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11 Artikel , 06.01.2025 :

Pressespiegel überregional

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Übersicht:


MiGAZIN, 06.01.2025:
"Alarmierende Entwicklung" / Zahl rechtsextremer Straftaten 2024 auf neuen Rekordstand gestiegen

die tageszeitung Online, 06.01.2025:
Rechtsextreme auf freiem Fuß / 555 Neonazis mit offenen Haftbefehlen gesucht

tagesschau.de, 06.01.2025:
Zahlen des Bundesinnenministeriums / Mehr rechtsextreme Straftaten

Neue Westfälische, 06.01.2025:
Rechtsextreme Straftaten 2024 auf neuem Rekordstand

Westfalen-Blatt, 06.01.2025:
Rechtsextreme bedrohen SPD-Politiker

MiGAZIN, 06.01.2025:
Magdeburg / Vermehrt rassistische Angriffe auf Migranten seit dem Anschlag

Blog der Republik, 06.01.2025:
Rechtsradikale auch in NRW AfD auf dem Vormarsch

Neues Deutschland Online, 06.01.2025:
AfD in NRW mit parteinternen Hass-Wahlkampf

Westdeutscher Rundfunk Köln, 06.01.2025:
Kommentar: Das Märchen vom bürgerlichen AfD-Anstrich

Welt Online, 06.01.2025:
Zahlreiche Proteste zum AfD-Bundesparteitag in Riesa geplant

die tageszeitung, 06.01.2025:
Vom Hörsaal auf die Straße

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MiGAZIN, 06.01.2025:

"Alarmierende Entwicklung" / Zahl rechtsextremer Straftaten 2024 auf neuen Rekordstand gestiegen

06.01.2025 - 15.25 Uhr

Die Zahl rechtsextremer Straftaten ist 2024 erneut gestiegen. Fast 34.000 Delikte wurden allein bis Ende November gezählt, mehr als 1.100 davon Gewaltdelikte. Hinzu kommen Gewalttaten durch so genannte "Reichsbürger".

Die Zahl der rechtsextremen Straftaten in Deutschland hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Allein bis Ende November verzeichnete die Polizei bundesweit 33.963 Delikte im Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - rechts", wie aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht. Über die Zahlen, die dem MiGAZIN vorliegen, hatte zuerst das RedaktionsNetzwerk Deutschland berichtet. Weiterhin gebe es in Deutschland im Schnitt mehr als drei rechtsextremistische Gewalttaten am Tag, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Im Jahr 2023 hatte das Bundeskriminalamt (BKA) insgesamt 28.945 rechtsmotivierte politische Straftaten verzeichnet. 2024 ist die Zahl demnach um mindestens 17 Prozent angestiegen. Die abschließende Zahl für vergangenes Jahr dürfte wegen im Dezember begangener Straftaten und verspäteter Nachmeldungen noch höher sein. Seine Jahresstatistik für 2024 wird das BKA voraussichtlich im Mai vorstellen.

Von den fast 34.000 registrierten Straftaten im vergangenen Jahr waren 1.136 Gewaltdelikte, im gesamten Jahr 2023 waren es 1.270, wie aus der Antwort hervorgeht. Den größten Anteil der Straftaten machten 2024 demnach Propagandadelikte (21.311) und Volksverhetzungen (5.097) aus, die Polizei verzeichnete außerdem 1.942 Sachbeschädigungen.

Fünf versuchte Tötungen, 1.000 Körperverletzungen, 17 Brandstiftungen

Bei den rechtsextrem motivierten Gewalttaten verzeichnete die Polizei bis Ende November fünf versuchte Tötungsdelikte - eins mehr als im Gesamtjahr 2023. Registriert wurden zudem fast 1.000 Körperverletzungen (988) und 17 Brandstiftungen.

Zu den vom BKA als rechtsextrem eingestuften Gewalttaten kommen weitere Gewaltdelikte durch so genannte "Reichsbürger" und "Selbstverwalter", die in einer eigenen Kategorie im Bereich der "nicht zuzuordnenden" politischen Kriminalität aufgeführt werden. Wie aus den Angaben des Bundesinnenministeriums hervorgeht, wurden im vergangenen Jahr 98 Gewaltdelikte "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" zugerechnet.

Den Anstieg führt Faeser auch auf gewachsene Sensibilität zurück. "Es wird mehr ermittelt und es werden mehr Taten verfolgt", sagte sie. Ein Sprecher des Innenministeriums erläuterte, dass insbesondere der Aufbau von Strukturen zur Verfolgung von Straftaten im Internet zum Anstieg beigetragen haben dürfte.

Linke warnt: Zahlen steigen kontinuierlich um 20 bis 25 Prozent

Die Linken-Bundestagsabgeordnete und Rechtsextremismus-Expertin Martina Renner sprach von einer alarmierenden Entwicklung. "Die Zahlen steigen in den vergangenen Jahren kontinuierlich um 20 bis 25 Prozent", sagte sie. "Durchgreifende Maßnahmen der Innenpolitik, diese gefährliche Entwicklung zu stoppen, sind nicht in Sicht."

Renner verwies dabei auch auf einen Zusammenhang zwischen dem Aufstieg der AfD und der wachsenden rechten Gewalt. Dieser sei erwiesen, erklärte die Linken-Abgeordnete und sprach sich für ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD aus.

