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1 Veranstaltung - Nachrichten , 22.11.2024 :

Tages-Chronologie von Freitag, 22. November 2024

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Veranstaltungskalender:



- Freitag, 22. November 2024 um 16.30 Uhr -


Kundgebung: Für Demokratie und Toleranz - Zusammen gegen Hass und Hetze in Lage!


Veranstaltungsort:

Marktplatz
32791 Lage


Mit großem Erschrecken blicken wir auf die jüngsten Enthüllungen um ein Lagenser Ratsmitglied, Fraktionsvorsitzender im Lippischen Kreistag und einflussreichen Funktionär der AfD in Nordrhein-Westfalen. Wie die "Welt" am 27. Oktober berichtete, teilte ebendieser auf seinen Social-Media-Kanälen antisemitische und diskriminierende Inhalte. Zugleich wird ihm eine Nähe zur Reichsbürger-Bewegung nachgesagt - einer Gruppierung, die das demokratische Fundament unseres Landes ablehnt und verfassungsfeindliche Ideologien fördert. Seitens der AfD bleiben Konsequenzen aus, obwohl die Partei öffentlich angibt Verbindungen der AfD in die rechtsextreme Szene auszuschließen. Gleichzeitig beschäftigen AfD-Abgeordnete, laut Recherchen des Bayrischen Rundfunks, im Bundestag beispielsweise mehr als 100 Mitarbeitende aus dem rechtsextremen Milieu.

Hier zeigt sich die besorgniserregende Entgrenzung innerhalb der AfD. Während in der Vergangenheit Funktionäre wie Andreas Kalbitz auf Grund von Verbindungen zur extremistischen "Heimattreuen Deutschen Jugend" ausgeschlossen wurden, erscheinen die Vorwürfe in diesem Fall der Partei offenbar als irrelevant und akzeptabel. Diese Doppelmoral verdeutlicht, wie die AfD immer weiter die Grenzen zwischen demokratischen Werten und verfassungsfeindlichen Ideologien aufweicht. Auch in Lippe nutzt die Partei zunehmend Unterstützung aus extrem rechten, völkischen Kreisen. Es darf nicht sein, dass Anti-Demokratien unsere Demokratie nutzen, um sich Gehör zu verschaffen.

Wir verurteilen diese Entwicklung entschieden. Die Feinde der Demokratie dürfen nicht unsere politische Landschaft in NRW bestimmen. Der Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlangt Zivilcourage und klare Worte gegen jene, die unsere Grundwerte bedrohen.

Wir rufen die Bürgerinnen, Bürger von Lage und Umgebung dazu auf, mit uns gemeinsam ein starkes Zeichen für Demokratie, Toleranz und ein friedliches Miteinander zu setzen. Demokratie ist kein Selbstverständnis -sie lebt davon, dass wir sie gemeinsam verteidigen. Schauen Sie nicht weg, im Beruf und im Privaten, grenzen Sie sich von den Feinden unserer Demokratie ab, lassen Sie diskriminierende oder verfassungsfeindliche Aussagen nicht unkommentiert stehen und zeigen Sie sich solidarisch mit Ihren Mitmenschen. Unterstützung erhalten Sie beispielsweise bei der
Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus. Engagieren Sie sich demokratisch, zum Beispiel in den zahlreichen Bündnissen oder Vereinen. Jetzt ist keine Zeit zum Schweigen.

Demokratie muss man leben!

Unterstützen Sie unsere Kundgebung am 22.11.2024 um 16.30 Uhr auf dem Marktplatz in Lage. Lassen Sie uns unsere Stimme gegen Extremismus und für unsere Demokratie erheben und zeigen, dass in Lage kein Platz für Hass und Hetze ist.


