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4 Artikel ,
23.12.2024 :
Pressespiegel überregional
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Übersicht:
die tageszeitung, 23.12.2024:
Sie waren Vorhut und Minderheit
Mitteldeutscher Rundfunk, 23.12.2024:
LKA ermittelt in Görlitz nach Überfall Rechter auf linke Politikerinnen
Der Tagesspiegel Online, 23.12.2024:
"Abschieben"-Sprechchöre nach Anschlag
t-online.de, 23.12.2024:
Anfang des Jahres / Demonstrationen gegen AfD-Parteitag geplant
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die tageszeitung, 23.12.2024:
Sie waren Vorhut und Minderheit
Neun Biografien: Walter Frey und Brunhilde Wehinger erzählen von linken Weddinger Bürgerinnen im Widerstand während der NS-Zeit
Von Katja Kollmann
Wie viel Leben passt zwischen zwei Buchdeckel? 250 eng bedruckte Seiten müssen reichen für ein Jahrhundert und neun prall gefüllte Frauenleben, von denen eines gewaltsam in seiner Mitte endet und alle anderen mit viel Glück die Jahrhundert-Katastrophe überleben.
Über die Hälfte der neun Frauen zieht Ende der 1920er Jahre in eine Neubauwohnung in der Friedrich-Ebert-Siedlung im Weddinger Afrikanischen Viertel. Eine davon, Elly Kaiser, spricht im Rückblick von der sozialdemokratischen Solidargemeinschaft, die hier gelebt wurde. Um die Ecke wohnen auch Kommunistinnen, Kommunisten stellt doch die KPD Anfang der 1930er Jahre 40 Prozent der Bezirksabgeordneten im Wedding. Maria Hodann ist Mitglied im Internationalen Sozialistischen Kampfbund, der sich für eine Einheitsfront von KPD und SPD stark macht, und lebt mit ihren politischen Weggefährtinnen, Weggefährten in einer WG in der Nähe vom S-Bahnhof Wedding.
Walter Frey und Brunhilde Wehinger entwerfen in ihrem Buch "Mut Hoffnung Widerstand - politisch engagierte Frauen in Berlin-Wedding während der Weimarer Republik und NS-Diktatur" ein Miniatur-Panorama und erzählen gleichzeitig von den großen politischen Kämpfen in der erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, die vor Ort in den Pharussälen an der Müllerstrasse ausgetragen wurden. Tiefrot leuchtet der Buchumschlag. Drinnen illustriert ein Foto jede Biografie.
Ernst blickt Hilde Rubinstein im schwarzen Rollkragen-Pulli in die Kamera. Die junge Malerin und Dichterin ist Mitglied der KPD und schreibt Zeitstücke, die im linken "Kampftheater" Junge Volksbühne ihren Platz finden. Anfang 1933 wird sie Mitglied einer KPD-Straßenzelle, die im November auffliegt. 1935 aus der Haft entlassen, gelingt ihr die Flucht nach Schweden. Elly Kaiser ist Archiv-Mitarbeiterin der SPD-Reichstagsfraktion. Von 1933 bis 1938 lebt sie im Prager Exil, dann in Paris und 1941 schafft sie die Flucht in die USA. Ruth Schwalbach ist Mitglied der "Vereinigten Linken Opposition", auch "Weddinger Opposition" genannt, die sich gegen den stalinistischen Kurs der KPD positioniert. Ab 1933 ist sie als Teil in der "Gruppe Funke" aktiv, die die illegale Betriebszeitung "Der Vertrauensmann" produziert, und kommt dafür ins KZ Moringen. Ella Trebe ist ab 1933 Teil der illegalen KPD-Bezirksleitung. 1943 kümmert sie sich um eine Unterkunft für Ernst Beuthke, der mit einem Fallschirm aus einem britischen Flugzeug abgesprungen ist. Sie wird im Juni 1943 verhaftet und zwei Monate später im KZ Sachsenhausen ermordet. Das SPD-Mitglied Fanny Hüllenhagen versteckt seine Parteifreundin Helene Leroi zweieinhalb Jahre lang in einer Einzimmer-Wohnung und bewahrt sie so vor der Deportation.
