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7 Artikel , 26.11.2024 :

Pressespiegel überregional

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Übersicht:


Westfalen-Blatt, 26.11.2024:
Entführung geplant: Haftstrafe

die tageszeitung, 26.11.2024:
Reichsbürger verurteilt / Haftstrafe wegen geplanter Entführung von Karl Lauterbach

tagesschau.de, 26.11.2024:
Medienagentur sorgte für Aufsehen / Die umstrittenen AfD-Wahlkampfhelfer

Welt Online, 26.11.2024:
Thüringer AfD-Chef / Höcke lobt Artikel mit nationalsozialistischer Karikatur aus SS-Zeitung

n-tv.de, 26.11.2024:
Thüringer will Landes-AfD führen / Björn Höcke verzichtet auf Bundestagskandidatur

Endstation Rechts., 26.11.2024:
Klaus Esser / AfD-NRW: Hausdurchsuchung bei Ex-AfD-Landesvize wegen Titelmissbrauchs

Kölner Stadt-Anzeiger Online, 26.11.2024:
Polit-Krimi in Kölner Region / Razzia bei AfD-Politiker Klaus Esser

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Westfalen-Blatt, 26.11.2024:

Entführung geplant: Haftstrafe

Frankfurt / Main (dpa). Ein so genannter Reichsbürger, der sich an einem gewalttätigen Umsturz und der Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beteiligen wollte, ist zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Frankfurt sah es als erwiesen an, dass der Mann sich an der Vorbereitung von Hochverrat beteiligte und Mitglied in einer terroristischen Vereinigung war.

Der heute 62-Jährige aus dem Odenwald hatte der so genannten Kaiserreichsgruppe angehört, die einen Umsturz in Deutschland plante. Dabei hatte er sich unter anderem bereit erklärt, die dazu nötigen Waffen in seiner Garage zwischen zu lagern.

Die Polizei hatte mehrere verdeckte Ermittler in die Gruppe eingeschleust, im April 2022 wurden die ersten Gruppenmitglieder festgenommen. In seinem letzten Wort hatte der Mann erklärt, er bereue seine Tat. Er sitzt seit Herbst 2023 in Untersuchungshaft.

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die tageszeitung, 26.11.2024:

Reichsbürger verurteilt / Haftstrafe wegen geplanter Entführung von Karl Lauterbach

Ein mutmaßlicher Reichsbürger ist wegen der geplanten Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Montag zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der 62-jährige Wilhelm P. sei schuldig befunden worden, sich als Mitglied an der terroristischen "Kaiserreichsgruppe" sowie an der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gegen den Bund beteiligt zu haben, teilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit.

Der Angeklagte aus dem südhessischen Landkreis Bergstraße habe sich ab Mitte März 2022 bis zur Zerschlagung der Vereinigung einen Monat später als Mitglied an einer Vereinigung beteiligt, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland habe beseitigen wollen, befand das Gericht. Diese sollte durch ein autoritär geprägtes Regierungssystem nach dem Vorbild des Deutschen Reiches von 1871 ersetzt werden. P. habe seine Bereitschaft erklärt, daran mitzuwirken und Waffen in seiner Garage zu lagern.

Die Verschwörer hatten laut Urteil vor, durch Sprengstoffanschläge auf die Energieversorgung einen wochenlangen bundesweiten Stromausfall herbeizuführen. Die Bevölkerung hätte von der Medienberichterstattung abgeschnitten werden sollen. Die Vereinigung habe geplant, Lauterbach unter Anwendung von Waffengewalt zu entführen. Schließlich habe die Gruppe eine Verfassung nach dem Vorbild der deutschen Reichsverfassung aus dem Jahr 1871 in Kraft setzen zu wollen.

Zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigte das Gericht dessen Geständnis. P. hatte eingeräumt, einen großen Fehler gemacht zu haben. Der Verurteilte kam im Oktober 2023 in Untersuchungshaft und bleibt in Haft. Das Urteil ist rechtskräftig. (epd)

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tagesschau.de, 26.11.2024:

Medienagentur sorgte für Aufsehen / Die umstrittenen AfD-Wahlkampfhelfer

26.11.2024 - 10.43 Uhr

Die AfD wird im anstehenden Wahlkampf auch mit einer umstrittenen Medienagentur zusammenarbeiten. Die sorgte mit einem rassistischen KI-Video für Aufsehen. Für Spitzenkandidatin Weidel könnte das zum Problem werden.

Von Julie Kurz und Kilian Pfeffer, ARD-Hauptstadtstudio

Es war der "Sommerhit" in extrem rechten Kreisen: der Atzen-Party-Hit "Hey, was geht ab, wir feiern die ganze Nacht" mit neuem Text - "Hey, das geht ab, wir schieben sie alle ab." Im Video dazu tanzen KI-generierte blonde Stewardessen, schneidige Kapitäne lachen, Menschen mit Migrationshintergrund besteigen ein Abschiebeflugzeug. Verbreitet wurden diese Szenen in einem rassistischen Video der AfD-Jugendorganisation.

Auch bei der Wahlparty der AfD nach der Landtagswahl in Brandenburg wurde der Song gegrölt. Verantwortlich dafür: die Medienagentur Tannwald, deren Gründer und Geschäftsführer der Rechtsextremist Alexander Kleine ist.

In den Sozialen Netzwerken prahlt die Agentur mit ihren AfD-Aufträgen: Es sei "ganz besonders wild" gewesen. Und frohlockt: "Die nächsten Herzensprojekte liegen schon vor uns." Ein solches Projekt könnte die AfD-Kampagne zur Bundestagswahl sein. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios hat sich der Bundesvorstand der AfD darauf geeinigt, Tannwald den Zuschlag für Social-Media-Aktionen der Partei zu erteilen.

Abschieben als Online-Spiel

Was die Agentur konkret plant, ist noch nicht bekannt. Allerdings sorgte Tannwald nicht nur mit dem KI-generierten Video für Aufsehen, sondern auch mit einem Online-Spiel. Darin soll der Nutzer "Gleichgesinnte" rekrutieren, Migranten abschieben und Regenbogenflaggen durch Deutschlandflaggen ersetzen. Man kann sich also ausmalen, was zu erwarten ist von der Agentur.

Die Kampagne soll gemeinsam mit der Agentur Republic Relations entwickelt werden, die bereits Erfahrung mit dem Bundeswahlkampf 2021 hat. Damals lautete der Slogan: "Deutschland. Aber normal." Wie man hört, steht der Slogan für den Bundeswahlkampf 2024 bereits fest. Er soll Anfang Dezember zusammen mit der Vorstellung der Kanzlerkandidatin Alice Weidel präsentiert werden.

Wirtschaft, Energie und Migration sollen die zentralen Themen des Wahlkampfs sein. Der Begriff "Remigration" dürfte zumindest bei einigen Landesverbänden und einzelnen Mitgliedern immer wieder eine Rolle spielen, wie sich am Wochenende zeigte. Auf ihrem Landesparteitag in Greding beschloss die bayerische AfD mit großer Mehrheit eine "Bayerische Resolution für Remigration", die massenhafte Abschiebungen von Ausländern in ihre Herkunftsländer fordert.

Maximilian Krah plant Comeback

Auch Maximilian Krah, bekannt für seine Alleingänge, lancierte vergangene Woche ein "Remigrationsvideo" in einem Barbershop. Darin diskutiert er mit einem Barbier mit Migrationshintergrund. Auf die Frage, ob Krah wolle, dass alle verschwinden, antwortet er: "Es gibt Leute, die müssen raus." Das Video wurde bei TikTok bereits über eine Million Mal geklickt.

