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Lippische Landes-Zeitung Online , 22.11.2024 :

Holocaust-Leugnerin Haverbeck ist tot: Lockt ihre Beerdigung Neonazis nach OWL?

22.11.2024 - 12.33 Uhr

Lukas Brekenkamp

Bielefeld / Vlotho. Die mehrfach verurteilte Holocaust-Leugnerin und Ikone der Neonazi-Szene, Ursula Haverbeck, ist tot. In einschlägigen Telegram-Kanälen und von rechtsextremen Akteuren wurden entsprechende Meldungen verbreitet. Genauere Umstände zum Tod der 96-Jährigen sind unklar - laut den Meldungen soll sie am 20. November gestorben sein. Ihr Tod könnte durchaus Folgen für die Region OWL haben.

Ihr Wohnhaus, am Rande des Ortes Vlotho im Kreis Herford, wirkt verlassen am Morgen nach ihrem mutmaßlichen Todestag. Das Tor hinter der langen Einfahrt steht offen, im Haus brennt kein Licht. Am Abend zuvor verbreiteten Personen und Gruppen aus der rechtsextremen Szene die Nachricht: Die 96-Jährige ist tot. In einschlägigen Telegram-Kanälen sind Hunderte Beileidsbekundungen zu finden - von Neonazis aus Deutschland, aber auch aus dem Ausland.

Haverbeck hatte erst vor wenigen Tagen Geburtstag. Sie wurde am 8. November im nördlichen Hessen geboren. Fünf Jahre vor Machtergreifung Adolf Hitlers und den Nazis. Ihr späterer Mann, Werner Georg Haverbeck, war Teil des Nazi-Systems, das für den Tod von Millionen Juden verantwortlich ist, und Mitglied der SA und SS.

Haverbeck schon vor Jahrzehnten in rechtsextremer Szene aktiv

Mit ihm begann auch ihr Weg zur Ikone der deutschen Neonazi-Szene. Gemeinsam gründeten sie den Verein "Collegium Humanum" in Vlotho, anfangs noch als "Akademie für Umwelt und Lebensschutz". Später entwickelte sich der Verein zu einem Sammelbecken aus Rechtsextremen und Holocaust-Leugnern. 2008 wurde der Verein verboten. Ehemalige Mitglieder waren auch danach noch in der rechtsextremen oder auch der "Reichsbürger"-Szene aktiv.

Haverbeck selbst war auch Teil weiterer rechtsextremer Organisationen, etwa in dem von ihr gegründeten Verein "Gedächtnisstätte", der vom Verfassungsschutz beobachtet wird und als eine Art Nachfolger des "Collegium Humanum" gilt.

Mehrfach wegen Holocaust-Leugnung verurteilt

Zu ihrem Status als Art Galionsfigur der deutschen sowie internationalen Neonazi-Szene schaffte sie es jedoch auch wegen regelmäßiger Leugnung des Holocausts - dem Mord an Millionen Juden durch die Nazis. Mehrfach wurde sie dafür in verschiedenen Städten verurteilt. 2018 musste sie deswegen in Haft, verbüßte die Strafe in der JVA Bielefeld-Brackwede. Für die Neonazi-Szene Grund, mehrfach für die Holocaust-Leugnerin zu demonstrieren. Dabei kamen immer wieder Hunderte Rechtsextremisten nach Bielefeld. Aus der Haft heraus kandidierte sie zudem 2019 für die Europa-Wahl - für die Neonazi-Partei "Die Rechte" um den Ex-Bielefelder Rechtsextremisten Sascha Krolzig.

