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2 Artikel , 27.01.2025 :

Pressespiegel überregional

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Übersicht:


t-online.de, 27.01.2025:
Neonazi bei Traditionsbrauerei / Feldschlößchen will "Elblandrevolte"-Anführer kündigen

t-online.de, 27.01.2025:
Debatte über Holocaust-Leugnung / Die AfD geht weiter, als viele glauben

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t-online.de, 27.01.2025:

Neonazi bei Traditionsbrauerei / Feldschlößchen will "Elblandrevolte"-Anführer kündigen

27.01.2025 - 12.32 Uhr

Die Dresdner Traditionsbrauerei beschäftigt einen führenden Kopf der rechtsextremen Gruppe "Elblandrevolte" als Auszubildenden. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe reagierte die Brauerei.

Finley P., Leiter der rechtsextremen Jugendgruppe "Elblandrevolte", macht eine Ausbildung bei der Dresdner Traditionsbrauerei Feldschlößchen. Seit einigen Wochen sitzt der 18-Jährige allerdings in Untersuchungshaft.

Die Ermittlungen gegen Finley P. laufen wegen eines brutalen Überfalls: Ende Dezember soll er Teil einer vermummten Gruppe von bis zu zehn Verdächtigen gewesen sein, die eine Linke-Politikerin und zwei Begleiter in Görlitz krankenhausreif geschlagen haben. Die Polizei griff den 18-Jährigen und einen Begleiter in der Nähe des Tatorts auf. Bei einer Durchsuchung fanden die Beamten unter anderem Schutzhandschuhe und Pyrotechnik.

Auszubildenden auf Instagram-Foto entdeckt

Recherchen einer Dresdner Antifa-Gruppe machten das Ausbildungsverhältnis bei der Feldschlößchen-Brauerei vor wenigen Tagen öffentlich. Sie hätten den mutmaßlichen Täter unter anderem auf einem Foto des Instagram-Accounts seiner Berufsschule erkannt. Die Brauerei hat das Ausbildungsverhältnis bestätigt.

"Zum Zeitpunkt des Ausbildungsbeginns war uns nicht bekannt, dass der Auszubildende eine Gesinnung teilt, die sich in diskriminierender Weise gegen andere Menschen richtet und diese aktiv in der Öffentlichkeit verfolgt", erklärte das Unternehmen am Samstag in ihrer Instagram-Story.

Feldschlößchen wartet auf Kündigungsmöglichkeit

Seit Beginn der U-Haft ist der 18-Jährige suspendiert, genießt aber als Azubi weiterhin Kündigungsschutz. "Sobald eine Kündigung möglich ist, werden wir sie unverzüglich aussprechen", teilte das Unternehmen mit.

Bereits im Frühjahr 2024 geriet die "Elblandrevolte" nach einem brutalen Überfall auf den sächsischen SPD-Europa-Abgeordneten Matthias Ecke bundesweit in den Fokus. Spiegel TV porträtiert in seiner Sendung am Montagabend Finley P., den Anführer der Gruppe und Feldschlösschen-Azubi.

Bildunterschrift: Die Feldschlößchen-Brauerei in Dresden (Archivbild): Das Unternehmen beschäftigt mehr als 100 Mitarbeitende.

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t-online.de, 27.01.2025:

Debatte über Holocaust-Leugnung / Die AfD geht weiter, als viele glauben

27.01.2025 - 10.24 Uhr

Meinung / Ein Gastbeitrag von Ruben Gerczikow

Antisemitische Narrative haben sich in Deutschland ausgebreitet. Die AfD fungiert dabei als Brandbeschleuniger. Doch wie kann die Gesellschaft dem Einhalt gebieten?

Im Saal brandet Jubel auf. Die Co-Bundesvorsitzende und Kanzlerkandidatin der selbst ernannten Alternative für Deutschland, Alice Weidel, betritt die Bühne der Tagungshalle in Riesa. Diese ist gesäumt mit ganzen 16 Deutschland-Fahnen. Berauscht vom Hoch der aktuellen Wahlumfragen ergreift die 45-jährige Politikerin das Wort. Ihre Rede beginnt mit einer Reihe von Danksagungen - unter anderem an den Tech-Milliardär und Besitzer der Plattform X, Elon Musk, mit dem sie nur wenige Tage zuvor ein Online-Gespräch geführt hatte.

Weidel behauptet weiter, dass die AfD für "Meinungsfreiheit in diesem Land" stehe. Was die AfD allerdings unter Meinungsfreiheit versteht, wollte der wegen Volksverhetzung verurteilte Landeschef der AfD Thüringen, Björn Höcke, in das Wahlprogramm für die kommende Bundestagswahl einfließen lassen.

