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Nachrichten: OWL: 36 antisemitische Attacken im Jahr 2022 , 10.01.2023 :

Tages-Chronologie von Dienstag, 10. Januar 2023

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Pressespiegel überregional


Zeit Online, 10.01.2023:
Mordprozess um Anschlag auf Asylbewerberheim unterbrochen

tagesschau.de, 10.01.2023:
Anschlag auf Synagoge: Polizei vermutet rechtsextreme Tat

Jüdische Allgemeine Online, 10.01.2023:
Anschlag auf Synagoge: Bayerische Polizei verhaftet Verdächtigen

n-tv.de, 10.01.2023:
Spezialeinheit bringt mutmaßlichen "Reichsbürger" zur Haft

Jüdische Allgemeine Online, 10.01.2023:
Prozess gegen Horst Mahler geht in die Verlängerung

Mindener Tageblatt, 10.01.2023:
Verliert die AfD das Millionenerbe?

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www.hiergeblieben.de - Zusammenfassung - Dienstag, 10. Januar 2023


Vom 13. August bis 1. Oktober 2023 zeigt der "Kunstverein Oerlinghausen" in der Alten Synagoge mit der Ausstellung "Das Lonka Projekt", eine fotografische Referenz an die letzten Überlebenden des Holocaust.

Am 19. Mai 2022 bezeichnete Szene-Anwalt Hendrik Schnelle in einer "Pressemitteilung", die freistehende Hofsynagoge (aus dem Jahr 1633) in der Bruchmauerstraße 37 in Detmold als "Schandfleck im Stadtbild".

Am 18. Mai 2022 wies das Verwaltungsgericht Minden eine Klage des Szene-Anwalts Hendrik Schnelle, auf Erteilung der Abbruchgenehmigung für die Hofsynagoge (1633) in der Bruchmauerstraße 37, Detmold, ab.

Am 12. Januar 2023 (um 14.30 Uhr) ist eine Zusammenkunft von der "Frauengruppe" in der "Kreisgruppe Minden" - bei der revanchistischen "Landsmannschaft Schlesien" - in der "Bäckerei Schmidt" angekündigt.

Am 13. April 2021 wurde beim OLG Stuttgart der Prozess gegen die terroristische Vereinigung "Gruppe S.", auch gegen die Akteure Thomas Niemann (einer der Haupttäter) und Markus Krüper aus Minden eröffnet.

Am 4. November 2020 hat die Bundesanwaltschaft vor dem Staatsschutzsenat des OLG Stuttgart Anklage, gegen "elf mutmaßliche Mitglieder" - so wie "einen mutmaßlichen Unterstützer" der "Gruppe S.", erhoben.

Am 13. Juli 2020 wurde der am 14. Februar 2020 in Porta Westfalica - wegen mutmaßlicher Unterstützung der terroristischen Vereinigung "Gruppe S." - verhaftete Ulf Rösener tot in der JVA Dortmund aufgefunden.

Am 14. Februar 2020 wurden zwölf Neonazis der in Alfdorf gegründeten "Gruppe S." beziehungsweise "Der harte Kern", dabei Thomas Niemann, Markus Krüper, Minden; Ulf Rösener aus Porta Westfalica, verhaftet.

Am 10. Januar 2023 meldete der NRW-Minister des Innern im Jahr 2022 36 antisemitische Straftaten, mit dem "Unterangriffsziel religiöser Repräsentant", in dem "Phänomenbereich rechts", in Ostwestfalen-Lippe.

Am 15. Januar 2023 kandidiert der Rechtsaußen-Politiker Thomas Röckemann (Minden) für die (völkisch-nationalistische) "Alternative für Deutschland", bei der Wahl des Landrates des Kreises Minden-Lübbecke.

Am 2. November 2022 wählte der völkisch-nationalistische "Kreisverband Minden-Lübbecke" der "AfD" den Rechtsaußen-Politiker Thomas Röckemann zum Kandidaten zur Wahl des Landrates am 15. Januar 2023.

Am 13. September 2020 erreichte der (extrem rechte) "AfD"-Politiker Thomas Röckemann aus Minden bei der Wahl der Landrätin, des Landrates im Kreis Minden-Lübbecke gesamt 8.866 Stimmen (6,76 Prozent).