Bundesinnenministerium: Zahlen alarmierend

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte: "Wir sehen diese Zahlen natürlich als alarmierendes Zeichen." Er erklärte, antisemitische Straftaten würden seit dem 1. Januar 2024 nicht mehr automatisch dem Rechtsextremismus zugerechnet, wenn es im Einzelfall keine konkreten Hinweise auf einen bestimmten Phänomenbereich gibt. Solche Taten mit unklarer Motivation würden seither unter "sonstige Zuordnung" erfasst.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit sprach von besorgniserregenden Entwicklungen in den vergangenen Jahren, bei den extremistischen Straftaten insgesamt. Das staatliche Instrumentarium auf Länder- und Bundesebene, um damit umzugehen, werde immer wieder überprüft, fügte er hinzu. Und: "Wir können uns mit dieser Entwicklung natürlich nicht abfinden."

Faeser ergänzte, den Kampf gegen Rechtsextremismus führten nicht die Sicherheitsbehörden allein. "Auch in Politik und Gesellschaft müssen wir uns denen klar entgegenstellen, die unverhohlen Rassismus und Menschenhass schüren", sagte sie. Ein Klima der Ressentiments führe auch zu mehr rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten. (epd/dpa/mig)

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die tageszeitung Online, 06.01.2025:

Rechtsextreme auf freiem Fuß / 555 Neonazis mit offenen Haftbefehlen gesucht

06.01.2025 - 09.45 Uhr

730 offene Haftbefehle: Die Zahl der gesuchten Nazis ist seit Jahren auf hohem Niveau. Rechtsextreme Straftaten erreichten 2024 neuen Höchststand.

Von Gareth Joswig

Berlin (taz). Die Zahl der nicht vollstreckten Haftbefehle gegen Neonazis ist weiter hoch: 730 Haftbefehle waren zum Stichtag am 30. September 2024 nicht vollstreckt. Das geht aus den der taz vorliegenden Antworten des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Martina Renner hervor: 555 Neonazis sind damit trotz offener Haftbefehle weiter auf freiem Fuß. 136 dieser Rechtsextremen wurden wegen Gewaltdelikten gesucht, gegen 19 dieser Personen gab es sogar mehrere Haftbefehle wegen Gewaltdelikten.

27 der Haftbefehle ergingen wegen politisch motivierter Gewalt wie Körperverletzungen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamtinnen, Vollstreckungsbeamten, 162 Haftbefehle waren ebenfalls auf eine politisch rechte Motivation zurückzuführen - etwa Volksverhetzung, das Zeigen verbotener Nazi-Symbole oder rassistischer Beleidigungen. Hinzu kämen allgemeine Kriminalität von Rechtsextremen - wie Diebstahl, Betrug und Erschleichen von Leistungen. Eine terroristische Tat lag keinem der Fälle zugrunde.

Das Innenministerium von Nancy Faeser (SPD) macht geltend, dass in allen Fällen polizeiliche Fahndungsmaßnahmen initiiert worden seien. Vor allem bei Gewaltdelikten gebe es eine "besondere Prüfung im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ)". Allein zwischen März und September 2024 seien insgesamt 374 Haftbefehle gegen Rechtsextreme vollstreckt worden oder hätten sich "auf andere Weise erledigt" - "z. B. durch Zahlung einer Geldstrafe". Die zeige, "dass die Polizei die Fahndungen mit Nachdruck und erfolgreich durchführt", heißt es in der Antwort.

Allerdings führe das "fortlaufende Kriminalitätsgeschehen" dazu, dass neue Haftbefehle zu anderen oder denselben Personen erstellt werden müssen oder neue Fahndungsmaßnahmen eingeleitet werden müssten. Demnach kommt man auf 306 neue Haftbefehle gegen Neonazis allein im Zeitraum von März bis September.

Die 730 Ende September nicht vollstreckten Haftbefehlen sind eine leichte Abnahme gegenüber April 2024, als es noch 799 offene Fahndungen gab. Höchststand war im Herbst 2022, als es 915 offene Haftbefehle gegen 674 Neonazis gab. Insgesamt ist die Zahl der mit Haftbefehl gesuchten Rechtsextremen in der letzten Dekade rapide angestiegen: Seit 2012 werden die Zahlen im Halbjahresrhythmus erhoben. Damals wurden "nur" 266 Neonazis mit offenen Haftbefehlen gesucht.

AfD-Verbot könnte helfen

Die Linken-Abgeordnete und Rechtsextremismus-Expertin Renner fordert, die Netzwerke der extremen Rechten konsequenter zu bekämpfen: Der Verfolgungsdruck der Behörden bei gesuchten Neonazis sei unbestritten, aber dennoch verharre die Zahl auf hohem, fast unverändertem Niveau. "Besorgniserregend ist der hohe Anteil von 25 Prozent Gewalttäter unter den Gesuchten", konstatierte Renner. Eine konsequente Bekämpfung und Verfolgung von Hass-Kriminalität aber gebe es erst, wenn die Anzahl der Fahndungen dauerhaft sinke.

Das jedoch gehe nur, wenn man die extrem rechten Strukturen in den Blick nehme, argumentiert Renner: "Konsequente und konkrete Strafverfolgung wie zuletzt nach den Prügel-Attacken von Neonazis in Görlitz und Berlin sind nur eine Seite der Medaille." Nährboden für diese Straf- und Gewalttaten seien "die Netzwerke der extremen Rechten, die inzwischen als Vorfeld parlamentarischer Strukturen agieren und die Gewalt gegen politische Gegner und demokratische Institutionen legitimieren", so Renner. Sie frage sich, ob und wann diese Resonanzräume und ihre parlamentarischen Ableger dafür eine entschiedene Antwort "der angegriffenen Institutionen" erhielten. Auf die Frage, was diese entschiedene Antwort sein könnte, nannte Renner: "Die Prüfung eines AfD-Verbots".

