei Demos gegen Rechtsruck der Union
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MiGAZIN, 02.02.2025:
Experten warnen / Mehr politisch motivierte Straftaten gegen Flüchtlingsheime
02.02.2025 - 17.30 Uhr
Im vergangenen Jahr gab es einen deutlichen Anstieg rechtsextremer Straftaten gegen Flüchtlingsheime. Ataman nennt die aktuelle Debatte über Migration "verstörend". Die Abstimmung mit der AfD verunsichere die Bevölkerung, warnt sie. Wissenschaftler sind alarmiert.
Die Zahl der politisch motivierten Straftaten gegen Geflüchteten-Unterkünfte hat nach Angaben der Bundesregierung im Jahr 2024 zugenommen. Die Polizei registrierte im vergangenen Jahr 218 solcher Taten, bei denen Unterkünfte Angriffsziel oder Tatort waren. Im Jahr 2023 waren es noch 167 Straftaten, wie das "RedaktionsNetzwerk Deutschland" unter Berufung auf eine Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Gruppe im Bundestag berichtete.
Bei 28 der Taten im vergangenen Jahr handelte es sich demnach um Gewaltdelikte. Dadurch wurden laut der Auflistung des Ministeriums 14 Personen verletzt, darunter ein Kind.
Die Zahl der politisch motivierten Straftaten gegen Geflüchtete außerhalb von Unterkünften ist den Angaben zufolge nach aktuellem Stand etwas gesunken. Die Behörden registrierten bis zum Jahresende 1.905 Straftaten, davon 237 Gewalttaten. Im Jahr 2023 waren es 2.450. Es sei jedoch damit zu rechnen, dass diese Zahl für das Jahr 2024 noch steigt, weil zahlreiche Nachmeldungen der Polizei aus dem vierten Quartal erfolgen dürften.
"Die Zahl der Beleidigungen, Bedrohungen und Angriffe gegen Geflüchtete ist seit Jahren besorgniserregend hoch", sagte die fluchtpolitische Sprecherin der Linken-Gruppe im Bundestag, Clara Bünger. Es sei empörend, dass dieser Zustand von großen Teilen der Politik und Öffentlichkeit achselzuckend hingenommen werde. Immerhin gehe es bei den Betroffenen um Menschen, die in Deutschland Schutz suchten. "Doch was sie finden, sind rassistische Anfeindungen und Gewalt. Daran dürfen wir uns niemals gewöhnen", sagte Bünger.
Ataman warnt vor weiterer Zunahme rassistischer Vorfälle
Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, warnte angesichts der aktuellen Debatte über Migrationspolitik vor einer weiteren Zunahme rassistischer Vorfälle gegen Menschen mit Fluchterfahrung. "An unsere Beratungsstelle wenden sich vermehrt Menschen, die rassistische Vorfälle schildern. Sie berichten von Arbeitgebenden, die ausländische Bewerber beschimpfen oder von Ärzten, die Muslimen die Behandlung verweigern", sagte Ataman der Deutschen Presse-Agentur.
Diskriminierungen würden "offener und härter", beklagte sie. Aus Magdeburg würden ihr Migranten seit Wochen "auch von körperlichen Angriffen" berichten. In Magdeburg hatte ein Mann aus Saudi-Arabien kurz vor Weihnachten einen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt verübt und dabei sechs Menschen getötet und zahlreiche verletzt. Die Tat hatte eine öffentliche Debatte über den Umgang mit straffälligen Geflüchteten ausgelöst, die sich seit dem Messer-Angriff auf eine Kita-Gruppe in Aschaffenburg mit einem afghanischen Verdächtigen deutlich verschärft hat.
Debatte zu Migration schüre "Ressentiments"
An die Adresse von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU), dessen Fraktion ein Gesetz zur Begrenzung der Migration nach Deutschland in den Bundestag eingebracht und dabei auch die Unterstützung der AfD in Kauf genommen hatte, erklärte Ataman: "Im Parlament mit rechtsextremistischen Kräften abzustimmen, löst keines der bestehenden Probleme, verunsichert aber weite Teile der Bevölkerung." Viele Menschen im Land würden sich fragen, "ob sie und ihre Kinder noch eine sichere Zukunft in Deutschland haben".