Am 3. Februar 2023 kündigt der "AfD"-"Kreisverband Lippe", in dem "Bürgerhaus Lage", einen Vortrag "zu den Themen Russland-Reise und Ukraine-Krise", des "AfD"-Abgeordneten Hans-Thomas Tillschneider an.

Am 10. Januar 2023 rief der Neonazi Gerd Ulrich "Liebe Friedens-Aktivisten" zu der Anteilnahme an seiner "Schilder-Aktion" am 13. Januar 2023, von 15.00 bis 16.00 Uhr, an der "Hornsche Straße" in Detmold auf.

Am 10. Januar 2023 unterrichtete das Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, über eine antisemitische Straftat ("PMK rechts") gegen eine jüdische Einrichtung, im September 2022, in Paderborn.


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Artikel-Einträge in der Datenbank:


Lippische Landes-Zeitung, 10.01.2023:
Ansteckende Ausstellungen in der Alten Synagoge

Jüdische Allgemeine Online, 10.01.2023:
Die Synagoge muss erhalten bleiben!

Mindener Tageblatt, 10.01.2023:
Frauengruppe trifft sich

Mindener Tageblatt Online, 10.01.2023:
Prozess gegen Gruppe S.: Mindener Fliesenleger hatte Ärger mit Ämtern und Justiz

Westdeutscher Rundfunk Köln, 10.01.2023:
"Gruppe S.": Partnerin weist Vorwürfe gegen Angeklagten zurück

Westfalen-Blatt Online, 10.01.2023:
Thomas Röckemann: "Ich stehe für Disziplin"

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Lippische Landes-Zeitung, 10.01.2023:

Ansteckende Ausstellungen in der Alten Synagoge

Der Oerlinghauser Kunstverein hat im neuen Jahr Angebote in den Bereichen Malerei, Fotografie, Zeichnung und Skulptur im Programm / Das "Lonka-Projekt" zeigt Fotos renommierter Künstler von Holocaust-Überlebenden

Karin Prignitz

Oerlinghausen. Der Kunstverein Oerlinghausen startet am Sonntag, 15. Januar, in ein neues Kunstjahr. Die Ausstellung von Anne Kückelhaus beginnt um 11.30 Uhr zunächst im Bürgerhaus. Anschließend können die Arbeiten analog in der Alten Synagoge an der Tönsbergstraße 4 betrachtet werden.

Das Kunstjahr 2023 wird bestimmt von den Disziplinen Malerei, Fotografie, Zeichnung und Skulptur. Dem künstlerischen Leiter Andreas Beaugrand war es bei der Konzeption des Jahresprogramms besonders wichtig, junge Künstlerinnen und Künstler zu gewinnen. Drei der fünf Ausstellungen werden von Frauen ausgerichtet.

Besondere Beachtung dürfte dem "Lonka-Projekt" gelten: Hier arbeitet der Kunstverein Oerlinghausen erneut mit dem Institut für Migrations- und Aussiedler-Fragen, der Heimvolkshochschule St.-Hedwigs-Haus, zusammen, die sich einen neuen Namen gegeben hat und nun "Akademie am Tönsberg" heißt. Zu jeder Ausstellung wird Vorstandsmitglied Sabine Husemann-Seidel den Workshop "Kunstentdecker sein im Kunstverein" für Grundschulkinder anbieten.

Die Kunstvereins-Vorsitzende Isolde Müller-Borchert verspricht vielversprechende Kunstbetrachtungen im neuen Jahr und lädt die Besucher ein: "Lassen Sie sich anstecken von den Präsentationen der zeitgenössischen Kunst in der Alten Synagoge."

Anke Kückelhaus: Die erste Ausstellung des Jahres heißt "Bittersweet shimmer". Sie ist vom 15. Januar bis zum 19. Februar zu sehen. Künstlerin Anne Kückelhaus betrachtet mit ihrem Projekt die Verbindungen zwischen Hund und Mensch. Sie zeigt in Zeichnungen, installativen und skulpturalen Zusammenstellungen die Protagonisten und ihr Umfeld. Die Arbeiten beschäftigen sich aber auch mit Leerstellen, die es zu füllen gilt durch die Feststellung, dass Dargestelltes bekannt und vielleicht vertraut erscheint, durch Beobachtungen, die die isoliert dargestellten Situationen zu einer Erzählung werden lassen.