Wehinger und Frey, der im Wedding wohnt und mit diesem Buch den zehnten Band der Reihe "Wedding-Bücher" im Eigenverlag veröffentlicht, haben durch viel Recherche Material für ein lebendiges Porträt der Zeitumstände zusammengetragen, sodass die neun Biografien satt in der jeweiligen Umgebung schillern. Das politisch aufgeladene Leben im jeweiligen Partei-Biotop springt einem aus jeder Zeile entgegen. Aktivismus ist Alltag. Widerstand gegen die Nazis eine selbstverständliche, fast logische Folge. Diese Frauen waren Vorhut und zugleich Minderheit. Nach 1945 engagieren sich fast alle wieder politisch. Künstlerin Hilde Rubinstein wird 1989 mit einer Einzelausstellung am Kurfürstendamm geehrt. Da ist sie 85 Jahre alt.
Walter Frey, Brunhilde Wehinger: "Mut Hoffnung Widerstand - politisch engagierte Frauen in Berlin-Wedding während der Weimarer Republik und NS-Diktatur", Verlag Walter Frey, Berlin 2024, 252 Seiten, 20 Euro.
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Mitteldeutscher Rundfunk, 23.12.2024:
LKA ermittelt in Görlitz nach Überfall Rechter auf linke Politikerinnen
23.12.2024 - 07.30 Uhr
Von MDR Sachsen
Mehrere Rechte haben nach Angaben des sächsischen Landeskriminalamts (LKA) in Görlitz drei Menschen angegriffen. Es gebe fünf bis zehn Tatverdächtige aus dem rechten Spektrum und drei Geschädigte, die alle verletzt worden seien, sagte die LKA-Pressesprecherin Silvaine Reiche.
In der Nacht zu Sonnabend hat in Görlitz eine Gruppe mutmaßlicher Rechtsextremisten eine Gruppe von fünf Personen angegriffen, darunter nach Aussagen von Betroffenen auch zwei Kommunalpolitikerinnen der Linken. Mehrere Augenzeugen schilderten dem MDR Sachsen den Vorfall.
Nach Angaben der Polizei warfen eine Gruppe von "Rechten" zunächst Pyrotechnik und Flaschen auf eine Gruppe von "Linken". Die Flaschen-Würfe gingen demnach daneben. Dann hätten die mutmaßlichen Täter auch mit Tränengas angegriffen und zugeschlagen.
Soko Rex ermittelt, Linke kritisieren Polizei
Die Sonderkommission Rechtsextremismus (Soko Rex) des LKA ermittelt nun wegen gefährlicher Körperverletzung. Zwei Tatverdächtige seien in polizeilicher Obhut gewesen, aber wieder entlassen worden, sagte Reiche.
Der Landesverband der Linken hat nach dem Angriff ein konsequentes Vorgehen der Polizei gefordert. Ein Sprecher erklärte, es sei vollkommen unverständlich, dass die mutmaßlichen Täter kurz nach ihrer Festnahme wieder gehen durften. Er kündigte an, im Landtag Aufklärung zu fordern.
Demo-Organisatorin unter den Angegriffenen
Unter den Angegriffenen war auch Samara Schrenk. Sie ist im Görlitzer Kreisvorstand der Linken und organisiert als Gründerin und Vorsitzende des Bündnisses "Klare Kante" in Görlitz Demos gegen Rechtsextremismus. Daran hatten besonders viele Menschen teilgenommen, nachdem "Correctiv" im Januar über ein Treffen von AfD-Politikern mit Neonazis berichtet hatte.
Schrenk berichtet auf Nachfrage von MDR Sachsen, dass sie und ihre Begleiter in der Berliner Straße, Ecke Schulstraße, ganz in der Nähe des Büros der Görlitzer Linken auf die Gruppe getroffen seien. "Ganz viele maskierte Männer standen uns auf einmal gegenüber." Sie hätten sofort angegriffen und mit Flaschen geworfen.
Auf Frauen eingetreten
"Wir liefen dann in die Schulstraße rein. Und dann lag auch schon eine Freundin von mir auf dem Boden und wurde von denen zusammengeschlagen", berichtet Schrenk weiter. Auch diese ebenfalls angegriffene Freundin sei in der Kommunalpolitik der Linken aktiv. Kurze Zeit später sei auch sie selbst angegriffen worden, so Schrenk weiter. "Als ich auf dem Boden lag, wurde dann auch noch auf mich eingetreten. Man hat gemerkt, dass einfach gar keine Hemmschwelle mehr da ist."
Auch gegen die männlichen Personen aus der Gruppe linker Aktivisten wendeten die Täter Gewalt an: Ein Video, das dem MDR vorliegt, zeigt, wie drei vermummte Männer in der Schulstraße gegen Mitternacht auf einen Mann zugehen, der rückwärts von ihnen wegläuft. Einer der mutmaßlichen Neonazis schlägt ihm ins Gesicht. Als der Mann wegläuft, tritt einer der mutmaßlichen Täter ihm in den Rücken.
