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3 Artikel , 19.11.2024 :

Pressespiegel überregional

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Übersicht:


die tageszeitung, 19.11.2024:
Totschlag oder Mord aus Fremdenhass?

MiGAZIN, 19.11.2024:
Nazis abgewandert / Polizei: Keine rechtsextremen Parallelgesellschaften mehr in Dortmund

MiGAZIN, 19.11.2024:
Sachsen-Anhalt / Behörden prüfen Waffenlizenzen von AfD-Mitgliedern

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die tageszeitung, 19.11.2024:

Totschlag oder Mord aus Fremdenhass?

Das Landgericht Waldshut-Tiengen fällt ein strittiges Urteil zum gewaltsamen Tod eines Tunesiers

Von Benno Stieber

Es ist ein Prozess mit vielen Ungereimtheiten und vielleicht auch einem unbefriedigenden Urteil. Das Landgericht Waldshut hat den 58-jährigen Patrick E. wegen Totschlags zu knapp sieben Jahren Haft verurteilt, weil er am Tag vor Weihnachten 2023 den 38 Jahre alten Flüchtling Mahdi B. mit einem Kopfschuss in dessen Wohnung getötet, seine Leiche in sechs Teile zerstückelt und im Rhein versenkt haben soll. Dem Schuss soll einige Stunden davor ein Streit auf der Straße vorausgegangen sein. Mahdi B. soll den Angeklagten und die Familie bedroht haben. Im Januar wurde der Tunesier als vermisst gemeldet. Die Polizei bildet eine Sonderkommission, vernimmt auch Patrick E., der nach der Tat im nahe gelegenen Naturfreundehaus gefeiert hatte. Zunächst fällt kein Verdacht auf ihn. Bis er ein Geständnis ablegt. Acht Verhandlungstage hat das Landgericht Waldshut angesetzt, anders als sonst üblich ohne einen psychiatrischen Gutachter. Ermittler berichten vom Geständnis des Angeklagten, das er aus tiefer Reue abgelegt habe. Aber auch von Funden rechtsradikaler Literatur. Er hat eine Abmahnung seines Arbeitgebers bekommen, weil er bei einer Fortbildung gesagt habe, "ein anständiger Deutscher kaufe nicht bei Juden". Das Gericht gibt den rechtlichen Hinweis, dass auch eine Verurteilung wegen Mordes in Frage komme.

Am dritten Verhandlungstag findet eine rechtliche Absprache zwischen Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht statt. Der Angeklagte solle seine wenig glaubwürdige Behauptung fallen lassen, er habe geschossen, weil er geglaubt habe, Mahdi B. greife zu einer Waffe, dann könne er mit einem milden Urteil rechnen. So genannte Deals zwischen Prozessparteien sind im Strafprozessrecht klar geregelt, sie sind aber bei Kapitalverbrechen eher die Ausnahme. So wie der Prozess gelaufen ist, bleiben Fragen offen. Wurde die Sympathie von Patrick E. mit rechtsradikalem Gedankengut ausreichend berücksichtigt? Warum reist ein Jäger, der 38 legale Waffen hat, mit einer Pistole, die er illegal besitzt, in die Weihnachtsferien? In Briefen aus dem Gefängnis stilisiert sich K. zum Helden, der mit seiner Tat vielleicht einen Vorfall wie den Messerangriff von Mannheim verhindert habe. Trotzdem bleibt das Gericht dabei, es gebe keine belastbaren Beweise, dass die Tat aus Fremdenhass begangen worden sei. "Wir sind nicht auf dem rechten Auge blind", sagt der Vorsitzende Richter Martin Hauser laut Presseberichten. Patrick E. wird zu sechs Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Die Nebenklagevertreterin lässt zunächst offen, ob sie gegen das Urteil Rechtsmittel einlegt.

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MiGAZIN, 19.11.2024:

Nazis abgewandert / Polizei: Keine rechtsextremen Parallelgesellschaften mehr in Dortmund

19.11.2024 - 14.47 Uhr

Der Dortmunder Stadtteil Dorstfeld galt lange als Hochburg von Neonazis. Jetzt feiert die Polizei einen Erfolg: rechtsextreme Netzwerke zerschlagen, Nazis abgewandert. Möglich war das durch eine Strategische Fahndung.

Die Polizei in Dortmund hat eigenen Angaben zufolge einen wichtigen Etappensieg im Kampf gegen die rechtsextreme Szene erzielt. Anfang November habe man die Strategische Fahndung in Dortmund-Dorstfeld erfolgreich beendet. Die Maßnahme, ein Baustein in der Bekämpfung des Rechtsextremismus, habe dazu beigetragen, die rechte Szene in Dortmund zu schwächen. "Die rechte Szene in Dortmund ist zerschlagen", erklärte Polizeipräsident Gregor Lange. Führungsfiguren seien abgewandert, und die Mobilisierung zu rechtsextremen Versammlungen habe ein historisches Tief erreicht.

