6 Artikel ,
17.01.2025 :
Pressespiegel überregional
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Übersicht:
Endstation Rechts., 17.01.2025:
Prozess um Feuer in Bremer Jugendzentrum / Neonazis bestreiten rechtsextrem motivierte Brandstiftung
tagesschau.de, 17.01.2025:
Exklusiv / Compact-Magazin / Muss der Staat seine Feinde schützen?
Mitteldeutscher Rundfunk, 17.01.2025:
Sächsischer Landtag / Breite Ablehnung gegen AfD-Mann Wiesner als Ausschuss-Vorsitzenden
t-online.de, 17.01.2025:
Verbindung in rechtsextremistische Kreise / CDU und SPD gegen AfD-Mann an Spitze von Verfassungsausschuss
Norddeutscher Rundfunk, 17.01.2025:
Mehr als 16.000 Menschen demonstrieren gegen Weidels Hamburg-Auftritt
Jüdische Allgemeine Online, 17.01.2025:
Bitburger Gespräche / Schuster für härtere Strafen gegen Antisemitismus im Netz
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Endstation Rechts., 17.01.2025:
Prozess um Feuer in Bremer Jugendzentrum / Neonazis bestreiten rechtsextrem motivierte Brandstiftung
Vor fast genau fünf Jahren sollen Neonazis ein Feuer im linksalternativen Bremer Jugendzentrum "Die Friese" gelegt haben. Jetzt begann endlich der Prozess vor dem Landgericht der Hansestadt an der Weser. Alle drei Angeklagten kommen aus dem Umfeld der militant-rechtsextremen Kleinstpartei "Die Rechte". Eine politisch motivierte Tat bestreiten sie jedoch.
Joachim F. Tornau
Beim Prozessauftakt hatte Verteidiger Michael Zinke noch "weitestgehend geständige Angaben" angekündigt. Nur einen Tag später konnte davon schon keine Rede mehr sein. Der Anwalt vertritt Jan E., einen 29 Jahre alten Neonazi aus Dörverden bei Bremen, der im Prozess um den Brandanschlag auf die "Friese" als Hauptangeklagter gilt: Zusammen mit seinen Gesinnungsgenossen Nico J. (35) aus Güstrow und Dave S. (41) aus Bremen soll er in der Nacht zum 16. Februar 2020 das Kultur- und Jugendzentrum im alternativen Steintor-Viertel in Brand gesetzt haben - während eines Konzerts zweier belgischer Elektronik-Musiker, das zum Tatzeitpunkt von 33 Menschen besucht wurde.
Die Staatsanwaltschaft legt den Männern schwere Brandstiftung und gefährliche Körperverletzung zur Last. Gegen Mitternacht sollen sie unbemerkt das Café im ersten Stock des selbstverwalteten Zentrums in der Friesenstraße betreten und Kleidungsstücke angezündet haben - "in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken", wie Staatsanwältin Melina Lutz vortrug. Das Feuer habe auf die Möbel übergegriffen und einen Sachschaden von 180.000 Euro verursacht. Die Angeklagten hätten in Kauf genommen, Menschen zu verletzen. Zwar konnten sich alle Besucherinnen, Besucher des Konzerts, das im Erdgeschoss stattfand, rechtzeitig ins Freie retten. Drei von ihnen leiden laut Anklage aber noch heute unter psychischen und körperlichen Folgen der Tat.
Hintergrund des Kulturzentrums angeblich unbekannt
Am Freitag nun ließ Jan E. seinen Verteidiger vortragen: Es sei alles nur ein Versehen gewesen. Und keinesfalls eine politisch motivierte Tat. In der vorbereiteten Einlassung, die Anwalt Zinke vorlas, ging es vor allem um Alkohol. Um sehr viel Alkohol. Demnach will Jan E. an jenem Samstag im Februar 2020 bereits tagsüber kräftig gesoffen haben. Dann habe er sich mit den beiden Mitangeklagten getroffen und weiter gebechert. Bis sie irgendwann in die "Friese" gegangen seien. Aber nur, weil einer von ihnen habe pinkeln müssen. "Ich kannte die "Friese" definitiv nicht vorher", behauptete Jan E. "Ich wusste nicht, was für Leute da verkehren"“ Es sind Menschen, die eher nicht ins rechtsextreme Weltbild passen.
