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3 Artikel , 01.12.2024 :

Pressespiegel überregional

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Übersicht:


MiGAZIN, 01.12.2024:
Überraschung im Prozess / Neonazi erfindet linksextremen Macheten-Angriff

MiGAZIN, 01.12.2024:
Dienstgericht Leipzig / AfD-Politiker und Ex-Richter Jens Maier behält Pensionsansprüche

MiGAZIN, 01.12.2024:
Rheinland-Pfalz-Studie / Jeder zweite Polizist lehnt muslimfeindliche Aussagen nicht ab

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MiGAZIN, 01.12.2024:

Überraschung im Prozess / Neonazi erfindet linksextremen Macheten-Angriff

01.12.2024 - 15.36 Uhr

Ein Schlag mit der Machete und einem Mann fehlen drei Finger. Der Neonazi behauptet, es waren Linksextreme. Das ist eine Lüge. Tatsächlich wollte er eine Behinderung geltend machen und staatliche Hilfe kassieren.

Mit einem äußerst skurrilen Fall von einem angeblichen Macheten-Überfall beschäftigt sich derzeit das Landgericht Chemnitz. Angeklagt ist ein 38-Jähriger, der einem anderen Mann auf dessen Verlangen hin drei Finger mit der Hiebwaffe abgeschlagen haben soll. Das mutmaßliche Opfer gab bei der Polizei an, es sei aus der Neonazi-Szene und von Linksextremen überfallen worden. Doch die Ermittler stießen rasch auf Widersprüche und die Lügengeschichte flog auf.

Der mutmaßliche Helfer bestritt in seinem jetzigen Strafprozess aber eine Tatbeteiligung. Nach Darstellung des 38-Jährigen wollte der damals 29-Jährige mit der verstümmelten Hand eine Behinderung geltend machen und staatliche Hilfe kassieren. Angeklagt ist der 38-Jährige wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Nach Angaben des Gerichts ist er erheblich vorbestraft unter anderem wegen Diebstahls, Drogendelikten und Sachbeschädigung.

Als Entgelt war demnach vereinbart worden, dass der Angeklagte die abgehackte Hand behalten dürfe. Er habe sie den Ermittlungen zufolge in einem Glas einlegen wollen. Nur versehentlich habe der Machetenhieb nicht die gesamte Hand, sondern nur einige Finger abgetrennt.

Angeklagter: Opfer wollte es als Überfall von Linken fingieren

Es habe zwar eine derartige Absprache gegeben, erklärte Rechtsanwalt Patrick Schäfer zum Prozessauftakt. Sein Mandant habe dies zunächst aber nicht ernst genommen und die Bitte als "surreal" abgetan. Nach wiederholtem Nachhaken des Mannes habe er schließlich zugestimmt und vorgeschlagen, die Tat als Unfall bei Gartenarbeiten zu verschleiern. Das angebliche Opfer habe aber vorgeschlagen, es als Überfall von Mitgliedern der linken Szene zu fingieren. Die erfundene Geschichte war auch im Telegram-Kanal der rechtsextremen Freien Sachsen verbreitet worden.

Als der damals 29-Jährige aber die linke Hand auf einen Müllcontainer gelegt habe und sein Mandant mit einer Machete habe zuschlagen sollen, habe er Skrupel bekommen und abgebrochen, schilderte dessen Verteidiger weiter. Dann habe der damals 29-Jährige die Machete genommen und selbst zugeschlagen und sich dabei Zeige-, Mittel- und Ringfinger der linken Hand abgeschlagen. Anschließend habe der Verletzte den Notruf gewählt. Die Finger warf der Angeklagte in einen Glascontainer.

Angebliches Opfer erscheint mit Handprothese, schweigt aber vor Gericht

Gegen den heute 30-Jährigen läuft noch ein Ermittlungsverfahren wegen Vortäuschens einer Straftat. Der Mann erschien auch in diesem Prozess als Zeuge, an seiner linken Hand war eine Teilprothese zu erkennen. Er machte aber von seinem Recht, die Aussage zu verweigern, Gebrauch und schwieg.