Veranstalterin: Lagenser Bündnis gegen Rechts

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Pressespiegel überregional


hessenschau.de, 22.11.2024:
Reichsbürger-Prozess gegen Gruppe Reuß: Der lange Weg zur Wahrheit

Südwestrundfunk, 22.11.2024:
Nach Schüssen bei SEK-Einsatz / "Reichsbürger"-Prozess: Beamter des BKA sagt zu Durchsuchung in Reutlingen aus

die tageszeitung, 22.11.2024:
Rassistisch, lebensbedrohlich - aber kein Mordversuch

Der Tagesspiegel Online, 22.11.2024:
Entscheidung bis Ende November / AfD-Politiker Krah will in den Bundestag

Münchner Merkur Online, 22.11.2024:
AfD-Mann Höcke schielt eventuell nach Berlin - Was es mit einer möglichen Kandidatur für den Bundestag auf sich hat

Westdeutscher Rundfunk Köln, 22.11.2021:
Proteste gegen AfD-Bürgerdialog in Aachen

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www.hiergeblieben.de - Zusammenfassung - Freitag, 22. November 2024


Am 20. November 2024 verstarb, die am 8. November 1928 geborene Shoa-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel (aus Vlotho), die sich weigerte, eine Haftstrafe wegen Volksverhetzung anzutreten, mit 96 Jahren.

Zum 22. November 2024, ab 19.00 Uhr, hatte die "Junge Alternative Lippe" - nicht mehr und nicht weniger als ein Rekrutierungsbecken für junge Neonazis - einen "Stammtisch in Detmold" - ohne Ort - verkündet.

Am 19. November 2024 gab die "Junge Alternative Lippe" (ein Rekrutierungsbecken für junge Neonazis), am 22. November 2024 ab 19.00 Uhr den "nächsten Stammtisch in Detmold" ohne Ortsangabe bekannt.

Am 22. November 2024 nahmen mehr als 100 Menschen in Lage an einer Versammlung "Für Demokratie und Toleranz - Zusammen gegen Hass und Hetze in Lage!" von dem Lagenser Bündnis gegen Rechts teil.

Am 17. November 2024 postete "AfD"-Politiker Uwe Detert aus Lage ein Gedicht von Hubert Janssen - das Heinrich Lersch stilisiert -, der 1933 das "Gelöbnis treuester Gefolgschaft" (für Adolf Hitler) unterzeichnete.

Am 1. November 2024 berichtete die "Welt" - in einer aktualisierten Fassung - unter der Überschrift: "AfD-Funktionär / "Das Deutsche Reich ist da, es gehört uns"", über den "AfD"-Politiker Uwe Detert (aus Lage).

Am 22. November 2024 fand in Detmold eine weitere rechte "Schilder-Aktion" mit 8 Teilnehmenden (Gerd sowie Heidrun Ulrich, Simon Niederleig, Reinhold Gwiasda, Jürgen Alhäuser sowie Kornelius Langlitz) statt.

Für den 22. November 2024 (15.00 bis 16.00 Uhr) hatte der völkische Neonazi Gerd Ulrich aus Berlebeck, eine "Schilder-Aktion in Detmold" - Kreuzung Neustadt / Hornsche Straße / Paulinenstraße - angekündigt.

Am 21. November 2024 kündigte der völkische Neonazi Gerd Ulrich am 22. November 2024 von 15.00 bis 16.00 Uhr eine "Schilder-Aktion in Detmold" - Kreuzung Neustadt / Hornsche Straße / Paulinenstraße - an.


www.gegenrechts.info

www.mbr-owl.de

www.hiergeblieben.de

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Artikel-Einträge in der Datenbank:


Lippische Landes-Zeitung Online, 22.11.2024:
Holocaust-Leugnerin Haverbeck ist tot: Lockt ihre Beerdigung Neonazis nach OWL?

Westfalen-Blatt, 22.11.2024:
Kommentar / Der Langmut der Justiz im Fall Haverbeck

Westfalen-Blatt, 22.11.2024:
Galionsfigur der Neonazis ist tot

Neue Westfälische, 22.11.2024:
Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck ist tot

die tageszeitung, 22.11.2024:
Haverbeck kann nicht mehr leugnen

Lippische Landes-Zeitung Online, 22.11.2024:
Mehr als 100 Menschen setzen ein Zeichen für Demokratie und Toleranz in Lage

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Lippische Landes-Zeitung Online, 22.11.2024:

Holocaust-Leugnerin Haverbeck ist tot: Lockt ihre Beerdigung Neonazis nach OWL?