Zugleich berichtete das RedaktionsNetzwerk Deutschland am Montag für das Jahr 2024 von einem neuen Höchststand rechtsextremer Straftaten. Allein bis zum 30. November habe das Bundesinnenministerium 33.963 Delikte gezählt, das sei gegenüber 2023 ein Anstieg um 17,3 Prozent. Den größten Anteil machten Propaganda-Delikte (21.311) und Volksverhetzung (5.097) aus. Aber es seien auch 1.136 Gewaltdelikte gezählt worden sowie 1.942 Sachbeschädigungen.

Interessant ist bei den von der Linken regelmäßig abgefragten neuen Zahlen: Neonazis verstecken sich offenbar international - und zwar am liebsten in Polen. 103 der gesuchten Rechtsextremen befanden sich mutmaßlich im Ausland, 22 davon in Polen, ebenso einige in Österreich (9), der Schweiz (6) sowie in Frankreich, Italien und Rumänien (5). In Paraguay halten sich vier hier gesuchte Neonazis auf, drei in Russland, ebenso wie in der Türkei, Georgien und Litauen.

Auch in den Misch-Szenen viele nicht vollstreckte Haftbefehle

Internationale Fahndungsausschreibungen würden im Einzelfall durch die zuständigen Justizbehörden geprüft. Der Bundesregierung lägen keine Erkenntnisse vor, wie viele gesuchte Neonazis zum Stichtag nach Deutschland ausgeliefert wurden. Zudem lagen 3 internationale Haftbefehle gesuchte Rechtsextreme aus dem Ausland vor, die sich gerade in Deutschland aufhalten.

Abgefragt hat die Linke auch die Zahlen, die das Bundesinnenministerium der politisch motivierten Kriminalität im Feld "Sonstige" zuordnet. Darunter fallen in der Regel aus Behördensicht schwerer zu klassifizierende Phänomene und Felder - häufig handelt es sich um Verschwörungsideologinnen, Verschwörungsideologen, Reichsbürgerinnen, Reichsbürger, aber auch Prepperinnen, Prepper, insofern sie aus Behördensicht nicht eindeutig rechtsextrem sind.

Auch in dieser schwer über einen Kamm zu scherenden Misch-Szene gibt es wie bei den Neonazis beunruhigend viele nicht vollstreckte Haftbefehle: Auch hier wurden 424 Personen gesucht, mit 558 offenen Haftbefehlen. 105 dieser Personen wurden wegen Gewalttaten gesucht, eine gar wegen einer terroristischen Tat. 103 der Gesuchten hat einen offenen Haftbefehl wegen politisch motivierter Kriminalität. Seit März wurden in diesem Bereich 252 Haftbefehle vollstreckt oder haben sich erledigt, demnach sind 209 neue hinzugekommen.

Bildunterschrift: Im Dezember 2024 trauten sich Neonazis gar, in Berlin-Friedrichshain zu demonstrieren. Dank massiver Gegenwehr ein Reinfall.

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tagesschau.de, 06.01.2025:

Zahlen des Bundesinnenministeriums / Mehr rechtsextreme Straftaten

06.01.2025 - 02.10 Uhr

Propagandadelikte, Volksverhetzung, Gewalt: Rechtsextreme Straftaten nehmen laut einem Medienbericht zu. Im vergangenen Jahr registrierte das Innenministerium demnach einen Höchststand.

Die Zahl der rechtsextremen Straftaten in Deutschland hat im vergangenen Jahr laut einem Medienbericht einen neuen Höchststand erreicht. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Gruppe im Bundestag hervor, berichten die Zeitungen des RedaktionsNetzwerk Deutschland.

Die Polizei verzeichnete bundesweit allein bis zum 30. November 2024 33.963 Delikte im Bereich "politisch motivierte Kriminalität - rechts". Die abschließende Zahl wird voraussichtlich im Mai vom BKA vorgestellt. Sie dürfte wegen der im Dezember begangener Straftaten und verspäteter Nachmeldungen noch höher sein.

Größter Anteil: Propagandadelikte

Im Jahr 2023 verzeichnete das Bundeskriminalamt in seiner Statistik laut Antwort des Innenministeriums insgesamt 28.945 rechtsmotivierte politische Straftaten. 2024 ist die Zahl der Straftaten demnach um mindestens 17,34 Prozent angestiegen. Von den fast 34.000 registrierten Straftaten waren 1.136 Gewaltdelikte - im gesamten Jahr 2023 waren es 1.270.

Den größten Anteil der Straftaten machten 2024 Propagandadelikte (21.311) und Volksverhetzungen (5.097) aus, die Polizei verzeichnete außerdem 1.942 Sachbeschädigungen.

Renner fordert Maßnahmen

Die Linken-Bundestagsabgeordnete und Rechtsextremismus-Expertin Martina Renner sprach von einer alarmierenden Entwicklung. "Die Zahlen steigen in den vergangenen Jahren kontinuierlich um 20 bis 25 Prozent. Durchgreifende Maßnahmen der Innenpolitik, diese gefährliche Entwicklung zu stoppen, sind nicht in Sicht", sagte Renner dem RND.