Nach dem Bericht eines Augenzeugens lag kurz vor der Aufnahme eine Frau schreiend auf dem Boden in der Schulstraße, während mindestens vier maskierte Männer ganz in ihrer Nähe zu sehen waren. Es sei alles sehr schnell gegangen.
Angegriffene kamen ins Krankenhaus
Insgesamt seien drei Personen aus ihrer fünfköpfigen Gruppe zusammengeschlagen worden, so Schrenk. Die drei kamen nach dem Angriff in ein Krankenhaus und wurden untersucht. Offenbar hatten sie Glück im Unglück: "Wir sind alle nicht schwer verletzt", sagte Schrenk. Eine Person habe eine Platzwunde im Gesicht, eine andere eine Wunde an der Stirn und Schwellungen im Gesicht.
Sie selbst habe geprellte Rippen und einen geprellten Ellenbogen. Außerdem sei ihr Gesicht angeschwollen gewesen, weil sie Pfefferspray abbekommen habe. Als sie am Boden lag und auf sie eingetreten wurde, habe sie die Arme über den Kopf genommen, sonst wäre es wohl schlimmer ausgegangen, vermutet sie.
Polizei: Sieben bis acht Täter
Laut Polizei waren sieben bis acht mutmaßliche Täter an dem Angriff beteiligt. Samara Schrenk glaubt, acht bis zehn direkte Angreifer gesehen zu haben und noch drei weitere Mitglieder der Gruppe in einem Auto.
Sie berichtet, eine Gruppe von Neonazis habe ihr bereits im November auf einer Görlitzer Montagsdemo Gewalt angedroht. Man werde sie nicht verschonen, nur weil sie eine Frau sei. Schrenk beteiligt sich an den Gegenprotesten. An dem Tag seien andere Aktivisten aus ihrer Gruppe auch von Neonazis geschlagen worden.
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Der Tagesspiegel Online, 23.12.2024:
"Abschieben"-Sprechchöre nach Anschlag
23.12.2024 - 19.02 Uhr
3.500 Menschen bei AfD-Kundgebung in Magdeburg - Gegendemo mit Menschenkette
Rund 3.500 AfD-Anhänger sind nach dem Anschlag in Magdeburg zu einem Trauermarsch zusammengekommen. Etwa 4.000 hielten mit einer Menschenkette dagegen.
Drei Tage nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt haben auf dem Domplatz Anhänger der AfD demonstriert. Unter dem Motto "Trauer vereint - Für eine sichere Zukunft" versammelten sich am späten Montagnachmittag zahlreiche Menschen zu der Kundgebung. "Wir fordern echte Aufklärung", sagte die eigens aus Berlin angereiste AfD-Chefin Alice Weidel. Es gehe um "die Lehren aus dieser Wahnsinnstat und aus ähnlichen Taten der Vergangenheit".
"Wer die Bürger des Landes verachtet - ja tötet - das ihm Asyl gewährt, wer alles verachtet, wofür wir stehen, was wir lieben, der gehört nicht zu uns", sagte Weidel auf der Bühne. "Wir wollen, dass sich endlich etwas ändert in diesem Land und dass wir nie wieder mit einer Mutter trauern müssen, die auf so sinnlose und brutale Weise ihren Sohn verloren hat."
AfD-Generalsekretär Jan Wenzel Schmidt, der ebenfalls als Redner auftrat, bezeichnete den Anschlag als "monströses politisches Versagen". Der "Massenmörder" habe seine Absichten öffentlich verkündet, dennoch sei sein Asylantrag genehmigt worden. Schuld an dem Anschlag seien nicht die Polizeibeamten, sondern deren Führung, die "ihnen die Hände fesselt und sie alleine lässt", sagte Schmidt.
Auf Live-Übertragungen waren zahlreiche Menschen zu sehen. Es waren immer wieder laute "Abschieben"-Sprechchöre zu hören. Die Polizei bezifferte die Teilnehmerzahl auf 3.500.
Auch mehrere Gegendemonstrationen fanden parallel statt. Etwa rund um den Alten Markt, wo Tausende Menschen mit einer Menschenkette an die Opfer des Anschlags erinnerten und sich gegen die politische Vereinnahmung durch Rechte positionierten.