22.11.2024 - 12.33 Uhr

Lukas Brekenkamp

Bielefeld / Vlotho. Die mehrfach verurteilte Holocaust-Leugnerin und Ikone der Neonazi-Szene, Ursula Haverbeck, ist tot. In einschlägigen Telegram-Kanälen und von rechtsextremen Akteuren wurden entsprechende Meldungen verbreitet. Genauere Umstände zum Tod der 96-Jährigen sind unklar - laut den Meldungen soll sie am 20. November gestorben sein. Ihr Tod könnte durchaus Folgen für die Region OWL haben.

Ihr Wohnhaus, am Rande des Ortes Vlotho im Kreis Herford, wirkt verlassen am Morgen nach ihrem mutmaßlichen Todestag. Das Tor hinter der langen Einfahrt steht offen, im Haus brennt kein Licht. Am Abend zuvor verbreiteten Personen und Gruppen aus der rechtsextremen Szene die Nachricht: Die 96-Jährige ist tot. In einschlägigen Telegram-Kanälen sind Hunderte Beileidsbekundungen zu finden - von Neonazis aus Deutschland, aber auch aus dem Ausland.

Haverbeck hatte erst vor wenigen Tagen Geburtstag. Sie wurde am 8. November im nördlichen Hessen geboren. Fünf Jahre vor Machtergreifung Adolf Hitlers und den Nazis. Ihr späterer Mann, Werner Georg Haverbeck, war Teil des Nazi-Systems, das für den Tod von Millionen Juden verantwortlich ist, und Mitglied der SA und SS.

Haverbeck schon vor Jahrzehnten in rechtsextremer Szene aktiv

Mit ihm begann auch ihr Weg zur Ikone der deutschen Neonazi-Szene. Gemeinsam gründeten sie den Verein "Collegium Humanum" in Vlotho, anfangs noch als "Akademie für Umwelt und Lebensschutz". Später entwickelte sich der Verein zu einem Sammelbecken aus Rechtsextremen und Holocaust-Leugnern. 2008 wurde der Verein verboten. Ehemalige Mitglieder waren auch danach noch in der rechtsextremen oder auch der "Reichsbürger"-Szene aktiv.

Haverbeck selbst war auch Teil weiterer rechtsextremer Organisationen, etwa in dem von ihr gegründeten Verein "Gedächtnisstätte", der vom Verfassungsschutz beobachtet wird und als eine Art Nachfolger des "Collegium Humanum" gilt.

Mehrfach wegen Holocaust-Leugnung verurteilt

Zu ihrem Status als Art Galionsfigur der deutschen sowie internationalen Neonazi-Szene schaffte sie es jedoch auch wegen regelmäßiger Leugnung des Holocausts - dem Mord an Millionen Juden durch die Nazis. Mehrfach wurde sie dafür in verschiedenen Städten verurteilt. 2018 musste sie deswegen in Haft, verbüßte die Strafe in der JVA Bielefeld-Brackwede. Für die Neonazi-Szene Grund, mehrfach für die Holocaust-Leugnerin zu demonstrieren. Dabei kamen immer wieder Hunderte Rechtsextremisten nach Bielefeld. Aus der Haft heraus kandidierte sie zudem 2019 für die Europa-Wahl - für die Neonazi-Partei "Die Rechte" um den Ex-Bielefelder Rechtsextremisten Sascha Krolzig.

Auch in naher Zukunft hätte sie wieder in Haft gemusst. Immerhin wurde sie in den vergangenen Jahren wieder in mehreren Fällen wegen Holocaust-Leugnung verurteilt (genauer wegen Volksverhetzung), nämlich in Berlin und Hamburg. Lange versuchte Haverbeck sowie ihr Anwalt, den Experten ebenfalls der rechtsextremen Szene zurechnen, der Strafe zu entgehen. Unter anderem berief sie sich auf eine angebliche Haftunfähigkeit - selbst das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg (Kreis Unna) wäre nicht geeignet, argumentierte die Seite Haverbeck. Am Ende ohne Erfolg. In Sozialen Medien heißt es in der rechtsextremen Szene, sie sei kurz vor ihrem Haftantritt gestorben. Ob das stimmt, blieb vorerst offen. Eine Anfrage dieser Redaktion bei der Staatsanwaltschaft Berlin blieb bisher unbeantwortet.

