www.hiergeblieben.de

Westfalen-Blatt / Bielefelder Zeitung , 27.12.2024 :

Februar: Hass-Botschaften per Lieferdienst

( ... ) Das Jahr im Rückblick: Zwölf Monate - zwölf Ereignisse ( ... )

Die Hicret-Gemeinde in Brackwede erhält unerwünschte Lieferando-Essensbestellungen, die mit mörderischen Hass-Botschaften versehen sind. 20 Essenslieferungen treffen an der Moschee ein. Die Gemeindemitglieder fordern Polizeischutz, sind verunsichert. Denn bereits Wochen zuvor erreichten die Gemeinde Hass-Botschaften per Lieferdienst. Die Polizei ermittelt gegen Unbekannt. Im Herbst werden die Ermittlungen ergebnislos eingestellt.

_______________________________________________


Westfalen-Blatt / Bielefelder Zeitung, 05.02.2024:

"Dürfen nicht warten, bis wir Hanau werden"

Mitglieder der Hicret-Gemeinde leben in Angst und fordern mehr Polizeischutz

Von Heinz Stelte

Bielefeld (WB). Angst, Wut, Unverständnis: Immer wieder tauchen diese Begriffe in den Redebeiträgen an diesem Samstagabend in der Hicret-Moschee an der Windelsbleicher Straße in Brackwede auf. "Ich bin besorgt, sehr besorgt", sagt eine Mutter. Sie könne guten Gewissens ihre Kinder nicht mehr zur Moschee schicken. Angst, da fällt es wieder, dieses Wort: "Wir haben Angst." Und das hier, in einem Gotteshaus, "in einem Save-Space".

Ein Mann erzählt von seinen Kindern. Er habe sie bewusst nicht mitgenommen zu dieser Veranstaltung. Sieben Jahre alt sei sein Sohn. "Er weiß nicht, was Diskriminierung ist, was Rechts ist. Noch nicht."

Es ist das zweite Mal binnen sechs Wochen, dass die Hicret-Moschee über einen Lieferdienst Hass-Botschaften und Todesdrohungen erreichen. Dies verunsichert die Gemeindemitglieder nicht nur, es macht sie auch wütend. Ja, sagt Cihad Kefeli, Vorsitzender des Bündnisses islamischer Gemeinden Bielefeld, man fühle sich im Stich gelassen, von der Polizei, von der Justiz. Bis heute seinen die Vorfälle aus dem Dezember nicht aufgeklärt, kritisiert er und erntet Beifall.

Mehr Schutz - ein Wunsch wird an diesem Abend zu einer Forderung. Auch Murisa Adilovic, Vorsitzendes des Bielefelder Integrationsrates, erwartet dies jetzt von den Ordnungsbehörden. Auch sie kritisiert die schleppenden Ermittlungen.

Adilovic ist zusammen mit anderen Politikern und Funktionsträgern in die Moschee gekommen, um Solidarität zu zeigen mit der Gemeinde, mit den Muslimen in Bielefeld. Brackwedes Bezirksbürgermeister Jesco von Kuczkowski, Ratsmitglied Klaus Rees (Bündnis gegen Rechts), seine Partei- und Ratskollegen Dominic Hallau und Joachim Hood, Janina Stamborski und Rasmus Heinrichs vom Team der SPD-Landtagsabgeordneten Christina Kampmann oder Nihat Köse, Vorsitzender des Integrationsrates Detmold, zeigen sich bestürzt von den Hass-Botschaften, betonen die Bedeutung und den Stellenwert der Muslime in der Stadt. "Wir stehen auf eurer Seite." Dieser Satz, gesprochen von Dominic Hallau, schwingt bei allen Redebeiträgen mit.

Hallau zeigt sich verwundert, dass die Täter der ersten Hass-Botschaften aus dem Dezember noch nicht ermittelt worden sind, und darüber, dass eine solche Tat erneut geschehen konnte. Der Fraktionsvorsitzende im Stadtrat kritisiert klar und deutlich den Lieferdienst Lieferando. "Ich kann es nicht verstehen, dass man so etwas nicht abstellen kann", meint er die Möglichkeit, über Online-Bestellungen Hass-Botschaften zu versenden. "Das geht technisch alles", so Hallau, der als Softwareentwickler durchaus beurteilen könne, was technisch machbar sei.

Enttäuscht ist die Gemeinde, dass sich Oberbürgermeister Pit Clausen weder am Samstag noch nach den Hass-Botschaften im Dezember zu den Vorfällen geäußert habe. "Der Oberbürgermeister muss sich zu seinen muslimischen Mitbürgern bekennen", fordert Kefeli. "Wir hätten uns gefreut, wenn er heute auch hier gesessen hätte." Wie auch Polizeipräsidentin Dr. Sandra Müller-Steinhauer. "Schweigen heißt tolerieren", kritisiert Kefeli. "Wir dürfen nicht warten, bis wir Hanau werden." Dort hatte im Februar 2020 ein 43-Jähriger neun Menschen mit Migrationshintergrund erschossen.

Bildunterschrift: Die Gemeinde kam einen Tag nach dem Vorfall in der Hicret-Moschee zusammen, um mit Politikern und Funktionsträgern zu diskutieren.

_______________________________________________


Am 12. Februar 2024 erhielt eine Moschee in Bielefeld - analog zu Drohungen gegen Moscheen - in Unna, Hagen sowie Essen - eine E-Mail mit der Androhung einer Sprengstoffexplosion für deren Räumlichkeiten.

Am 2. Februar 2024 (gegen 20.00 Uhr) erhielt die Hicret-Moschee in Bielefeld zahlreiche Bestellungen von "Lieferando" mit anonymen Morddrohungen ("Dönermord wird Volkssport!", "Ausrottung der Sandnigger").

Am 16. Dezember 2023 gegen 20.00 Uhr platzierten Unbekannte an der Hicret-Moschee in Bielefeld nicht georderte "Lieferando"-Bestellungen, begleitet von menschenverachtenden, islamfeindlichen Botschaften.

_______________________________________________


www.bielefeldstelltsichquer.wordpress.com

www.facebook.com/BielefeldStelltSichQuer


zurück