Seit Jahren gilt Dortmund-Dorstfeld als Hotspot der rechtsextremen Szene in Nordrhein-Westfalen. Mit gezielten Maßnahmen, wie der Strategischen Fahndung, hat die Polizei versucht, diesen Entwicklungen entgegengewirkt. "Die Mobilisierung zu Versammlungen war in diesem Jahr so gering wie nie zuvor", betonte Lange. Versammlungen der Szene seien zuletzt in zweistelligen Teilnehmerzahlen steckengeblieben. In der Vergangenheit prägten einschüchternde Parolen wie "Dortmund-Dorstfeld Nazi-Kiez" oder "National befreite Zone" das Stadtbild.

Gerichte bestätigen konsequentes Vorgehen

Die Durchsetzung strikter Auflagen für rechtsextreme Versammlungen war dabei ein wesentlicher Bestandteil der polizeilichen Strategie. Dies wurde jüngst vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster bestätigt. In den Jahren 2015 und 2021 hatten die Behörden umfassende Auflagen formuliert, um Parolen mit klar rechtsextremer Botschaft zu unterbinden. Das OVG urteilte zu Gunsten der Polizei.

"Die deutsche Rechtsordnung gilt auch für rechte Gesellschaften", stellte Polizeipräsident Lange klar. Die gerichtliche Bestätigung sei ein wichtiges Signal, dass Rechtsstaatlichkeit und gesellschaftlicher Zusammenhalt auch gegen rechtsextreme Bedrohungen verteidigt werden.

Ein langer Atem gegen Rechtsextremismus

Trotz des Erfolges plant die Dortmunder Polizei vorerst keine Verlängerung der Strategischen Fahndung, will jedoch die Lage in Dorstfeld weiterhin genau beobachten. Sollte es erforderlich sein, könne das Instrument jederzeit wieder eingesetzt werden, heißt es in einer polizeilichen Mitteilung.

Der Erfolg in Dortmund-Dorstfeld zeige, dass konsequentes polizeiliches Vorgehen und der Einsatz aller rechtsstaatlichen Mittel eine effektive Strategie gegen rechtsextreme Gesellschaften darstellen. "Zusammen mit den erkennbaren Erfolgen unserer Strategie werden wir genau diesen Weg auch in Zukunft konsequent weitergehen", kündigte der Polizeipräsident an. Dieser Fall mache deutlich: Der Kampf gegen Rechtsextremismus ist langwierig, doch er kann mit einer klaren, entschlossenen Linie wirksam geführt werden. (mig)

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MiGAZIN, 19.11.2024:

Sachsen-Anhalt / Behörden prüfen Waffenlizenzen von AfD-Mitgliedern

19.11.2024 - 15.45 Uhr

AfD-Mitglieder in Sachsen-Anhalt, die einen Waffenschein besitzen, geraten verstärkt ins Visier der Behörden. Grund ist die Einstufung der AfD und ihrer Jugendorganisation als gesichert rechtsextrem.

Die Waffenbehörden in Sachsen-Anhalt überprüfen aktuell die Zuverlässigkeit von AfD-Mitgliedern, die im Besitz eines Waffenscheins sind. Das bestätigte das Landesverwaltungsamt auf Anfrage. Insgesamt besitzen nach Angaben der Behörde 109 Mitglieder der AfD in Sachsen-Anhalt entsprechende Berechtigungen. Gegen 72 von ihnen laufen aktuell Entzugs-Verfahren, weitere 35 Fälle werden geprüft. Demnach haben in zwei Fällen die Betroffenen freiwillig auf ihre Waffen sowie die zugehörigen Erlaubnisse verzichtet.

Mitglieder von AfD und ihrer Jugendorganisation im Fokus

Laut Landesverwaltungsamt sind alle unteren Waffenbehörden dazu angehalten, die waffenrechtliche Zuverlässigkeit der betreffenden Personen zu überprüfen und bei Bedarf entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Zuständig sind in der Regel die Landkreise oder - in den kreisfreien Städten Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau - die jeweiligen Polizeiinspektionen.

Hintergrund ist die Einstufung des Landesverbands der AfD sowie ihrer Jugendorganisation Junge Alternative (JA) als gesichert rechtsextrem durch den Verfassungsschutz. Infolgedessen sollen die Waffenbehörden des Landes bekannte Mitglieder von AfD und JA, die einen Waffenschein besitzen, genau prüfen.

Forderung nach entschlossenen Maßnahmen

Sachsen-Anhalts Linken-Fraktionsvorsitzende Eva von Angern kritisiert die AfD scharf. Die Partei greife grundlegende Prinzipien der Demokratie an, verbreite Hass und stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. "Dass Mitglieder einer Partei, die das Rechtsstaatsprinzip am laufenden Band verletzen, auch noch Waffen horten, ist zutiefst besorgniserregend." Sie fordert entschlossene Maßnahmen zur Entwaffnung von Rechtsextremen und betont die Notwendigkeit, kommunale Gremien sowie Waffenbehörden besser zu unterstützen.

Der Sprecher für Jagd- und Schützenwesen der AfD-Landtagsfraktion, Florian Schröder, bezeichnet das Vorhaben als nicht nachvollziehbar. Frühere Versuche, AfD-Mitgliedern die Waffenerlaubnis zu entziehen, seien bereits als rechtswidrig eingestuft worden. Seiner Ansicht nach diene ein derartiges Vorgehen allein dazu, die Mitglieder seiner Partei zu diskriminieren. (dpa/mig)

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