Mindener Tageblatt ,
20.11.2024 :
Mehr Schutz für die Synagoge
Verbesserte Alarmanlage, Kamera-System und durchwurfsichere Fenster - für das Ensemble an der Goebenstraße und die Ehrenamtlichen wird die Sicherheit erhöht / Doch es gibt Grenzen
Oliver Plöger
Petershagen. In Minden wird die Synagoge rund um die Uhr durch die Polizei bewacht, in Petershagen nicht. Doch die Ehrenamtlichen hier machen sich Sorgen, was das Ensemble aus ehemaliger Synagoge mit Gebetsraum, dem Ritualbad sowie der einstigen jüdischen Schule an der Goebenstraße betrifft. Darauf weist Frank Quest aus der Stabsstelle für Stadtmarketing hin, ebenfalls Geschäftsführer im Trägerkreis Alte Synagoge Petershagen. Jetzt soll es Sicherungen geben, darunter Kamera-Überwachung und Notfall-Tasten.
Frank Quest hat es im Ausschuss für Kultur- und Heimatpflege deutlich gemacht: "Die Ehrenamtler dort machen sich seit vorigem Jahr Gedanken um ihre Sicherheit: sowohl um die eigene Sicherheit, wenn sie dort sind, als auch um die Sicherheit des Gebäudes." Anlass sei der 7. Oktober 2023 gewesen: Die radikal-islamistischen Hamas und andere Gruppen hatten mehr als 1.100 Menschen in Israel getötet und 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Seither tobt der Krieg.
Anschläge hat es auch auf Denkmäler gegeben
Synagogen etwa in Minden werden nach einem Erlass des Innenministeriums rund um die Uhr durch Polizeikräfte gesichert. "Auch wir als Stadt Petershagen müssen das sehr ernst nehmen, können nicht sagen: Es passiert ja nichts. Wir haben keine Jüdische Gemeinde mehr, unsere Synagoge ist auch nicht auf dem Display wie die Synagoge in Minden." Dennoch könne man die Bedenken der Ehrenamtler verstehen. "Wir versuchen mit den geringen Mitteln, die wir haben, etwas für die Sicherheit zu tun." Die Polizei habe verstärkt Streifen zugesagt, die vorhandene Alarmanlage werde modernisiert, es werden Notfall-Tasten installiert, gleichzeitig gibt es ein Kamera-System für den Eingang. Die Polizei des Kreises Minden-Lübbecke habe den Bürgerverein entsprechend beraten, ebenfalls die Sicherheitsfirma Sichtel.
Laut Quest sollen auch die Fenster verstärkt werden, entweder mit durchwurfhemmenden Folien oder mit Sicherheitsglas. "Da ist die Entscheidung noch nicht gefallen - auch das ist eine Frage des Geldes." Eine Unterstützung wie sonst durch die NRW-Stiftung, die die bestehende Gebäudesubstanz sichert und die Sanierung etwa des Westgiebels sichergestellt hatte, werde es diesmal nicht geben, so Quest.
Wolfgang Battermann aus dem Vorstand des Bürgervereins betonte auf MT-Anfrage ebenfalls die Bedeutung der Synagogen-Überwachung - auch wenn Petershagen keine aktive Gemeinde mehr hat. "Wir sind hier fast täglich mit Besuchern in der Synagoge, nicht nur während der offiziellen Öffnungszeiten, auch an anderen Tagen." Angesichts der politischen Lage und Stimmung könne er verstehen, dass es Sorgen gebe. Es werde Zeit, dass auch die Überwachung in Petershagen verstärkt werde.
Battermann lobt in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit der Polizei, die eine entsprechende Gefährdungsanalyse erarbeitet hatte. Und Quest: "Natürlich wird es hier bei uns keine Sicherheitsschleuse geben wie in Minden, der jetzt erarbeitete Schutz ist aber sinnvoll, auch wenn man nie ganz ausschließen kann, dass etwas passiert." Dass die Polizei die Synagoge bereits im Blick hat, habe er selbst schon "im Alltag" mitbekommen. Als er morgens zur Synagoge ging, um mit dort beschäftigten Handwerkern zu sprechen, sei er von den Beamten direkt angesprochen worden. Er habe die Situation klären können.
Auf Nachfrage im Ausschuss machte Quest noch deutlich: Bislang sei an der Alten Synagoge noch nichts passiert, was antisemitische Vorfälle angeht. Alle hoffen, dass das so bleibt.
Dass die Sorge der Petershäger Arbeitsgemeinschaft auf keinen Fall unbegründet ist, zeigen zwei Anschläge, die es auf die unter Denkmalschutz stehende, aber mittlerweile verfallende Hofsynagoge in Detmold gegeben hat. Ermittelt wird aktuell, ob es sich um einen antisemitischen Hintergrund handelt.
Der Autor ist erreichbar unter Oliver.Ploeger@MT.de.
Bildunterschrift: Die Aktiven der Alten Synagoge machen sich Sorgen um die Sicherheit - auch um die der Besuchenden. Darauf wird jetzt reagiert.
Bildunterschrift: Die Alte Synagoge ist ein Museum mit beeindruckenden Gegenständen aus dem jüdischen Leben in Petershagen.
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Am 28. Oktober 2012 wurde das restaurierte jüdische Ensemble in Petershagen, unter dem Motto "Wisse, vor wem du stehst!", auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge e.V. eröffnet sowie eingeweiht.
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