Auch in naher Zukunft hätte sie wieder in Haft gemusst. Immerhin wurde sie in den vergangenen Jahren wieder in mehreren Fällen wegen Holocaust-Leugnung verurteilt (genauer wegen Volksverhetzung), nämlich in Berlin und Hamburg. Lange versuchte Haverbeck sowie ihr Anwalt, den Experten ebenfalls der rechtsextremen Szene zurechnen, der Strafe zu entgehen. Unter anderem berief sie sich auf eine angebliche Haftunfähigkeit - selbst das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg (Kreis Unna) wäre nicht geeignet, argumentierte die Seite Haverbeck. Am Ende ohne Erfolg. In Sozialen Medien heißt es in der rechtsextremen Szene, sie sei kurz vor ihrem Haftantritt gestorben. Ob das stimmt, blieb vorerst offen. Eine Anfrage dieser Redaktion bei der Staatsanwaltschaft Berlin blieb bisher unbeantwortet.

Meldungen um schlechten Gesundheitszustand in der Szene

Zuletzt sorgte Haverbeck erneut für Schlagzeilen - wegen ihres Führerscheins. Den gab sie wegen unsicheren Fahrens ab, nachdem sie der Polizei zuvor aufgefallen war. Übrigens: In ihrem Kennzeichen hatte Haverbeck den rechtsextremen Code "88" für den achten Buchstaben des Alphabets: HH - Heil Hitler.

Öffentlich war es jedoch ruhiger geworden um die 96-Jährige. In der rechtsextremen Szene kursierten zuletzt zudem mehrfach Nachrichten, wonach sich der Gesundheitszustand der Holocaust-Leugnerin drastisch verschlechtert habe. Allerdings, so hieß es auch in den Nachrichten, scheint sie nach wie vor eine größere Zahl an Unterstützern in der Region zu haben, die ihr bei diversen Aufgaben geholfen haben sollen.

Beerdigung könnte Rechtsextreme anziehen

Online ist die Anteilnahme am Tod der Neonazi-Ikone groß. Selbst internationale Szene-Größen melden sich dazu. Eine Sprecherin des NRW-Verfassungsschutzes fasst zusammen: "Weite Teile der rechtsextremistischen Szene in Nordrhein-Westfalen bekunden ihre Trauer über den Tod von Ursula Haverbeck. In den Beiträgen wird die langjährige Rechtsextremistin vor allem für ihre wiederholte öffentliche Leugnung des Holocausts lobend erwähnt und als "Kämpferin" stilisiert."

Aus Sicherheitskreisen heißt es, dass ihre mögliche Beerdigung durchaus für ein großes Aufkommen von Sympathisanten aus der rechtsextremen Szene am Ort der Beisetzung führen kann. Für konkrete Angaben ist es allerdings noch durchaus früh.

Wahrscheinlich wird Haverbeck auf einem privaten Friedhof in Vlotho beigesetzt, auf dem auch ihr 1999 verstorbener Mann liegen soll. Das Grundstück soll zuvor Haverbeck selbst gehört haben, sie solle es jedoch verkauft haben. Zuvor habe sie sich jedoch ein Begräbnis auf dem Gelände zusichern lassen. Möglich also, dass es in naher Zukunft dort zu einem größeren Aufkommen der rechtsextremen Szene kommen könnte.

Dass das Grundstück als Privatfriedhof genutzt werden kann, war zeitweise Gegenstand eines juristischen Streits zwischen Kreis Herford und dem Besitzer. Dass es jedoch als Begräbnisstätte genutzt werden kann, bestätigte 2022 das Verwaltungsgericht Minden.

Bildunterschrift: Die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck aus dem Kreis Herford ist im Alter von 96 Jahren gestorben.

Bildunterschrift: In Bielefeld demonstrieren mehrfach hunderte Neonazis für die damals inhaftierte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck.