Sollte die Parteispitze gehofft haben, Krah werde an Bedeutung verlieren, nachdem sie ihn zur Seite geräumt hatte, hat sie sich getäuscht. Krah war bei der Parteiführung in Ungnade gefallen, nachdem er im Europa-Wahlkampf früher im Jahr in einer italienischen Zeitung als relativierend wahrgenommene Äußerungen zur nationalsozialistischen SS gemacht hatte. Zusätzlich gibt es Ermittlungen gegen einen Ex-Mitarbeiter wegen mutmaßlicher Spionage für China. In Folge dessen wurde Krah nicht Teil der AfD-Delegation im Europa-Parlament.

Nun aber plant er offenbar ein Comeback. Er will in den Bundestag. Das Gerücht gibt es schon seit Wochen. Aktuell gebe es Gespräche mit verschiedenen AfD-Kreisvorsitzenden, bestätigte Krah dem ARD-Hauptstadtstudio.

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Welt Online, 26.11.2024:

Thüringer AfD-Chef / Höcke lobt Artikel mit nationalsozialistischer Karikatur aus SS-Zeitung

Von Frederik Schindler, Politikredakteur

Der AfD-Politiker Björn Höcke verbreitet einen Artikel, der es in sich hat: antisemitische Codes und eine Karikatur eines nationalsozialistischen Cartoonisten, die Amerika als Monster darstellt und 1944 in einer Zeitung der SS erschienen ist. Wie reagiert er auf eine Anfrage dazu?

Die Karikatur zeigt Amerika als monströse Gestalt: Zu sehen sind Flügel mit dem Abzeichen der US-Luftstreitkräfte, eine Ku-Klux-Klan-Kapuze und eine Freimaurer-Schürze mit einem Davidstern. Um die eine Hand trägt die Kreatur einen Strick, in der anderen Hand einen Geldsack, an den sich ein Mann mit Nadelstreifen-Hose und einer übergroßen und stark nach unten gebogenen Nase klammert. In der antisemitischen Bildsprache stellt eine solche Hakennase wohl das bekannteste Symbol des vermeintlich Jüdischen dar.

Zudem zeigt die Karikatur stereotyp und entwürdigend gezeichnete Schwarze und einen Schriftzug, in dem der afroamerikanische Swing-Tanz Jitterbug ironisch als "Triumph der Zivilisation" verunglimpft wird. Das Paar ist nackt und in einen Vogelkäfig gesperrt und soll Afroamerikaner damit als animalisch, degeneriert, hypersexuell, primitiv und im Widerspruch zur "arischen Herrenrasse" präsentieren. Die riesige Kreatur besteht aus Körperteilen, die Facetten der amerikanischen Kultur darstellen sollen, die den Idealen des Nationalsozialismus zuwiderlaufen.

Das Propaganda-Plakat kritisiert vermeintliche Übel Amerikas: als dekadent und unmoralisch behauptete Schönheitswettbewerbe, eine unterstellte sexuelle Laxheit von Frauen, Gangstertum, Waffengewalt, Kriegseifer, Kapitalismus und Materialismus - und, wie es in der zutiefst rassistischen Sprache der Nationalsozialisten hieß, "entartete Musik" sowie eine "Verniggerung der abendländischen Kulturwerte". Ein Bein des Monsters besteht aus einer Bombe. Unter der Bombe ist das Holstentor in Lübeck zu sehen. Der Vorwurf: Amerika zerstöre die europäische Kultur. Die Zeichnung bedient damit zahlreiche antiamerikanische und antisemitische Motive.

Erschienen ist die Karikatur im Jahr 1944 in der niederländischen SS-Zeitung "Storm SS". Die Zeitung erschien zwischen April 1941 und Mai 1945 und war das Wochenblatt der Germanischen SS in den Niederlanden. Dabei handelt es sich um eine ausländische Einheit der Schutzstaffel (SS), dem wichtigsten Instrument der nationalsozialistischen Terrorherrschaft. Der Cartoonist Harald Damsleth hat die Karikatur gezeichnet. Damsleth war Mitglied der nationalsozialistischen norwegischen Partei Nasjonal Samling, die während des Zweiten Weltkriegs mit den deutschen Besatzern Norwegens kollaborierte. Seine Zeichnungen sollten die SS-Verbände zum Weiterkämpfen motivieren und in der Zivilbevölkerung Angst vor amerikanischen und sowjetischen Soldaten befeuern.

