Der Patriot - Lippstädter Zeitung ,
06.09.2003 :
Trotz Lebensgefahr ins Kosovo / Dem nierenkranken Zenel (3) droht im Dezember die Abschiebung / Stadtverwaltung: Wir müssen ausführen, was das Bundesamt beschließt
Lippstadt. Zenel tobt mit seinen Schwestern, fällt über sie, rappelt sich wieder hoch. Dabei lacht der Dreijährige über das ganze Gesicht - von der schweren Krankheit, die in seinen Nieren steckt, sieht man keine Spur. Wahrscheinlich liegt es an der guten medizinischen Versorgung in Deutschland, dass der Kleine so unbeschwert spielen kann. Doch Zenel soll weg aus Deutschland, in das kriegszerstörte Kosovo und mit ihm seine Eltern und die fünf Geschwister. So will es das Ausländergesetz, verfügt durch ein Amt in Dortmund, vollstreckt durch die Lippstädter Ausländerverwaltung. Im Moment gilt noch die Duldung der albanischen Familie Zeneli bis zum 30. November, dann droht die Abschiebung. "Persönlich tut mit die Familie ja auch leid!" Michael Schaefer kennt die Zenelis und ihre zentimeterdicke Akte, denn er bearbeitet den Fall im zuständigen städtischen Fachdienst. "Gleichgültigkeit" werfen ihm dagegen die Unterstützer der Zenelis vor, weil eine ausreichende medizinische Versorgung im Kosovo nicht gewährleistet sei. Doch Schaefer sieht sich eher als der Überbringer einer schlechten Nachricht. Die hat das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Außenstelle Dortmund, verfasst: Familie Zeneli, 1999 vor serbischem Terror aus dem Zentral-Kosovo geflohen, soll nach der Ablehnung ihres Asyl-Antrags auch nicht mehr geduldet werden. Zenels Krankheit sei kein Abschiebungshindernis: Das musste Michael Schaefer den Eltern Isuf und Nazife Zeneli mitteilen. Ärztliche Atteste, von denen Zenels Mutter einen ganzen Stoß in der Hand hält, konnten die Dortmunder Stelle nicht von einer Dringlichkeit überzeugen. Darin diagnostizieren Ärzte aus Münster und Lippstadt bei Zenel Anfälle von akutem Nierenversagen, hervorgerufen durch eine Entzündung, die im März 2002 entdeckt wurde. Eine halbjährliche Kontrolle sei notwendig, um eine bleibende Nierenschädigung und womöglich ein völliges Versagen der Organe zu verhindern. Die Dortmunder Behörde ließ sich davon nicht beeindrucken: Ein schlüssiger medizinischer Beweis fehle. Wenn die medizinische Versorgung im Kosovo für den kleinen Zenel nicht ausreiche, könne man ja nach Montenegro fahren - oder nach Serbien. Das muss nicht zuletzt Nazife Zeneli wie ein Hohn vorkommen, die noch immer wegen ihres Traumas behandelt wird, das sie auf der Flucht vor den serbischen Truppen erlitt. Dass Vater Isuf mit einem Job auf dem Bau die Familie ernährt, die Kinder längst Freunde in Lippstadt gefunden haben und gut Deutsch sprechen - all das fand kein Eingang in die Dortmunder Entscheidung. Die Unterstützer der Zenelis, die "Junge Linke", wollen deshalb heute um 12 Uhr in der Innenstadt demonstrieren. Eine ganz kleine Hoffnung für Zenel gibt es nach Michael Schaefers Angaben immerhin: Wenn die Familie mit einem detailierten Gutachten klarmachen kann, dass im Kosovo tatsächlich keine adäquate Versorgung für den Jungen gibt, dann könnte sich das Blatt für den kleinen Zenel noch einmal wenden.
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