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8 Artikel ,
05.01.2025 :
Pressespiegel überregional
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Übersicht:
MiGAZIN, 05.01.2025:
"Ausländer-Fetisch" / SPD-Migrationspolitiker bekommt Drohbrief von "NSU 3.0"
die tageszeitung Online, 05.01.2025:
Nach dem Anschlag von Magdeburg / Weitere Angriffe auf Migrantinnen, Migranten
MiGAZIN, 05.01.2025:
Magdeburg / Terror mit Ansage - und falsche Schlüsse
tagesschau.de, 05.01.2025:
"Bedrohliche Stimmung" / Rassistisch motivierte Gewalt in Magdeburg nimmt zu
Aachener Zeitung Online, 05.01.2025:
Rechtsextreme Demonstration durch Aachen weiter geplant
Mitteldeutscher Rundfunk, 05.01.2025:
Ersten AfD-Mitgliedern in Sachsen-Anhalt wird Waffenbesitzkarte entzogen
die tageszeitung Online, 05.01.2025:
AfD-Talk kurz vor Wahl / Alice Weidel und Elon Musk-Talk wohl am 9. Januar auf X
die tageszeitung Online, 05.01.2025:
Fragwürdiger Bundestagskandidat / AfD Diepholz nominiert Reichsbürger-Sympathisanten
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MiGAZIN, 05.01.2025:
"Ausländer-Fetisch" / SPD-Migrationspolitiker bekommt Drohbrief von "NSU 3.0"
05.01.2025 - 11.50 Uhr
Der SPD-Politiker Helge Lindh zählt Migrationspolitik zu seinen Schwerpunkten, er setzt sich ein gegen Rechtsextremismus. Nun bekam er Post von "NSU 3.0". Die Absender drohen dem Politiker: "Wir werden Dich kriegen".
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh hat einen rechtsextremen Drohbrief erhalten. Auf den Sozialen Medien Instagram und X veröffentlichte der Sozialdemokrat ein Foto von einem handschriftlichen Brief, in dem ihm ein "Ausländer-Fetisch" und "Deutschenhass" unterstellt wurde. Mit dem Satz "Nirgends bist Du sicher" wird Lindh darin bedroht. "Wir werden Dich kriegen", heißt es weiter. Unterschrieben wurde der Brief mit "NSU 3.0".
Der Wuppertaler SPD-Politiker ist kultur- und medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, außerdem ist er Mitglied des Innenausschusses des Parlaments. Er engagiert sich unter anderem in der Flüchtlings- und Migrationspolitik.
Als Antwort auf den Drohbrief schreibt Lindh in den Sozialen Medien, er habe seit seiner Wahl in den Bundestag 2017 schon viele Bedrohungen und Anfeindungen erlebt, "aber das markiert einen neuen Tiefpunkt". Er werde sich nicht einschüchtern lassen und weiter gegen Menschenhass und Extremismus kämpfen. Der Brief kam seinen Angaben zufolge im Wahlkreisbüro Wuppertal an und wurde dort von seinen Mitarbeitenden geöffnet.
Weißes Pulver im Umschlag
Zu Details der Ermittlungen oder Hinweisen auf den oder die Absender des Briefes machte die Polizei auf Anfrage des "Evangelischen Pressedienstes" am Samstag keine weiteren Angaben. In dem Umschlag war Lindh und der Polizei zufolge zudem ein weißes Pulver enthalten. Davon sei allerdings keine Gefahr ausgegangen, sagte ein Polizeisprecher.
Die Abkürzung NSU steht für die rechtsterroristische Gruppe "Nationalsozialistischer Untergrund", die zwischen 1998 und 2011 existierte. Sie ermordete neun türkisch- und griechischstämmige Menschen sowie eine Polizistin, verübte mehrere Bombenanschläge und Banküberfälle. (epd/dpa/mig)
Bildunterschrift: "NSU 3.0"-Drohbrief an SPD-Politiker Helge Lindh.
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die tageszeitung Online, 05.01.2025:
Nach dem Anschlag von Magdeburg / Weitere Angriffe auf Migrantinnen, Migranten
05.01.2025 - 16.39 Uhr
Seit dem Anschlag von Magdeburg reißt die Gewalt gegen Menschen mit Migrationsbiografie nicht ab. Betroffene schildern der taz ihre Erlebnisse.
Von Michael Trammer
Magdeburg (taz). Eine syrische Familie in Magdeburg hatte am Donnerstagabend ein gruseliges Erlebnis: Sie hörte ein Kratzen an ihrer Wohnungstür. Dadurch alarmiert, hätten sie realisiert, dass eine Gruppe vor der Tür stehe und wohl gerade versuchte einzudringen, sagen sie. Aus Angst hätten sie die Unbekannten nicht konfrontiert. Am nächsten Tag fanden sie ein Hakenkreuz auf ihrer Wohnungstür. Bilder, die das belegen, liegen der taz vor. Die Familie erstattete Anzeige bei der Polizei, die ermittelt. Was die Unbekannten wollten, ist unklar. Dass es sich um eine rassistisch motivierte Tat handelt, allerdings wahrscheinlich.