Wie die aktuelle Debatte über Migration in Deutschland geführt werde, sei "verstörend" und schüre Ressentiments, kritisierte sie. Eine verantwortungsbewusste Migrationspolitik dürfe "kein Brandbeschleuniger für Rassismus und Rechtsextremismus sein".
Heftige Kritik an Abstimmung mit AfD
Der Bundestag hatte am Freitag über das umstrittene "Zustrombegrenzungsgesetz" der Union entscheiden, mit dem die CDU / CSU unter anderem den Familiennachzug bei Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus beenden will. Der Entwurf verfehlte die Mehrheit nur knapp. Dafür hatten mehrheitlich die CDU / CSU- die AfD- und die FDP-Fraktion gestimmt.
Bereits am Mittwoch hatte der Bundestag einem Antrag der Union zugestimmt, der Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen vorsieht. Zur Mehrheit für den Antrag haben der Union erstmals auch die Stimmen der AfD verholfen - ein Vorgang, der sowohl bei der Opposition als auch zum Teil innerhalb der Union große Empörung ausgelöst hat.
Migrationsforscherin: Politik macht Migranten zu Sündenböcken
Kritik erntet das Vorgehen der Union auch in der Wissenschaft. Die Hildesheimer Migrationsforscherin Danielle Kasparick etwa hält die aktuelle Wortwahl in der Migrationsdebatte für gefährlich. Sie mache Geflüchtete verantwortlich für politische Versäumnisse der vergangenen Jahre, sagte Kasparick dem "Evangelischen Pressedienst": "Die Sprache vieler Politiker ist extrem ausgrenzend und pauschalisierend, sie schürt Sorgen und Ängste."
Aussagen von AfD- oder Unions-Politikern suggerierten, dass für Anschläge einzelner psychisch kranker Straftäter pauschal alle Schutzsuchenden verantwortlich seien. Es sei aber Aufgabe des Staates, die Bürger vor der Bedrohung solcher Einzeltäter zu schützen und für Sicherheit zu sorgen, sagte die Leiterin der Forschungs- und Transferstelle Migrationspolitik an der Universität Hildesheim. Die Wissenschaft weise seit Jahrzehnten auf die Engpässe bei der Versorgung von psychisch kranken Menschen hin.
Journalismus-Professor sieht "verbalen Aktionismus"
Auch der Mainzer Journalismus-Professor Tanjev Schultz sieht nach Aschaffenburg ein "großes Versagen". Von vielen Politikern sei das Geschehen sofort beurteilt, und es seien Stimmungen verstärkt worden, sagte er dem "Evangelischen Pressedienst". Doch auch die Medien hätten die Pflicht, verantwortungsvoll zu handeln. Ein "verbaler Aktionismus" sei nach solchen Ereignissen öfter zu beobachten, in Wahlkampfzeiten "natürlich verschärft", sagte Schultz. "Es wird der Trauer kein Raum gegeben", kritisierte er. Zudem werde nicht abgewartet, bis der Sachverhalt feststehe: "Es geht sofort in Richtung einer Agenda." Die Medien wollten sich nicht dem Vorwurf aussetzen, irgendetwas zu verharmlosen, sagte der Professor, der auch zu Medienethik forscht. Doch es gehe um journalistische Qualität. Berichterstattung dürfe nicht unterkomplex werden und nur Stimmungen reproduzieren, etwa das falsche Narrativ "Wir gegen die Migranten".
Besser wären seiner Ansicht nach politische Äußerungen gewesen, die nicht spalten, sondern die Gemeinschaft betonen, und dass es ein Täter mit einer individuellen Geschichte war. "Hier ist viel Differenzierung nötig", sagte der Wissenschaftler. "Sogar wenn ein Politiker einen harten Kurs fahren will, sollte er erst mal die Mitmenschlichkeit in den Vordergrund stellen." In dieser aufgeheizten Diskurskultur stelle sich die Frage, ob Politiker noch ethischen Kategorien wie der Menschenwürde gerecht werden - "oder ob sie Menschen Unrecht tun, indem sie sie instrumentalisieren".