Höcke will die in der rechtsextremen Szene als "Gesinnungsparagrafen" verhasste Bestrafung der "Volksverhetzung" abschaffen, worunter etwa die Leugnung des Holocaust fällt. Mit dieser Forderung ist der 52-jährige Wahl-Thüringer nicht allein: Im Jahr 2007 forderte die neonazistische Partei NPD (heute "Die Heimat") im Schweriner Landtag die Landesregierung auf, sich für die Streichung des Paragrafen auf Bundesebene einzusetzen.

Am Tag des Gedenkens der Befreiung von Auschwitz, an einem Tag, an dem wir an mehr als sechs Millionen Jüdinnen und Juden denken, die in der Shoah von den Nazis ermordet wurden, müssen wir feststellen: Jede Holocaust-Leugnung heute verhöhnt die Opfer von damals.

Antisemiten können nur selten belangt werden

Die 2024 verstorbene notorische und mehrfach verurteilte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck scheiterte 2018 mit ihrer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Das Gericht stellte fest, dass die Leugnung des industriellen Massenmordes nicht vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Entgegen landläufiger Meinungen sind Antisemitismus wie auch die Leugnung beziehungsweise Relativierung des Holocaust von der Meinungsfreiheit gedeckt. Lediglich unter bestimmten Voraussetzungen können Antisemiten für ihr Handeln juristisch belangt werden.

Davon ausgenommen ist der Missbrauch der Verbrechen des Nationalsozialismus als emotionalisierende Analogie. Selbsternannte "Querdenker" marschierten mit "Ungeimpft"-Sternen, in Anlehnung an den "Judenstern" der Nazis.

Und bereits vor dem Massaker der islamistischen Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 und dem darauffolgenden Krieg wurde der Gazastreifen immer wieder als "Warschauer Ghetto" bezeichnet oder das Vorgehen der israelischen Armee mit dem der Nazis verglichen.

Auch der Blick auf deutsche Schulhöfe zeigt, wie normalisiert die Verbreitung von Holocaust verharmlosenden Inhalten ist. Trotz der Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus erfreuen sich vermeintliche Witze über die Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden großer Beliebtheit. Das war zu meiner Schulzeit so und zieht sich bis in die Gegenwart.

Das Landgericht Frankfurt am Main entschied sogar, dass 1.600 Nachrichten, darunter verharmlosende Witze über den Holocaust aus der Chat-Gruppe "Eintreffen" Frankfurter Polizei-Angehöriger zwar "nationalistisch, antisemitisch, rassistisch und menschenverachtend" seien, aber nicht strafbar.

Aus Worten werden Taten

Jede Leugnung oder Relativierung des Holocaust ist nicht nur eine Verhöhnung der Opfer, sondern stellt eine Form der Gewalt gegenüber den Überlebenden und ihren Nachkommen dar. Diese Erinnerungsabwehr kann Überlebende und ihre Nachfahren retraumatisieren, sie löst Wut und tiefe Trauer aus - Wut darüber, dass die Realität der Schrecken in Zweifel gezogen wird, und Trauer über den fehlenden Respekt vor ihrem Leid.

Wie aus Worten Taten werden, zeigen die von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus veröffentlichten Halbjahreszahlen für 2024. In Berlin wurden 21 Vorfälle an jüdischen Gedenkorten dokumentiert.

Genau dabei wirkt auch die AfD als Brandbeschleuniger: Sie trägt zur Normalisierung solcher Narrative wie dem so genannten Schuldkult bei, der in Form des "German Guilt"-Vorwurfs auch auf antiisraelischen Demonstrationen zu sehen ist. Die AfD verschiebt die Grenzen des Sagbaren immer weiter. Indem sie den Schutz von Meinungsfreiheit instrumentalisiert, öffnet sie auch Türen für Relativierungen und geschichtsrevisionistische Aussagen, die Antisemitismus und Rassismus salonfähig machen.

Wenn juristische Konsequenzen ausbleiben, braucht es zumindest eine klare gesellschaftliche Sanktionierung. Eine Haltung, die das Relativieren und Leugnen nicht duldet und konsequent verurteilt.

Es liegt an uns, diesen Entwicklungen entschlossen entgegenzutreten - durch Bildung, Erinnerung und eine klare Ablehnung jeglicher Relativierung.

Zur Person

Ruben Gerczikow ist Autor und hat Publizistik und Kommunikationswissenschaften studiert. Anfang 2023 ist sein gemeinsam mit Monty Ott verfasster Reportage-Band "Wir lassen uns nicht unterkriegen - Junge jüdische Politik in Deutschland" im Verlag Hentrich & Hentrich erschienen.

Bildunterschrift: Björn Höcke: Der Thüringer AfD-Politiker will den Straftatbestand der "Volksverhetzung" abschaffen.

Bildunterschrift: Pro-palästinensische Demo (Symbolbild): Oftmals werden antisemitische Parolen gebrüllt.

Bildunterschrift: Autor Ruben Gerczikow.

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