Mindener Tageblatt ,
13.01.2025 :
Leidenschaftlicher Einsatz für tolerantes Miteinander
Herbert Höner engagierte sich gegen Antisemitismus, seine Tochter erinnert nun mit einer Lesung an ihn
Petershagen (mt/mha). Als junger Mann kämpfte Herbert Höner im Zweiten Weltkrieg und war nach dem Krieg mit einer leer gefegten Nachbarschaft konfrontiert. Die benachbarten "Judenhäuser" waren leer, die Menschen "verschwunden" - einschließlich seines besten Freundes Günter Wallhausen. Aus dieser persönlichen Betroffenheit heraus engagierte er sich zeitlebens gegen Antisemitismus, unter anderem als Mitglied der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.
Geboren 1921 im lippischen Schötmar, war er vor Kriegsbeginn eng mit jüdischen Familien in seiner Nachbarschaft verbunden. Während seiner Zeit an der Wolchow-Front bei Leningrad erlebte er die Schrecken des Krieges aus nächster Nähe. Nach seiner Rückkehr entschied er sich zunächst für eine kirchliche Laufbahn in der Jugendarbeit und wurde 1964 zum Pastor ordiniert. Ob als Jugendpfarrer in Bielefeld oder als Mitglied in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft - Herbert Höner trat unermüdlich dafür ein, die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus wachzuhalten und Brücken zwischen unterschiedlichen Religionsgemeinschaften zu schlagen. Seine erste Israel-Reise fand 1960 statt, weitere zwölf Reisen folgten, die meisten waren von ihm geleitete Gruppenreisen.
Von dieser Lebensgeschichte und dem damit verbundenen Engagement berichtet seine Tochter, die Espelkamper Autorin und Verlegerin Marlies Kalbhenn, in einem Vortrag im Paul-Gerhardt-Haus unter dem Titel "Erinnern hat seine Zeit - Stationen der Versöhnung". Sie liest aus den Büchern ihres Vaters "Sprechen Sie bitte von unten" und "Duett am Wolchow", in denen Höner sowohl seine eigenen Kriegserlebnisse als auch seine Eindrücke seiner zahlreicher Israel-Reisen verarbeitete.
Darin legt er eine deutliche Haltung gegen Rassenhass und Ausgrenzung dar und zeigt, wie persönliches Erleben zum Anstoß werden kann, sich für ein tolerantes Miteinander einzusetzen.
Die Lesung bietet einen Einblick in Höners lebenslanges Ringen, die Geschehnisse der Vergangenheit aufzuarbeiten und künftigen Generationen die Lehren aus dieser Zeit zu vermitteln.
Organisiert wird die Veranstaltung von der Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge Petershagen in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Minden. Sie findet am Sonntag, 19. Januar, um 17 Uhr im Paul Gerhardt-Haus der Evangelischen Kirchengemeinde Petershagen, Meßlinger Straße 9, statt, der Eintritt ist frei.
Bildunterschrift: Marlies Kalbhenn ist Schriftstellerin.
Bildunterschrift: Herbert Höner ist 2014 verstorben.
Bildunterschrift: Die Alte Synagoge in Petershagen.
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- Sonntag, 19. Januar 2025 um 17.00 Uhr -
Vortrag und Lesung von Marlies Kalbhenn:
"Erinnern hat seine Zeit - Stationen der Versöhnung"
Veranstaltungsort:
Paul Gerhardt-Gemeindehaus Petershagen
Meßlinger Straße 11
32469 Petershagen
80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert Marlies Kalbhenn, Schriftstellerin und Verlegerin aus Espelkamp, an den für sie wichtigsten Zeitzeugen der Jahre 1933 bis 1945: an ihren 2014 verstorbenen Vater - und Autor - Herbert Höner.
Herbert Höner wurde am 13. März 1921 im lippischen Schötmar als Sohn eines Fuhrmanns geboren. Spielgefährten seiner frühen Jahre waren vor allem die jüdischen Nachbarsjungen. Nach Volksschule, Tischler-Lehre und Arbeitsdienst wurde er Soldat an der Wolchow-Front im Belagerungsring um Leningrad. Von dort kam er nach zwei "Russland-Wintern" und einem monatelangen Lazarett-Aufenthalt in Göttingen im Sommer 1944 an die Offiziersschule in Dessau‐Roßlau. Im Januar 1945 wurde er zuerst nach Aschaffenburg geschickt und von dort in Richtung "Alpenfestung", konkret: in Richtung Salzburg. Sein Auftrag: Zusammen mit den ihm jetzt unterstellten Soldaten "die Amerikaner aufzuhalten". Eine Woche vor der offiziellen Kapitulation entließ er auf eigene Verantwortung sich und seine ihm anvertrauten jungen Männer. Nach vierwöchigem Fußmarsch kam er Pfingsten 1945 nach Hause. Da waren die benachbarten "Judenhäuser" leer, die Menschen "verschwunden" - einschließlich seines besten Freundes Günter Wallhausen.