Nun hat der Thüringer AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke die Karikatur verbreitet. Bereits am 30. Oktober teilte er auf seinen Kanälen einen Artikel des neurechten Publizisten Klaus Kunze, der einen Tag zuvor im neurechten Online-Medium "Wir selbst" erschienen war. Gleich zu Beginn präsentiert der Artikel die Karikatur - ohne einen Hinweis auf deren NS-Herkunft oder jegliche Einordnung. Dazu schreibt Kunze: "Was die da oben als "unsere Demokratie" mit Zähnen und Klauen verteidigen, ist tatsächlich: ihre Demokratie. Sie haben das politische System so genannt, weil der Begriff massentauglich ist und vielversprechend klingt. Wollten nicht schon die USA die ganze Welt safe for democracy machen? In Deutschland ist es ihnen gelungen."

Höcke lobte den Artikel in seinem Posting als "lesenswert" und schrieb dazu: "Wer die Bundesrepublik Deutschland im Brustton der Überzeugung als Demokratie (Volksherrschaft) bezeichnet, lebt entweder von ihr oder ist nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte." Und: "Klaus Kunze stellt zu Recht die Frage, wer und in welchem Interesse Deutschland regiert wird."

"Geschichtsrevisionistische Verdrehungen"

Das Forschungsprojekt "Geschichte statt Mythen" der Friedrich-Schiller-Universität Jena erkennt in dem von Höcke verbreiteten Artikel "antisemitische Codes, offenen Antiamerikanismus, geschichtsrevisionistische Verdrehungen und direkte Bezügen auf faschistische Denker". Das Universitätsprojekt analysiert Geschichtsrevisionismus in Thüringen und wird von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft finanziert.

Kunze schreibt in dem Text etwa von einem "global agierenden reinen Finanzkapitalismus". Folge man der Spur des Geldes, finde man "die großen Mitspieler im Hintergrund: häufig in Übersee wohnende Finanzoligarchen, die durch ihre NGOs und vielerlei Stiftungen, Beteiligungen und personellen Verflechtungen von außen in innerstaatliche Willensbildungsprozesse eingreifen".

Die reichsten Leute könnten "mit ihrer Geldmacht die internen Spielregeln einzelner Staaten unterwandern und diese nach ihren Bedürfnissen subtil lenken", heißt es in dem von Höcke verbreiteten Artikel weiter. "Wer in Deutschland wirklich regiert, wird sich finden. Es sind jedenfalls Angehörige der Funktionseliten, die ihr finanzielles Auskommen und damit wieder ihre Geldmacht darin finden, "ihre Demokratie" um jeden Preis aufrechtzuerhalten." Die "Plutokratie" wasche "unseren Landsleuten tagtäglich die Gehirne mit einer globalistischen Propaganda" und zerstöre "das nationale Selbstbewußtsein unseres Volkes".

"Welt" fragte Höcke mehrfach an, wie er die Karikatur bewertet und ob ihm bekannt war, dass es sich um eine Zeichnung eines nationalsozialistischen Cartoonisten handelt, die in einer SS-Zeitung veröffentlicht wurde. "Welt" fragte Höcke außerdem nach einer Beantwortung der seiner Meinung nach zu Recht aufgeworfenen Frage, wer Deutschland regiere und "in welchem Interesse Deutschland regiert" werde. Der AfD-Landeschef ließ die Anfragen unbeantwortet.