Die Mehrzahl der Gewalttäter seien Erwachsene, allerdings sei der Anteil der jugendlichen Gewalttäter zuletzt angestiegen. "Wenn wir uns nicht an mehr als 3.000 Straftaten von Neonazis pro Monat gewöhnen wollen, müssen grundsätzliche Konsequenzen gezogen werden", so Renner.

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Neue Westfälische, 06.01.2025:

Rechtsextreme Straftaten 2024 auf neuem Rekordstand

Auch die Zahl der Vergehen von "Querdenkern" steigt deutlich - Linke fordert Prüfung der Verfassungswidrigkeit der AfD

Felix Huesmann

Berlin. Die Zahl der rechtsextremen Straftaten hat in Deutschland 2024 einen neuen Höchststand erreicht. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Gruppe im Deutschen Bundestag hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Demnach verzeichnete die Polizei bundesweit allein bis zum 30. November 2024 33.963 Delikte im Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - rechts". Die abschließende Zahl in der voraussichtlich im Mai vorgestellten BKA-Statistik dürfte wegen im Dezember begangener Straftaten und verspäteter Nachmeldungen noch um einiges höher sein.

2023 verzeichnete das Bundeskriminalamt in seiner Statistik 28.945 rechtsmotivierte politische Straftaten. 2024 ist die Zahl der Straftaten um 17,34 Prozent angestiegen. Von den fast 34.000 registrierten Straftaten waren 1.136 Gewaltdelikte - im gesamten Jahr 2023 waren es 1270 gewesen. Den größten Anteil der Straftaten machten 2024 Propagandadelikte (21.311) und Volksverhetzungen (5.097) aus, die Polizei verzeichnete außerdem 1.942 Sachbeschädigungen.

Neben der als rechts eingestuften politisch motivierten Kriminalität ist auch jene in der Kategorie "sonstige Zuordnung" erneut angestiegen, jedoch nicht auf den während der Corona-Pandemie verzeichneten Höchstwert. Unter "sonstige Zuordnung" stuft die Polizei politisch motivierte Straftaten ein, die sie nicht eindeutig einer politischen Richtung zuordnen kann. Darunter fielen beispielsweise zahlreiche Straftaten aus der so genannten "Querdenker"-Szene. 2024 registrierten die Behörden bis zum 30. November insgesamt 18.640 Straftaten in diesem Bereich, im gesamten Jahr 2023 waren es 16.678 Taten.

"Der Höchststand von Straftaten der extremen Rechten und von Neonazis sollte alarmieren", sagte die Linken-Bundestagsabgeordnete und Rechtsextremismus-Expertin Martina Renner dem RND. "Die Zahlen steigen in den vergangenen Jahren kontinuierlich um 20 bis 25 Prozent. Durchgreifende Maßnahmen der Innenpolitik, diese gefährliche Entwicklung zu stoppen, sind nicht in Sicht", kritisierte Renner. Die Mehrzahl der Gewalttäter seien Erwachsene, allerdings sei der Anteil der jugendlichen Gewalttäter zuletzt gestiegen. "Wenn wir uns nicht an mehr als 3.000 Straftaten von Neonazis pro Monat gewöhnen wollen, müssen grundsätzliche Konsequenzen gezogen werden."

Renner verwies dabei auch auf die AfD: "Der Zusammenhang zwischen dem Aufstieg der rechtsextremen AfD und der wachsenden rechten Gewalt ist erwiesen. Der Bundestag kann mit dem Antrag auf Prüfung der Verfassungswidrigkeit der AfD in Karlsruhe der wichtigsten Organisation der extremen Rechten ihre Funktion auch für die gewaltbereite Szene entziehen."

Bildunterschrift: Deutlicher Zuwachs: Die meisten Vergehen der rechtsextremen Szene - hier eine ihrer Demos - sind so genannte Propagandadelikte.

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Westfalen-Blatt, 06.01.2025:

Rechtsextreme bedrohen SPD-Politiker

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh hat einen rechtsextremen Drohbrief erhalten. Auf den Sozialen Medien Instagram und X veröffentlichte der Sozialdemokrat ein Foto von einem handschriftlichen Brief, in dem ihm "Deutschenhass" unterstellt wurde. Mit dem Satz "Nirgends bist Du sicher" wird Lindh darin bedroht. Unterschrieben wurde der Brief mit "NSU 3.0". Der Wuppertaler SPD-Politiker ist kultur- und medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, außerdem ist er Mitglied des Innenausschusses des Parlaments. Er engagiert sich unter anderem in der Migrationspolitik. Lindh erklärte, sich nicht einschüchtern lassen zu wollen. (dpa)

Bildunterschrift: Helge Lindh.

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MiGAZIN, 06.01.2025:

Magdeburg / Vermehrt rassistische Angriffe auf Migranten seit dem Anschlag

06.01.2025 - 12.01 Uhr

Nach dem Anschlag in Magdeburg geht es auch um das Miteinander der Menschen. Der Integrationsbeauftragte äußert sich besorgt. In der Stadt häufen sich rassistische Angriffe auf Menschen mit Migrationsgeschichte.