Meldungen um schlechten Gesundheitszustand in der Szene

Zuletzt sorgte Haverbeck erneut für Schlagzeilen - wegen ihres Führerscheins. Den gab sie wegen unsicheren Fahrens ab, nachdem sie der Polizei zuvor aufgefallen war. Übrigens: In ihrem Kennzeichen hatte Haverbeck den rechtsextremen Code "88" für den achten Buchstaben des Alphabets: HH - Heil Hitler.

Öffentlich war es jedoch ruhiger geworden um die 96-Jährige. In der rechtsextremen Szene kursierten zuletzt zudem mehrfach Nachrichten, wonach sich der Gesundheitszustand der Holocaust-Leugnerin drastisch verschlechtert habe. Allerdings, so hieß es auch in den Nachrichten, scheint sie nach wie vor eine größere Zahl an Unterstützern in der Region zu haben, die ihr bei diversen Aufgaben geholfen haben sollen.

Beerdigung könnte Rechtsextreme anziehen

Online ist die Anteilnahme am Tod der Neonazi-Ikone groß. Selbst internationale Szene-Größen melden sich dazu. Eine Sprecherin des NRW-Verfassungsschutzes fasst zusammen: "Weite Teile der rechtsextremistischen Szene in Nordrhein-Westfalen bekunden ihre Trauer über den Tod von Ursula Haverbeck. In den Beiträgen wird die langjährige Rechtsextremistin vor allem für ihre wiederholte öffentliche Leugnung des Holocausts lobend erwähnt und als "Kämpferin" stilisiert."

Aus Sicherheitskreisen heißt es, dass ihre mögliche Beerdigung durchaus für ein großes Aufkommen von Sympathisanten aus der rechtsextremen Szene am Ort der Beisetzung führen kann. Für konkrete Angaben ist es allerdings noch durchaus früh.

Wahrscheinlich wird Haverbeck auf einem privaten Friedhof in Vlotho beigesetzt, auf dem auch ihr 1999 verstorbener Mann liegen soll. Das Grundstück soll zuvor Haverbeck selbst gehört haben, sie solle es jedoch verkauft haben. Zuvor habe sie sich jedoch ein Begräbnis auf dem Gelände zusichern lassen. Möglich also, dass es in naher Zukunft dort zu einem größeren Aufkommen der rechtsextremen Szene kommen könnte.

Dass das Grundstück als Privatfriedhof genutzt werden kann, war zeitweise Gegenstand eines juristischen Streits zwischen Kreis Herford und dem Besitzer. Dass es jedoch als Begräbnisstätte genutzt werden kann, bestätigte 2022 das Verwaltungsgericht Minden.

Bildunterschrift: Die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck aus dem Kreis Herford ist im Alter von 96 Jahren gestorben.

Bildunterschrift: In Bielefeld demonstrieren mehrfach hunderte Neonazis für die damals inhaftierte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck.

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Westfalen-Blatt, 22.11.2024:

Kommentar / Der Langmut der Justiz im Fall Haverbeck

Von Christian Althoff

"Nie wieder!" Entschlossenheit spricht aus diesen beiden Worten, die dafür stehen, Antisemitismus in Deutschland nie wieder hochkommen zu lassen. Eine Entschlossenheit, die Teile der deutschen Justiz in den vergangenen Jahrzehnten haben vermissen lassen, wenn es um die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck und deren Sympathisanten ging.

War es das hohe Alter der Straftäterin? Waren es ihre weißen Haare, ihre Freundlichkeit und ihre Eloquenz, die dazu führten, das die Frau anders behandelt wurde als andere Neonazis?

Nachdem Haverbeck 2016 vom Amtsgericht Bad Oeynhausen zu elf Monaten Haft verurteilt worden war, konnte der rechte Mob, der aus vielen Teilen Deutschlands angereist war, die gerade Verurteilte in der Eingangshalle des Gerichts frenetisch feiern und hochleben lassen. Es war zwar eine Einsatzhundertschaft vor Ort, aber die bekam nicht den Auftrag, das Hausrecht durchzusetzen - und so wurde weiter lautstark gefeiert und gegrölt.

Als Haverbeck 2017 vor dem Landgericht Detmold stand, bekam sie für ihre Aussagen immer wieder Applaus aus dem Zuschauerraum. Der Richter ließ den Nazi-Mob gewähren und schritt erst nach dem fünften Mal ein.