Beim Versuch, sich neben einem Kleiderständer eine Zigarette anzuzünden, habe er versehentlich mit seinem Zippo-Feuerzeug einen Jackenärmel angezündet, ließ der Neonazi mitteilen. "Ich habe eine kleine Flamme gesehen und gedacht, dass sie gleich wieder ausgeht." Keine absichtliche Brandstiftung also und erst recht keine wissentliche Gefährdung von Menschenleben: Von dem Konzert will Jan E. nichts bemerkt haben.
Neonazi-Sticker vor Ort gefunden
Die beiden Männer, die damals mit ihm unterwegs waren und jetzt links und rechts von ihm auf der Anklagebank sitzen, leugneten die Tatvorwürfe über ihre Anwälte sogar gleich ganz. Es sei nichts geplant oder abgesprochen gewesen. Von dem Feuer hätten sie überhaupt nichts mitgekriegt. Dave S. räumte lediglich den Vorwurf einer zweiten Anklage ein: dass er im August 2024 in einer Bremer Straßenbahn randaliert und mit seinen Fäusten brutal auf den Fahrer eingeschlagen habe. Auch da sei er halt betrunken gewesen.
Wie glaubhaft diese Einlassungen sind, wird der Prozess vor dem Bremer Landgericht zeigen müssen. Alle drei Angeklagten gehörten jedenfalls zur Tatzeit zum Umfeld der militant-neonazistischen Kleinstpartei "Die Rechte". Dave S. und Nico J. waren zudem mit der rechten Schläger-Truppe "Phalanx 18" durch das Steintor-Viertel gezogen, die bis zu ihrem Verbot im November 2019 immer wieder vermeintliche Antifaschistinnen, Antifaschisten angegriffen hatte. Auf einem selbst veröffentlichten Foto posierte die Gruppe in Macker-Pose unweit der "Friese". Und unmittelbar nach dem Feuer waren an dem Jugendzentrum frisch geklebte Neonazi-Aufkleber entdeckt worden.
Abgehörte Telefonate
Zu alledem schwiegen die Angeklagten in ihren Einlassungen. Nachfragen wollen sie keine beantworten, zumindest noch nicht. Unterdessen berichtete Nebenklage-Anwältin Lea Voigt, die eine Betroffene des Anschlags vertritt, dass das Auto ihrer Mandantin in der Nacht nach dem Prozessauftakt beschädigt worden sei - genauso wie das Auto eines Bremer Journalisten, der zur rechtsextremen Szene recherchiere. Und den die Angeklagten in abgehörten Telefonaten deshalb zu ihrem Feindbild erklärt hätten. "Es liegt nahe", sagte die Anwältin, "dass es einen Zusammenhang gibt zu diesem Verfahren".
Schon sehr früh nach dem Brandanschlag hatten Spuren zu den Angeklagten geführt. Ihre Wohnungen wurden aber erst anderthalb Jahre später durchsucht. Die Ermittlungen seien "mit wenig Eifer" geführt worden, kritisierte Voigt. Nach ihren Angaben fanden sich bei den Durchsuchungen Hinweise auf eine Verbindung zu dem in Deutschland verbotenen militanten Neonazi-Netzwerk "Blood and Honour". "Wir können aber nicht erkennen, dass von den Ermittlungsbehörden jemals ein rechtsterroristisches Motiv für den Brandanschlag in Betracht gezogen wurde." Die Nebenklage wirft Polizei und Staatsanwaltschaft "handwerkliche Fehler" und "lange Phasen der Untätigkeit" vor, die im Prozess zu erörtern seien.
"Gravierende Erfassungs- und Anerkennungslücke"
Der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) wertete den Bremer Brandanschlag als weiteren Beleg für eine "bundesweite Eskalation von Neonazi-Gewalt gegen Menschen, die als politische Gegnerinnen, Gegner markiert werden", wie es in einer Stellungnahme hieß. Zugleich würden rechtsextrem motivierte Brandanschläge von den Behörden nach wie vor in ihrem Ausmaß unterschätzt: "Es gibt eine gravierende Erfassungs- und Anerkennungslücke." Während das Bundeskriminalamt von 44 solcher Taten für die Jahr 2020 bis 2023 ausgehe, hätten die Beratungsstellen für denselben Zeitraum 110 Anschläge gezählt.
Für den Prozess in Bremen sind 17 weitere Verhandlungstage bis Ende Mai angesetzt. Es könnte aber auch schneller gehen: Das Gericht zeigte sich offen dafür, nach den ersten Prozesstagen über eine verfahrensverkürzende Absprache zu sprechen. Die überlange Verfahrensdauer dürfte den Angeklagten dabei zugutekommen.