Magdeburg verzeichnet seit dem Anschlag eines Islam-Hassers auf den Weihnachtsmarkt am 20. Dezember 2024 eine steigende Zahl rassistischer Angriffe. Der Integrationsbeauftragte Krzysztof Blau ist alarmiert und ruft die Stadtgesellschaft zu Zusammenhalt und Solidarität auf. "Wir verurteilen jede Art von Gewalt und fordern entschlossenen Schutz, Zusammenhalt und gesellschaftliche Solidarität für alle Magdeburgerinnen und Magdeburger", erklärte Blau am Sonntag.

Nach seinen Worten leben in der Stadt mehr als 40.000 Zugewanderte. Auch sie seien zutiefst erschüttert über den schrecklichen Anschlag. Einwohner mit Migrationsgeschichte seien von dem Attentat ebenso betroffen wie in Magdeburg Geborene: "Sie waren Opfer, sie waren Ersthelfende, sie haben betroffene Angehörige und bilden zu großer Zahl das medizinische Personal, das sich in den letzten Tagen um die Versorgung der Verletzten gekümmert und für die Rettung von Leben gekämpft hat."

Jeder fünfte Magdeburger hat Migrationserfahrung

Medien berichteten am Samstag von zwei weiteren rassistisch motivierten Angriffen am Vortag. Nach den Worten des Integrationsbeauftragten Blau haben nahezu 20 Prozent der Magdeburger Stadtbevölkerung einen multiethnischen Hintergrund. "Dennoch werden Unterschiede oft genutzt, um Spaltung zu fördern", fügte er hinzu. "Wir sind besorgt über die Dämonisierung und Bedrohung von Menschen migrantischer Herkunft."

Am 20. Dezember war ein 50-jähriger Mann aus Saudi-Arabien mit dem Auto in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg gefahren. Er tötete sechs Menschen, darunter ein neunjähriges Kind. Das Landesinnenministerium geht von fast 300 Verletzten aus. Nach dem Anschlag wurde auf Grund der Herkunft des Tatverdächtigen schnell über einen "islamistischen" Terroranschlag spekuliert. Es stellte sich heraus, dass der Mann ein Islam-Gegner war. (dpa/mig)

Bildunterschrift: Blumen und Kerzen nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg.

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Blog der Republik, 06.01.2025:

Rechtsradikale auch in NRW AfD auf dem Vormarsch

Von: Redaktion contra AfD

Fünf Tage nahm sich der gegenwärtige Landesvorstand der AfD-NRW Zeit, um die Kandidaten für die Bundestagswahl zu bestimmen. Die angeblich gemäßigte Landespartei unter dem Vorsitzenden Martin Vincentz hatte vor allem ein Ziel: verhindern, dass Matthias Helferich, der sich selbst einmal als "freundliches Gesicht der NS" bezeichnete, erneut in den Bundestag einzieht. Zuvor hatte der Landesvorstand dem Dortmunder die erforderliche Bestätigungs-Unterschrift verweigert. In Marl sollte das Kapitel Helferich endgültig geschlossen werden - doch das Vorhaben scheiterte kläglich.

Wie die Stimmung unter den knapp 500 Delegierten war, bekam schon der Spitzenkandidat Kay Gottschalk zu spüren. Gegen ihn trat der weitgehend unbekannte Axel Fischer aus Düren an, der die Versammlung mit reichlich "schmutziger Wäsche" zu unterhalten wusste. Fischer stammt aus dem gleichen Kreisverband wie der ehemalige Landesvize Klaus Esser. Gegen Esser, einen Vertrauten von Vincentz, laufen Ermittlungen, seine Parteiämter ruhen derzeit. Fischer erhielt 151 Stimmen - einen Achtungserfolg für den Helferich-Flügel und eine Ohrfeige für Vincentz.

Richtig heftig wurde es bei Listenplatz 5: Hier stritten sich die bisherigen Bundestagsabgeordneten Rüdiger Lucassen und Stefan Keuter. Lucassen, früherer Landeschef und derzeit verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion, gehört zum Helferich-Lager und setzte sich durch. Keuter, eher bekannt als Putin-Versteher und Russland-Verehrer, sicherte sich später dennoch einen als sicher geltenden Listenplatz.

Schließlich triumphierte auch Matthias Helferich selbst: Er gewann Platz 6 mit 292 Stimmen. Damit scheiterte das Ziel des Landesvorstands, Helferich von der Liste fernzuhalten, spektakulär. Der rechtsextreme Abgeordnete, der aus der Bundestagsfraktion ausgeschlossen wurde, könnte auf Betreiben des Höcke-Lagers in der neuen Fraktion wieder aufgenommen werden. Das vom Landesvorstand angestrebte Parteiausschlussverfahren gilt unter Beobachtern als wenig aussichtsreich. Vincentz kommentierte die Wahl gegenüber dem WDR emotionslos, als "für NRW verlorenes Mandat".

Doch Helferich war nicht der einzige umstrittene Kandidat. Auch Anna Rathert, die einzige Frau unter den ersten 20 Listenplätzen, schaffte das Quorum. Die Rechtsanwältin aus Recklinghausen gilt als so weit rechts, dass sie jüngst nicht einmal ins Bundesschiedsgericht gewählt wurde. Rathert vertritt Positionen wie etwa, dass der Volksbegriff mit Abstammung zusammenhänge - mit anderen Worten: Staatsbürgerschaften hätten für sie unterschiedliche Qualitäten.