Wie Betroffene erzählen, herrscht seit dem 20. Dezember in Magdeburg ein bedrohliches Klima gegenüber Migrantinnen, Migranten. Ein 50-jähriger Psychiater aus Saudi-Arabien, der seit 2006 in Deutschland lebte und arbeitete, raste mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in der Innenstadt der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt. Er tötete vier Frauen und ein Kind und verletzte rund 300 Menschen, davon 42 schwer. Das genaue Motiv ist bis heute unklar.
Immer wieder gibt es seitdem gewaltsame Übergriffe gegen Migrantinnen, Migranten. So etwa gegen Brahim B. An Neujahr war der 31-jährige DJ auf dem Heimweg mit der Straßenbahn, nachdem er aufgelegt und mit Freundinnen, Freunden gefeiert hatte. An der Haltestelle Neustadt habe er gegen zehn Uhr morgens auf die Bahn gewartet und Musik gehört, erzählt er. Eine Gruppe von fünf Männern und einer Frau hätten ihn angepöbelt, irgendetwas über seine Mutter und etwas mit "Heimat" gerufen. Weil er Kopfhörer getragen habe, habe er den genauen Wortlaut nicht verstanden.
Dann habe ihn ein Mann an seiner Jacke gepackt und begonnen, auf ihn einzuschlagen. Die Frau sei auf seinen Rücken gesprungen. "Es fühlte sich an, als wollte sie meine Augen auskratzen", sagt Brahim B. am Telefon. Kurz darauf habe er starke Schmerzen im Knie und am Kopf gespürt. Einer der Männer habe mit einem Teleskopschlagstock auf ihn eingeprügelt. Bilder zeigen die Wunden. An die Angreiferinnen, Angreifer erinnert sich Brahim B. noch genau: Der mit dem Schlagstock habe ein Piercing an der Augenbraue, die Frau ein Dreiecks-Tattoo auf der Hand und einer, eine Mütze des hiesigen Fußballvereins FC Magdeburg, getragen.
Polizei sind neun Fälle bekannt
Brahim B. fuhr nach dem Angriff zunächst nach Hause. Dort habe er den Notruf gewählt. Der habe ihn angewiesen, sich ins Krankenhaus zu begeben. Am Abend seien dort Polizisten vorbeigekommen, hätten seine Aussage aufgenommen und DNA-Spuren an seiner Kleidung gesichert. Nach einem Tag im Krankenhaus sei er erneut zur Polizei gegangen. Dort habe man ihm Bilder von möglichen Verdächtigen vorgelegt. "Bei einem war ich mir ziemlich sicher, dass er dabei war", erzählt er am Telefon. Die Polizei ermittelt und sucht nach Zeuginnen, Zeugen. "Was mich gerade rettet, ist die Liebe und die Unterstützung, die ich von vielen erfahre", sagt Brahim B.
Mehrere Betroffene von Rassismus beschreiben der taz, dass die Anfeindungen kurz nach dem Anschlag zunahmen. So schilderte der Sozialarbeiter Tawfeek al-Sheikh, 28, der während des Attentats selbst auf dem Weihnachtsmarkt war, dass er bereits auf dem Heimweg rassistisch angepöbelt worden sei. Abdulla al-H., 18, Student, erzählte, wie er am Abend in der Nähe des Tatorts erst angefeindet und dann körperlich attackiert worden sei. Am Hauptbahnhof sollen am Tag darauf mehrere Menschen, die als Ausländer wahrgenommen wurden, beleidigt und rassistisch angefeindet worden sein. Ein 13-jähriger Junge berichtet der taz, er sei im Aufzug seines Wohnhauses rassistisch beleidigt und gewürgt worden.
Eine 22-jährige Intensiv-Krankenpflegerin, die selbst Verletzte des Anschlags im Uni-Klinikum Magdeburg betreute, berichtete, wie sie am 24. Dezember nach Schichtende erst rassistisch beleidigt und dann von einem Mann ins Gesicht geschlagen wurde. Das bestätigen Augenzeugen und ärztliche Unterlagen. Unbekannte sollen außerdem mehrfach in Briefkästen Drohschreiben auf Arabisch und Deutsch eingeworfen haben. Bei all dem dürfte es sich um die Spitze des Eisbergs handeln, denn nicht alle Betroffenen wissen von Hilfsangeboten oder sprechen mit Medien.
Auf Anfrage der taz teilte die Polizei Magdeburg am Sonntagnachmittag mit, es seien neun Fälle von Übergriffen auf "als migrantisch wahrgenommene Personen" bekannt geworden. Fünf davon sind Körperverletzungen und vier Volksverhetzungen beziehungsweise Beleidigungen. In jeweils zwei Fällen seien Verdächtige ermittelt worden. Als Reaktion habe die Polizei die Präsenz von Streifen unmittelbar erhöht. Die Staatssekretärin und Integrationsbeauftragte der sachsen-anhaltischen Landesregierung Susi Möbbeck (SPD) hat inzwischen vor rassistischer Gewalt gewarnt.