Im November 2015 hatte Höcke während einer Rede im Institut für Staatspolitik, einer Denkfabrik der Neuen Rechten, gesagt: "Taten sind nichts für unsere Pseudo-Elite." Und: "Diese Pseudo-Elite, die ist ja im Windschatten der Weltgeschichte entstanden. Sie war ja niemals Tat-Elite und musste ja auch niemals Tat-Elite sein." Der Begriff "Tat-Elite" war eine Selbstbezeichnung der SS. Laut dem Historiker Bastian Hein, der über die Geschichte der SS habilitiert hat, betonte etwa die SS-Führerschaft häufig, dass die NS-Organisation eine "Tat-Elite" sei, die nicht durch ihre Worte besteche, sondern durch ihr Handeln.

Im Strafprozess auf Grund Höckes Verwendung der SA-Parole "Alles für Deutschland" hatte Oberstaatsanwalt Ulf Lenzner den AfD-Politiker im April dieses Jahres an die Verwendung des Begriffs "Tat-Elite" erinnert. "Sie bedienen sich in auffälliger Weise einer Sprache, die den Schluss zulässt, dass Sie recht detaillierte historische Kenntnisse über das Vokabular im Dritten Reich haben", sagte Lenzner damals. Höcke rechtfertigte sich im Verhandlungssaal, dass die Sprache "genauso im 19. Jahrhundert zu finden" sei.

Im Gerichtsurteil heißt es: "Die Kammer ist auf Grund der Persönlichkeit des Angeklagten und seiner Einstellung zur Nomenklatur des Nationalsozialismus zweifelsfrei davon überzeugt, dass er die Parole in Kenntnis ihres Verbotes absichtlich ausgesprochen hat, um diese so wieder zu beleben." Höcke selbst hatte im Prozess gesagt, dass er "völlig unschuldig" sei und sich "nichts vorzuwerfen" habe.

Bildunterschrift: Thüringer AfD-Chef Björn Höcke.

Bildunterschrift: Ein von Höcke verbreiteter Artikel zeigt diese antiamerikanische NS-Karikatur aus dem Jahr 1944.

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n-tv.de, 26.11.2024:

Thüringer will Landes-AfD führen / Björn Höcke verzichtet auf Bundestagskandidatur

26.11.2024 - 12.00 Uhr

Von Martin Debes und Martin Schmidt

Alice Weidel hat eine Sorge weniger: Björn Höcke bleibt in Thüringen. An seiner Stelle kandidiert Co-Landeschef Möller für den Bundestag - und verlässt die Parteispitze.

Björn Höcke wagt offenbar auch diesmal nicht den Sprung nach Berlin. Nach Informationen von "Stern" und ntv hat sich der rechtsextreme Landes- und Fraktionsvorsitzende der Thüringer AfD gegen eine Kandidatur für den Bundestag entschieden. Stattdessen soll sein Co-Landeschef Stefan Möller antreten. Damit verbunden ist eine Neuorganisation der Landespartei. Möller soll aus der Doppelspitze ausscheiden, damit Höcke die Landespartei allein führen kann. Im Gegenzug ist nach Informationen von "Stern" und ntv die neue Position eines Generalsekretärs geplant.

Der Generalsekretär soll sich um die Partei-Organisation kümmern, was bisher vor allem Möllers Aufgabe war. "Höcke müsste sonst aus seinem Elfenbeinturm heraus", sagte ein Parteifunktionär, der seit vielen Jahren eng mit dem Landeschef zusammenarbeitet. Höcke lege zwar die Linien fest. Doch um den politischen Alltag, um die Disziplinierung der Partei kümmere er sich kaum. Für die Position des Generalsekretärs wird insbesondere der Landtagsabgeordnete Daniel Haseloff gehandelt.

Die Einer-Spitze plus Generalsekretär ist auch das Modell, das Höcke für die Gesamtpartei favorisiert. Ein entsprechender Antrag für eine Satzungsänderung war aber auf dem Bundesparteitag in Essen im Sommer vertagt worden.

Höcke will am Mittwoch die Landtagsfraktion informieren. Am Donnerstag ist ein Gespräch mit den Parteivorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla in Berlin geplant. In der Partei hielt sich zuletzt das Gerücht, dass Höcke mit diesem Termin seinen Wechsel in den Bundestag vorbereiten wolle. Doch nicht nur Weidel, die sich formal mit Höcke arrangiert hat, stand einem möglichen Wechsel kritisch gegenüber.