Machtlos gegenüber den Rechtsextremen in der eigenen Partei blickte der Landesvorstand auf das Treiben der Delegierten. Ein versöhnlicher Kurs scheint nichts zu nützen. Besonders bezeichnend: Die Parteispitze hatte den umstrittenen Europa-Abgeordneten Maximilian Krah als Gastredner eingeladen. Obwohl Krah den Landesvorstand lobte, hatte seine Rede keinerlei mäßigenden Einfluss auf die Mehrheit der Delegierten. Es wird höchste Zeit, dass sich der Verfassungsschutz intensiver mit dem aktuellen Status der NRW-AfD auseinandersetzt.

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Neues Deutschland Online, 06.01.2025:

AfD in NRW mit parteinternen Hass-Wahlkampf

06.01.2025 - 13.52 Uhr

AfD Nordrhein-Westfalen stellt Landesliste für die Bundestagswahl auf

Sebastian Weiermann

Es gibt viele Arten, wie die Listen-Aufstellungen von Parteien verlaufen können. Bei den alten Volksparteien CDU und SPD wird in der Regel viel bedacht: Flügel, Regionen, die Reputation der Kandidatinnen, Kandidaten. Bei der nordrhein-westfälischen CDU war die Aufstellung der Landesliste vor wenigen Wochen an einem Vormittag erledigt. Der Landesvorstand hatte eine 62-köpfige Liste vorgeschlagen. Bei der AfD ist das anders. Ihr nordrhein-westfälischer Landesverband nahm sich viel Zeit. Von Donnerstag bis Montag lief die Aufstellungsversammlung in Marl. Was dabei und im Vorfeld passierte, waren mehr als nur ein paar Kampf-Kandidaturen. Die Partei bewies: Für einen Hass-Wahlkampf braucht sie keine politischen Gegnerinnen, Gegner.

Die AfD NRW ist schon seit Längerem tief zerstritten. Grob gibt es zwei Lager. Das erste schart der Landesvorsitzende Martin Vincentz um sich. Der Arzt und Landtagsabgeordnete aus Krefeld möchte der Partei einen seriösen Anstrich verleihen und gibt sich mehr oder weniger gemäßigt. Auf der anderen Seite stehen die Unterstützerinnen, Unterstützer von Matthias Helferich. Wegen zu vieler positiver Anspielungen auf den Nationalsozialismus hat die AfD-Fraktion ihn 2021 nicht aufgenommen. In NRW läuft ein Ausschlussverfahren gegen ihn.

Doch Helferich genießt auch Unterstützung. Die Parteijugend und die völkisch-nationalistische Strömung unterstützen ihn. Der Streit in der AfD ging dabei so weit, dass etwa die Dortmunder Aufstellungsversammlung, bei der Helferich zum Direktkandidaten für Dortmund und zum Delegierten für die Listen-Aufstellung in Marl gewählt wurde, wiederholt werden musste. Die Landesführung erklärte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der ersten Aufstellungsversammlung. Solche Vorgänge gab es in mehreren Kreisverbänden.

Angeheizt wurde der parteiinterne Streit vor der Listen-Aufstellung in Marl besonders von zwei Telegram-Kanälen der unterschiedlichen Lager. Gegenseitig verbreitete man Interna und Gerüchte über Parteifreunde. Über den in Marl zum Spitzenkandidaten gewählten Bundestagsabgeordneten Kay Gottschalk heißt es in dem Telegram-Kanal aus dem Helferich-Lager zum Beispiel, dass "jüngste Aussetzer" seine Befähigung als Spitzenkandidat in Frage stellten. Gottschalk nehme Beruhigungsmittel, habe seine Mandatsträger-Beiträge nicht gezahlt und beschäftige ein Mitglied der neonazistischen "Artgemeinschaft".

Zusätzlich zu den virtuellen Schlägen im Vorfeld der Aufstellungsversammlung stellte sich der weithin unbekannte Axel Fischer aus dem Team Helferich in Marl als Gegenkandidat zu Gottschalk zur Wahl. Seine Rede nutzte Fischer vor allem für Vorwürfe an den Landesvorstand, weil dieser einen Landtagsabgeordneten stützt, gegen den massive Betrugsvorwürfe im Raum stehen und die Staatsanwaltschaft ermittelt. Das Schleudern mit Dreck blieb nicht ohne Erfolg: Mit weniger als 60 Prozent wurde Kay Gottschalk zum Spitzenkandidaten gewählt.

Auch Matthias Helferichs Wahl konnte die AfD-Landesspitze in NRW nicht verhindern. Das "freundliche Gesicht des NS" wurde auf den sechsten Platz der Landesliste gewählt und kann so ziemlich sicher mit einer weiteren Wahlperiode im Bundestag rechnen. Dabei hatte das Lager um Martin Vincentz im Vorfeld auf Telegram ordentlich gegen Helferich ausgeteilt. Er sei: "Kein Patriot, nur ein gewöhnlicher Narzisst und ein Kameradenschwein". Helferich wird außerdem vorgeworfen, allerlei Interna an Medien weitergegeben zu haben. Erfreut über Helferichs Wahl zeigten sich neurechte Akteure wie Benedikt Kaiser und der Jungeuropa-Verlag.