In dem Verfahren sagte auch der Polizist aus, der den Verletzten noch am Tattag im Krankenhaus befragt hatte. Dieser habe ihm gesagt, er sei früher in Nordrhein-Westfalen in der Neonazi-Szene unterwegs gewesen und erst etwa zwei Jahre vor der Tat nach Chemnitz gekommen, dort aber nicht in der rechten Szene aktiv gewesen, gab der 51-Jährige die Aussage wieder. Am 15. August 2023 sei er im Park spazieren gegangen. Plötzlich sei er von drei bis vier maskierten Männern überfallen und geschlagen worden. Dann habe er einen Schmerz in der linken Hand gespürt und die Männer seien geflüchtet. Er habe mit seinem Gürtel den Arm abgebunden und den Notarzt alarmiert.

Aber schon bei einem Blick auf die Röntgenaufnahmen seien ihm Zweifel an der Geschichte gekommen, betonte der Polizeibeamte. Auf den Bildern sei eine glatte Abtrennung zu erkennen gewesen, die mit einem Gerangel nicht zusammengepasst habe.

Für den Prozess sind zwei weitere Termine am 17. und 18. Dezember angesetzt. (dpa/mig)

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MiGAZIN, 01.12.2024:

Dienstgericht Leipzig / AfD-Politiker und Ex-Richter Jens Maier behält Pensionsansprüche

01.12.2024 - 12.40 Uhr

Als Richter darf der AfD-Politiker Jens Maier seit Jahren nicht mehr arbeiten. Seine Pensionsansprüche inklusive Ruhegeld darf er aber behalten. Das hat das Leipziger Dienstgericht entschieden. Dagegen ist Berufung möglich.

Seit Jahren ist der umstrittene Richter und AfD-Politiker Jens Maier Sachsens Justizministerium ein Dorn im Auge. Vor zwei Jahren wurde er wegen Verletzungen von Dienstpflichten vorzeitig in den Ruhestand versetzt, seine Pensionsansprüche darf er aber behalten. Das entschied das Dienstgericht für Richterinnen und Richter in Leipzig. Die Vorwürfe hätten nur teilweise bestätigt werden können, rechtfertigten aber keine zusätzlichen Maßnahmen, begründete die Vorsitzende Richterin Yvonne Wagner. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung ist Berufung beim Dienstgerichtshof möglich.

Dem aus Bremen stammenden Maier hatte das Ministerium in der jetzigen Klage eine "schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten" in seinem früheren Richteramt vorgeworfen. Unter anderem bezieht sich die Disziplinarklage auf Äußerungen Maiers vom April 2017. Darin soll er über die Gewalttaten des norwegischen Terroristen Anders Breivik unter anderem öffentlich geäußert haben, dieser sei "aus Verzweiflung" zum Massenmörder geworden.

Gerichtshof bestätigt Entlassung als Richter

Zudem soll Maier über die ZDF-Journalistin Marietta Slomka auf seiner offiziellen AfD-Facebook-Seite geschrieben haben: "GEZ abschaffen, Slomka entsorgen!". Dadurch habe Maier gegen das Mäßigungsgebot und die Verfassungstreuepflicht verstoßen, heißt es in der Klagebegründung. Maier hatte in der mündlichen Verhandlung die Vorwürfe zurückgewiesen. Zum Zeitpunkt der beiden Vorfälle war Maier noch Richter und unterlag daher einer besonderen Verfassungstreuepflicht.

Maier ist seit 1992 im Justizdienst tätig, zunächst als Staatsanwalt und später auch als Richter in Dresden. Von 2017 bis 2021 saß er für die AfD im Bundestag. Der sächsische Verfassungsschutz hatte ihn 2020 als rechtsextrem eingestuft. Weil er nicht mehr in den folgenden Bundestag gewählt wurde, wollte er zurück in sein Richteramt. Zunächst wurde er dem Amtsgericht Dippoldiswalde zugewiesen. Nach einer ersten Klage vor dem Dienstgericht wurde Maier im Dezember 2022 vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe bestätigte im Oktober 2023 die Entscheidung, dass Maier nicht mehr als Richter arbeiten darf.

Richterin: kein schweres Dienstvergehen

Die Vorsitzende des Dienstgerichts betonte, dass die Entfernung aus dem Dienst und der Verlust des Ruhegeldes die Höchstmaßnahme sei und nur durch schwere Dienstvergehen zu begründen sei. Dies sei hier aber nicht gegeben.