Bildunterschrift: Die drei angeklagten Neonazis vor dem Landgericht Bremen,.
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tagesschau.de, 17.01.2025:
Exklusiv / Compact-Magazin / Muss der Staat seine Feinde schützen?
17.01.2025 - 06.29 Uhr
Im Wahlkampf wirbt Compact für die AfD. Der Staat wollte das rechtsextreme Magazin verbieten. Doch das hat gerichtlich erstritten, dass es vorerst weiter veröffentlichen kann. Recherchen von NDR und WDR geben einen Einblick in das Verfahren.
Von Katja Riedel, WDR, Alexandra Bauer und Sebastian Pittelkow, NDR
An dem Morgen im Juli, als der Staat das rechtsradikale Compact-Magazin verbietet, tritt dessen Chefredakteur Jürgen Elsässer im schwarzen Bademantel vor die Eingangstür seines Hauses. Vor ihm stehen zahlreiche vermummte Polizisten. Sie sind angerückt, um ein weitreichendes Verbot des Bundesinnenministeriums (BMI) durchzusetzen.
Es geht nicht nur um das Magazin allein - der gesamte Compact-Kosmos soll verboten werden. Die Argumentation des BMI: Die Compact-Magazin-GmbH sei eine Gefahr für die demokratische Ordnung, für die Verfassung, so heißt es in der Verfügung. Seit mehreren Jahren beobachtet der Verfassungsschutz den Verlag. Fotografen haben die Szene vor Elsässers Haus festgehalten.
Gerichte, Journalisten und Juristen werden dieses Verbot in den Tagen und Wochen darauf diskutieren. Denn das 2010 gegründete Magazin gilt als ein besonders wichtiges Sprachrohr und als Vernetzungs- und Verbreitungsplattform der rechtsextremen Szene in Deutschland. Diskutiert wird die Abwägung zweier grundlegender demokratischer Rechte: Die Meinungs- und Pressefreiheit auf der einen Seite und auf der anderen Seite das Recht des Staates, sich gegen diejenigen zur Wehr zu setzen, die ihn womöglich abschaffen wollen.
Doch zunächst setzte sich Compact gegen den Staat zur Wehr, klagte gegen das Verbotsverfahren und gewann im Sommer im Eilverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die rechtsextreme Szene feierte den Teilerfolg bereits als Sieg. Dabei hat das Gericht entschieden: Das Magazin darf vorerst zwar weiter publizieren. Ein endgültiges Urteil wird aber erst nach der Hauptverhandlung im Juni erwartet - Ausgang ungewiss.
Welche Argumente kommenden Sommer vor Gericht abgewogen werden müssen, zeigen schon jetzt Verfahrensdokumente, die NDR und WDR vorliegen und einen tiefen Einblick in die Argumentation beider Parteien geben.
Behörden spähten Compact aus
Compact wird vom Verfassungsschutz seit Ende 2021 als gesichert rechtsextrem eingestuft und darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln abgehört werden, so betont es auf Anfrage auch das BMI. Um die Gefahr zu belegen, die von Compact ausgehen soll, hat das Ministerium auch Äußerungen aus abgehörten Telefonaten herangezogen. Sicherheitsbehörden ließen den Dokumenten zufolge die Mitglieder der Redaktion umfangreicher ausspähen als bislang bekannt.
Zu diesen abgehörten Redaktionsmitgliedern soll neben Jürgen Elsässer und seiner Frau auch ein Moderator von Compact-TV zählen. Paul Klemm, steht auch dem identitären "Filmkunstkollektiv" nahe, einem immer wichtigeren Bildmedium der Szene mit eigenen Social Media-Kanälen. Klemm bestätigt, dass ihn das Bundesamt für Verfassungsschutz über die Abhörmaßnahmen informiert habe, jedoch nicht über deren Inhalte.
Mehr als ein Dutzend Gespräche abgehört
Die Compact-Anwälte argumentieren, die abgehörten Äußerungen seien aus dem Zusammenhang gerissen. Mehr als ein Dutzend relevanter Gespräche hat das BMI zumindest nach Aktenlage abgehört. Auf Anfrage wollte sich das Ministerium nicht zu den konkreten Abhörmaßnahmen äußern.