Rosario de Simone: Der gebürtige Italiener Rosario de Simone, seit vielen Jahren Maler in Bielefeld und Kunstlehrer in Herford, stellt in der Alten Synagoge Arbeiten aus, die zwischen 2018 und 2022 entstanden sind und zum Teil in den vergangenen drei Jahren fertiggestellt wurden - nach teilweise jahrzehntelanger Überarbeitung. Der Titel der Ausstellung "Wenn das keine Mütze ist, ist das Gesicht auch kein Gesicht" ist die Frage eines Besuchers an den Künstler, die nichts erklärt, sondern noch mehr Fragen entstehen lässt, insbesondere nach der Bedeutung der Malerei und ihrer Intention. Rosario de Simone stellt seine Bilder vom 26. Februar bis zum 2. April aus.

Irmgard Pricker: Malerei und Zeichnungen unter dem Titel "WESENtlich" sind vom 23. April bis zum 4. Juni 2023 zu sehen. Im Zentrum der Ölbilder und Arbeiten auf Papier von Irmgard Pricker, die in Vlotho zu Hause ist, steht der Mensch in seiner Bedürftigkeit, Verletzlichkeit, aber auch mit seiner Willenskraft und Stärke. Die 1964 geborene Künstlerin versucht, sich dem Wesen des Menschen und seiner Existenz anzunähern, immer wissend um die Vergänglichkeit und die unendliche Wandelbarkeit der Dinge.

Das Lonka-Projekt: Das im Jahr 2018 initiierte Lonka-Projekt (www.thelonkaproject.com) porträtiert Überlebende. Die Foto-Wanderausstellung wurde zum Gedenktag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 und der Opfer des Holocaust im Jahr 2021 erstmals in Berlin gezeigt. 300 der weltweit führenden Fotografinnen und Fotografen aus rund 30 Ländern haben für das Projekt Überlebende in ihrem privaten Umfeld fotografiert und ein einzigartiges Gesamtwerk geschaffen. Die Ausstellung läuft vom 13. August bis zum 1. Oktober.

Janice Jensen: Die Bielefelder Künstlerin Janice Jensen beschäftigt sich mit der subjektiven Wahrnehmung von Bewegung durch den Raum. Sie dokumentiert zeichnerisch mit Hilfe einer "Drawing-Machine" während des Laufens ihre Umgebung und konzentriert sich auf verschiedene Aspekte. Die daraus entstehenden Zeichnungen werden anschließend malerisch in "Virtual Reality" übersetzt und damit von der analogen 2D-Zeichnung in den 3D-Raum rücküberführt. Das Gesamtprojekt ist aus neun Spaziergängen an der kurischen Nehrung in Litauen entstanden. Zu sehen sind die Zeichnungen vom 22. Oktober bis zum 3. Dezember.

Bildunterschrift: Isolde Müller-Borchert (links), Vorsitzende des Kunstvereins, und Schriftführerin Beate Kleinemenke präsentieren das neue Jahresprogramm und die Einladungskarten zur ersten Ausstellung.

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Jüdische Allgemeine Online, 10.01.2023:

Die Synagoge muss erhalten bleiben!

10.01.2023 - 08.57 Uhr

Der Eigentümer handelt nicht nur gleichgültig gegenüber der Bedeutung des Gebäudes, sondern hat mit seinen vorherigen Provokationen bereits seine eigentliche Gesinnung gezeigt.

Von Micha Neumann

In Detmold droht einer der ältesten Synagogen Norddeutschlands die Zerstörung. Der Eigentümer Hendrik Schnelle will auf dem Grundstück Parkplätze errichten und versucht, dies gerichtlich durchzusetzen. Vielfach wurde daher gefordert, dass er das Gebäude an die Stadt verkaufen solle, damit es wieder instand gesetzt werden und erhalten bleiben kann.

Doch Schnelle trägt nicht dazu bei, eine Lösung in der Sache zu finden. Im Gegenteil: Zunächst publizierte der in der rechtsextremen Szene einschlägig bekannte Jurist eine NS-relativierende Karikatur auf seiner Webseite. An Halloween versah er das denkmalgeschützte Gebäude mit Bildern von Gruselgestalten. Auf diese Weise entwertet er beständig die Geschichte und Bedeutung der ehemaligen Synagoge.