Bundesintegrationsrat kritisiert "Scheindebatten"
Der Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat kritisiert eine Instrumentalisierung des Messer-Angriffs von Aschaffenburg. Solche Attacken würden immer wieder genutzt, um Migranten als "generell gewaltbereit und nicht integrationswillig" zu zeichnen, erklärte der Rat in Berlin. Das schüre Ängste, spalte die Gesellschaft und stärke extremistische Positionen. Nach den Worten der Vorsitzenden des Integrationsrats, Didem Karabulut, verdecken die wiederkehrenden Diskussionsmuster den eigentlichen Kern des Problems. Im Falle Aschaffenburgs sei das "ein eklatantes strukturelles Versagen auf behördlicher Seite" gewesen. (epd/dpa/mig)
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MiGAZIN, 02.02.2025:
Schwarz-Blau-Gelb / Die Brandmauer ist Merz auf den Kopf gefallen
02.02.2025 - 16.40 Uhr
Die Union scheitert im Bundestag. Sie kann ihre Pläne zur Begrenzung der Migration nicht gegen den Widerstand von SPD, Grüne und Linke durchsetzen - obwohl die AfD zustimmt. Damit enttäuscht Merz alle Lager. Was bedeutet das für den Wahlkampf und was bleibt in Erinnerung?
Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) brettert hinterm Steuer von Magdeburg nach Aschaffenburg. Aus dem Radio tönt eine Warnmeldung: "Ein Geisterfahrer auf der A 7 unterwegs." Daraufhin Merz: "Einer? Alle, alle!"
So in etwa kann man sich Merz in diesen Tagen vorstellen. Alles, was nicht ziemlich weit rechts unterwegs ist in dieser Republik, hat an ihn appelliert, umzukehren von seinem Kurs: Gewerkschaften, Kirchen, Muslime, Juden, Künstler, Musiker, Schauspieler, NGOs, Tausende auf den Straßen, Wissenschaftler, Politiker - sogar aus der Union und selbst die "Mutter der Nation", Angela Merkel. Merz‘ "Zustrombegrenzungsgesetz" wäre der erste Entwurf im Bundestag werden können, das mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit gefunden hätte. Allen Rufen zum Trotz ließ sich Merz nicht abbringen von seinem Kurs. Alle Geisterfahrer, nur er nicht.
Merz enttäuscht links bis rechts
Das Ergebnis ist bekannt. Merz fuhr frontal gegen die Brandmauer. Sitzungsleiterin Petra Pau teilte nach der Abstimmung im Bundestag mit, das "Zustrombegrenzungsgesetz" habe im Bundestag keine Mehrheit gefunden: 338 Ja-Stimmen, 349 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen. 184 Unionsabgeordnete stimmten für den Entwurf, zwölf gaben ihre Stimme nicht ab. Von der AfD gab es 75 Ja-Stimmen, einer gab seine Stimme nicht ab. Auch aus der FDP-Fraktion stimmten zwei Abgeordnete gegen den Entwurf, fünf enthielten sich, 16 gaben keine Stimme ab.
Eigentlich wollte Merz mit der Abstimmung unter dem Eindruck von Magdeburg und Aschaffenburg Tatkraft und Handlungsstärke in der Migrationspolitik demonstrieren. Nun liegt er unter den Trümmern der Brandmauer und dürfte mit seiner Geisterfahrt so ziemlich alle enttäuscht haben - auf allen Spuren, linke wie rechte. Wer ihm sein Brandmauer-Versprechen schon immer nicht abgenommen hatte, dürfte sich jetzt bestätigt fühlen. Wer sich Maßnahmen für mehr Abschiebungen und weniger Fluchtmigration versprochen hatte, dürfte ebenfalls enttäuscht sein.
Was das für den Wahlkampf heißt
Wenige Wochen vor der Bundestagswahl stellt das den Wahlkampf auf den Kopf. Die Grünen wollten eigentlich mit eigenen Inhalten werben: Infrastruktur, bezahlbares Leben, Klimaschutz und soziale Absicherung. Doch nun dürfte die Warnung vor einem möglichen Rechtsruck für die Partei erneut zum beherrschenden Thema werden. Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck wirft Merz Wortbruch vor. "Nicht einmal, sondern zweimal. Nicht aus Versehen, sondern mit Absicht. Gegen alle Warnungen", erklärte Habeck. Das sei "Disqualifikation" für das Amt des Bundeskanzlers.