AfD unterschreibt Abgeordneten-Brief nicht
Ein klares Zeichen der Bundesregierung bleibt bis jetzt aus. In seiner Neujahrsansprache schwor Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zwar auf Zusammenhalt, erwähnte die zahlreichen Attacken aber mit keinem Wort. Am 3. Januar reagierte die städtische Politik. In einem Brief, der der taz vorliegt, verurteilten die Abgeordneten von CDU, SPD, FDP, Grünen und Linke die Attacken - und forderten die Gesellschaft zum Zusammenhalt auf.
Die AfD Magdeburg unterzeichnete das Schreiben nicht, verurteilte die Angriffe auf Menschen mit Migrationsbiografie aber auf ihrer Facebook-Seite. Ihre Jugendorganisation forderte auf dem "Trauermarsch" am 23.12. noch: "Wehrt euch endlich". Im Netz erfährt die Gewalt gegen Migrantinnen, Migranten Zuspruch. Das schlägt sich auf die Lage in Magdeburg nieder. Örtliche Antifaschistinnen, Antifaschisten berichten der taz, in den letzten 15 Jahren habe keine solch bedrohliche Stimmung geherrscht.
Davon zeugen auch die Berichte des 24-jährigen Studenten Saeed Saeed, der auch Mitglied des Beirats für Integration und Migration ist. Auf seinem Instagram-Kanal hatte Saeed mehrere Übergriffe öffentlich gemacht. Am Freitagnachmittag wurde er dann selbst zum Angriffsziel. In der Straßenbahn hatte ein Mann Migrantinnen, Migranten wüst beleidigt. Saeed habe den angesprochen, darauf sei der auf ihn losgegangen und habe versucht, ihn zu attackieren. Andere in der Bahn halfen, Saeed rief die Polizei. Die ermittelt nun auch in diesem Fall.
Die Beratungsstelle für Betroffene rassistischer Gewalt und Diskriminierung "entknoten" des Landesnetzwerks der Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA) registrierte im vergangenen Jahr etwa ein bis zwei Fälle pro Woche in Magdeburg. In den letzten fünfzehn Tagen, teilte dessen Geschäftsführer Mamad Mohamad der taz mit, seien fünfzehn Fälle gemeldet worden.
Bildunterschrift: Reaktion der Rechtsextremen nach dem Anschlag von Magdeburg: Gewalt gegen Migrantinnen, Migranten und Forderungen nach "Remigration".
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MiGAZIN, 05.01.2025:
Magdeburg / Terror mit Ansage - und falsche Schlüsse
05.01.2025 - 17.01 Uhr
Rechtsextreme Attacken werden verharmlost, Islam-Hass bleibt unbeachtet: Warnzeichen werden ignoriert, während alte Denkmuster unsere Sicherheit und den gesellschaftlichen Frieden bedrohen. Was läuft falsch - und warum?
Von Prof. Dr. Sabine Schiffer
Es ist erstaunlich und erschütternd, wie ein Terroranschlag, der Menschenleben fordert oder versehrt, seine Benennung ändert, wenn der Täter kein Islamist ist. Der Vorfall auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg am 20. Dezember 2024 wird nun als "Anschlag" oder "Attacke" bezeichnet, teilweise aber auch als "Amokfahrt" verharmlost - obwohl es klare Ankündigungen und Vorbereitungen gab. Die Schrecken für die Opfer bleiben dieselben.
Es wäre wichtig, die Versäumnisse zu analysieren, um Vergleichbares in Zukunft zu verhindern. Doch die öffentliche Debatte ergeht sich in alten Reflexen und verfehlt den zentralen Punkt: Der Täter, ein saudiarabischer Ex-Muslim, ist ein bekannter Islam-Hasser und hatte mehrfach mit seiner Tat gedroht. Islam-Hasser werden aber nach wie vor nicht in ihrem Gefahrenpotential ernst genommen und das gilt es zu ändern.
Ein Blick zurück zeigt, wie schleppend solche Erkenntnisse oft gewonnen werden: Nach dem Terroranschlag auf das Einkaufszentrum am Münchner Olympiastadion 2016 dauerte es Jahre, bis die ausländerfeindliche Motivation des iranisch-stämmigen Rechtsextremisten offiziell anerkannt wurde. Der Täter, der sich als "einziger echter Arier" sah, hatte zuvor in Online-Foren mit so genannten White Supremacists kommuniziert und das Datum des Utøya-Massakers vom 22. Juli bewusst gewählt.
Diese schleppende Erkenntnis kostet weitere Menschenleben, wie man zur
Recht aus Hanau anmahnt, wo wiederum die Hetze nicht ernst genommen wurde, zusätzlich zum Behördenversagen am Abend des Anschlags im Februar 2020. Bereits 2009 wurde der Mord an Marwa el-Sherbiny durch einen russlanddeutschen Täter dadurch begünstigt, dass man seine Gefährlichkeit nicht erkannte - sein Drohbrief an das Dresdner Landgericht, in dem er Muslimen das Existenzrecht absprach, führte zu keinerlei Schutz für die junge Mutter.
