Mindener Tageblatt ,
18.01.2025 :
Mobilisieren für die Demokratie
Fünf Mindener haben ein Bündnis gründet, um für Grundwerte einzustehen / Am 8. Februar planen sie eine Kundgebung auf dem Kleinen Domhof / Vor der Wahl wollen sie damit für Gleichheit, Toleranz und Vielfalt werben
Monika Jäger
Minden. Eigentlich sind es Selbstverständlichkeiten, die fünf Mindener zusammenbringen: Peter Kienzle, ehemaliger Beigeordneter und CDU-Mitglied, Jannes Tilicke, SPD-Mitglied und 1. Vorsitzender des Kulturzentrums BÜZ , Marcel Komusin, Koordinator beim Verein für Demokratie und Vielfalt, Tierärztin Stephanie Heuer sowie Pfarrer Rüdiger Höcker vom Bündnis Seebrücke Minden werben in diesen Wochen vor der Wahl intensiv für Gleichheit, Toleranz, Rechtsstaatlichkeit und Vielfalt - Werte, die sowieso im Grundgesetz stehen.
Doch diese sehen sie in Gefahr. Darum planen sie eine Kundgebung und sammeln Unterschriften von Menschen, die mit ihnen namentlich für die Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung einstehen wollen. Möglichst groß soll am Ende die Anzahl derer sein, die sich vor Ort gemeinsam gegen alle Kräfte stellen, die den Rechtsstaat aufweichen oder gar angreifen könnten. Vor allem werben sie dafür, auf jeden Fall wählen zu gehen.
"Ich war schon viele Monate vorher und dann zunehmend im Herbst vergangenen Jahres unzufrieden damit, wie die Parteien mit der politischen Situation in Deutschland umgehen", sagt Peter Kienzle. Allein ist er damit nicht, denn Unzufriedenheit, Unsicherheit und Sorge treiben spätestens seit dem letzten Herbst viele Menschen um, wie Umfragen immer wieder belegen. Im Herbst 2024 - da wurde in den USA Trump gewählt, da zerbrach in Berlin die Ampel, da legten bei den Landtagswahlen im Osten die AfD und das BSW massiv zu.
Alle Parteien müssten sich sehr klar machen, wie ernst die Lage sei: "Die Demokratie ist in Gefahr, die Rechtsstaatlichkeit, und auch die Europäische Union werden in Frage gestellt." Der Appell geht aber weiter: Der Wahlkampf 2025 müsste eigentlich anders aufgebaut werden als vor 30 oder 40 Jahren, findet Kienzle. Statt dass jeder jeden angreift und nach Schwächen sucht, sollten sich alle für eine gemeinsam gestaltete Zukunft einsetzen.
Schlaflose Nächte habe er damals gehabt, sagt Kienzle, und dann setzte er schließlich die Mail ab, die alles ins Rollen und die Organisatoren an einen Tisch brachte. Damals gingen sie noch davon aus, dass sie ein ganzes Jahr bis zur Wahl Zeit haben würden. Ein festes Netzwerk wollten sie gründen, in Ruhe planen, was gute Schritte wären. Dann kamen die Neuwahlen und alles wurde plötzlich sehr dringend.
Nun ist Minden nicht gerade arm an Bündnissen, Clubs oder Vereinen, die sich soziale und demokratische Ziele gesetzt haben. Komusin selbst hat im vergangenen Januar nach den Correctiv-Recherchen zum AfD-Treffen mit dem Themenschwerpunkt "Remigration" eine Demo "gegen die neue Rechte" organisiert, die Tausende auf die Beine brachte . Warum also noch eins?
Sie wollten vor allem Menschen ansprechen, die sonst schwer erreichbar sind, so Höcker. Die engagierten Männer grübelten und diskutierten, sprachen Vertreter bestehender Gruppen an und setzen sich schließlich einen langen Novembersamstag mit knapp 40 anderen zusammen und schrieben auf, was ihnen allen gemeinsam wichtig ist. Vieles, was da zu Papier gebracht wurde, findet sich jetzt im Aufruf wieder: Demokratie bewahren, Gleichberechtigung fördern, Zukunft gestalten, Freiheit bewahren, gegen Diskriminierung und für Menschenrechte eintreten.