Die SPD ist bereits umgeschwenkt: Seit Tagen wirbt sie in Sozialen Medien für ein Bollwerk gegen den rechten Rand, nach dem Motto "Mitte statt Merz". Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Kurs vorgegeben mit der Warnung, Merz könne womöglich ein schwarz-blaues Bündnis eingehen.
Gegrummel auch in der CDU
Statt wie zunächst angekündigt im Wahlkampf über Wirtschaftspolitik zu sprechen, dürfte sich auch der CDU-Chef vor allem mit der Frage herumschlagen müssen, ob die von ihm beschworene Brandmauer zur AfD wirklich hält.
Auch aus der eigenen Partei ist ein Grummeln über die Taktik von Merz zu hören. Auf der Straße demonstrieren Tausende gegen eine mögliche Zusammenarbeit der Union mit der AfD - kein schönes Bild für CDU / CSU. Merz habe SPD, Grünen und AfD mit seinem Vorgehen zudem ein regelrechtes Mobilisierungsprogramm geliefert, heißt es kritisch auch in den eigenen Reihen.
Gegenseitige Vorwürfe
Die Debatte zum Gesetzentwurf begann im Bundestag mit einer Verspätung von dreieinhalb Stunden. Die FDP hatte zunächst vorgeschlagen, den Entwurf in die Ausschüsse zurückzuschicken und so möglicherweise doch noch einen Beschluss ohne die AfD als Mehrheitsbeschaffer zu verhindern. Es folgten hektische Beratungen zwischen CDU / CSU, SPD, Grünen und FDP, die allerdings keine Einigung erbrachten. Die FDP verzichtete daraufhin auf ihren Vorschlag.
Unionsfraktionschef Merz wies den Vorwurf einer Zusammenarbeit mit der AfD bei den Abstimmungen über eine schärfere Migrationspolitik erneut strikt zurück. Zur Forderung von SPD-Fraktionschef Mützenich, er solle sich dafür entschuldigen, dass er der AfD die Hand gereicht habe, sagte der CDU-Vorsitzende: "Von meiner Partei aus reicht niemand der AfD die Hand." Die Linke bestätigte zunächst, es gebe tatsächlich keinen Handschlag, denn Union und AfD lägen sich schon längst in den Armen.
Kern des Gesetzentwurfs von Merz war unter anderem eine Aussetzung des Familiennachzugs zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus. Zu dieser Gruppe gehören in Deutschland viele Syrer. Die Menschen holen - was ohnehin nur restriktiv ermöglicht wird - Frauen und Kinder zu sich. Experten zufolge ist das ein wichtiger Stabilisator im Leben von Geflüchteten. Wer mit seiner Familie zusammenlebe, drifte seltener ins Extreme ab, begehe seltener Straftaten als jemand, der zusätzlich zum prekären Flüchtlingsalltag auch einen Trennungsschmerz bewältigen müsse.
Merz gibt "Garantie" ab
Allen Protesten und Kritik zum Trotz hält Merz an seinem Vorhaben weiter fest. Bei ihrem Parteitag am Montag will die CDU ein "Sofortprogramm" mit den umstrittenen Migrationsplänen beschließen. Merz gab sogar eine "Garantie" für Veränderungen im Falle seiner Kanzlerschaft. "Ich gebe den Wählerinnen und Wählern in Deutschland die Garantie, dass es in der Wirtschaftspolitik und in der Asylpolitik eine wirkliche Wende gibt", sagte der Unions-Kanzlerkandidat dem Boulevardblatt "Bild am Sonntag".
Offen bleibt, ob die CDU ihre Ankündigungen nach einem Sieg bei der Bundestagswahl durchsetzen kann - und wenn ja, in welchem Maße. Nach den aktuellen Umfragen dürfte die Union bei der Bildung einer Regierung mindestens auf SPD oder Grüne angewiesen sein - sofern er, entgegen seinen bisherigen Bekundungen, nicht doch mit einer Zusammenarbeit mit der AfD liebäugelt. So oder so, an Glaubwürdigkeit gewinnt er mit seinem Garantieversprechen nicht.