Nun wird erneut über das Ausländerrecht diskutiert, weil immer wieder schnell aus einer Passangelegenheit auf ein Gefahrenpotential geschlossen wird. Sogar eine Art Psycho-Verzeichnis für Gewaltaffine wird vorgeschlagen, was an übelste historische Entgleisungen erinnern mag. Der Islam-Hass jedoch fällt durch die Raster der Denkfähigkeit unserer Politiker - und nicht nur das, die aktuelle Debatte befeuert ihn gar noch und gießt Öl ins Feuer der Projektion. Wer nur über den Schutz der Mehrheit diskutiert und die Minderheiten nicht einschließt, erhält am Schluss gar keinen Schutz, sondern Misstrauen in Minderheiten und die Politik.
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tagesschau.de, 05.01.2025:
"Bedrohliche Stimmung" / Rassistisch motivierte Gewalt in Magdeburg nimmt zu
05.01.2025 - 11.02 Uhr
In Magdeburg reißt eine Serie von Angriffen auf Menschen mit Migrationsgeschichte nicht ab. Drei Vorfälle allein im neuen Jahr hat die Polizei bereits bestätigt. Zu möglichen Drohbriefen im Briefkasten mehrerer Familien mit Migrationshintergrund werde ermittelt. Beratungsstellen hatten schon einen Tag nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt über eine Zunahme von Übergriffen auf als migrantisch wahrgenommene Menschen berichtet.
Von MDR Sachsen-Anhalt
Die Serie offenbar rassistisch motivierter Angriffe auf als migrantisch wahrgenommene Menschen in Magdeburg reißt nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt vor gut zwei Wochen nicht ab. Wie die Polizei in Magdeburg MDR Sachsen-Anhalt am Sonnabend bestätigte, sind allein am Freitag zwei weitere Fälle hinzugekommen.
Über sie hatte ein Betroffener zunächst bei Instagram berichtet. Der 24 Jahre alte Syrer war demnach am Freitagabend in einer Straßenbahn rassistisch beleidigt worden. Laut Polizei sind Strafanzeigen gegen einen 67 Jahre alten Beschuldigten geschrieben worden. Der Deutsche muss sich demnach unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung und Beleidigung verantworten.
Hakenkreuz an Wohnungstür geschmiert
Ebenfalls am Freitag sei die Polizei über eine Hakenkreuz-Schmiererei an der Wohnungstür einer "Person nichtdeutscher Herkunft" informiert worden. Man habe Ermittlungen aufgenommen. Unbestätigten Informationen zufolge soll eine syrische Familie in der Wohnung leben.
Berichte über Drohbriefe in Briefkästen mehrerer Familien mit Migrationshintergrund wollte die Polizei zunächst nicht bestätigen. Man habe aber auch hier Ermittlungen aufgenommen.
Fraktionen im Stadtrat von Magdeburg verurteilen Angriffe
In einer gemeinsamen Erklärung hatten vier von sieben Magdeburger Stadtratsfraktionen am Freitag den Betroffenen des Anschlags ihr Mitgefühl ausgesprochen. Zugleich hatten sie ihre Besorgnis über die Angriffe auf Menschen mit Migrationsgeschichte erklärt: "Solche Übergriffe sind abscheulich und widersprechen allem, wofür unsere Stadt steht. Wir verurteilen sie aufs Schärfste."
Sie riefen die Menschen in Magdeburg dazu auf, "achtsam miteinander umzugehen". Die Stadt dürfe jetzt nicht gespalten werden, sondern brauche Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung: "Bitte zeigt Rücksicht, unterstützt einander und handelt, wenn ihr seht, dass jemand bedroht oder angegriffen wird. Magdeburg darf nicht von Angst und Hass beherrscht werden."
Weitere bekannte Fälle verbaler und körperlicher Gewalt
Die Zahl der von den Behörden offiziell bestätigten Vorfälle ist gut zwei Wochen nach dem Anschlag von Magdeburg lang. Zuletzt wuchs sie nahezu täglich.
Ein erster Angriff hatte sich noch am Abend des Attentats am 20. Dezember ereignet: Dabei soll ein Deutscher einen Mann mit Migrationsgeschichte in der Ernst-Reuter-Allee mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Der mutmaßliche Angreifer habe zudem gesagt: "Wegen Leuten wie dir passiert sowas". Das bestätige Innenministerin Tamara Zieschang in einem Schreiben.
Ebenso den Fall vom 21. Dezember: Dort soll ein anderer Mann im Breiten Weg von einem Unbekannten von einem Fahrrad gestoßen und beleidigt worden sein.
Ebenfalls am 21. Dezember soll eine Gruppe Menschen, die vorher eine Demonstration am Hasselbachplatz besucht hatte, am Magdeburger Hauptbahnhof eine Person beleidigt haben. Das schreib die Tageszeitung taz.