Freilichtmuseum

Der neueste abwegige Vorschlag des Rechtsanwalts: die Versetzung der Synagoge in ein Freilichtmuseum - für ihn "der einzig mögliche Kompromiss". Doch diese Forderung ist weder realistisch noch zielführend. Denn um das Gebäude zu translozieren, müsste es komplett abgebaut und neu errichtet werden, was die Kosten einer Sanierung vor Ort wahrscheinlich deutlich übersteigen würde. Vor allem würde damit der Charakter der ehemaligen Synagoge verkannt.

Es geht eben nicht um die Architektur eines Gebäudes, die in einem Freilichtmuseum bewundert werden soll, sondern um das bestehende Zeugnis jüdischen Lebens mitten im Stadtkern von Detmold. Durch eine Versetzung würde dessen Geschichte erneut aus dem Stadtbild getilgt.

Daher kann nur an der Forderung der Jüdischen Gemeinde Detmold und zivilgesellschaftlicher Organisationen festgehalten werden: Die ehemalige Synagoge muss an ihrem Ort erhalten bleiben, mit dem Ziel, dort ein Museum oder Begegnungszentrum einzurichten. Hendrik Schnelle hingegen handelt nicht nur gleichgültig gegenüber der Bedeutung des Gebäudes, sondern hat mit seinen vorherigen Provokationen bereits seine eigentliche Gesinnung gezeigt - das darf man ihm nicht durchgehen lassen.

Der Autor ist Teamleiter bei ADIRA, der Beratungsstelle der Jüdischen Gemeinde Dortmund bei Antisemitismus und Rassismus.

Bildunterschrift: Micha Neumann.

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Mindener Tageblatt, 10.01.2023:

Frauengruppe trifft sich

Minden (mt/dc). Die schlesische Frauengruppe trifft sich zum monatlichen Plaudern am Donnerstag, 12. Januar, im Café der Bäckerei Schmidt in Minden, Lübbecker Straße 73. Beginn ist um 14.30 Uhr.

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Mindener Tageblatt Online, 10.01.2023:

Prozess gegen Gruppe S.: Mindener Fliesenleger hatte Ärger mit Ämtern und Justiz

10.01.2023 - 19.50 Uhr

Minden / Stuttgart. Seine manchmal wütenden Briefe an die Behörden unterschrieb der selbstständige Fliesenleger aus Kutenhausen mit "Thomas, aus dem Hause N." - so wie das Reichsbürger oft tun, wenn sie demonstrieren wollen, dass sie ihren bürgerlichen Namen im Personalausweis und überhaupt die gesamte Bundesrepublik Deutschland nicht akzeptieren. Laut Anklage des Generalbundesanwalts wollte Thomas N. aus Minden gemeinsam mit anderen in dieser Republik einen Bürgerkrieg provozieren - vor allem durch Anschläge auf Moscheen. Deshalb sitzen er und elf weitere Angeklagte, benannt als Gruppe S., seit April 2021 in Stuttgart vor Gericht.

Thomas N. hatte immer mal wieder Ärger mit Ämtern und Justiz: mit dem Straßenverkehrsamt beim Kreis Minden-Lübbecke; mit der GEZ; mit der Handwerkskammer Bielefeld - vor allem, wenn es ums Bezahlen ging, verwies er darauf, in einem nicht rechtmäßigen Staat zu leben. Das Verwaltungsgericht Minden sprach gegen ihn ein Waffenverbot aus, das Finanzamt verlangte Steuern in fünfstelliger Höhe. Und obwohl viele Behörden ihn als Reichsbürger sahen, wies seine als Zeugin geladene Lebenspartnerin genau dies vor Gericht zurück: "Nein! Dass sie uns so betitelt haben, hat uns aufgeregt."

"Ich rede nicht gern über Politik"

Vom Richter wurde die 57-Jährige gebeten, ihren Freund zu beschreiben. "Sehr herzlich. Liebenswürdig. Nett. Großzügig. Freundlich." Als selbstständiger Fliesenleger habe er gut zu tun gehabt, "die Auftragslage war sehr gut. Er ist sehr beliebt bei seinen Kunden." Geldprobleme habe es keine gegeben. Im Haus lagen 35.000 Euro Bargeld. "Das hat er sich über die Jahre zusammengespart. Für schlechte Zeiten."