Was in Erinnerung bleibt
In Erinnerung bleiben von dieser Woche Szenen und Bilder mit Symbolkraft: Triumphierende AfD-Politiker, die nach der Abstimmung im Plenarsaal für ein Selfie posieren, AfD-Mann Bernd Baumann, der mit geschwellter Brust vom Rednerpult in den Plenarsaal ruft: "Jetzt und hier beginnt eine neue Epoche und das führen wir an!"
In Erinnerung bleibt auch: Der Publizist Michel Friedman tritt nach Jahrzehnten aus Protest aus der CDU aus, zwei Träger des Bundesverdienstkreuzes, einer davon ein Holocaust-Überlebender, kündigen an, ihre Auszeichnungen zurückzugeben. Zehntausende treffen sich zu Demonstrationen in Großstädten gegen die Union, auch vor deren Parteizentralen. Und sogar Ex-Kanzlerin Angela Merkel greift mit einem außergewöhnlichen Schritt aus der Polit-Rente in die Debatte ein. In einer schriftlichen Stellungnahme erklärt sie Merz’ Vorgehen für "falsch".
Weidels "Bettvorleger"
Selbst AfD-Chefin Alice Weidel scheint Merz nicht mehr zu trauen. Nach der Abstimmung im Bundestag sagte sie, es habe sich gezeigt, dass ihre Fraktion geschlossener agiere als die CDU / CSU: "Das ist die Demontage von Friedrich Merz als Kanzlerkandidat gewesen." Seine eigene Fraktion habe ihn "abgesägt". Weidel wörtlich: "Friedrich Merz ist als Tiger gesprungen und endete als Bettvorleger."
Dabei hat Merz im Werben um sein Gesetz sogar eine Schublade bemüht, die selbst die AfD nicht gezogen hätte aus Angst, sie könnte in einem möglichen Partei-Verbotsverfahren als Extremismus-Beleg gegen sie verwendet werden. Merz hatte im Plenum vor der Abstimmung behauptet, es gebe "täglich stattfindende Gruppenvergewaltigungen aus dem Milieu der Asylbewerber heraus". Belegt hat er seine Behauptung nicht. Wohl auch, weil sie nicht stimmt. Einem Faktencheck hält sie jedenfalls nicht stand.
Ungewöhnlich sind derlei abwegige Behauptungen bei Unionspolitikern nicht. Manche benötigen nicht einmal einen Faktencheck, sie entlarven sich selbst: In einem bayerischen CSU-Wahlkampf-Zelt etwa behauptete ein Unionspolitiker, nach 18 Uhr trauten sich ältere Deutsche aus Angst vor gewalttätigen Ausländern gar nicht mehr aus dem Haus. Tobender Applaus im Zelt. Das Publikum nahezu komplett Ü 60. Uhrzeit: Kurz vor 22 Uhr. (dpa/mig)
Bildunterschrift: Beschmiertes Wahlkampfplakat von Friedrich Merz (CDU).
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Rundfunk Berlin-Brandenburg, 02.02.2025:
Mindestens 160.000 Menschen demonstrieren in Berlin für Erhalt der "Brandmauer"
02.02.2025 - 18.17 Uhr
In mehreren deutschen Städten ist es am Wochenende zu Demos gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD gekommen. Bei einer Großdemo in Berlin protestierten laut Polizei rund 160.000 Teilnehmer - die Veranstalter zählten deutlich mehr.
Aus Protest gegen einen Rechtsruck in Deutschland finden am Wochenende mehrere Demonstrationen statt - auch in Berlin und Brandenburg.
In Berlin demonstrieren seit Sonntagnachmittag mehrere Zehntausend Menschen für den Erhalt der "Brandmauer" gegen die AfD. Viele Teilnehmer haben Plakate und Transparente dabei. Auf ihnen ist unter anderem zu lesen "Fritz, hör auf Mutti", "Es ist 5 vor 1933" und "Kein Merz im Februar".