Die Inhalte der Gespräche geben Einblicke in das Innenleben des Verlages. Da ist zum Beispiel die Ehefrau und Geschäftspartnerin von Chefredakteur Elsässer, Stephanie. In einem Gespräch im Sommer 2023 mit einer weiteren Person soll sie ihr "völkisch-rassistisches Weltbild" offenbart haben, so sieht es das BMI.
In dem Gespräch soll es um eine angebliche, genetisch begründete Überlegenheit der weißen Rasse gegangen sein. Demnach sei deren Intelligenzquotient durch die Zuwanderung "runter gegangen", so soll es Stephanie Elsässer gesagt haben. Sie und Jürgen Elsässer ließen eine Anfrage unbeantwortet.
In einem weiteren abgehörten Gespräch, in dem es um einen Systemsturz gegangen sein soll, habe sie ihrem Gesprächspartner erzählt, dass es immer mehr Gleichgesinnte gebe und "dass das geheime Deutschland wachse". In einem anderen Gespräch soll Stephanie Elsässer davon reden, dass man irgendwann "die Revolution hinbekommen werde".
"Revolution" oder "Systemsturz" als Schlüsselworte?
Stolz sind die Compact-Macher offenbar auch auf ihre hohen Klickzahlen bei Compact-TV auf YouTube und TikTok. Sie verleihen der gesamten Welt von Compact eine hohe Schlagkraft. Man brauche immer mehr Menschen, "die aufwachen" und sich zu Compact bekennen würden, soll Stephanie Elsässer 2022 in einem mitgeschnittenen Gespräch gesagt haben.
Die Worte "Revolution" oder "Systemsturz" stellen aus Sicht des BMI Schlüsselworte dar. Sie sollen belegen, dass die Compact-Macher das demokratische System abschaffen wollen. Die Compact-Vertreter sehen im Begriff "Systemsturz" hingegen einen legitimen politischen Wunsch nach einem Systemwechsel, der auch auf demokratischem Weg, etwa durch Wahlen, herbeigeführt werden könnte. Den Wunsch nach einem gewaltsamen Umsturz bestreiten sie.
Verein oder Verlag?
Der Rechtsstreit beschäftigt sich den Unterlagen zufolge auch mit der Frage, ob der Staat die Compact-Magazin-GmbH überhaupt verbieten kann. Eingetragen ist das Unternehmen im Handelsregister als GmbH und kann sich als Verlag zudem auf das Grundrecht der Pressefreiheit berufen.
Das BMI sieht jedoch in Compact nicht in erster Linie ein publizistisches Erzeugnis und einen Verlag, sondern einen so genannten Personenzusammenhang, einen Verein: Viele Leute, die das Gedankengut teilen, unterstützen, gemeinsame politische Ziele verfolgen. Einen Verein kann der Staat verbieten. Deshalb schrieb der Verfassungsschutz auch auf, was Jürgen Elsässer über die etwa 40.000 Abonnenten mitteilte. Diese seien nicht nur Leser, sie seien wichtig für "unsere Revolution".
Das BMI sieht darin einen Beleg für die aggressiv-kämpferische Haltung des Vereins gegen die Demokratie. Compact wehrt sich dagegen und beruft sich auf die Presse- und Meinungsfreiheit. Das BMI hält dagegen: Die Presse- und Meinungsfreiheit biete keinen "Freibrief".
Auf dieser Grundlage rechnet der Staat Compact auch die Aussage des Verlags-Hausmeisters zu. Dieser soll zu Chefredakteur Jürgen Elsässer gesagt haben, man müsse Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) mal "ein Auge ausschießen". Hier monieren die Compact-Vertreter, dass der Redaktion die Äußerungen eines betriebsfremden Hausmeisters zugerechnet würden.
Compact verteidigt sich auch damit, dass es an den Inhalten des Magazins bisher keine Beanstandung gegeben habe. Tatsächlich hat sich der Presserat mit Compact befasst. Auf Anfrage des NDR-Magazins Zapp teilte der Presserat mit, dass er Compact 2019 eine Missbilligung ausgesprochen habe, die zweitschärfste Sanktion, weil in einem Artikel journalistische Sorgfaltspflichten verletzt wurden. Auch bei der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg ist Compact aufgefallen. Seit 2020 seien insgesamt sieben Beschwerden über das Magazin eingegangen. In drei Fällen wurden Hinweisschreiben verschickt.
Warum reicht Verbot einzelner Ausgaben nicht aus?