Muss Brandner verzichten?

Die Thüringer Satzungsänderung soll auf dem Landesparteitag am 14. Dezember beschlossen werden. Dort ist turnusgemäß die Neuwahl des Landesvorstands angesetzt. Danach wird die Liste für die Bundestagswahl bestimmt.

Unklar ist bisher, ob Co-Landeschef Möller dann auch nach der Thüringer Spitzenkandidatur greift. Bei den Bundestagswahlen 2017 und 2021 stand Stephan Brandner auf Platz 1 der Landesliste. Er war erst im Sommer dieses Jahres mit Bestergebnis als stellvertretender Vorsitzender der Bundespartei bestätigt worden und hat intern erneut seinen Anspruch auf den Spitzenplatz angemeldet. In der Partei hieß es, dass eine Kampfabstimmung vermieden werden soll.

Möller würde im Wahlkreis 189 (Eisenach-Wartburgkreis-Unstrut-Hainich-Kreis) antreten, der 2021 erstmals von der AfD gewonnen wurde, aber jetzt frei wird. Nach internen Streitigkeiten hat die Landesführung ein Ausschlussverfahren gegen den Wahlkreis-Abgeordneten Klaus Stöber eingeleitet.

Bundestagsfraktion als Risikofaktor für Höcke

Schon 2017 und 2021 hatte Höcke eine Bundestagskandidatur erwogen, dann aber abgesagt. Auch diesmal konnte er nicht damit rechnen, in der künftigen Bundestagsfraktion einen herausgehobenen Posten zu erhalten. Vertraute aus dem früheren rechtsextremen "Flügel" befürchteten zudem, dass Höckes parteiinterne Gegner versuchen könnten, ihm die Aufnahme in die Fraktion zu verweigern. Dennoch hieß es in der Partei, Höcke habe es diesmal tatsächlich ernst gemeint: Er suche eine neue Rolle in der Partei und ein anderes Image in der Öffentlichkeit.

Nun jedoch scheint klar zu sein: Der Landeschef will als alleiniger Landeschef seine Machtposition in Thüringen ausbauen. Parallel dazu führt er weiterhin die inzwischen größte Fraktion im Thüringer Landtag, die mit mehr als einem Drittel der Abgeordneten eine Sperrminorität besitzt. Das heißt: Für alle Entscheidungen, die eine Zweidrittel-Mehrheit benötigen, müssen die anderen Parteien auf ihn zugehen.

Bildunterschrift: Höcke führt seit 2013 den Thüringer Landesverband und seit 2014 die AfD-Fraktion in Thüringen an.

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Endstation Rechts., 26.11.2024:

Klaus Esser / AfD-NRW: Hausdurchsuchung bei Ex-AfD-Landesvize wegen Titelmissbrauchs

Mitte des Jahres wurden Vorwürfe gegen den nordrhein-westfälischen AfD-Landtagsabgeordneten Klaus Esser öffentlich, wonach er bei seiner Bewerbung als Landesgeschäftsführer der AfD-NRW gefälschte Hochschul-Zeugnisse vorgelegt habe. Heute Vormittag fand in diesem Zusammenhang eine Hausdurchsuchung in Düren statt.

Michael Klarmann

Der Staatsanwaltschaft Aachen liegen im Fall Esser Strafanzeigen respektive Strafanträge vor. Eines der Dokumente soll der AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich aus Dortmund eingereicht haben. Am Dienstagmorgen wurde nun Essers Privatwohnung in Düren durchsucht. Medienberichten zufolge wurden dabei vor allem Datenträger sichergestellt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Aachen geht es um den Verdacht des Titelmissbrauchs und der Urkundenfälschung.

