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Neue Westfälische - Herford und Enger / Spenge , 17.01.2025 :

Schoah-Gedenk-Gottesdienst in der Jakobi-Kirche

Mit dem Gottesdienst möchte Andreas Smidt-Schellong besonders junge Menschen erreichen / Wenige Tage später wird der Pfarrer in den Ruhestand verabschiedet, aber die Nachfolge ist gesichert

Ralf Bittner

Herford. Als Pfarrer Andreas Smidt-Schellong 2019 aus Bielefeld in die damalige Kirchengemeinde Herford-Mitte wechselte, brachte er die Idee eines Schoah-Gedenkgottesdienstes mit nach Herford. Der findet seither jährlich Ende Januar in Erinnerung an den Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, die sich am 27. Januar 2025 zum 80. Mal jährt, statt. Diesmal laden Smidt-Schellong, die Konfi-Gruppe und Organist Wolf-Eckart Dietrich ein.

Überschrieben ist der am Sonntag, 26. Januar, um 11.30 Uhr beginnende Gottesdienst in der Jakobi-Kirche mit "Es gibt keine besseren und keine schlechteren Menschen". Das ist ein Zitat aus Elisabeth Reuters Kinderbuch "Judith und Lisa". Das war 1988 eines der ersten Bilderbücher zum Thema "Holocaust".

Es erzählt von einem deutschen und einem deutsch-jüdischen Mädchen, deren Freundschaft während der Zeit des Nationalsozialismus auf die Probe gestellt wird und zerbricht. Das Buch handelt auch von Schuld und Verantwortung und davon, was geschieht, wenn Liebe und Mut Hass und Feigheit weichen.

Dass der Gottesdienst von Jugendlichen mitgestaltet wird und sich auch an ein junges Publikum wendet, ist kein Zufall. "Die Generation der Zeitzeugen und Überlebenden aus den NS-Jahren wird zahlenmäßig immer kleiner. Darum sind die Jüngeren jetzt an der Reihe, die Erinnerung wachzuhalten und das Gedenken zu pflegen", sagt Smidt-Schellong.

"Das Thema betrifft uns alle", sagt Smidt-Schellong. Gerade in Zeiten, in denen Autonomie und Freiheit bedroht seien, wie lange nicht mehr, sei auch die Kirche gefordert: "Wenn die Wahrheit zur Lüge wird, stirbt die Demokratie." Die Wahrheit findet der Theologe in der Bibel, und zwar auch im Alten Testament. Das mit Jesu Leben, Sterben und Auferstehen beginnende Neue Testament sei zwar populärer, aber viele grundlegende Wahrheiten finden sich im Alten Testament - etwa die Verkündigung der zehn Gebote - oder das Thema Gerechtigkeit.

Gerade das Thema Gerechtigkeit verpflichte die Kirche dazu, über ihr Verhältnis zur Welt nachzudenken und sich zu Themen wie Migration, Rassismus oder Sexismus zu äußern. Daher nennt der Pfarrer, der am Samstag, 1. Februar, um 18 Uhr mit einem Gottesdienst in der Münsterkirche in den Ruhestand verabschiedet wird, auch nicht nur viele persönliche Begegnungen, das Zusammensein in den Konfi-Gruppen, Diskussionen in Bibelkreisen, Gottesdienste, Ausflüge oder Kirchenmusik als bleibende Erinnerungen an seine Zeit in Herford. Sondern auch das gemeinsam erarbeitete Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt oder das 2023 eröffnete "Haus der Begegnung" an der Markus-Kirche in Herfords Norden. "Kirche kann einen Rahmen für Begegnungen von Menschen oder Religionen schaffen, ohne zu dominieren", sagt er.

Smidt-Schellong, dessen beruflicher Weg von der Bremischen Landeskirche über Recklinghausen und Bielefeld nach Herford geführt hatte, wird noch für etwa zwei Jahre im Gemeindehaus am Oetinghauser Weg wohnen und für Vertretungen zur Verfügung stehen. Dann wird seine Frau, ebenfalls Theologin und Schulleiterin in Espelkamp, auch in den Ruhestand gehen. Wohin es dann gehen soll, stehe noch nicht fest.

Fest steht allerdings, wie es mit Smidt-Schellongs Seelsorge-Bezirken Lutherhaus und Altstädter Feldmark 2 ab März weitergehen wird, denn mit Pfarrerin Mirjam Konrad steht seine Nachfolgerin bereits fest. "Dass der Wechsel zeitlich mit der gerade vollzogenen Fusion zur Kirchengemeinde Herford-Mitte-Land zusammenfällt, könnte besser kaum sein", sagt Smidt-Schellong, "denn so können Mirjam Konrad und das Team der Gemeinde von Anfang an das Gemeindeleben nach ihren Vorstellungen gestalten".

Bildunterschrift: Nach fünfeinhalb Jahren in Herford wird Pfarrer Andreas Smidt-Schellong am 1. Februar in den Ruhestand verabschiedet. Für den 26. Januar lädt er noch einmal zu einem Schoah-Gedenk-Gottesdienst in die Jakobi-Kirche ein.

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Am 26. Januar 2025 (um 11.30 Uhr) findet in der Jakobi-Kirche der Gemeinde "Herford-Mitte" ein Schoah-Gedenk-Gottesdienst mit der Überschrift "Es gibt keine besseren und keine schlechteren Menschen" statt.

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