Laut BMI verbreitet Compact eine verfassungsfeindliche Grundhaltung. Dies gelte auch dann, wenn nicht jeder Artikel verfassungsfeindlich sei.
In dem Rechtsstreit ist offenbar eine weitere Frage zentral: Warum zieht der Staat nicht mildere Mittel dem Vereinsverbot vor, etwa ein Verbot mancher Ausgaben, wie auch die Anwälte des Verlages anmahnen? Compact kritisiert in den Schriftsätzen zudem, dass ein Totalverbot nicht verhältnismäßig gewesen sei.
Das BMI argumentiert, die Compact-Macher hätten sich bisher von milderen Mitteln, etwa einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz seit 2021, nicht mäßigen lassen. Genau in diesen beiden Punkten ist das Bundesverwaltungsgericht im Eilverfahren Compact gefolgt. Bis zu einer Hauptverhandlung darf das Magazin deshalb weitermachen.
Bislang keine Spuren zu russischen Geldgebern
Allerdings gingen die Ermittlungen gegen Compact weiter. Kistenweise hatten Ermittler Asservate mitgenommen. Deren Auswertung soll nach Recherchen von NDR und WDR fortgeschritten sein und ein gut finanziertes Unternehmen zeigen, ausgestattet mit reichlich Spendengeldern aus dem Unterstützerumfeld. Spuren zu russischen Geldgebern, über die in der Öffentlichkeit oft spekuliert wurde, hätten Ermittler bislang nicht gefunden, heißt es aus Sicherheitskreisen.
Bis zum Beginn der Hauptverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Juni kann das Magazin sein rechtsradikales Gedankengut wie bisher publizieren - auch im laufenden Bundestagswahlkampf. Auf Anfrage teilte das BMI mit, dass es bei seiner Rechtsauffassung bleiben wolle.
Sollte Compact im Rechtsstreit letztlich unterliegen, könnte die rechtsextreme Szene zumindest den Weg bis zum Verbot als Erfolg verbuchen. Verliert hingegen der Staat, öffnet dies die Grenzen des medial Sagbaren weit nach Rechtsaußen.
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Mitteldeutscher Rundfunk, 17.01.2025:
Sächsischer Landtag / Breite Ablehnung gegen AfD-Mann Wiesner als Ausschuss-Vorsitzenden
17.01.2025 - 19.14 Uhr
Die AfD im Sächsischen Landtag hat Alexander Wiesner als Ausschussvorsitzenden nominiert. Das lehnen CDU, SPD, Grüne und Linke ab. Die Parteien befürchten, dass Wiesners Kontakt zu einem mutmaßlichen Rechtsextremisten aus der Gruppe der "Sächsischen Separatisten" dem Ansehen des Landesparlamentes schaden könnte. Doch auch die eigenen früheren Positionen des AfD-Mannes sehen die Parteien als problematisch.
Von MDR Sachsen
CDU, SPD, Grüne und Linke lehnen den AfD-Kandidaten Alexander Wiesner für einen Ausschussvorsitz ab.
Der AfD-Politiker in der Vorsitzenden-Funktion schade den Parteien zufolge dem Ansehen des Sächsischen Landtages.
Für die Abwahl Wiesners sind im Sächsischen Landtag 45 Abgeordneten-Stimmen notwendig.
In Sachsen lehnen CDU, SPD, Grüne und Linke den AfD-Kandidaten für den Vorsitz im Ausschuss für Verfassung, Recht und Europa ab. Die Parteien erklärten, der AfD-Abgeordnete Alexander Wiesner sei für diese Position untragbar. Wiesner war für den Ausschussvorsitz von der AfD nominiert worden. Die Koalitionsparteien CDU, SPD sowie Oppositionsparteien Grüne und Linke bezeichneten die Besetzung als völlig inakzeptabel und schädlich für das Ansehen des Hauses.
AfD-Mann soll mutmaßlichen Rechtsextremisten beschäftigt haben
Wiesner habe einen Mitarbeiter beschäftigt, der als mutmaßliches Mitglied der rechtsextremen "Sächsischen Separatisten" verhaftet worden sei, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Sören Voigt.
Im November verhaftete die Bundesanwaltschaft acht Männer in Sachsen und Polen, die der rechtsextremistischen Terror-Vereinigung "Sächsische Separatisten" angehören sollen. Darunter ist auch der AfD-Lokalpolitiker Kurt Hättasch, der im Landtagsbüro Wiesners arbeitete. Wiesner habe ihm sofort nach Bekanntwerden der Festnahme gekündigt, teilte die AfD-Landtagsfraktion im November mit.
