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Westfalen-Blatt ,
22.11.2024 :
Kommentar / Der Langmut der Justiz im Fall Haverbeck
Von Christian Althoff
"Nie wieder!" Entschlossenheit spricht aus diesen beiden Worten, die dafür stehen, Antisemitismus in Deutschland nie wieder hochkommen zu lassen. Eine Entschlossenheit, die Teile der deutschen Justiz in den vergangenen Jahrzehnten haben vermissen lassen, wenn es um die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck und deren Sympathisanten ging.
War es das hohe Alter der Straftäterin? Waren es ihre weißen Haare, ihre Freundlichkeit und ihre Eloquenz, die dazu führten, das die Frau anders behandelt wurde als andere Neonazis?
Nachdem Haverbeck 2016 vom Amtsgericht Bad Oeynhausen zu elf Monaten Haft verurteilt worden war, konnte der rechte Mob, der aus vielen Teilen Deutschlands angereist war, die gerade Verurteilte in der Eingangshalle des Gerichts frenetisch feiern und hochleben lassen. Es war zwar eine Einsatzhundertschaft vor Ort, aber die bekam nicht den Auftrag, das Hausrecht durchzusetzen - und so wurde weiter lautstark gefeiert und gegrölt.
Als Haverbeck 2017 vor dem Landgericht Detmold stand, bekam sie für ihre Aussagen immer wieder Applaus aus dem Zuschauerraum. Der Richter ließ den Nazi-Mob gewähren und schritt erst nach dem fünften Mal ein.
Den größten Langmut aber bewies die Hamburger Justiz. Das dortige Amtsgericht hatte Haverbeck 2015 wegen Volksverhetzung zu einer Haftstrafe verurteilt, und Haverbeck ging wie immer in Berufung. Das Landgericht brauchte fast neun (!) Jahre, um einen Termin für die Berufungsverhandlung anzusetzen - was dann zwangsläufig zu einer erheblichen Minderung der Strafe führte.
Seit Juli 2022 war zudem eine Haftstrafe der Berliner Justiz rechtskräftig. Fast zweieinhalb Jahre sind seitdem vergangen. Zweieinhalb Jahre, in denen es die Staatsanwaltschaft Berlin nicht geschafft hat, die Serientäterin einzusperren - obwohl ihre Haftfähigkeit amtsärztlich bestätigt worden war.
Ursula Haverbeck hat den millionenfachen Mord an Juden mindestens 50 Jahre lang öffentlich geleugnet - und sie saß dafür nur einmal im Gefängnis. Klingt das etwa nach "Nie wieder!"?
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Westfalen-Blatt Online, 06.09.2022:
Prozess um ehemaliges Grundstück von Ursula Haverbeck
06.09.2022 - 18.30 Uhr
Holocaust-Leugnerin (93) lässt sich Bestattung auf Privatfriedhof in Vlotho zusichern
Vlotho. Die verurteilte Holocaust-Leugnerin und rechtsextreme Aktivistin Ursula Haverbeck (93) könnte einst in Vlotho bestattet werden. Auf einem Privatfriedhof, auf dem nach vorliegenden Informationen schon ihre Eltern, ihr 1999 verstorbener Ehemann Werner Georg Haverbeck und ihre Schwester in Urnen beigesetzt worden sind, soll sie dann ebenfalls ihre letzte Ruhestätte finden dürfen.
Von Heike Pabst
Das Verwaltungsgericht Minden hat im Juni das Urteil in einem Prozess gesprochen, der sich seit 2019 hingezogen hatte (Aktenzeichen 10 K 3582/19). Darin ging es um einen Privatfriedhof in Vlotho. Im Vorfeld des Prozesses hatte der Kreis Herford dem heutigen Grundstückseigentümer die Genehmigung für diesen Friedhof entzogen. Die Begründung des Kreises dafür war, die Genehmigung vom 18. Juni 1973 sei rechtswidrig erteilt worden.
Gegen diesen Bescheid wehrte sich der aktuelle Besitzer des Grundstücks umgehend juristisch. Das Verwaltungsgericht gab ihm jetzt Recht und hob den Bescheid des Kreises Herford auf: Unter anderem sei der Kreis nicht berechtigt gewesen, die Genehmigung zu entziehen.
Stadt Vlotho wird das Urteil nicht anfechten
Bei diesem Grundstück in Vlotho handelt es sich nach Informationen dieser Zeitung um ehemaligen Besitz von Ursula Haverbeck-Wetzel. Sie hat das Grundstück zwar verkauft, doch aus dem Gerichtsurteil geht nun hervor, "dass sich die vormalige Eigentümerin im Vertrag über den Grundstücksverkauf nach unbestrittener Behauptung des Klägers ein Begräbnis auf dem Grundstück hat zusichern lassen."
Die Stadt Vlotho hat das Urteil aus Minden eingehend geprüft und nicht vor, es anzufechten. Auf Anfrage dieser Zeitung teilt die Verwaltung mit: "In der Stadt Vlotho gibt es mehrere rechtmäßig genehmigte Privatfriedhöfe. Seitens der Stadt Vlotho wird es keine Initiative zum Widerruf der Erlaubnis zur Bestattung auf diesem Grundstück geben."
Städtischer Friedhof liegt in der Nähe des jüdischen Friedhofs
Eine denkbare Alternative zu einer Bestattung in privatem Rahmen auf einem abgelegenen Waldgrundstück wäre, Ursula Haverbeck nach ihrem Ableben etwa auf dem städtischen Friedhof beizusetzen. Der Valdorfer Friedhof, da ist man sich in der örtlichen Kirchengemeinde einig, steht nicht zur Verfügung. Und auf dem städtischen Friedhof läge das Grab zum einen quasi im öffentlichen Raum an zentraler Stelle in der Stadt - zum anderen in der Nähe des jüdischen Friedhofs Wasserstraße.
Eine Stellungnahme von Ursula Haverbeck oder dem neuen Grundstücksbesitzer dazu gibt es nicht. Eine Anfrage dieser Zeitung bei Haverbecks Anwalt Wolfgang Nahrath blieb bislang unbeantwortet, Nahrath berief sich auf seine Mandatsschutz-Pflicht.
Bildunterschrift: Ursula Haverbeck neben ihrem Anwalt Wolfgang Nahrath vor Gericht (Archivbild): Die Vlothoerin ist mehrfach vorbestrafte Holocaust-Leugnerin. In Vlotho leitete sie einst mit ihrem Mann das "Collegium Humanum". Der Verein wurde 2008 verboten.
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Am 20. November 2024 verstarb, die am 8. November 1928 geborene Shoa-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel (aus Vlotho), die sich weigerte, eine Haftstrafe wegen Volksverhetzung anzutreten, mit 96 Jahren.
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www.gegenrechts.info
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