Ein Polizeisprecher sprach gegenüber dem rbb von schätzungsweise rund 160.000 Demonstrationsteilnehmern. Die Veranstalter schätzten die Teilnehmerzahl sogar auf bis zu 250.000 - erwartet worden waren rund 20.000 Demonstranten.
Friedman nennt AfD "Partei des Hasses"
Der Demonstrationszug führt vom Reichstagsgebäude über die Straße des 17. Juni zum Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Parteizentrale. Dort ist eine Abschlusskundgebung geplant. Wegen des großen Andrangs hat die Polizei allerdings den Zugang zum Konrad-Adenauer-Haus eingeschränkt und bittet die Demonstrationsteilnehmer, sich auf der angrenzenden Klingelhöferstraße bis zur Siegessäule zu verteilen.
Der Publizist Michel Friedman, der vor wenigen Tagen aus Protest aus der CDU ausgetreten war, erinnerte bei der Auftaktkundgebung an das Versprechen, dass die Würde jedes Menschen unantastbar sei. Die AfD bezeichnete er als eine "Partei des Hasses". Dass CDU / CSU mit ihr gemeinsam für eine schärfere Migrationspolitik gestimmt hatten, nannte Friedman einen "unentschuldbaren Fehler".
Zu der Demonstration unter dem Motto "Aufstand der Anständigen - Wir sind die Brandmauer" haben die Kampagnen-Organisation Campact gemeinsam mit dem DGB Berlin-Brandenburg und "Fridays for Future" aufgerufen. Die Polizei ist nach eigenen Angaben mit 500 Kräften vor Ort.
Demonstration in Potsdam
In Potsdam haben am Nachmittag Hunderte Menschen für Demokratie, Weltoffenheit und Vielfalt demonstriert. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hielt ein Grußwort und bekräftigte, es dürfe nie eine Zusammenarbeit mit der extremen Rechten geben.
Zu dem Protest auf dem Alten Markt hatte das Bündnis "Potsdam bekennt Farbe" aufgerufen. Nach Schätzung der Organisatoren beteiligten sich rund 2.500 Menschen. Die Polizei sprach von einer Teilnehmerzahl im "unteren vierstelligen Bereich". Der Protest richtete sich vielfach gegen die AfD - auch zahlreiche Plakate mit Aufschriften gegen CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz wurden gezeigt.
Eine weitere Demonstration war am Nachmittag in Brandenburg an der Havel auf dem Altstädtischen Markt angekündigt. Bereits am Samstag gab es Veranstaltungen in Cottbus und in Fürstenwalde.
Proteste gegen Kurs der CDU
Hintergrund der aktuellen Proteste ist der Kurs der Union in der Migrationspolitik und ihre Bundestagsabstimmung mit der AfD. CDU-Kanzlerkandidat Merz hatte in dieser Woche für Empörung gesorgt, weil er im Bundestag in Kauf nahm, dass AfD-Stimmen ausschlaggebend waren, dass sein Fünf-Punkte-Migrationsplan am Mittwoch eine Mehrheit bekam. Ein Gesetzentwurf der Union zur Begrenzung der Migration scheiterte am Freitag im Bundestag trotz der Zustimmung der AfD.
Bereits am vergangenen Donnerstag hatten sich mehrere Tausend Menschen zu einer Demonstration vor der CDU-Bundesgeschäftsstelle in Berlin-Tiergarten versammelt. Am vergangenen Wochenende protestierten vor dem Brandenburger Tor in Berlin Zehntausende Menschen gegen die geplante Abstimmung.
Bildunterschrift: Zahlreiche Menschen strömen zu der Demo in Berlin.
Bildunterschrift: Demonstration auf dem Alten Markt in Potsdam.
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MiGAZIN, 02.02.2025:
"Wir sind die Brandmauer!" / Bundesweit Zehntausende bei Demos gegen Rechtsruck der Union
02.02.2025 - 17.42 Uhr
Nach der gemeinsamen Abstimmung von CDU / CSU und AfD im Bundestag demonstrieren seit Tagen landauf, landab Tausende. Eine der größten Protestdemonstrationen erlebt am Sonntag das Berliner Regierungsviertel. Schon am Montag soll es weitergehen.