Landesvorsitzender in rechtsextremistischer Jugendorganisation
Doch auch Wiesners eigene Positionen seien problematisch, sagte der CDU-Politiker. "Er selbst war bis vor kurzem noch Kreischef und Landesvorsitzender der Jungen Alternative in Sachsen, die sowohl vom Bundesamt für Verfassungsschutz als auch vom Landesamt für Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft ist."
Ähnlich sieht es die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Laura Stellbrink: "Die benannte Personalie ist für uns und das Ansehen dieses Hohen Hauses nicht tragbar."
Linke erwägen Antrag zur Abwahl Wiesners
Die Parlamentsgeschäftsführerin der Linken, Luise Neuhaus-Wartenberg, schloss einen Abwahlantrag nicht aus. Die Linken-Politikerin sagte dazu: "Es ist schlimm genug, dass die AfD auf den Vorsitz des Verfassungs-, Rechts- und Europa-Ausschusses zugreifen konnte. Dass die Verfassungsfeinde aber ausgerechnet Alexander Wiesner für diesen Posten benannt haben, können wir nicht hinnehmen."
Mit ihrer Besetzung untergrabe die AfD nicht nur das Ansehen des Gremiums, sondern auch das der Demokratie und der parlamentarischen Institutionen, sagte Katja Meier für die Grünen im Sächsischen Landtag. "Ein Abgeordneter, der Mitglieder der rechtsextremen Terror-Organisation "Sächsische Separatisten" beschäftigt hat, ist als Ausschussvorsitzender nicht tragbar", sagte sie.
Position des BSW unklar
Wie sich das BSW Sachsen zur Nominierung Alexander Wiesners als Ausschussvorsitzenden verhält, ist unklar. Für eine Anfrage an die Partei war am Freitag im Sächsischen Landtag niemand mehr zu erreichen.
Für Abwahl sind 45 Abgeordnetenstimmen nötig
Laut Geschäftsordnung kann der Sächsische Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder - 61 von 120 Parlamentariern - einen Ausschussvorsitzenden abberufen. Um den Antrag zu stellen, sind die Unterschriften von 45 Abgeordneten vonnöten. CDU, SPD, Grüne und Linke stellen insgesamt 64 Abgeordnete.
Bildunterschrift: Aus Sicht der Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD im Sächsischen Landtag, Laura Stellbrink, ist Alexander Wiesner in der Position als Ausschussvorsitzender nicht tragbar.
Bildunterschrift: Dass Alexander Wiesner den Posten für den Fachausschuss für Verfassung, Recht und Europa übernehmen soll, könne man nicht hinnehmen, sagt die Parlamentsgeschäftsführerin der Linken, Luise Neuhaus-Wartenberg.
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t-online.de, 17.01.2025:
Verbindung in rechtsextremistische Kreise / CDU und SPD gegen AfD-Mann an Spitze von Verfassungsausschuss
17.01.2025 - 18.41 Uhr
Im Sächsischen Landtag werden die Ausschüsse besetzt. In einem Fall bekommt die AfD nun Gegenwind von der CDU und der SPD.
Die sächsischen Regierungsfraktionen CDU und SPD haben sich gegen den AfD-Landtagsabgeordneten Alexander Wiesner als Vorsitzenden des Ausschusses für Verfassung, Recht und Europa ausgesprochen. Beide Parteien erklärten am Freitag in Dresden, sie lehnten die Benennung Wiesners durch die AfD-Fraktion ab.
Wiesner sei bis vor kurzem noch Kreischef und Landesvorsitzender der Jungen Alternative in Sachsen gewesen, die sowohl vom Bundesamt für Verfassungsschutz als auch vom sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft sei, erklärte der erste stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion, Sören Voigt. Zudem sei ein Mitarbeiter von Wiesner als mutmaßliches Mitglied der rechten Vereinigung Sächsische Separatisten verhaftet worden.
Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Laura Stellbrink, nannte die Personalie "für uns und das Ansehen dieses hohen Hauses nicht tragbar". Dass die AfD mit Wiesner ausgerechnet jemanden zum Vorsitzenden des Ausschusses benenne, der bis vor Kurzem Rechtsextremisten der Sächsischen Separatisten beschäftigt habe, "ist völlig inakzeptabel".
