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2 Artikel ,
08.12.2024 :
Pressespiegel überregional
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Übersicht:
Süddeutsche Zeitung Online, 08.12.2024:
Kulturpolitik / Gewerkschaft ver.di sieht deutsche Kultur durch AfD bedroht
Mitteldeutscher Rundfunk, 08.12.2024:
Faktencheck / Forderung nach "Abschiebeindustrie": Kein Triumph für die AfD in Sicht
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Süddeutsche Zeitung Online, 08.12.2024:
Kulturpolitik / Gewerkschaft ver.di sieht deutsche Kultur durch AfD bedroht
08.12.2024 - 13.37 Uhr
Vokabular der AfD erinnert mitunter an düstere Zeiten der deutschen Geschichte. Auch beim Thema Kultur nehmen Vertreter der Partei kein Blatt vor den Mund. Eine Gewerkschaft sieht Handlungsbedarf.
Leipzig (dpa/sn). Die Gewerkschaft ver.di fürchtet angesichts des Auftretens von AfD-Politikern um die deutsche Kultur. "Wir sind alarmiert durch die wachsende Anzahl von Angriffen antidemokratischer Kräfte unserer Republik auf die Freiheit der Kunst", hieß es in einem am Sonntag veröffentlichten Appell des ver.di-Vorstands für die Region Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt.
Appell zur Verteidigung der Kultur
Mit Verweis auf die Verfolgung von Künstlern und ihrem Werk im Nationalsozialismus wird daran erinnert, dass der Austausch mit den Kulturen der Nachbarländer in Deutschlands Geschichte "immer eine große Rolle" spielte, Werke aller bedeutenden Künstler international beeinflusst sind. "Die deutsche Kultur gehört zum Erbe der Weltgemeinschaft."
Auch vor diesem Hintergrund kritisierte das Gremium in seinem Aufruf an "alle Demokraten" zur Verteidigung der Kultur AfD-Vokabular wie "deutsche Leitkultur" oder "Entsiffung des Kulturbetriebes" in Land- und Bundestag. "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!", zitierte der Vorstand die Mahnung im Theaterstück "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" von Bertolt Brecht. "Wir solidarisieren uns mit dem Netzwerk "Die Vielen", treten ein für faire Diskussionen und Toleranz im Umgang mit denkenden Menschen!"
Bildunterschrift: Der ver.di-Vorstand für die Region Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt hat einen Appell veröffentlicht (Archivbild).
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Mitteldeutscher Rundfunk, 08.12.2024:
Faktencheck / Forderung nach "Abschiebeindustrie": Kein Triumph für die AfD in Sicht
08.12.2024 - 05.00 Uhr
Eine AfD-Politikern feiert auf der Online-Plattform TikTok einen Triumph. Sie sagt: Es könne endlich im großen Stil abgeschoben werden, Abschiebungen könnten privatisiert werden. Grund dafür soll das Ergebnis eines Gutachtens sein. Doch in dem Gutachten selbst sucht man vergeblich nach Hinweisen dazu.
Von Julia Seegers, MDR Aktuell
AfD-Politikerin Lena Kotré fordert die Privatisierung von Abschiebungen. Ein Gutachten soll der AfD-Politikerin zufolge die Grundlage dafür bieten.
Doch das Grundgesetz setzt klare Grenzen: Zwangsmaßnahmen darf nur der Staat durchführen. Somit gibt es keine Grundlage für Forderung von Kotré.
Als Grundlage einer Demokratie liegt das Gewaltmonopol in staatlicher Hand.
Lena Kotré, Landtagsabgeordnete der AfD in Brandenburg, lächelt in die Kamera: "Wunderbare Nachrichten haben mich heute erreicht. Es kann endlich im großen Stil abgeschoben werden!" Auf dem Video, das sie auf ihrem TikTok-Kanal veröffentlicht hat, prangt in blau-weiß die Botschaft: "Private Abschiebungen: Triumph für die AfD". Doch worin genau besteht dieser Triumph eigentlich?
Kotré fordert: Abschiebungen privatisieren
Kotré verweist auf ein Konzept zur Privatisierung von Abschiebungen, das sie im September im Brandenburger Landtag vorgestellt hat. Private Unternehmen sollen sich ihrer Aussage nach auf eine öffentliche Ausschreibung bewerben. Das beste, günstigste und wirtschaftlichste Angebot bekäme den Zuschlag. "Man kann die staatlichen Ressourcen, die offenbar sowieso nicht ausreichen, dann komplett streichen und anderweitig im Staat unterbringen und für anderes ausgeben", sagte Kotré in einer Pressekonferenz.