Maier selbst hatte sich in seinem letzten Wort als damals "aufsteigender Stern" und "Identifikationsfigur" in der sächsischen AfD bezeichnet. In der Diskussion im April 2017 habe er den Fehler gemacht, das Thema Breivik überhaupt angesprochen zu haben. "Damit habe ich es der linken Presse ermöglicht, eine Geschichte zu schreiben", sagte der 62-Jährige. Über den Fall Slomka sagte er, dass er den Post nicht abgesetzt und es ohnehin nicht seine Worte gewesen seien und es ihm leid tue, was dort passiert sei. (dpa/mig)

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MiGAZIN, 01.12.2024:

Rheinland-Pfalz-Studie / Jeder zweite Polizist lehnt muslimfeindliche Aussagen nicht ab

01.12.2024 - 15.04 Uhr

Nach George Floyd und rechtsextremen Chats in Polizeikreisen wurde in Rheinland-Pfalz eine Studie in Auftrag gegeben, die jetzt vorliegt. Laut Innenminister Ebling kann die Bevölkerung der Polizei vertrauen. Für Muslime und Flüchtlinge gilt das nicht.

Keine Hinweise auf strukturellen Rassismus, keine grundlegenden rechtsextremistischen Einstellungen, aber "Graubereiche", auf die geschaut werden soll - so lautet die offizielle Lesart einer Studie über die rheinland-pfälzische Polizei. "Die Ergebnisse machen deutlich, dass die Bevölkerung zu Recht in ihre Polizei vertrauen kann. Auf die Polizei ist Verlass", erklärte Innenminister Michael Ebling (SPD) bei der Vorstellung der Studie am Donnerstag in Mainz.

Ein Blick in die Studie zeigt jedoch, dass das nicht für alle Bevölkerungsgruppen gilt. Danach gibt es in der rheinland-pfälzischen Polizei eine sehr deutliche Ablehnung gegenüber antisemitischen Aussagen. Diese seien in der rheinland-pfälzischen Polizei sogar noch stärker als in der Bevölkerung insgesamt. Hinsichtlich muslim- und zuwanderungsfeindlichen Einstellungen "finden sich jedoch auch ausgeprägte Graubereiche", heißt es in der Studie.

Jeder zwei Polizeibeamte lehnt antimuslimische Aussagen nicht ab

Danach stimmten 17,5 Prozent der befragten Polizeibeamten in Rheinland-Pfalz antimuslimischen Aussagen zu, weitere 26,1 Prozent lehnte sie zumindest nicht ab. Bei Verwaltungsbeamten fielen diese Werte noch höher aus (23 beziehungsweise 30,2 Prozent). Eine klare Ablehnung ist lediglich bei 56,4 Prozent der befragten Polizisten und 46,9 Prozent der Verwaltungsbeamten gegeben. Heißt: Etwa jeder zwei Polizeibeamte in Rheinland-Pfalz stimmt antimuslimischen Aussagen zu oder lehnt sie zumindest nicht ab. "In der Wiederholungsbefragung zeigt sich, dass diese Einstellungen individuell recht stabil sind", heißt es in der Studie.

Ähnliche Werte zeigen sich bei der Frage, ob der Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland "unterbunden" werden soll. 56,4 Prozent der befragten Polizisten und 51,1 Prozent der Verwaltungsbeschäftigten lehnen diese Aussage ab. Alle anderen stimmen ihr zu (12,1 beziehungsweise 14,2 Prozent) oder lehnen sie zumindest nicht ab (31,4 beziehungsweise 34,8 Prozent). Bei der Frage, ob Einwanderer "verpflichtet" werden sollten "sich den deutschen Sitten anzupassen", fällt die Zustimmung deutlich größer aus. Drei von vier Polizisten stimmt dieser Aussage zu oder lehnen sie nicht ab (35,6 beziehungsweise 40,7 Prozent). Bei den Verwaltungsangestellten sind es sogar vier von fünf, die dieser Aussage zustimmen oder sie nicht ablehnen (45,5 beziehungsweise 36,5 Prozent).

"Ausgeprägte" Abwehrhaltung gegen Rassismus-Kritik.

Ein Erklärungsansatz hierfür ist den Wissenschaftlern zufolge, dass ein gutes Viertel der Polizisten Kontakte mit Muslimen und Zugewanderten als negativer wahrnimmt als Kontakte mit anderen Personen. Je mehr solcher Kontakte es gebe, desto negativer werde die Wahrnehmung. Andere Gründe seien persönliche Prägungen wie eine negative Weltsicht, oder das Gefühl, benachteiligt zu sein. Als Folge einer hohen Belastung bei der Arbeit sehen die Forscher solche negativen Einstellungen nicht.