Aus dem Tischler-Gesellen wurde nach dem Krieg nicht, wie er vorgehabt hatte, ein Innenarchitekt. Herbert Höner entschied sich anders. Von 1947 bis 1952 war er Jugendwart in seiner Heimat-Kirchengemeinde Schötmar und von 1952 bis 1961 Synodal-Jugendwart im Kirchenkreis Gütersloh. Nach einem "norddeutschen Zwischenspiel" als Jugend-Diakon in Geesthacht an der Elbe nahm er auf Einladung der Westfälischen Kirche an einem Prediger-Lehrgang teil und wurde am 6. September 1964 in Münster zum Pastor ordiniert. 1973 wechselte er aus dieser Gemeindepfarrstelle als Synodal-Jugendpfarrer in den Kirchenkreis Bielefeld. Ab 1995 bis zu seinem Tod 2014 lebte er als "Unruheständler" zusammen mit seiner Frau bei seiner Tochter Marlies und seinem Schwiegersohn Hans‐Georg Kalbhenn in der nach 1945 auf dem Gebiet einer nationalsozialistischen Munitionsanstalt gegründeten Flüchtlings‐ und Vertriebenen-Stadt Espelkamp.
Herbert Höner war Mitglied, einige Jahre auch Geschäftsführer, der Gesellschaft für Christlich‐Jüdische Zusammenarbeit in Münster und Mitglied in der Deutsch‐Israelischen Gesellschaft in Bielefeld. Seine erste Israel-Reise fand 1960 statt, weitere zwölf Reisen folgten, die meisten waren Gruppenreisen, die er zusammen mit Tochter und Schwiegersohn leitete.
Bei verschiedenen Veranstaltungen der Christlich‐Jüdischen Gesellschaften sind Herbert Höner und seine Tochter Marlies Kalbhenn Kurt Scheurenberg begegnet. Die beiden, Herbert Höner und Kurt Scheurenberg sind 1921 geboren, der eine (Herbert) am 13. März, der andere (Kurt) am 17. März.
Einige Zeit vor Kurt Scheurenbergs Tod kam es zu einer bewegenden Begegnung der beiden "alten Männer" in Preußisch Oldendorf, bei der auch Kurts Sohn Harald und Herberts Tochter Marlies anwesend waren. Im Gespräch stellte sich heraus, dass beide eine besondere Beziehung zu der jüdischen Familie Wallhausen in Schötmar hatten.
Marlies Kalbhenn liest aus den Büchern ihres Vaters "Sprechen Sie bitte von unten" und "Duett am Wolchow", in denen sich neben den Erinnerungen "an damals" - zum Beispiel im Kapitel "Milch und Mazzen gratis" - Ansprachen, Predigten und Vorträge zu den Themen Antisemitismus und Nationalsozialismus finden, die von der lebenslangen Versöhnungsarbeit des Autors Zeugnis ablegen, zum Beispiel seine Ansprache im Bielefelder Rathaus anlässlich der Einweihung des Mahnmals vor dem Bielefelder Bahnhof zur Erinnerung an die aus Ostwestfalen über Bielefeld zunächst nach Riga deportierten jüdischen Menschen oder seine Rede auf dem Leningrader (St. Petersburger) Gedenkfriedhof Piskarjowskoje, auf dem ein großer Teil der durch die Blockade verhungerten Zivilbevölkerung bestattet wurde. "Die Einschließung der Stadt durch die deutschen Truppen mit dem Ziel, die Leningrader Bevölkerung systematisch verhungern zu lassen, gilt als eines der eklatantesten Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht.
Eine Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge Petershagen e.V. in Kooperation mit Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Minden e.V.
www.synagoge-petershagen.de
www.facebook.com/synagoge.petershagen
www.gcjz-minden.de
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Am 19. Januar 2025 findet im Paul Gerhardt-Gemeindehaus in Petershagen, ein Vortrag und eine Lesung "Erinnern hat seine Zeit - Stationen der Versöhnung" mit Marlies Kalbhenn über Autor Herbert Höner statt.
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