Den größten Langmut aber bewies die Hamburger Justiz. Das dortige Amtsgericht hatte Haverbeck 2015 wegen Volksverhetzung zu einer Haftstrafe verurteilt, und Haverbeck ging wie immer in Berufung. Das Landgericht brauchte fast neun (!) Jahre, um einen Termin für die Berufungsverhandlung anzusetzen - was dann zwangsläufig zu einer erheblichen Minderung der Strafe führte.

Seit Juli 2022 war zudem eine Haftstrafe der Berliner Justiz rechtskräftig. Fast zweieinhalb Jahre sind seitdem vergangen. Zweieinhalb Jahre, in denen es die Staatsanwaltschaft Berlin nicht geschafft hat, die Serientäterin einzusperren - obwohl ihre Haftfähigkeit amtsärztlich bestätigt worden war.

Ursula Haverbeck hat den millionenfachen Mord an Juden mindestens 50 Jahre lang öffentlich geleugnet - und sie saß dafür nur einmal im Gefängnis. Klingt das etwa nach "Nie wieder!"?

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Westfalen-Blatt, 22.11.2024:

Galionsfigur der Neonazis ist tot

Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck aus Vlotho wurde 96 Jahre alt

Von Christian Althoff

Vlotho (WB). Die mehrfach vorbestrafte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck aus Vlotho ist tot. Das wurde dem Westfalen-Blatt gestern aus Behördenkreisen bestätigt. Haverbeck starb am Mittwoch. Sie wurde 96 Jahre alt und hatte sich bis zuletzt geweigert, eine Haftstrafe wegen Volksverhetzung anzutreten.

Rechtsextreme lobten am Mittwochabend Haverbeck auf "X", und einige versuchten, die Verstorbene als Märtyrerin darzustellen. "Sie starb im Gefängnis für ihre Überzeugung", hieß es dort zum Beispiel.

Das stimmt nicht. "Frau Haverbeck hat ihre Strafe bei uns nicht angetreten", sagte ein Sprecher des Justizkrankenhauses in Fröndenberg (Kreis Unna). Das Krankenhaus hatte sich schon vor Monaten auf die Aufnahme des ältesten Häftlings in NRW vorbereitet, dort war ein Krankenzimmer zu einem Haftraum für Haverbeck umgestaltet worden.

Ursula Haverbeck wurde 1928 in Hessen als Ursula Wetzel geboren und studierte Philosophie und Pädagogik. 1970 heiratete sie den früheren SS-Untersturmführer Werner Georg Haverbeck (1909 - 1999), der im Dritten Reich unter anderem für die Gleichschaltung der Natur- und Heimatschutzvereine zuständig war. 1963 gründete sie mit ihm in Vlotho den Verein "Collegium Humanum" als "Akademie für Umwelt und Lebensschutz". Ursprünglich eine Versammlungsstätte für die Öko-Bewegung, für Linke und Atomkraft-Gegner, wurde das "Collegium Humanum", das in Vlotho eine frühere Grundschule mit etwa 50 Betten besaß, ab den 80er Jahren zu einem Treffpunkt für Neonazis. 1988 trafen sich hier Rechtsextreme, um Feiern zum 100. Hitler-Geburtstag vorzubereiten. Das Gebäude im Stadtteil Valdorf war ab 2003 auch Sitz des von Ursula Haverbeck mitgegründeten "Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreiten des Holocaust Verfolgten", der 2008 von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) als verfassungswidrig verboten wurde. Auch gegen das Collegium Humanum erging damals ein Vereinsverbot - wegen fortgesetzten Leugnens des Holocausts.

Haverbeck, deren Ehe kinderlos blieb, unterhielt persönliche Kontakte zu Vertretern der NPD und der Partei "Die Rechte". In den vergangenen 20 Jahren wurde die Vlothoerin immer wieder wegen Leugnens des millionenfachen Mordes an Juden verurteilt. 2016 schrieb sie an den Detmolder Bürgermeister, das Vernichtungslager Auschwitz sei "eindeutig" ein Arbeitslager gewesen. Hintergrund war der in Detmold laufende Prozess gegen den früheren SS-Wachmann Reinhold Hanning. Das Verfahren diene nur dazu, die These vom Arbeitslager zu widerlegen, meinte Haverbeck.