Am 22. Dezember wurde im Breiten Weg ein weiterer Mann von einem Unbekannten geschlagen und mit den Worten "Verpiss dich in dein Land und lieg uns Deutschen nicht weiter auf der Tasche" beleidigt.
Am selben Tag, dem 22. Dezember, gingen in einem Döner-Imbiss in Halle fünf Anrufe mit unterdrückter Nummer ein. Die Anrufer hätten ausländerfeindliche Beleidigungen geäußert.
Am 23. Dezember war nach Angaben der Innenministerin außerdem eine Frau in der Otto-von-Guericke-Straße zunächst verbal bedroht und anschließend geschlagen worden. Der mutmaßliche Angreifer soll unter anderem "Wir vergasen euch alle" gerufen haben.
Am 24. Dezember, das berichtete eine Intensiv-Krankenpflegerin der Magdeburger Uni-Klinik der Tageszeitung taz, seien sie und ihr Mann am Hasselbachplatz von einem Betrunkenen zunächst rassistisch beleidigt und schließlich mit der Faust ins Gesicht geschlagen worden. Der Mann habe auch einen Hitlergruß gezeigt. Polizisten hätten den Angreifer kurz darauf in Gewahrsam genommen, schrieb die Zeitung und verwies auf ihr vorliegende Videos.
Am 28. Dezember wurde eine Frau aus Iran im Magdeburger Hauptbahnhof bespuckt und rassistisch beleidigt. Entsprechende Schilderungen hat die Bundespolizei bestätigt.
Am 1. Januar hatte es in Magdeburg einen gewaltsamen und mutmaßlich rassistisch motivierten Angriff auf einen Mann gegeben. Der Syrisch-Deutsche Kulturverein Magdeburg teilte mit, dass am Neujahrstag ein Mann mit Migrationsgeschichte von sechs Tätern angegriffen wurde. Demnach attackierten fünf Männer und eine Frau den 31 Jahre alten Mann mit Bierflaschen und Stöcken. Anschließend sei die Gruppe geflüchtet. Der Mann kam schwer verletzt in ein Krankenhaus. Die Polizei bestätigte den Vorfall an der Straßenbahnhaltestelle "Bahnhof Neustadt" und bat Zeugen, die den Vorfall beobachtet haben, sich zu melden.
Journalist: Menschen mit Migrationsgeschichte fühlen sich verantwortlich gemacht
Die Berichterstattung über die Fälle ins Rollen gebracht hatte die Tageszeitung "taz". In ihrem Bericht waren mehrere Betroffene zu Wort gekommen. Autor des Textes ist Michael Trammer. Der freie Journalist sagte MDR Sachsen-Anhalt im Dezember, viele Menschen mit Migrationsgeschichte hätten das Gefühl, von einigen in Magdeburg für den Anschlag verantwortlich gemacht zu werden.
"In über zehn Jahren in Magdeburg noch nie so eine bedrohliche Stimmung erlebt"
Laut der Fach- und Beratungsstelle für Gewalt- und Radikalisierungsprävention "Salam" hatten Magdeburger und Magdeburgerinnen mit Migrationsgeschichte von "extrem feindseliger Stimmung" in der Stadt berichtet. So seien vermeintliche Migrantinnen und Migranten, die als muslimisch eingestuft wurden, auf der Straße als "Terroristen", "Verbrecher" und "Pack" beschimpft, bespuckt, geschubst und körperlich angegriffen worden.
In einem Fall sei ein Mensch von vier Personen angegriffen und geschlagen worden, in einem anderen Fall sei gegen ein Auto getreten worden. Er habe in mehr als zehn Jahren in Magdeburg noch nie so eine bedrohliche Stimmung erlebt, wurde ein Student zitiert.
Menschen mit Migrationsgeschichte durch Magdeburg gejagt
Die Aussagen der Beratungsstelle waren schon kurz nach dem Anschlag durch ähnliche Berichte des "Netzwerk der Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt" (Lamsa) gestützt worden. Lamsa berichtete, dass Rechtsextreme mehrere Personen durch Magdeburg gejagt hätten. Gegen Mitarbeitende und Mitglieder des Verbandes soll es Angriffe, Bedrohungen und Beleidigungen gegeben haben. Das Netzwerk zeigte sich empört darüber, dass der Anschlag instrumentalisiert werde. Magdeburg, so die Forderung, dürfe nicht zum Spielfeld rechter Hetze werden.
Beratungsstelle: Rechtsextreme Rhetorik trägt zu Gewalt bei
Die Beratungsstelle macht unter anderem migrations- und islamfeindliche Rhetorik aus rechtsextremen Kreisen für die Angriffe verantwortlich. Diese trügen zu einer Gewalt-Dynamik in der Öffentlichkeit bei. Dass diese Rhetorik für den Täter selbst eine zentrale Rolle gespielt habe, werde dabei ausgeblendet oder geleugnet. Der Täter sei selbst eine bekannte rechtsextreme Figur gewesen, die verschiedenen Verschwörungstheorien angehangen habe. Er habe mehrfach verkündet, sich gegen "die Islamisierung Deutschlands" wehren zu wollen.