Dieser Vorwurf gegen den damaligen stellvertretenden AfD-Landesvorsitzenden und Vize-Fraktionsvorsitzenden im nordrhein-westfälischen Landtag war Mitte des Jahres im Zuge heftiger parteiinterner Machtkämpfe bekannt geworden. Der Burschenschafter war bis dahin auch Kreisvorsitzender der AfD in Düren und Vorsitzender der dortigen Kreistagsfraktion.

Parteiausschlussverfahren eingeleitet

Inzwischen ist Esser von allen Ämtern und Funktionen zurückgetreten, gegen ihn wurde ein Parteiausschlussverfahren (PAV) eingeleitet. Bekannt geworden war auch, dass der Kreisverband Düren neue Parteimitglieder aufgenommen hatte, die nicht im Kreisgebiet wohnten. Esser wurde parteiintern vorgeworfen, mit diesen Mitgliedern die Macht seines Kreisverbandes aufgebauscht zu haben, da man so etwa auf Parteitagen mehr Delegierte hätte stellen können.

Laut Bericht der Wochenzeitung "Zeit" über das "System Klaus Esser" wird dem Dürener AfD-Mann parteiintern vorgeworfen, Parteifreunde angewiesen zu haben, Scheinadressen für Neumitglieder zu schaffen. Auch in diesem Fall wird offenbar ermittelt. Darüber hinaus liegt Medienberichten zufolge noch eine Strafanzeige wegen des Vorwurfs der Geldwäsche vor (siehe unten). Esser hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe weitgehend bestritten.

Nähe zur Kleinkriminalität?

Die "Zeit" hatte in einem längeren Artikel über eine Reihe von neuen Vorfällen, juristischen Schritten und neuen Vorwürfen berichtet. Diese rückten Esser zumindest vage in die Nähe der Kleinkriminalität. So soll er einem sozialen Verein, den er selbst als Kassierer mit aufgebaut hatte, ein fragwürdiges privates Darlehen vermittelt haben.

Esser soll auch das System der Scheinadressen mit aufgebaut haben, berichtete die Wochenzeitung weiter. Menschen, die über all das ausgepackt oder Anzeige erstattet hätten, seien von Rockern und Männern mit mutmaßlicher Nähe zum kleinkriminellen Milieu bedroht worden. Gleichzeitig habe Esser rechtliche Schritte gegen seine Gegner eingeleitet, berichtete die Hamburger Wochenzeitung weiter.

Rechtliche Schritte gegen Kritiker und Medien

Kurz darauf berichtete der "Kölner Stadt-Anzeiger" wieder über den Fall Esser. Der Kölner Zeitung sagte dieser, er werde rechtliche Schritte gegen die Berichterstattung der Wochenzeitung anstrengen. Vor Wochen wählte dann der AfD-Kreisverband Düren einen neuen Vorstand. Auffällig ist, dass sich im neuen Vorstand eher das Esser-Lager durchgesetzt hat und offenbar eine scharfe Kritikerin Essers dem neuen Vorstand nicht mehr angehört.

Auch hatten mehrere Medien darüber berichtet, dass der Fall Esser für erhebliche Unruhe in der AfD bis hin zur Bundesspitze gesorgt habe. Immer wieder kursierten in Medienberichten und Parteikreisen Hinweise, dass die NRW-Landesliste für die Bundestagswahl wackeln könnte. Gerade weil der Kreisverband Düren falsche Mitglieder aufgenommen hatte, hatte auch die Landeswahlleiterin eine Stellungnahme der AfD dazu eingefordert. Die Landesliste soll nun wohl Anfang Januar in Marl gewählt werden.

Laut "Zeit" werde zudem in der AfD "gerätselt, warum man Esser nicht fallen lässt". Aufschluss gebe "womöglich eine Nachricht, die Esser an einen Parteifreund geschrieben hat ( … ). Darin kokettiert er damit, "einen gut gefüllten Giftschrank gegen alle möglichen Leute" zu haben. In einer Fraktionssitzung ( … ) soll er gedroht haben, die Hälfte der Anwesenden mit in den Abgrund zu reißen, sollte man ihn aus der Partei werfen."