Die Vlothoerin kam immer wieder mit Geld- oder Bewährungsstrafen davon. Nur einmal musste sie tatsächlich ins Gefängnis: Von 2018 bis November 2020 saß sie zweieinhalb Jahre in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede im geschlossenen Vollzug. Gegen ihre Sympathisanten erließ die Gefängnisleitung ein Besuchsverbot. Dagegen besuchten Vertreter der Jüdischen Gemeinde Bielefeld die Inhaftierte - um nach dem Gespräch festzustellen: "Es war schlimmer, als wir befürchtet hatten."

Am 9. November 2019, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, demonstrierten Neonazis aus vielen Teilen Deutschlands in Bielefeld für die Freilassung Haverbecks. 14.000 Gegendemonstranten stellten sich ihnen entgegen.

Zuletzt wurde Ursula Haverbeck 2022 in Berlin wegen Leugnens des millionenfachen Mordes an Juden zu einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt. Obwohl das Kreisgesundheitsamt Herford eine Inhaftierung mit entsprechender medizinischer und pflegerischer Versorgung für vertretbar hielt, weigerte sich Haverbeck, die Haft im Justizkrankenhaus Fröndenberg anzutreten. Haverbeck war bis zuletzt geistig voll auf der Höhe und führte auch ihren Haushalt noch weitgehend selbst, klagte aber darüber, gelegentlich das Gleichgewicht zu verlieren und zu stürzen.

Vor einigen Wochen hatte sie wegen unsicheren Fahrens ihren Führerschein abgegeben. Haverbeck fuhr zeitweise einen Fiat mit dem Kennzeichen HF UH 88, wobei 88 in rechtsextremen Kreisen für "Heil Hitler" steht. Ihr letztes Auto, ebenfalls ein Fiat, steht seit Wochen von ihr unbenutzt neben ihrem Haus. Auf dem Beifahrersitz liegen Bücher - etwa von dem Holocaust-Leugner Erich Glagau, oder ein Buch über den Prozess gegen den österreichischen Neonazi und Holocaust-Leugner Gerd Honsik.

Ursula Haverbeck bekommt voraussichtlich ein Urnengrab auf einem Privatgrundstück in Vlotho, auf dem bereits ihr Mann und ihre Schwester bestattet sind.

Bildunterschrift: 7. Mai 2008: Nach dem Verbot durch Innenminister Wolfgang Schäuble durchsuchen Polizisten des Bielefelder Staatsschutzes das Vereinshaus des "Collegium Humanum" in Vlotho - eine frühere Schule, in der der Verein von Ursula Haverbeck bis zum Verbot sein Domizil hatte.

Bildunterschrift: Ursula Haverbeck mit dem vorbestraften rechtsextremen Funktionär Sascha Krolzig, früher "Die Rechte", dann NPD (heute "Die Heimat").

Bildunterschrift: Das Haus Ursula Haverbecks in Vlotho: Hier lebte die hochbetagte Frau bis zuletzt.

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Neue Westfälische, 22.11.2024:

Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck ist tot

Bundesweit machte sie jahrzehntelang wegen ihrer rechtsextremen Einstellung Schlagzeilen

Lukas Brekenkamp

Bielefeld / Vlotho. Die mehrfach verurteilte Holocaust-Leugnerin und Ikone der Neonazi-Szene, Ursula Haverbeck, ist tot. In einschlägigen Telegram-Kanälen und von rechtsextremen Akteuren wurden entsprechende Meldungen verbreitet, die als glaubhaft anzusehen sind. Genauere Umstände zum Tod der 96-Jährigen sind unklar - laut ihrem Anwalt ist sie am 20. November gestorben sein.

Erst vor wenigen Tagen hatte Haverbeck Geburtstag: Am 8. November 1928 wurde sie in Hessen geboren. Den Weg zur Neonazi-Ikone schaffte sie unter anderem durch ihren verstorbenen Ehemann, ein ehemaliges SA- und SS-Mitglied. Gemeinsam leiteten sie das rechtsextreme "Collegium Humanum" in Vlotho im Kreis Herford, das später verboten wurde. Haverbeck selbst wurde mehrfach verurteilt, weil sie den Holocaust leugnete, beispielsweise auf Veranstaltungen oder in Internet-Videos.