Rechtsextreme Einzeltäter hätten sich in der Vergangenheit schon mehrfach im Internet radikalisiert und zu Gewalttaten motivieren lassen. Ähnliches sei beispielsweise beim Attentäter von Hanau zu beobachten gewesen.
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Aachener Zeitung Online, 05.01.2025:
Rechtsextreme Demonstration durch Aachen weiter geplant
Die Absage war offensichtlich ein Bluff. Der Veranstalter ruft wieder auf. Mehr als 30.000 Menschen unterschreiben Petition.
Kian Tabatabaei, Redakteur Lokalredaktion Aachen
Die Absage der für den 18. Januar geplanten Demonstration von Rechtsextremen in Aachen ist offensichtlich ein Bluff gewesen. Veranstalter Ferhat Sentürk teilte am Sonntagabend auf Social-Media-Kanälen mit: "Die Demo findet statt."
Am späten Samstagabend hatte er auf diesem Weg noch geschrieben, dass die Demonstration abgesagt werden müsse. Dies begründete er mit "Gewalt" gegen sein persönliches Umfeld und damit, dass er sich "nach der medialen Hetze" schützen müsse. Am Mittag verschwanden die entsprechenden Beiträge; Sentürk behauptete weiter, dass die Absage aktuell sei. Am Abend folgte dann die Kehrtwende.
Die von Sentürk gegründete Initiative Allianz NRW hatte bei der Polizei für den 18. Januar eine Demonstration unter dem Titel "Für Recht und Ordnung - Gegen Linksextremismus und politisch motivierte Gewalt" mit rund 600 Teilnehmenden angezeigt. Vorgesehen ist demnach ein Demonstrationszug vom Bahnhof Rothe Erde über das Ostviertel und das Frankenberger Viertel zur Hackländerstraße. Am dortigen Autonomen Zentrum (AZ), einem Treffpunkt der linken Szene, soll es eine Kundgebung geben.
Der Protest soll eine Art Fortsetzung einer Demonstration am 14. Dezember in Berlin unter demselben Titel sein. Sentürk hatte diese Demonstration mitorganisiert, mehrere Neonazis nahmen teil. Im Vorfeld war es zu mutmaßlich rechtsextrem motivierten brutalen Angriffen auf SPD-Mitglieder gekommen. Bei der Demonstration wurden nach Polizeiangaben 31 Polizeikräfte verletzt. Gegendemonstrierende hatten Steine und Flaschen geworfen.
Angesichts der Vorfälle in Berlin, der teilnehmenden und der für die "Fortsetzung" in Aachen mobilisierenden rechtsextremen Gruppen haben diverse Menschen und Initiativen in Aachen Gegenprotest angekündigt. Über eine Online-Petition wurde Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen und die "demokratischen Fraktionen des Aachener Stadtrates" aufgefordert, "sich öffentlich klar und deutlich gegen den geplanten Neonazi-Aufmarsch, gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit zu positionieren"; die Polizei Aachen soll "diesen Aufmarsch und vor allem den finalen Kundgebungsort am AZ" stoppen. Am Sonntagabend hatten bereits mehr als 30.000 Menschen unterschrieben.
Bildunterschrift: An der Demonstration am 14. Dezember in Berlin nahmen mehrere Neonazis teil.
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Mitteldeutscher Rundfunk, 05.01.2025:
Ersten AfD-Mitgliedern in Sachsen-Anhalt wird Waffenbesitzkarte entzogen
05.01.2025 - 10.01 Uhr
Dürfen AfD-Mitglieder in Sachsen-Anhalt weiterhin Waffen besitzen oder nicht? Das prüfen aktuell die zuständigen Behörden. Dabei geht es laut Innenministerium derzeit um 51 Fälle.
Von MDR Sachsen-Anhalt
In Sachsen-Anhalt haben die Behörden damit begonnen, AfD-Mitgliedern zum Teil die Waffenbesitzkarte zu entziehen. Wie das Innenministerium mitteilte, haben bisher fünf Parteimitglieder einen entsprechenden Bescheid erhalten. Ein weiteres habe die Erlaubnis zum Waffenbesitz auf Grund des Widerrufsverfahrens freiwillig zurückgegeben. Diese Zahlen gab das Ministerium als Antwort auf eine Anfrage der Linken bekannt, über die am Freitagabend zuerst die "Mitteldeutsche Zeitung" berichtet hatte. Demnach werden derzeit insgesamt 51 Fälle geprüft.
Den Angaben zufolge haben landesweit 74 AfD-Mitglieder eine Waffenbesitzkarte. 49 von ihnen sind Sportschützen, 25 sind Jäger. Insgesamt verfügen sie laut Innenministerium über 330 Schusswaffen, darunter 99 Pistolen und 231 Gewehre.
Verfassungsschutz: AfD ist gesichert rechtsextrem
Grund für die Prüfungen ist eine Einschätzung des Verfassungsschutzes. Er stuft den AfD-Landesverband in Sachsen-Anhalt sowie die Jugendorganisation Junge Alternative (JA) als gesichert rechtsextrem ein. Daher sollen die Waffenbehörden des Landes bekannte Mitglieder von AfD und JA, die Waffen besitzen, genau prüfen.