Am Alten Markt war es zu dem Anschlag gekommen. Zu der Aktion hatte die Initiative "Gib Hass keine Chance" aufgerufen, das Bistum Magdeburg beteiligte sich. Nach Angaben des Veranstalters kamen Tausende Menschen. Nach Polizeiangaben beteiligten sich rund 4.000 Personen.
Die Menschen aller Altersgruppen standen teils in dichten Trauben beieinander. Sie trugen Kerzen in den Händen, applaudierten Rettungskräften und riefen ihnen "Danke" zu. "Das sind Lichter für eine weltoffene Stadt", sagte Oliver Wiebe von der Initiative "Gib Hass keine Chance". Man sei zum Trauern und Gedenken zusammengekommen.
Warnungen vor rassistischer Gewalt
Die Mobile Opferberatung in Sachsen-Anhalt und der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt warnten vor einer Eskalation von Rassismus und rechten Bedrohungen infolge der Instrumentalisierung des Anschlags. Das Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt sprach von einer gefährlichen Lage. Es rät Menschen mit Migrationsgeschichte dringend davon ab, sich alleine und in den Abendstunden durch die Stadt zu bewegen.
Am Freitagabend war ein Auto in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt am Alten Markt gerast. Mindestens fünf Menschen starben, darunter ein neunjähriges Kind. Rund 200 weitere Menschen wurden verletzt, viele davon schwer. Als mutmaßlicher Täter wurde ein 50-jähriger Arzt aus Saudi-Arabien festgenommen, der seit 2006 in Deutschland lebt. Er soll sich in jüngerer Zeit immer weiter radikalisiert haben - als Islam-Hasser, der die deutschen Behörden verachtete und mit der AfD sympathisierte.
Dies wiesen Vertreter der AfD bei der Demonstration am Montag zurück. Nach der Kundgebung auf dem Domplatz fand ein "Trauermarsch" durch die Innenstadt statt. (AFP, dpa)
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t-online.de, 23.12.2024:
Anfang des Jahres / Demonstrationen gegen AfD-Parteitag geplant
23.12.2024 - 08.31 Uhr
Die Kölner AfD will im Januar einen Kreisparteitag abhalten. Mehrere Gruppen kündigen Gegendemonstrationen an.
Die Kölner AfD plant laut "Kölner Stadt-Anzeiger" am 8. Januar einen Kreisparteitag im Bürgerzentrum Chorweiler. Die finalen Abstimmungen mit der Stadt als Träger der Einrichtung würden noch laufen. "Es ist klar, dass wir Anfang Januar einen Kreisparteitag abhalten werden, um unsere Kandidaten für die Bundestagswahl aufzustellen", sagte AfD-Sprecher Christer Cremer auf Anfrage der Lokalzeitung. Ort und Zeit habe er jedoch nicht bestätigen wollen.
Bereits jetzt formiert sich Widerstand. Die Initiative "Köln gegen Rechts" und die Gruppe "Antifa cgn" kündigen auf Instagram eine Gegendemonstration an. In einem Statement bezeichneten sie den Parteitag als "zentralen Moment der Organisation der rassistischen Politik der AfD" und erklärten, diesen "stören, angreifen und verhindern" zu wollen. Eine Kundgebung mit 150 Teilnehmern sei bei der Polizei angemeldet, jedoch noch nicht genehmigt, wie ein Sprecher gegenüber dem "Kölner Stadtanzeiger" berichtete.
Parteitag sollte ursprünglich an Schule stattfinden
Die Stadt habe auf Anfrage der Zeitung den Gleichbehandlungsgrundsatz betont, der es untersagt, politischen Parteien den Zugang zu öffentlichen Räumen zu verwehren. Ähnliche Parteitage der AfD in Köln waren in der Vergangenheit von massiven Protesten begleitet. So demonstrierten im Juni 2023 rund 4.000 Menschen vor einer Schule in Widdersdorf, während im Oktober 150 Gegendemonstranten gegen eine Veranstaltung in Godorf auf die Straße gingen.
Eigentlich war der Kreisparteitag im Januar am Heinrich-Mann-Gymnasium in Chorweiler geplant. Doch nach massiven Protesten von Eltern, Schülern und Lehrkräften scheint die Partei auf das Bürgerzentrum ausgewichen zu sein. Das Gymnasium hatte mit einer Projektwoche und der Unterstützung des NS-Dokumentationszentrums ein deutliches Zeichen für Demokratie gesetzt.
Bildunterschrift: Eine Demonstration gegen die AfD in Köln (Archivbild): Im Januar könnte es in Chorweiler zu ähnlichen Szenen kommen.
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