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Nachrichten , 29.11.2024 :

Tages-Chronologie von Freitag, 29. November 2024

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Pressespiegel überregional


die tageszeitung, 29.11.2024:
Höchststand gemessen

Berliner Morgenpost Online, 29.11.2024:
III. Weg-Anhänger / Neonazis sollen aus Pankower Sportverein geworfen worden sein

Endstation Rechts., 29.11.2024:
Auf dem Weg zu gesichert rechtsextrem / Warum sich die AfD selbst hochstuft

Spiegel Online, 29.11.2024:
Leuna in Sachsen-Anhalt / AfD gedenkt deutscher Soldaten mit Nazi-Spruch und beschimpft Kritiker als "Denunzianten"

stern.de, 29.11.2024:
Brisante Forderung / AfD will Abtreibungen weitgehend einschränken

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www.hiergeblieben.de - Zusammenfassung - Freitag, 29. November 2024


Am 28. Juli 1941 wurde der 29 Jahre alte polnische Kriegsgefangene wie Zwangsarbeiter Stefan Bolewski - wegen einer Beziehung mit einer deutschen Frau - im Steinbruch in Ehrsen-Breden - am Galgen - erhängt.


www.archive.nrw.de/stadtarchiv-bad-salzuflen-0

www.stadt-bad-salzuflen.de/stadt-und-rathaus/zahlen-daten-fakten/historische-unterlagen

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Artikel-Einträge in der Datenbank:


Lippische Landes-Zeitung, 29.11.2024:
Mahnmal erinnert an Hinrichtung

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Lippische Landes-Zeitung, 29.11.2024:

Mahnmal erinnert an Hinrichtung

Das Werk eines Bildhauers soll 2025 an der Kilianskirche in Schötmar aufgestellt werden / Das ist die erschütternde Geschichte dahinter

Thomas Reineke

Bad Salzuflen-Schötmar. Stefan Bolewski wurde nur 29 Jahre alt. Der gebürtige Pole und Kriegsgefangene wurde Ende Juli 1941, knapp zwei Jahre nach dem Angriff von Nazi-Deutschland auf Bolewskis Heimatland, in einem Steinbruch in Breden erhängt - es war eine öffentliche Hinrichtung mit vielen Zuschauern, hat der ehemalige Leiter des Salzufler Stadtarchivs, Franz Meyer, recherchiert. Die Anklage lautete: Bolewski war eine Beziehung mit einer deutschen Frau eingegangen, was damals unter Strafe stand. Für den Polen bedeutete dies den Tod, für seine Geliebte eine mehrjährige Haftstrafe im KZ.

Mehr als 80 Jahre nach der Hinrichtung soll für Bolewski ein Mahnmal an der reformierten Kilianskirche im Zentrum von Schötmar aufgestellt werden. Die Initiative dazu geht vom Bad Salzufler Ratschlag für Vielfalt, Toleranz und Respekt aus. Erstellt hat das Mahnmal der Bad Salzufler Bildhauer Helmut Schön. "Jetzt suchen wir noch nach einem Termin für die Einweihung", sagt Jobst Flörkemeier vom Ratschlag. Dass künftig ein Mahnmal an die Gräueltaten der Nazis auch in der Kurstadt erinnert, ist auch dem Lions Club Bad Salzuflen zu verdanken. Dieser habe das Projekt großzügig finanziell unterstützt, so Flörkemeier. Eine weitere namhafte Spende kam von der Salzuflerin Gabriele Beermann.

Das Mahnmal zeigt gen Himmel gestreckte Streben, die menschlichen Armen gleichen, die verzweifelt und ausweglos um Hilfe flehen. Die fünfeckige Grundstruktur soll auf die Gemeinsamkeit aller Menschen (fünf Extremitäten, fünf Sinne) hinweisen. Die verengte Mitte steht laut Bildhauer Schön für deren Drangsal und Geknechtetsein. Die verstörende Form und die gebrochene Oberfläche dienen als Mahnung und Auftrag an die Lebenden, nie wieder ein derart verbrecherisches Regime, was den Tod von Millionen von Menschen verursacht hat, an die Macht kommen zu lassen. Die Initiatoren vom Ratschlag wollen mit dem Mahnmal zudem an alle geschundenen Kriegsgefangenen erinnern.

Auf Einladung der Stadt kamen 2016 fünf Angehörige des Hingerichteten aus Polen nach Salzuflen. Darunter mit Szymon Bolewski ein Großneffe des Ermordeten, dessen Internet-Recherche im Herbst 2015 dafür gesorgt hatte, dass die Familie über das Schicksal ihres Verwandten informiert werden konnte.

Einen besonderen Dank richteten die Hinterbliebenen damals an den ehemaligen Salzufler Stadtarchivar Franz Meyer. Dieser hatte 1996 zu dem Thema geforscht und die Ereignisse an Hand weniger Dokumente und vieler Gespräche mit Zeitzeugen rekonstruiert und in einem Aufsatz festgehalten. Allerdings war er auf Grund der Berichte seinerzeit davon ausgegangen, dass Stefan Bolewski ein Einzelkind war. Seine Suche nach Angehörigen war in den 1990-er Jahren trotz einer Anfrage beim Internationalen Suchdienst gescheitert.