Linken-Fraktionschefin Eva von Angern begrüßt die Verfahren. "Die ersten Widerrufsbescheide sind erlassen", sagte sie der "Mitteldeutschen Zeitung". Das bedeute, dass die Behörden nach individueller Prüfung davon ausgehen, dass von diesen Leuten Gefahr für Leib und Leben ausgehe, so von Angern.
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Fassung dieses Textes war davon die Rede, AfD-Mitgliedern werde der Waffenschein entzogen. Korrekt ist, dass es sich um die Waffenbesitzkarte handelt. Wir haben das korrigiert und bitten, den Fehler zu entschuldigen. Die Redaktion dankt den Hinweisgebern auch unter diesem Beitrag.
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die tageszeitung Online, 05.01.2025:
AfD-Talk kurz vor Wahl / Alice Weidel und Elon Musk-Talk wohl am 9. Januar auf X
05.01.2025 - 16.13 Uhr
Mit seiner Werbung für die AfD hat Tesla-Chef Elon Musk sich klar auf die Seite der Rechten gestellt. Der nächste Schritt folgt in knapp einer Woche.
Berlin (dpa/taz). AfD-Chefin Alice Weidel und US-Milliardär Elon Musk werden nach AfD-Angaben voraussichtlich am 9. Januar auf Musks Plattform X (früher Twitter) zu einem Gespräch zusammenkommen. Um 19.00 Uhr sei an diesem Tag eine öffentlich zugängliche Diskussion in einem so genannten X-Space - ein Format für Live-Gespräche - geplant, sagte Weidels Sprecher Daniel Tapp. Weidel kündigte den Termin später auf X an. "Wir freuen uns sehr auf das Gespräch und vor allem auf viele Zuhörer!", schrieb sie dazu.
Zwei Tage später soll Weidel bei einem Parteitag der AfD in Riesa offiziell zur Kanzlerkandidatin gewählt werden. "Zentrale Themen werden vor allem die Meinungsfreiheit und die Vorstellungen der AfD für ein zukunftsfähiges Deutschland sein", sagte Tapp zu dem geplanten Online-Treffen mit Musk.
Ein X-Nutzer hatte den Vorschlag für das Gespräch mit Weidel gemacht, nachdem Musk in einem Gastbeitrag in der Welt am Sonntag erneut für die AfD geworben und breite Diskussionen und Kritik ausgelöst hatte. Später hatte der Milliardär einer AfD-nahen Influencerin, die sich ebenfalls zu der Debatte geäußert hatte, geschrieben: "Warte bis Alice und ich ein X-Spaces-Gespräch führen. Dann verlieren sie ihren Verstand" - versehen mit zwei Lachsmileys mit Tränen.
Weidel selbst teilte wiederum Musks Kommentar bei X. Sie hatte sich schon vor Tagen in einem "Lieber Elon"-Video für sein Eintreten für die AfD bedankt. Ihr Sprecher hatte von einem regelmäßigen Austausch des Weidel-Teams mit dem Team Musk gesprochen. Der Tesla-Chef habe sich bereits vor einigen Monaten für das AfD-Programm interessiert. Ein persönliches Telefonat oder Treffen zwischen Weidel und ihm habe es bislang nicht gegeben.
Ein auch bei X verbreitetes Gerücht, Weidel könnte auch bei der Amtseinführung des künftigen US-Präsidenten Donald Trump am 20. Januar in Washington sein, wies der Sprecher zurück. Dies sei auf Grund der terminlichen Situation im Bundestagswahlkampf nicht geplant.
Warnungen und Gelassenheit
Bereits vor der Ankündigung des Live-Gesprächs warnte Wirtschaftsminister Habeck Elon Musk vor einer Einflussnahme in den deutschen Wahlkampf wegen der Unterstützung der AfD-Chefin Weidel. Musk reagierte darauf in einem X-Post und nannte Robert Habeck am Freitag einen "traitor to the German people" - einen "Volksverräter".
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reagiert laut einer Mitteilung des ZDF gelassen auf die persönlichen Angriffe des US-Tech-Milliardärs gegen ihn und andere deutsche Spitzenpolitiker. Sozialdemokraten seien es schon seit dem 19. Jahrhundert gewohnt, „"dass es reiche Medienunternehmer gibt, die sozialdemokratische Politik nicht schätzen und mit ihrer Meinung dazu nicht hinterm Berg halten", erklärte Scholz im Gespräch mit dem Magazin Stern. "Viel bedenklicher als solche Beschimpfungen finde ich, dass sich Musk für eine in Teilen rechtsextreme Partei wie die AfD einsetzt, die die Annäherung an Putins Russland predigt und die transatlantischen Beziehungen schwächen will", so Scholz in einer Mitteilung des ZDF.