Auf der Landesliste der AfD konnte sich nun weder das Lager um Martin Vincentz noch das um Matthias Helferich durchsetzen. Die größte Überraschung der Aufstellungsversammlung: Der Bundestagsabgeordnete Roger Beckamp, der kürzlich wegen eines Treffens, an dem auch Neonazis teilnahmen, in die Schlagzeilen geriet, will nicht mehr ins Parlament. Er zieht vermutlich eine Karriere als Influencer vor. Die andere Überraschung in Marl: Am Donnerstag durfte Maximilian Krah in Marl auftreten. Der Krah, den die AfD im Europa-Wahlkampf nicht mehr auf Bühnen lassen wollte, wegen eines Spionage-Skandals und SS-verharmlosender Äußerungen, sollte jetzt die Stimmung für den Landesvorstand retten. Mit so einem haben auch die angeblich Gemäßigten kein Problem, wenn ein Auftritt ihnen nützt.

Bildunterschrift: Ein AfD-Mitglied am Wochenende in Marl mit klarem Ziel: Trump nacheifern.

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Westdeutscher Rundfunk Köln, 06.01.2025:

Kommentar: Das Märchen vom bürgerlichen AfD-Anstrich

06.01.2025 - 11.48 Uhr

Die NRW-AfD hat ihre Liste zur Bundestagswahl gewählt. Für den aktuellen Landesvorstand gerät sie zum Fiasko. Vom vermeintlich bürgerlichen Anstrich ist nicht viel geblieben.

Von Christoph Ullrich

Es sollte ein Signal der Vernunft werden: Ein Rekordergebnis bei der Bundestagswahl vor Augen sollte disziplinieren. Das zumindest war das Kalkül des AfD-Landesvorstandes. Rechtsextreme wie Matthias Helferich sollten keinen Weg auf die Liste finden, wie auch andere aus seinem Lager.

Fortwährendes Misstrauensvotum

Aber schon auf Platz 1 ging das alles schief. Spitzenkandidat Kay Gottschalk bekam nur 61 Prozent - und überlegte kurz, ob er das Ergebnis annehmen soll. So schilderte er es zumindest den in Marl anwesenden Journalisten und Journalistinnen.

Dabei war Gottschalk der Mann des Landeschefs Martin Vincentz. Was nach Gottschalks Wahl folgte, war ein fortwährendes Misstrauensvotum gegen den Landesvorstand.

Helferich schafft wieder den Sprung

Auf Platz sechs wurde zum Beispiel dann eben der mit einem sicheren Bundestags-Ticket ausgestattet, den eigentlich die AfD-Top-Funktionäre in Bund und Land verhindern wollten: Matthias Helferich.

Der Dortmunder war 2021 selbst der Bundestagsfraktion zu rechts, man kann ihn getrost als Rechtsextrem bezeichnen. In seiner Bewerbungsrede forderte er wieder millionenfache Remigration.

Skandale rächen sich

Der von Skandalen um Mitglieder-Aufnahmen oder gefälschte Lebensläufe gebeutelte Landesvorstand wusste spätestens da, dass er vor der eigenen Basis in der Defensive ist. So viele sichere Listenplätze gingen an unliebsame Parteimitglieder.

Wie an Anna Rathert aus Recklinghausen. Auf dem Treffen sagte sie, dass ihr Volksbegriff mit Abstammung zu tun habe, wenn auch nicht nur. Was bedeutet, dass es für sie Staatsbürgerschaften erster und zweiter Klasse gibt: ein Fall für den Verfassungsschutz also.

Rathert sagt das nicht zum ersten Mal. Beim Bundesparteitag in Essen wurde die Juristin nicht ins Bundesschiedsgericht gewählt, weil die Delegierten schon ahnten, wofür sie steht.

Das Märchen vom bürgerlichen Anstrich

Nur zwei Beispiele von vielen, wo die Liste für den Landesvorstand aus dem Ruder gelaufen ist. Landeschef Vincentz dürfte nach diesem Wochenende kurz vor dem üblichen Schicksal seiner Vorgänger stehen: Der Versuch, der AfD einen bürgerlichen Anstrich zu geben, scheitert an der Lust auf Rechtsextreme an der Basis.

Jeder Versuch, sich an die konservative Mitte anzubiedern, ist noch immer in der NRW-AfD gescheitert und am Ende nur ein Märchen.

Passend dazu ist die WhatsApp-Nachricht, die mir ein AfD-Aussteiger im Laufe des Parteitreffens geschickt hat. Ihn wundere es, so schrieb er, dass die Leute rund um Helferich den Laden nicht schon längst übernommen haben. Vielleicht wird das bald passieren.

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Welt Online, 06.01.2025:

Zahlreiche Proteste zum AfD-Bundesparteitag in Riesa geplant

06.01.2025 - 12.11 Uhr

Beim anstehenden Bundesparteitag der AfD in Riesa werden umfangreiche Proteste erwartet. Polizei und Aktionsbündnisse rechnen mit rund 10.000 Demonstranten. Wege und Eingänge sollen versperrt werden.

Zum AfD-Bundesparteitag am 11. und 12. Januar in Riesa haben Aktionsbündnisse zahlreiche Proteste angekündigt. Es werde einen lauten und vielfältigen Protest geben, sagte eine Sprecherin des Bündnisses "Widersetzen" bei einem Pressegespräch in Leipzig. Aus rund 70 Städten würden Menschen in mehr als 100 Busse anreisen. Insgesamt rechnen die Organisatoren mit mehr als 10.000 Menschen, die gegen den Bundesparteitag der AfD demonstrieren werden.

Am Samstag starten demnach die Aktionen bereits gegen 6.30 Uhr. So sollen die Zufahrtswege und die Eingänge der Tagungsstätte - der WT Energiesysteme Arena - versperrt werden. "Wir werden zivilen Ungehorsam ausüben und nicht freiwillig Platz machen und versuchen so, den Parteitag zu verhindern", sagte Maria Schmidt von "Widersetzen". Um 9.00 sei eine große Kundgebung vor der Halle geplant.