Gutachten untersucht verfassungsrechtliche Möglichkeiten und Grenzen
Ein Gutachten soll der Beweis sein, dass genau das möglich ist. Das Dokument trägt den Titel: "Privatisierung von Abschiebungen - Verfassungsrechtliche Möglichkeiten und Grenzen". Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat es erstellt. Am Anfang des Gutachtens steht die Fragestellung: Es wurde die Frage aufgeworfen, ob und inwieweit es bereits Privatisierung im Bereich der Abschiebung gibt und was rechtlich darüber hinaus noch möglich wäre.
Aktuell ist es so, dass zum Teil bereits einzelne Aufgaben im Abschiebungsprozess von Privatunternehmen übernommen werden. Das Flugzeug etwa, das die Menschen außer Landes bringt, wird von Pilotinnen oder Piloten geflogen, die keine Beamten sind. Außerdem werden bereits Sicherheitsdienste zur Überwachung und Versorgung von Menschen in Abschiebegefängnissen eingesetzt.
Das Grundgesetz zieht klare Grenzen: Logistik ja, Zwang nein
Winfried Kluth ist Rechtswissenschaftler an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Die Erkenntnisse aus dem Gutachten sind für ihn nicht neu: "Der Staat könnte die "Logistik" wie Unterbringung, Transport usw. durch private Unternehmen organisieren lassen. Die Zwangsmaßnahmen einschließlich der Begleitung ins Ausland wären aber der Bundespolizei vorbehalten."
So steht es auch im Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags: "Einer Übertragung des gesamten Abschiebevorganges einschließlich der Abschiebehaft auf Private dürfte Art. 33 Abs. 4 GG entgegenstehen." Jede Ausübung von Zwang durch private Firmen dürfte demnach nicht möglich sein. Das widerspricht den Angaben zufolge gegen das Grundgesetz.
Wo ist der Triumph?
Was hat sich also durch das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes für Lena Kotrés Forderung nach einer privaten Abschiebeindustrie geändert?
Nichts, sagt die Sozialrechtlerin Marei Pelzer von der Hochschule Frankfurt auf Anfrage von MDR Aktuell. "Das Gutachten erläutert die Rechtslage, dass eine Privatisierung von Abschiebungen im Kern nicht möglich ist. Und zwar stehen verfassungsrechtliche Gründe dagegen, sodass auch der (einfache) Gesetzgeber daran nichts ändern kann."
Dass Abschiebungen effizienter und günstiger werden, wenn man weitere Aufgaben an private Unternehmen übertragen würde, ist ebenfalls fraglich. Denn das Gutachten stellt auch fest, dass die Weisungsbefugnis und die Kontrolle im Falle einer Übertragung auf Privatunternehmen bei den staatlichen Behörden bleiben muss, erklärt Constantin Hruschka, Professor für Sozialrecht an der Evangelischen Hochschule Freiburg, MDR Aktuell: "Ich könnte im Grunde wahrscheinlich mit demselben materiellen Geldaufwand Leute bei der Bundespolizei und bei den Landespolizeien anstellen."
Inwiefern genau Kotré einen Triumph für die AfD errungen hat, bleibt offen. Weder die Politikerin noch die AfD Brandenburg antworten auf die Anfragen von MDR Aktuell.
Darum liegt das Gewaltmonopol beim Staat
Warum schützt das Grundgesetz Abschiebungen davor, privatisiert zu werden? Darauf hat Hruschka eine eindeutige Antwort: "Das ist das staatliche Gewaltmonopol, das da in Frage steht." Die alleinige Befugnis, Machtmittel wie Zwang anzuwenden, müsse beim Staat bleiben. Ansonsten sei keine gesellschaftliche Kontrolle über diese Mittel möglich, so der Professor. "Und das ist ja genau das, was den Rechtsstaat ausmacht, dass staatliche Aufgaben - wenn in Freiheit eingegriffen wird insbesondere - dass ich das nur von staatlicher Seite darf und dass ich das nicht Privaten übertragen kann. Sonst hätte ich gar keine rechtsstaatlich organisierte Demokratie."
Kotré selbst scheint es mit dem Gewaltmonopol nicht ganz genau zu nehmen. Schon im Wahlkampf zu den Brandenburger Landtagswahlen sorgte die AfD-Politikerin für Aufsehen. Sie verteilte so genannte Kubotans zum "Selbstschutz". Dabei handelt es sich um circa 13 Zentimeter lange und spitze, massive Metallstäbe, die ähnlich aussehen wie Kugelschreiber. In anderen Ländern werden diese Gegenstände als Waffen eingestuft und sind verboten.
Bildunterschrift: Lena Kotré spricht in einem TikTok-Video davon, einen Erfolg für die AfD erzielt zu haben. Welcher das genau sein soll, ist allerdings unklar.
Bildunterschrift: Lena Kotré, AfD-Abgeordnete im Brandenburger Landtag, verkauft ein Gutachten als Triumph für die AfD. Dieses unterstützt ihre Forderung jedoch nicht.
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