Bildunterschrift: Beim AfD-Landtagsabgeordneten Klaus Esser kam es zu einer Hausdurchsuchung.

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Kölner Stadt-Anzeiger Online, 26.11.2024:

Polit-Krimi in Kölner Region / Razzia bei AfD-Politiker Klaus Esser

26.11.2024 - 12.37 Uhr

Von Oliver Auster

Es geht um den Verdacht des Betrugs und Titelmissbrauchs - hat der Politiker aus Düren Hochschulabschlüsse gefälscht?

Die Polizei hat am Dienstagmorgen die Privatwohnung des AfD-Abgeordneten Klaus Esser in Düren durchsucht. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft Aachen dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Es geht demnach um den Verdacht des Titelmissbrauchs und der Urkundenfälschung. Esser soll Hochschulabschlüsse für einen Job bei der AfD gefälscht haben.

"Es wurden Datenträger sichergestellt, die nun ausgewertet werden", so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Esser selbst war am Dienstag zunächst nicht für den "Kölner Stadt-Anzeiger" zu erreichen. Zur Fraktionssitzung der AfD am Vormittag im Landtag war er nicht erschienen.

AfD-Bundestagsabgeordneter Matthias Helferich hatte Esser im August angezeigt

Die Staatsanwaltschaft hatte über fast vier Monate geprüft, was an den Vorwürfen gegen Esser dran ist. Ausgangspunkt war die Anzeige eines parteiinternen Gegenspielers. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich hatte Esser nach eigenen Angaben im August angezeigt, weil der gefälschte Unterlagen bei seiner Bewerbung als Landesgeschäftsführer der AfD eingereicht haben soll.

Unter anderem geht es nach einem früheren Bericht der "Rheinischen Post" um einen angeblichen Master-Abschluss in Rechtswissenschaften an der Fern-Uni Hagen. Esser hatte den Job letztlich unter anderem wegen seiner vermeintlichen Abschlüsse bekommen und 2020 angetreten. Später rückte er als Abgeordneter für die AfD in den Landtag ein.

Im Kreisverband Düren läuft ein Verfahren zum Parteiausschluss

Seit Kurzem läuft wegen der Fälschungsvorwürfe und mutmaßlichen Schummeleien bei der Aufnahme von Neumitgliedern in Essers Kreisverband Düren ein Parteiausschlussverfahren gegen den Politiker. Zuvor hatte er bereits seinen Posten als Fraktionsvize im Landtag geräumt. Esser hatte die Vorwürfe bislang allerdings bestritten.

Neben der Anzeige von AfD-Rechtsaußen Helferich, der im erbitterten Streit mit AfD-Chef Martin Vincentz steht, wurden bei der Staatsanwaltschaft noch weitere Vorwürfe eingereicht. Unter anderem wurde Esser wegen des Verdachts der Geldwäsche angezeigt. Dabei geht es um ein Darlehen an einen Verein durch einen Dritten und die teilweise Rückzahlung auf Essers Konto.

Dieser Vorgang liegt dem Vernehmen nach schon viel länger bei der Staatsanwaltschaft, hat mit der aktuellen Razzia aber nichts zu tun. Esser hatte in diesem Fall gegenüber der "Zeit" beteuert, dass die besagte Zahlung korrekt und vertraglich geregelt gewesen sei.

Für AfD-NRW-Chef Vincentz kommt das Ermittlungsverfahren gegen Esser zur Unzeit. Gerade hatte er mit dem Vorstand die Aufstellungsversammlung für die Landesliste zur Bundestagswahl festgezurrt: Vom 2. bis zum 6. Januar soll das in Marl stattfinden. Auch Vincentz Erzfeind Helferich wird dabei sein, er wurde bereits als Direktkandidat in Dortmund aufgestellt, könnte sich auch um einen Listenplatz bewerben.

Bildunterschrift: Nun im Visier der Staatsanwaltschaft: der AfD-Landtagsabgeordnete Klaus Esser aus Düren.

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