In Riesa will die AfD ihr Wahlprogramm beschließen und Parteichefin Alice Weidel offiziell zur Kanzlerkandidatin küren. Die nächste Bundestagswahl findet nach dem Ampel-Aus am 23. Februar statt. Bei der vorigen Wahl hatte die AfD mit 24,6 Prozent der Zweistimmen in Sachsen die CDU mit 17,2 Prozent weit hinter sich gelassen.

Die Polizei bereitet sich auf einen Großeinsatz in Riesa vor. Die Dresdner Polizei wird dabei von Einsatzkräften aus mehreren Bundesländern unterstützt. Für mehrere Orte der Riesaer Innenstadt liegen Versammlungsanzeigen vor. "Wir gehen grundsätzlich von einem friedlichen Protest aus. Unter dieser Voraussetzung stehen die Versammlungsteilnehmer unter dem Schutz des Versammlungsrechts", hatte der Dresdner Polizeipräsident Lutz Rodig erklärt. Auf dieses Recht könnten sich aber auch die Delegierten des Parteitags berufen.

Der Verfassungsschutz hat mehrere AfD-Landesverbände und die Nachwuchsorganisation Junge Alternative als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft.

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die tageszeitung, 06.01.2025:

Vom Hörsaal auf die Straße

Die Studis gegen Rechts wollen am kommenden Wochenende gegen den AfD-Bundesparteitag im sächsischen Riesa protestieren / Die Initiative hat bereits Ideen für weiteres Engagement

Von Nicolai Kary

Die studentische Initiative Studis gegen Rechts ruft zum Protest gegen den Bundesparteitag der AfD am 11. Januar im sächsischen Riesa auf. Die Hochschulgruppen, die es bundesweit in 35 Städten gibt, werben für die Teilnahme an den Protesten und verkaufen Bustickets für eine gemeinsame Anreise. Zu den Protesten gegen den AfD-Bundesparteitag mobilisieren auch das Bündnis Aufstehen gegen Rassismus, der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Das Bündnis Widersetzen ruft zudem zu zivilem Ungehorsam rund um den Parteitag auf.

Die Studis gegen Rechts haben sich nach dem Bekanntwerden des so genannten AfD-Geheimtreffens im Januar letzten Jahres gegründet. Mit der Initiative, die dem linken Studierendenverband SDS nahesteht, wollen sich Studierende gegen den Rechtsruck engagieren. Im vergangenen Jahr haben die Studis gegen Rechts unter anderem studentische Vollversammlungen vor Ort einberufen und ein bundesweites Vernetzungstreffen in Berlin abgehalten, an dem 280 Studierende aus 35 Städten teilnahmen.

Für einige Ortsgruppen der Studis gegen Rechts ist der Protest in Riesa der Auftakt ihres Engagements. So auch für die Gruppe in Eberswalde in Brandenburg. Eine ihrer Gründerin - Lotte, 19 Jahre, Studentin des Studiengangs Landschaftsnutzung und Naturschutz an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung - begründet ihre Motivation im Gespräch mit der taz mit einer Erfahrung auf dem Christopher Street Day im Sommer 2024: "Ich war in Wismar auf dem CSD. Für mich war das krass mit anzusehen, wie Rechte uns dort bedroht haben. Schlimm, dass Queere dabei jetzt Polizeischutz benötigen", sagt Lotte. Ihren Nachnamen möchte sie nicht nennen. Inzwischen seien sie rund acht bis zehn Studentinnen, Studenten bei ihren Treffen.

Andere Ortsgruppen sind schon länger aktiv. Sie beschäftigen sich auch mit regionalen Themen. So beteiligte sich die Ortsgruppe Bremen an Protesten gegen eine Delegiertenversammlung der AfD Niedersachsen. Die Ortsgruppe Freiburg organisierte Mitte Dezember eine Demonstration gegen Rechts. Laut Badischer Zeitung beteiligten sich daran rund 900 Studierende. Im Rahmen eines "Antifaschistischen Advents" organisierte die Freiburger Gruppe zudem Vorträge und sammelte Sachspenden für Obdachlose.

Auch aus Freiburg reisen die Studis gegen Rechts nach Riesa, um gegen den AfD-Bundesparteitag zu protestieren. Trotz 750 Kilometern und zehn Stunden Anfahrt durch die Nacht sind nach Angaben der Freiburger Ortsgruppe bereits rund 300 Bustickets verkauft worden. Man habe mehr Anfragen, als Bustickets zur Verfügung stehen, berichtet eine Sprecherin der taz. Zweimal im Monat veranstaltet die Gruppe ein Treffen, an dem zwischen 70 und 80 Studierende teilnehmen.

In Zukunft wollen die Studis gegen Rechts auch Streiks im Rahmen von Tarifverhandlungen unterstützen. "Unis sind ein Ausgangspunkt gesellschaftlicher Veränderung", so der Sprecher der bundesweiten Initiative, Tim Gerzmann. Derzeit seien Universitäten noch ein Hort der Linken. Vor dem Hintergrund steigender Zustimmung zu rechter Politik sei dies nicht selbstverständlich. Gerzmann: "Wir wollen, dass Universitäten antifaschistische Hochburgen werden."

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