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Westfalen-Blatt Online, 06.09.2022:

Prozess um ehemaliges Grundstück von Ursula Haverbeck

06.09.2022 - 18.30 Uhr

Holocaust-Leugnerin (93) lässt sich Bestattung auf Privatfriedhof in Vlotho zusichern

Vlotho. Die verurteilte Holocaust-Leugnerin und rechtsextreme Aktivistin Ursula Haverbeck (93) könnte einst in Vlotho bestattet werden. Auf einem Privatfriedhof, auf dem nach vorliegenden Informationen schon ihre Eltern, ihr 1999 verstorbener Ehemann Werner Georg Haverbeck und ihre Schwester in Urnen beigesetzt worden sind, soll sie dann ebenfalls ihre letzte Ruhestätte finden dürfen.

Von Heike Pabst

Das Verwaltungsgericht Minden hat im Juni das Urteil in einem Prozess gesprochen, der sich seit 2019 hingezogen hatte (Aktenzeichen 10 K 3582/19). Darin ging es um einen Privatfriedhof in Vlotho. Im Vorfeld des Prozesses hatte der Kreis Herford dem heutigen Grundstückseigentümer die Genehmigung für diesen Friedhof entzogen. Die Begründung des Kreises dafür war, die Genehmigung vom 18. Juni 1973 sei rechtswidrig erteilt worden.

Gegen diesen Bescheid wehrte sich der aktuelle Besitzer des Grundstücks umgehend juristisch. Das Verwaltungsgericht gab ihm jetzt Recht und hob den Bescheid des Kreises Herford auf: Unter anderem sei der Kreis nicht berechtigt gewesen, die Genehmigung zu entziehen.

Stadt Vlotho wird das Urteil nicht anfechten

Bei diesem Grundstück in Vlotho handelt es sich nach Informationen dieser Zeitung um ehemaligen Besitz von Ursula Haverbeck-Wetzel. Sie hat das Grundstück zwar verkauft, doch aus dem Gerichtsurteil geht nun hervor, "dass sich die vormalige Eigentümerin im Vertrag über den Grundstücksverkauf nach unbestrittener Behauptung des Klägers ein Begräbnis auf dem Grundstück hat zusichern lassen."

Die Stadt Vlotho hat das Urteil aus Minden eingehend geprüft und nicht vor, es anzufechten. Auf Anfrage dieser Zeitung teilt die Verwaltung mit: "In der Stadt Vlotho gibt es mehrere rechtmäßig genehmigte Privatfriedhöfe. Seitens der Stadt Vlotho wird es keine Initiative zum Widerruf der Erlaubnis zur Bestattung auf diesem Grundstück geben."

Städtischer Friedhof liegt in der Nähe des jüdischen Friedhofs

Eine denkbare Alternative zu einer Bestattung in privatem Rahmen auf einem abgelegenen Waldgrundstück wäre, Ursula Haverbeck nach ihrem Ableben etwa auf dem städtischen Friedhof beizusetzen. Der Valdorfer Friedhof, da ist man sich in der örtlichen Kirchengemeinde einig, steht nicht zur Verfügung. Und auf dem städtischen Friedhof läge das Grab zum einen quasi im öffentlichen Raum an zentraler Stelle in der Stadt - zum anderen in der Nähe des jüdischen Friedhofs Wasserstraße.

Eine Stellungnahme von Ursula Haverbeck oder dem neuen Grundstücksbesitzer dazu gibt es nicht. Eine Anfrage dieser Zeitung bei Haverbecks Anwalt Wolfgang Nahrath blieb bislang unbeantwortet, Nahrath berief sich auf seine Mandatsschutz-Pflicht.

Bildunterschrift: Ursula Haverbeck neben ihrem Anwalt Wolfgang Nahrath vor Gericht (Archivbild): Die Vlothoerin ist mehrfach vorbestrafte Holocaust-Leugnerin. In Vlotho leitete sie einst mit ihrem Mann das "Collegium Humanum". Der Verein wurde 2008 verboten.

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Am 20. November 2024 verstarb, die am 8. November 1928 geborene Shoa-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel (aus Vlotho), die sich weigerte, eine Haftstrafe wegen Volksverhetzung anzutreten, mit 96 Jahren.

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www.gegenrechts.info


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