Linke steht auf der Seite von CDU und SPD
CDU und SPD forderten die AfD auf, einen anderen Vorsitzenden zu benennen. Die Linksfraktion brachte - wenn nötig - einen Abwahlantrag gegen Wiesner im Parlament ins Spiel. Die AfD, die bei der Landtagswahl knapp hinter der CDU zweitstärkste Kraft wurde, benannte Vorsitzende für insgesamt vier Ausschüsse im sächsischen Landtag.
Die Gruppe Sächsische Separatisten war im November zerschlagen worden. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft lehnen ihre Mitglieder die freiheitlich-demokratische Grundordnung ab und gehen vom unausweichlichen "Kollaps" staatlicher und gesellschaftlicher Strukturen in Deutschland an einem "Tag X" aus. Dies hätten sie auch unter Waffengewalt zur Errichtung eines am Nationalsozialismus orientierten Gemeinwesens nutzen wollen. Mehrere Beschuldigte wurden festgenommen, einige von ihnen haben Verbindungen zur AfD.
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Norddeutscher Rundfunk, 17.01.2025:
Mehr als 16.000 Menschen demonstrieren gegen Weidels Hamburg-Auftritt
17.01.2025 - 07.30 Uhr
AfD-Chefin Alice Weidel hat am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung ihrer Partei im Hamburger Rathaus eine Rede gehalten. Gegen den Auftritt Weidels gingen zuvor deutlich mehr Menschen als erwartet in der Innenstadt auf die Straße.
Am Hauptbahnhof versammelten sich am späten Nachmittag mehrere Tausend Teilnehmende zu der Haupt-Demonstration, die vom Hamburger Bündnis gegen Rechts angemeldet wurde. Die Polizei war im Vorfeld von 2.000 Demonstrierenden ausgegangen, am Abend sprach ein Polizist vor Ort von 17.500 Teilnehmenden. Später nannte die Polizei-Pressestelle als offizielle Zahl mehr als 16.000 Menschen. Von der Kirchenallee zogen sie über die Mönckebergstraße bis zum Rand des Bannkreises am Rathaus. Mit dabei waren mehrere linke Gruppen, Vereine, Gewerkschaften und Parteien. Teilnehmende skandierten unter anderem "Ganz Hamburg hasst die AfD".
Transparente an Hamburger Theatern
Einige trugen selbst gemalte Schilder mit Aufschriften wie "Demokratie schützen!" und "Radical Love Now!". Daneben waren Transparente zu sehen, auf denen "Revolution" oder "Kapitalismus abschaffen" gefordert wurde. An der Fassade des Deutschen Schauspielhauses hing eine große Aufschrift "Kein Platz für Nazis", am benachbarten Ohnsorg-Theater war die Botschaft auf Plattdeutsch zu lesen: "Keen Platz för Nazis!"
Rund 1.000 Gäste bei Weidels Rede
Weidel sprach am Abend auf einer Veranstaltung der AfD-Bürgerschaftsfraktion vor rund 1.000 Gästen im Großen Festsaal des Rathauses. Da der Platz nicht ausreichte, wurden einige Besucherinnen und Besucher auf die anderen Säle verteilt und die Reden aus dem Festsaal dort auf großen Bildschirmen übertragen.
Obwohl die Proteste vor dem Rathaus weitgehend friedlich verliefen, sprach die AfD-Chefin von "Schlägerbanden", die vom Hamburger Bürgermeister "protegiert" würden. Auch die jüngsten, teils gewaltsamen Proteste gegen den AfD-Bundesparteitag im sächsischen Riesa erinnerten sie an dunkelste NS-Zeiten und an die "SA, die auch auf Andersdenkende eingeschlagen hat", sagte sie. In ihrer Rede im Rathaus sagte sie, dass die AfD dafür sorgen werde, "dass Deutschland wieder großartig wird - reich und sicher".
Großaufgebot der Polizei
Die Polizei riegelte den Rathausmarkt mit so genannten Hamburger Gittern ab. Viele Demonstrierende stauten sich im Bereich Bergstraße und Mönckebergstraße. Auch Wasserwerfer standen bereit. Bis auf einige Versuche, die Absperrungen zum Rathaus zu durchbrechen, sei die Veranstaltung aber friedlich geblieben, sagte ein Polizeisprecher. In der Bergstraße gingen Beamte mit Pfefferspray gegen Aktivisten vor, die offenbar versucht hatten, eine Polizeikette zu durchbrechen.
Insgesamt waren rund 1.500 Polizisten und Polizistinnen im Einsatz, fast 600 davon kamen aus Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und von der Bundespolizei.