In dem Aufsatz von Meyer über das Schicksal von Stefan Bolewski heißt es wörtlich: "Nach der menschenverachtenden, rassistisch geprägten Rechtsauffassung der NS-Justiz hatte er sein Leben verwirkt, da er als "Fremdvölkischer" ein Liebesverhältnis zu einer in Ehrsen-Breden ansässigen "deutschblütigen Frau" unterhalten hatte."

Die Frau selbst war wegen des ihr zur Last gelegten "Geschlechtsverkehrsverbrechens" zu einer mehrjährigen Konzentrationslager-Haft verurteilt worden. Wie Historiker Meyer seinerzeit der LZ erklärte, seien ihm die Namen der Geliebten und auch des Denunzianten, der das Paar verraten hatte, bekannt - er habe sie aber aus Gründen des Datenschutzes nicht veröffentlicht.

Menschen zweiter Klasse

Weiter konnte Franz Meyer Folgendes rekonstruieren: Nach dem Überfall der Wehrmacht auf Polen 1939 geriet Stefan Bolewski in Kriegsgefangenschaft. Anschließend wurde auch er als Zwangsarbeiter nach Deutschland deportiert. Bolewski war wohl seit 1940 auf einem Hof in Ehrsen tätig. Hier bezog er später auch eine private Wohnung.

Die polnischen Arbeitskräfte galten in den Augen der Nationalsozialisten allerdings als Menschen zweiter Klasse, die sich regelmäßig beim Wachtmeister melden mussten, sich nur in geringem Umfang frei bewegen und an keinen Veranstaltungen teilnehmen durften. Als Verbrechen schlechthin galt der NS-Justiz der sexuelle Kontakt zwischen Zwangsarbeitern und deutschen Frauen. "Da auf vielen Höfen in der Regel jeweils nur ein Zivilarbeiter zum Einsatz kam, ließ sich in der Praxis die von den NS-Ideologen geforderte Rassentrennung nur selten realisieren. Faktisch besaßen zahlreiche Polen einen regelrechten Familienanschluss", schreibt Meyer in seinem Aufsatz.

Das Verhältnis von Stefan Bolewski zu einer ebenfalls auf dem Hof in Ehrsen tätigen Frau eines Wehrmachts-Soldaten war Anfang 1941 durch einen Nachbarn verraten worden. Ein Sondergericht in Bielefeld folgte der Strafempfehlung der Gestapo und verurteilte den Polen zum Tode. Die Hinrichtung erfolgte öffentlich und symbolisch in dem Bereich, in dem Stefan Bolewski auf den Feldern gearbeitet hatte.

Zwangsarbeiter müssen zusehen

Während Hunderte Schaulustige freiwillig zum Steinbruch gekommen waren, zwangen die Nazis zur Abschreckung noch rund 80 polnische Zwangsarbeiter, an dem am Galgen hängenden Opfer vorbei zu gehen, so Meyer. Der Hintergrund: Auch in Bad Salzuflen sind während des Zweiten Weltkriegs Hunderte Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter eingesetzt worden, um den Aderlass an deutschen Männern für den Fronteinsatz auszugleichen. Wie in jedem größeren Unternehmen im "Dritten Reich" waren nach Angaben von Historiker Meyer beispielsweise bis zu 70 Zwangsarbeiter zeitgleich in den Hoffmann‘s Stärkefabriken im Einsatz - zunächst französische, später russische Kriegsgefangene.

Stefan Bolewski gehörte laut Meyer vermutlich zu den 813 polnischen Kriegsgefangenen, die Anfang Januar 1940 für die lippische Landwirtschaft abgestellt wurden. Die einzelnen Arbeitskommandos mit einer Stärke von etwa 20 Mann wurden über die einzelnen Dörfer verteilt, wo sie in der Regel in Gaststätten, leer stehenden Schulen oder auf Gütern in Lagern untergebracht waren. Später lebten die Zwangsarbeiter dann oft unter strengsten Auflagen auf "ihren" jeweiligen Höfen. Ähnlich der Stigmatisierung durch den "Judenstern" mussten auch die polnischen Zwangsarbeiter stets sichtbar ein Zeichen auf der rechten Brustseite der Kleidung tragen - ein violettes "P"auf gelbem, violett umrahmten Grund.

Kontakt zum Autor: treineke@salzeagentur.de

Bildunterschrift: 2016 haben Angehörige von Stefan Bolewski den Ort seiner Hinrichtung in einem ehemaligen Steinbruch in Breden besucht. Möglich gemacht hat die Aufklärung des Schicksal des von den Nazis ermordeten Polen Ex-Stadtarchivar Franz Meyer (rechts).

Bildunterschrift: So sieht das Mahnmal aus, das demnächst an der Kilianskirche in Schötmar aufgestellt werden soll.

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