Wie aus der Umfrage weiter hervorgeht, ist die rheinland-pfälzische Polizei zudem weit weg von einer kritischen Selbstreflexion. So stimmen rund 50 Prozent der Polizeibeamten der Aussage zu, es sei "Unsinn, dass bisher normale Wörter jetzt rassistisch sein sollen". In der Studie heißt es: "Eine große Mehrheit an Personen sowohl unter den Polizei- als auch bei den Verwaltungsbeamten wehrt rassismuskritische Aussagen ab." Die Studienautoren attestieren den Befragten eine "durchaus ausgeprägte" Abwehrhaltung gegen Rassismus-Kritik.

Hintergrund der Studie

Bei der Vorstellung der Studienergebnisse erinnerte Innenminister Ebling an den Fall des 2020 in den USA bei einem brutalen Polizeieinsatz ums Leben gekommenen George Floyd. Anschließend sei auch in Deutschland eine breite Debatte über Polizeigewalt entstanden. Außerdem gab es in anderen Bundesländern Rassismus-Vorwürfe und rechtsradikale Chat-Gruppen in Polizeikreisen. Vor dem Hintergrund entschied sich Rheinland-Pfalz wie einige andere Bundesländer auch, eine eigene Studie zur Landespolizei anzugehen. Los ging es dann am 17. Januar 2022 mit der ersten quantitativen Umfrage.

Dabei ging es darum, mehr über das Verhältnis zwischen der Polizei und der Gesellschaft herauszufinden, sowie über Einstellungen in der Polizei. Befragt wurden Polizisten sowie Mitarbeiter der Verwaltung der Polizei unter anderem auch nach Belastungen in ihrem Beruf und nach Werten. Die vom Land mit 622.000 Euro geförderte Studie mit dem Namen "Insider - Innere Sicherheit und Demokratische Resilienz. Bedingungen und Wechselwirkungen polizeilichen Handelns in der pluralen Gesellschaft" gliederte sich in einen soziologischen, psychologischen und politikwissenschaftlichen Teil, beteiligt waren Wissenschaftler der Uni Trier und der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität.

Blick tief in die Polizei

Für die Studie haben Wissenschaftler unter anderem Gruppengespräche und Einzelinterviews geführt. Polizisten wurden zu ihren eigenen Einstellungen befragt und mit Blick auf mögliches Fehlverhalten wurden die Beamten auch gefragt, ob sie so etwas bei Kolleginnen oder Kollegen beobachtet haben - das Spektrum erstreckte sich von einfachem Fehlverhalten - etwa Unhöflichkeiten - bis hin zu disziplinarwürdigem Fehlverhalten. Zu Letzterem könnte rassistisches Verhalten gehören.

Der Trierer Psychologie-Professor Conny Antoni, der Trierer Soziologe Martin Endreß sowie der Mainzer Politikwissenschaftler Kai Arzheimer sprachen von einer großen Offenheit der Polizisten gegenüber der Studie und verwiesen auf eine vergleichsweise hohe Teilnahme-Quote von rund 50 Prozent der Angehörigen der rheinland-pfälzischen Polizei - zumindest bei einer ersten Befragungswelle. Endreß sagte, so habe sich die Chance geboten, tief in die Polizei hineinzuschauen.

Kampf gegen rassistische Einstellungen

Aus der Erhebung leiten die Wissenschaftler eine Reihe von Handlungsempfehlungen ab: Wichtig wären den Wissenschaftlern positive dienstliche Kontakte mit Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Auch solle noch gezielter gegen antimuslimische und zuwanderungsfeindliche Einstellungen und Vorurteile vorgegangen werden und noch mehr Kontakt zu gesellschaftlichen Gruppen gesucht werden.

Die Polizei solle außerdem gewappnet werden gegen die Verbreitung von Verschwörungsmythen. Geraten wird auch zu einer noch ausführlicheren Nachbereitung von Einsätzen und zu einer weiteren personellen Aufstockung der rheinland-pfälzischen Polizei. Coaching- und Schulungsangebote müssten ausgebaut werden und auch die Zugangsvoraussetzungen zur Polizei überdacht werden. (dpa/mig)

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