Straßensperrungen in der Hamburger Innenstadt
In der Innenstadt gab es wegen der Demonstrationen und des Polizei-Großeinsatzes Straßensperrungen und längere Staus. Besonders betroffen waren die Stadtteile St. Georg, Altstadt und Neustadt. Auch einige Buslinien wurden umgeleitet.
Tschentscher spricht von ungebetenen Gästen
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) erinnerte vor dem Besuch Weidels an die in der Verfassung der Hansestadt festgeschriebene Vielfalt und Weltoffenheit. "Denn manchmal hat man auch im Rathaus ungebetene Gäste", schrieb er auf der Plattform X. "Aber unsere Demokratie ist stark und wehrhaft." Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) repostete Tschentschers Mitteilung mit den Worten "Hamburg ist sich einig!".
Thering: "Weidel ist in Hamburg nicht willkommen"
Auch CDU-Landes- und Fraktionschef Dennis Thering äußerte sich kritisch zum Besuch Weidels im Rathaus. "Es ist traurig, dass in unserer schönen Freien und Hansestadt Hamburg heute eine Anhängerin Russlands auftritt und ihren Hass verbreitet", schrieb er bei X. Wer Hass und Hetze säe, brauche sich über Protest nicht zu wundern. "Ich schließe mich an, Alice Weidel ist in Hamburg nicht willkommen!"
Nockemann über Reaktionen empört
AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann zeigte sich von der Reaktion Tschentschers empört. "Während friedfertige Bürger unserer Veranstaltung beiwohnen möchten, planen Linke gewaltsame Blockaden", sagte er. "Anstatt diese Gewaltandrohungen konsequent zu verurteilen, fällt dem Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher nichts weiter sein, als von "ungebetenen Gästen" im Rathaus zu fabulieren und die Stimmung weiter anzuheizen."
Bildunterschrift: Weidel sprach vor rund 1.000 Menschen.
Bildunterschrift: Zunächst hielt die Polizei die Demonstrierenden am Rathausmarkt von den Gittern fern, später durften die Aktivisten heranrücken.
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Jüdische Allgemeine Online, 17.01.2025:
Bitburger Gespräche / Schuster für härtere Strafen gegen Antisemitismus im Netz
17.01.2025 - 13.35 Uhr
Antisemitismus gelte inzwischen als eine Art "Aufnahmeritual" in bestimmten Gruppen, warnt Zentralratspräsident Josef Schuster. Er sieht die Politik dazu aufgefordert, "Strafbarkeitslücken" zu schließen.
Antisemitismus im Internet muss nach Ansicht des Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, konsequenter verfolgt werden. Dafür müssten "Strafbarkeitslücken" geschlossen werden, sagte er am Freitag in Trier. Er plädierte zudem dafür, dass Aufrufe zur Vernichtung eines Staates, "egal von welchem", eindeutige juristische Konsequenzen haben müssten. Die Parteien sollten dafür einen entsprechenden Paragrafen im Strafgesetzbuch verankern. Härtere und klarere Strafen seien ein notwendiges Signal.
Schuster sagte, Antisemitismus gehöre inzwischen in bestimmten Gruppen "regelrecht dazu" und werde fast als ein Aufnahmeritual angesehen. Antisemitismus als Volksverhetzung dürfe jedoch nie dazu gehören. Die Gesellschaft solle sich fragen, gegen welche Tendenzen wehrhaft vorgegangen werden müsse.
Schuster äußerte sich im Rahmen der 68. Bitburger Gespräche, zu denen die Stiftung Gesellschaft für Rechtspolitik und das Institut für Rechtspolitik an der Universität Trier eingeladen hatten. "Gegen Antisemitismus hilft: Bildung, Bildung, Bildung", betonte er.
Kräfte gegen die liberale Demokratie
Generell konstatierte Schuster eine negative Veränderung des gesellschaftlichen Klimas und rief dazu auf, Diskriminierungen jeglicher Form zu ächten. Es gebe in Deutschland Kräfte, die insgesamt mit den Freiheiten einer liberalen Demokratie haderten.
Die Bitburger Gespräche, die von der Gesellschaft für Rechtspolitik seit 1972 durchgeführt werden, wollen als Dialog-Format Akteure aus Politik, Staat, Kirchen, Wirtschaft, Medien und weitere gesellschaftlichen Institutionen zusammenführen.
Bildunterschrift: Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.
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