In diesem Prozess sind sie zu einer Art Meta-Netzwerk geworden, das alle anderen enger zusammenbringt, Bestrebungen bündelt, Termine abstimmt, eines, das auch darauf hinweisen kann, wenn parallele Pläne gemacht werden. So etwas fehlte bisher, sagt Höcker.
Nun macht das Bündnis schon jetzt seinen ersten öffentlichen Aufschlag mit der Unterschriftenaktion. Im Schneeballsystem werde zur Zeit der Aufruf weitergegeben, rund 300 Menschen haben schon unterschrieben. "Wir gehen davon aus, dass es am Ende 400 sind oder mehr", sagt Höcker, und das, obwohl zunächst die Sorge war, dass zu wenige reagieren würden.
Viele schrieben ihm, dass sie froh seien, dass jemand endlich etwas tut, sagt Höcker. Aber wie wirksam ist so eine symbolische Aktion? Sie ermutige, sagt der Pfarrer, und gebe klare Zeichen: Ich bin nicht allein mit meinen Sorgen um die politische Zukunft. "Viele Menschen sagen gerade, sie wüssten überhaupt nicht, wen sie wählen sollten." Ihm selbst gehe das auch ein Stück weit so. Gerade deswegen sei der Appell umso wichtiger, sein Wahlrecht zu nutzen. Denn jede Stimme, die nicht abgegeben wird, stärke die anwachsenden undemokratischen Kräfte.
"Genau das ist wichtig dabei: demokratisch zu wählen", wirft Marcel Komusin ein. Denn klar ist auch, wer nicht gewählt werden sollte: Parteien, die in ihren Programmen Ziele verfolgen, die das Grundgesetz verlassen. Damit sei vor allem die AfD gemeint, die sowohl in ihren Zielen als auch in der Wortwahl für ihn Unhaltbares vermittele, präzisiert Komusin. Und was wäre, wenn die heimische AfD den Aufruf des Bündnisses gesammelt unterschreiben will? "Das kann ich mir nicht vorstellen", sagt Kienzle. "Deren Parteiprogramm sagt schließlich etwas ganz anderes."
Im Aufruf geht es auch darum, an Europa festzuhalten. Darum macht auch "Pulse of Europe" mit. Jochen Klostermeyer hat den Mindener Ableger dieser Bürgerbewegung vor Jahren mit begründet. "Wir werden den Aufruf des Bündnisses mit einem eigenen Vorwort versehen und dann ebenfalls an 330 Mitglieder versenden", sagte er gegenüber dem MT. "Wir müssen die Parteien wählen, die für die Europäische Union eintreten", heißt es darin.
Dem Aufruf des überparteilichen Bündnisses, "Seien Sie ein Teil der Verteidigung der Demokratie", können die Menschen nicht nur mit ihrer Unterschrift unter einer großen Anzeige folgen, sondern auch bei der Kundgebung am Samstag, 8. Februar, um 14 Uhr auf dem Kleinen Domhof.
Wer die Initiative unterstützen will, kann die Erklärung unterzeichnen. Dafür muss man bis zum 21. Januar an die Mail-Adresse mindenerbuendnis@gmail.com folgenden Text senden: "Ich, Vorname und Nachname, stimme ausdrücklich zu, dass mein Name unter der Anzeige "Du hast eine Wahl - Mindener Bündnis zur Bundestagswahl 2025" veröffentlicht wird." Auch Spenden sind willkommen. Die Anzeige soll am 25. Januar im MT erscheinen.
Die Autorin ist erreichbar unter Monika.Jaeger@MT.de.
Bildunterschrift: Vorbereitungen für die Demo: Die Männer vom "Mindener Bündnis", v. l. Rüdiger Höcker, Marcel Komusin, Jannes Tilicke, Peter Kienzle.
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Am 8. Februar 2025 plant das überparteiliche, und neu gegründete, "Mindener Bündnis" eine Kundgebung - für Gleichheit, Toleranz, Rechtsstaatlichkeit und Vielfalt - am Kleinen Domhof, zur Bundestagswahl 2025.
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www.kkminden.de/du-hast-eine-wahl-mindener-buendnis-engagiert-sich-fuer-die-demokratie-und-die-bundestagswahl-am-23-februar
18./19.01.2025
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