www.hiergeblieben.de

Mindener Tageblatt , 09.12.2024 :

Röckemann will in den Bundestag

Der umstrittene AfD-Politiker ist in der vergangenen Woche einstimmig zum Direktkandidaten seiner Partei gewählt worden / Der 59-Jährige wird politisch dem offiziell aufgelösten "Flügel" um den umstrittenen Rechtsaußen Björn Höcke zugerechnet

Patrick Schwemling

Minden. Thomas Röckemann will für die Alternative für Deutschland (AfD) in den Bundestag einziehen. In der vergangenen Woche ist der noch 59-Jährige bei einer Mitgliederversammlung des AfD-Kreisverbands Minden-Lübbecke einstimmig von den rund 30 anwesenden Stimmberechtigten zum Direktkandidaten für die im Februar anstehende Bundestagswahl gewählt worden, wie Kreisvorsitzender Sebastian Landwehr dem MT mitteilt. Der Kreisverband würde insgesamt 213 Mitglieder betragen, im letzten Jahr habe sich die Anzahl um rund 50 Personen erhöht.

Damit folgt Röckemann bei dieser Wahl als Kandidat auf Landwehr, der bei der letzten Bundestagswahl im Jahr 2021 für die AfD 8,9 Prozent der Erststimmen im Wahlkreis 134 Minden-Lübbecke I erhielt. Für Röckemann ist es eine Premiere bei einer Bundestagswahl. Er ist ehemaliger Polizist und aktiver Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in Minden. Der vierfache Familienvater war von 2017 bis 2022 Mitglied des nordrhein-westfälischen Landtags. 2022 erhielt Röckemann knapp sieben Prozent der Erststimmen und verpasste den Sprung in den Landtag letztlich als 13. der Landesliste um einen Platz. Seit 2015 ist er auch Mitglied des Minden-Lübbecker Kreistags.

Röckemann, der im Januar 60 Jahre alt wird, wird politisch dem inzwischen offiziell aufgelösten "Flügel" um den umstrittenen Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke zugerechnet. In einem Gutachten des Verfassungsschutzes wurden dem Mindener im Jahr 2019 eine völkisch-nationale Argumentationsweise sowie revisionistische Äußerungen bescheinigt, mit denen ein rechtsextremes Publikum angesprochen werden soll. Während der Corona-Proteste war Röckemann regelmäßig an der Spitze der Spaziergänger zu sehen. 2020 kam es zum Eklat um das Tragen einer Maske im Kreistag, in dessen Zuge die ehemalige Landrätin Anna Bölling (CDU) ihn aus der Sitzung schmiss.

Offenbar mit Blick auf alliierte Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg hatte er im Jahr 2018 den damaligen britischen Premierminister Winston Churchill auf Twitter als "Massenmörder" bezeichnet. 2024 wurden Ermittlungen gegen Röckemann nach dem Vorwurf der Volksverhetzung eingestellt. Er soll im Dezember 2022 bei einer Veranstaltung davon gesprochen haben, dass "der Volkskörper dezimiert" werden müsse. Auch soll er in diesem Zusammenhang eine Abschiebe-Initiative gefordert haben.

In der Pressemitteilung der Partei zur Wahl Röckemanns heißt es, dass dieser sich insbesondere für die Rechte von Kindern einsetzen würde. Im Landtag sei er ein Ankläger gegen die Praxis der Genitalverstümmelung, verübt an jungen Frauen und Mädchen, gewesen. "In Zeiten, in denen es möglich ist, sein Geschlecht jährlich neu eintragen zu lassen, werden jährlich mehrere Tausend kleine Mädchen und junge Frauen einem steinzeitlichen Verstümmelungsritual unterzogen", wird Röckemann in der Mitteilung zitiert.

Röckemann warnt vor einem sich abzeichnenden Ein-Parteien-Bündnis

Die strafrechtliche Resonanz in Deutschland sei nach Angaben Röckemanns gleich null. Laut Paragraf 226a des Strafgesetzbuches heißt es allerdings: "Wer die äußeren Genitalien einer weiblichen Person verstümmelt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft." In minder schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

In der Mitteilung wies Röckemann zudem auf die Bedeutung der AfD als demokratische Alternative hin und warnte vor einem sich abzeichnenden Ein-Parteien-Bündnis. "Demokratie ist nur durch Meinungsvielfalt möglich", heißt es. Die Ausgrenzung demokratisch gewählter Parteien und deren Ausschluss am politischen Diskurs würde einem sozialistischen Selbstverständnis entspringen. "Davon haben die Bürger in Deutschland nach zwei sozialistischen Diktaturen die Nase gestrichen voll", so Röckemann. Auf MT-Nachfrage erklärt Kreissprecher Landwehr, dass damit die NSDAP und SED gemeint seien. Die AfD distanziere sich von beiden Diktaturen. "Mit Thomas Röckemann stellen wir einen Kandidaten auf, der fest in unserer Heimat verwurzelt ist. Er ist bodenständig und erfahren. Wir erwarten einen harten, aber fairen Wahlkampf", sagt Landwehr zum künftigen Bundestagskandidaten. Dieser soll nach Angaben von Landwehr auch auf die Landesliste der AfD kommen. "Wir hoffen auf einen guten Listenplatz." Wie gut oder schlecht dieser sein wird, entscheidet sich Anfang Januar in Marl. Dort kürt der Landesverband der AfD seine Kandidaten für die Bundestagswahl am 23. Februar 2025.

Auf Bundesebene wird die AfD als so genannter Verdachtsfall des Rechtsextremismus geführt. Die Einstufung erlaubt den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel und wurde im Mai dieses Jahres vom Oberverwaltungsgericht Münster grundsätzlich bestätigt - auch wenn der Rechtsstreit weiterläuft. Ob der Verfassungsschutz die AfD nun auch für "gesichert rechtsextrem" hält, bleibt bis zu den Neuwahlen im Februar ein Geheimnis. Erst danach wolle der Verfassungsschutz eine Entscheidung verkünden.

Der Autor ist erreichbar unter Patrick.Schwemling@MT.de.

Bildunterschrift: Thomas Röckemann will für die AfD in den Bundestag einziehen.


Copyright: Texte und Fotos aus dem Mindener Tageblatt sind urheberrechtlich geschützt. Weiterverwendung nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion.

_______________________________________________


Am 9. Dezember berichtete das "Mindener Tageblatt", das, laut der Mitteilung des Vorsitzenden Sebastian Landwehr, der "Kreisverband Minden-Lübbecke" von der "Alternative für Deutschland" 213 Mitglieder habe.

Am 7. Dezember 2024 wurde Thomas Röckemann vom "Kreisverband Minden-Lübbecke" der Partei "AfD", einstimmig zum Direktkandidaten im Wahlkreis Minden-Lübbecke I für die Bundestagswahl 2025 gewählt.

Am 26. September 2021 erhielt Sebastian Landwehr - der Direktkandidat der Partei "AfD" bei den Wahlen zum 20. Deutschen Bundestag, im "Wahlkreis Minden-Lübbecke I" - 8,9 Prozent (13.441) der Erstimmen.

_______________________________________________


www.minden-luebbecke.de/Service/Integration/NRWeltoffen


zurück