Während einer Haftstrafe vor etwa fünf Jahren kam es in Bielefeld mehrfach zu großen Demonstrationen der rechtsextremen Szene. Mehrere hundert Neonazis aus Deutschland und teils sogar aus dem Ausland forderten dabei die Freilassung der Holocaust-Leugnerin, die ihre Strafe in Bielefeld verbüßte. Aus dem Gefängnis heraus kandidierte sie 2019 für die Europa-Wahl - für die Neonazi-Partei "Die Rechte" um den Ex-Bielefelder Rechtsextremisten Sascha Krolzig.

Tatsächlich hätte Haverbeck erneut in eine Haftanstalt gemusst - erneut wegen Volksverhetzung in mehreren Fällen. Doch bis zuletzt versuchte Haverbeck mit ihrem Anwalt, den Experten ebenfalls der rechtsextremen Szene zurechnen, der Strafe zu entgehen.

Aus Sicherheitskreisen heißt es, dass ihre mögliche Beerdigung durchaus für ein großes Aufkommen von Sympathisanten aus der rechtsextremen Szene am Ort der Beisetzung führen kann. Wahrscheinlich wird Haverbeck auf einem privaten Friedhof in Vlotho beigesetzt, auf dem auch ihr 1999 verstorbener Mann liegen soll. Das Grundstück soll zuvor Haverbeck selbst gehört haben, sie solle es jedoch verkauft haben. Zuvor habe sie sich jedoch ein Begräbnis auf dem Gelände zusichern lassen. Möglich also, dass es in naher Zukunft dort zu einem größeren Aufkommen der rechtsextremen Szene kommen könnte.

Bildunterschrift: Die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck aus dem Kreis Herford starb im Alter von 96 Jahren.

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die tageszeitung, 22.11.2024:

Haverbeck kann nicht mehr leugnen

Einst kamen bei ihr Nationalisten und linke Ökos zusammen / Später wurde sie als Holocaust-Leugnerin berühmt / Jetzt ist die Rechtsextremistin Ursula Haverbeck gestorben

Von Andreas Speit

Mit einem Lächeln betrat die Dame stets den Gerichtssaal. Eine Entourage im Schlepptau, die sich im Publikumsbereich platzierte, während sich der Star der Szene mal wieder auf die Anklagebank setzte. Schnell schaute sie meist noch mal zu den Mitstreitenden, nickte ermutigend. Der Saal war ihre Bühne. Die Justiz der Bundesrepublik ihr Feind. Im Alter von 96 Jahren ist Ursula Haverbeck jetzt verstorben.

Mit ihr verliert die rechtsextreme Szene die Grande Dame der Holocaust-Leugnung. Viel Kondolenz findet sich so auch auf den Social-Media-Profilen von rechtsextremen Parteien und Rechtsrock-Projekten. In diesem Milieu wurden ihre Leugnungen des Holocaust als Heldentaten gefeiert, sie selbst zu "Deutschlands mutigster Dissidentin" stilisiert.

Haverbeck gefielen der Applaus und die Relevanz. 2019 kandidierte sie für "Die Rechte" zur Europa-Wahl. Eine politische Provokation, da sie am Wahltag trotz ihren hohen Alters gerade in Haft war. Überhaupt suchte sie gern den inszenierten Skandal. Während eines Gerichtsverfahrens gegen einen ehemaligen Angehörigen der Waffen- SS stellte sie sich 2015 vor das Gebäude und erklärte: "Auschwitz war kein Vernichtungslager." Der Rechtsextremist Thomas Wulff begleitetet sie. Für das ehemalige NPD-Bundesvorstandsmitglied war sie die "Traum-Großmutter".

Die rechte Szene stilisierte sie zu "Deutschlands mutigster Dissidentin"

Die studierte Pädagogin und Philosophin erklärte aber nicht nur, dass der Holocaust die "größte und nachhaltigste Lüge der Geschichte" sei oder forderte vom Zentralrat der Juden forensische Beweise für die Vergasungen in Auschwitz; sie sorgte sich auch über die Auswüchse des Kapitalismus mit seiner Lebens- und Natur-Verachtung. Schon 1963 gründete die gebürtige Ursula Wetzel mit ihren späteren Mann, Werner Georg Haverbeck, das "Collegium Humanum" als "Akademie für Umwelt und Lebensschutz".