Weit mehr als 100.000 Menschen haben in Berlin gegen die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD für eine verschärfte Migrationspolitik protestiert. Die Demonstranten versammelten sich am Sonntag unter der Überschrift "Aufstand der Anständigen. Wir sind die Brandmauer!" vor dem Reichstagsgebäude. Nach einer Auftaktkundgebung zogen die Teilnehmenden zum Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Parteizentrale im Stadtteil Tiergarten. Alle Zufahrtsstraßen dorthin waren voll mit Demonstrationsteilnehmern. Eine Sprecherin der Berliner Polizei bezifferte die Zahl der Demonstranten auf etwa 160.000.
Der Publizist Michel Friedman, der vor wenigen Tagen aus Protest aus der CDU ausgetreten war, bezeichnete bei der Auftaktkundgebung in Berlin die AfD als eine "Partei des Hasses". Dass CDU / CSU mit ihr gemeinsam für eine schärfere Migrationspolitik gestimmt hatten, nannte Friedman einen "unentschuldbaren Fehler". Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, mahnte, eine erneute gemeinsame Abstimmung mit einer in Teilen rechtsextremistischen Partei ein für allemal auszuschließen.
"Wir sind die Brandmauer!"
Die Unionsfraktion hatte Mitte vergangener Woche mit den Stimmen der AfD einen Antrag für eine drastische Verschärfung der Asylpolitik durchgesetzt. Am Freitag scheiterten CDU / CSU im Bundestag indes mit dem Vorhaben, das so genannte Zustrombegrenzungsgesetz verabschieden zu lassen.
Die Demonstranten in Berlin riefen mehrfach im Chor "Wir sind die Brandmauer!". Auf selbst gemalten Plakaten war etwa zu lesen "Herz statt Merz" oder "Kein Platz für Hass". Weitere Redner auf der Kundgebung waren unter anderem Gedenkstätten-Leiter Jens-Christian Wagner von der Gedenkstätte Buchenwald, die Klima-Aktivistin Luisa Neubauer, die Autorin Carolin Emcke und amnesty-Generalsekretärin Julia Duchrow.
80.000 in Hamburg auf der Straße
Die Polizei in Regensburg sprach am Sonntagnachmittag von 20.000 Menschen, die gegen Rassismus und gegen die Asylpolitik der Union auf die Straße gingen. Bereits am Samstag hatten sich in zahlreichen Städten Menschen zu Demonstrationen versammelt.
So demonstrierten in der Hamburger Innenstadt nach Veranstalter-Angaben 80.000 Menschen, die Polizei sprach von 65.000 Teilnehmern. Unter dem Motto "Hamburg steht zusammen: Wer mit Faschisten paktiert, hat nichts kapiert!" hatten "Fridays for Future" und das Hamburger Bündnis gegen Rechts zu der Kundgebung aufgerufen.
Zehntausende in Köln und Bremen
In Köln waren nach Angaben der Organisatoren 45.000 Menschen bei einer Demonstration unter dem Motto "Keine Zusammenarbeit mit der AfD" auf der Straße. An einer Kundgebung "Wir sind die Brandmauer!" auf dem Stuttgarter Schlossplatz nahmen nach Veranstalter-Angaben 44.000 Menschen teil.
In Bremen demonstrierten auf dem Marktplatz laut Polizei bis zu 10.000 Menschen unter dem Motto "Merz und AfD stoppen, Asylrecht verteidigen". Tausende demonstrierten am Samstag unter anderem auch in Oldenburg, Hildesheim, Göttingen, Halle, Leipzig, Essen, Neu-Isenburg, Karlsruhe und Ulm.
Weitere Demonstrationen gegen den Kurs von CDU und CSU sind für Montag in Berlin angekündigt. Die Initiativen "Zusammen gegen Rechts" und "Fridays for Future" haben für den Vormittag zu einer Kundgebung am Rande des CDU-Bundesparteitages in Berlin aufgerufen. Der Parteitag findet im CityCube auf dem Berliner Messegelände statt. (epd/mig)
Bildunterschrift: Demo gegen CDU / CSU-Abstimmung mit der AfD.
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