Klingbeil fordert schärfere Richtlinien
Lars Klingbeil kritisiert in einem Interview mit der "Rheinischen Post", dass Musk seine Kommunikationsmacht gezielt einsetze, um Meinungen und Wahlen zu beeinflussen sowie finanzielle Interessen zu verfolgen. "Die Zukunft Deutschlands ist ihm egal", so Klingbeil. Er betont, dass rechte Kräfte zunehmend international vernetzt seien, wobei russische Netzwerke und nun auch der Chef des Kurznachrichtendienstes X eine Rolle spielten. "Die AfD brüstet sich mit dem libertären US-Milliardär Elon Musk, dem unser Staat und unsere Demokratie völlig egal sind", erklärte Klingbeil. Dies mache deutlich, dass im aktuellen Wahlkampf nicht nur die inneren Feinde der Demokratie, sondern auch Bedrohungen von außerhalb Deutschlands abgewehrt werden müssten. Im Kampf gegen Fake News sieht Klingbeil vor allem die EU in der Pflicht, so der Politiker zur "Rheinischen Post".
Bildunterschrift: Alice Weidel auf einer Pressekonferenz am 7. Dezember 2024.
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die tageszeitung Online, 05.01.2025:
Fragwürdiger Bundestagskandidat / AfD Diepholz nominiert Reichsbürger-Sympathisanten
05.01.2025 - 11.00 Uhr
Kolumne Der rechte Rand von Andreas Speit
Mit der Aufstellung von Andreas Iloff konterkariert der Kreisverband die Strategie der Bundespartei. Die rät von besonders kontroversen Kandidaten ab.
Der AfD-Kreisverband Diepholz hat einen Hufschmied, der den Reichsbürgern nahesteht, zu seinem Direktkandidaten für den Bundestag nominiert. Andreas Iloff ist zwar schon AfD-Vorsitzender in Diepholz und hat ein paar Jahre für einen AfD-Bundestagsabgeordneten gearbeitet. Doch mit seiner einstimmigen Nominierung zum Bundestagskandidaten positioniert sich der Kreisverband noch einmal deutlich rechts und konterkariert die Strategie des AfD-Bundesverbandes, auf besonders kontroverse Kandidaten zu verzichten.
In einem Entwurf für ein Strategiepapier zum Bundestagswahlkampf 2025 empfiehlt der AfD-Bundesvorstand, dass bei der Personalauswahl darauf geachtet werden soll, dem politischen Gegner und "nicht alternativen" Medien "keine unnötigen Angriffsflächen für Skandale" zu bieten. Denn im Vorfeld seien auch "Lügen und unsaubere Praktiken" von den Gegnerinnen, Gegnern zu erwarten, heißt es in dem Entwurf, der der taz vorliegt.
Der 58-jährige Iloff bietet reichlich Angriffsfläche. Dem niedersächsischen Verfassungsschutz ist er seit Ende der 1990er-Jahre bekannt. Lang schon war er im vorparlamentarischen Raum aktiv. "Adrich" genannt, gab er sich als Gemeinschaftssprecher des Deutschen Bundes aus, der sich zum Ziel gesetzt hat, das Deutsche Reich wiedererstehen zu lassen.
2014 verschickte Adrich Einladungen zu einem Treffen des Bundes. Iloff, der sich auch "Aue-Schmied" nennt, war darauf in Schmiede-Kluft zu sehen. "Mit großer Freude" lädt er am "18. Gilbhard 2014" zur Bundesversammlung ein. Es wird darum gebeten, zu dem Treffen im "weißen Oberhemd / Bundesbinder, Tracht- und Zunftkleidung" zu erscheinen.
Dazu die Ansage: "Telefone und Kameras verbleiben im Auto". Offenbar eine Sicherheitsmaßnahme, um keine Interna an die Öffentlichkeit dringen zu lassen.
Der Bund will sich von "der Masse, der Gleichheit" abgrenzen und als "Keimzelle unseres Wiedererblühens" agieren. Nach Erkenntnissen des Bayerischen Verfassungsschutzes wurde er am 22. Mai 1993 maßgeblich von Mitgliedern der rechtsextremen "Deutschen Liga für Volk und Heimat" im bayerischen Bodenkirchen gegründet. 1997 warb er in der extrem rechten Zeitschrift "Nation Europa" und 1999 in der neu-rechten "Jungen Freiheit" um neue Mitglieder.
Das bayerische Landesamt erwähnte den Bund zuletzt 1999: In dessen Mitglieder-Zeitung "Burgpost" würden "die Bundesrepublik Deutschland und ihre Vertreter verunglimpft, das NS-Regime verherrlicht, NS-Verbrechen relativiert und rassistisches Gedankengut vertreten".
In einem "Manifest der Deutschen" forderten die Mitglieder, "unsere Identität als Volk" zu bewahren, "eine gerechte Beurteilung unserer Väter- und Großväter-Generation" und eine "Verfassung, die von dem deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen" werden solle. Diese Positionen legen nahe, den Bund der Reichsideologie-Bewegung zuzuordnen.
Bildunterschrift: Feuchter Traum von Reichsbürgern: Reichsflagge.
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