Ihr Mann, einst SS-Mitglied, hatte sich der Anthroposophie zugewendet. In dem Collegium in Vlotho kehrten in den 1970er Jahren auch linke Ökologie-. Friedens- und Anti-Atom-Bewegte ein. 1972 schloss sich das Collegium dem rechtsextremen Weltbund zum Schutz des Lebens (WSL ) an, der Zuwanderung offen als "ökologisches Problem" ablehnte. Über Jahre war Haverbeck Präsidentin des WSL.

1987 stellte das Ehepaar das "Projekt Umstellungsbetreuer" vor, welches die "Vorzüge und Notwendigkeiten des ökologischen Landbaus einer breiten Schicht von Bauern bewusst machen" sollte und sich darum bemühte, "Ausbildungsnachwuchs für den ökologischen Landbau" zu gewinnen.

In dieser Zeit begann Haverbeck, die dem Verein nach dem Tod ihres Mannes 1999 vorsaß, auch verstärkt, den Holocaust zu verharmlosen. Beim Amtsgericht in Bad Oeynhausen war der Verein dennoch als gemeinnützig registriert. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe bestätigte gegenüber der taz 2008 die Anerkennung als "Träger der Jugendhilfe". Dieser Status ermöglichte auch die Bezuschussung durch die Stiftung Deutsche Jugendmarke.

2008 erfolgte aber auch das Verbot das Vereins und dessen Teilorganisationen. Ebenfalls betroffen war der Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten, den sie 2003 mit Horst Mahler gegründet hatte.

Die Verbote und Verurteilungen dürfte Haverbeck als Bestärkung und Bestätigung bewertet haben. Die Unbelehrbare lehrte ihre Lügen bei Szene-Veranstaltungen und -Aufmärschen gerne jüngeren Gleichgesinnten. Am 26. Juni verurteilte das Landgericht Hamburg Haverbeck wegen Volksverhetzung zu einer Haftstrafe. Diese muss sie nun nicht mehr antreten.

Bildunterschrift: Haverbeck im Juni während ihres letzten Prozesses vor dem Hamburger Landgericht.

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Lippische Landes-Zeitung Online, 22.11.2024:

Mehr als 100 Menschen setzen ein Zeichen für Demokratie und Toleranz in Lage

22.11.2024 - 19.00 Uhr

Sandra Castrup

Lage. Trotz Regen und Kälte haben sich am frühen Freitagabend mehr als 100 Menschen auf dem Lagenser Marktplatz zu einer Kundgebung eingefunden. Das Lagenser Bündnis gegen Rechts hatte aufgerufen, um gemeinsam ein starkes Zeichen für Demokratie, Toleranz und ein friedliches Miteinander zu setzen. "Wir müssen unbedingt genauer nach den Rechten sehen", stand auf einem Schild der "Omas gegen Rechts". "Gegen Hass und Hetze" auf einem anderen.

Als Grund für diese Kundgebung nannte das Bündnis die Berichterstattung in der "Welt am Sonntag" über den Lagenser AfD-Politiker Uwe Detert. "Es ist alarmierend, dass eine Person, die laut dem Artikel verfassungsfeindliche Inhalte verbreitet und der Reichsbürger-Ideologie nahesteht, in die politischen Entscheidungen für Lage, Lippe und Nordrhein-Westfalen involviert ist", erklärte das Lagenser Bündnis gegen Rechts bereits unmittelbar nach Erscheinen des Artikels.

Bei der Demonstration ergriff neben weiteren Rednern auch Grünen-Politikerin Julia Eisentraut das Wort. "Wir sind heute hier, weil wir unsere Demokratie vertreten und verteidigen wollen", so die Landtagsabgeordnete. Es gehe darum, in einer offenen, toleranten und freien Gesellschaft allen Menschen mit Respekt zu begegnen. "Wichtig ist, dass wir unseren Kompass behalten. In unserer Vielfalt liegt unsere Stärke, nur so können wir uns behaupten", mahnte Eisentraut. Veränderungen dürfe man nicht selbstgefälligen Populisten überlassen.

Bildunterschrift: Mehr als 100 Menschen haben am Freitag auf dem Lagenser Marktplatz für Demokratie und gegen Hass und Hetze demonstriert.

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