Alles sei bestens gewesen, bis zum 8. Februar 2020. Als er ein Dutzend Männer zu sich nach Hause eingeladen hatte und eine Woche später die Polizisten kamen, um Thomas N. festzunehmen. Laut Anklage war es das Treffen, bei dem die sogenannte Gruppe S. Terror plante.

Und die politische Einstellung ihres Freundes? Die Frage des Richters beantwortete die Zeugin zunächst mit nichts anderem als einem langen Seufzen. Um dann fortzufahren: "Tja, dass man eben nicht alles gut findet, was abläuft. Aber so geht’s ja vielen." Und schließlich: "Ich rede nicht gern über Politik." Ob er über Flüchtlinge gesprochen habe, will der Richter wissen. Antwort: "Mit mir nicht". - "Sprach er über Ausländer?" - "Alles so lange her. Er hat kein Problem mit Ausländern." - "Hat er sich über Muslime geäußert?" - "Nein."

Lieblingsthema "Entnazifizierung"

Was war das für ein Mensch, der sich in abgehörten Telefonaten als ausgesprochen fremdenfeindlich zeigte, auch gewaltbereit ("alle töten!!")? Und der als Handwerker unauffällig seiner Arbeit nachging?

Als sich der Prozesstag dem Ende neigte, äußerte sich dann auch Thomas N. noch einmal - und seine Worte sorgten sogar für Heiterkeit. Immer wieder war es um eines seiner Lieblingsthemen gegangen: die so genannte "Entnazifizierung". Reichsbürger verstehen darunter ein kompliziertes Verfahren, das für Außenstehende schwer nachvollziehbar ist, unter anderem mit Schriftwechseln zu russischen Behörden. Wer das Verfahren nicht verstehe, der - so richtete Fliesenleger N. seine erklärenden Worte unter anderem an mehr als 50 anwesende Juristen - müsse doch nur das Grundgesetz lesen. Das erkläre alles.

Bildunterschrift: Am Oberlandesgericht Stuttgart wird der Prozess verhandelt.

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Westdeutscher Rundfunk Köln, 10.01.2023:

"Gruppe S.": Partnerin weist Vorwürfe gegen Angeklagten zurück

10.01.2023 - 19.47 Uhr

Beim Stuttgarter Terrorismus-Prozess gegen die so genannte "Gruppe S." stand jetzt der Angeklagte Thomas N. aus Minden im Mittelpunkt. Als Zeugin sagte seine Lebensgefährtin aus.

Von Thomas Wöstmann

Die Anklageschrift wirft N. und elf weiteren Angeklagten vor, Terroranschläge vor allem gegen Moscheen geplant zu haben - und zwar im Februar 2020, bei einem Treffen in seinem Haus in Minden. Seit April 2021 läuft deshalb ein Prozess am Oberlandesgericht Stuttgart.

Als Zeugin sagte nun die Lebensgefährtin des Angeklagten N. aus. Sie wies dabei Vorwürfe zurück, ihr Partner sei fremdenfeindlich und gewaltbereit.

"Ein herzlicher, netter, hilfsbereiter und liebenswerter Mensch"
Lebensgefährtin von N. im Terrorismus-Prozess

In abgehörten Telefongesprächen hatte N. mehrmals eindeutig über Gewalt gegen Ausländer gesprochen. Seine Partnerin zeichnete ein anderes Bild: Er sei ein herzlicher, netter, hilfsbereiter und liebenswerter Mensch. Er habe nichts gegen Ausländer - und dass es unter nach Deutschland gekommenen Flüchtlingen zu viele junge Männer gebe, das würden doch so viele so sehen, erklärte die 57-Jährige. Sein Geschäft als selbstständiger Fliesenleger sei gut gelaufen - die bei ihm im Haus gefundenen 35.000 Euro Bargeld habe er über die Jahre zusammengespart, für schlechte Zeiten.

N. unterschrieb wie ein Reichsbürger

Briefe unterschrieb der Fliesenleger mit "Thomas aus dem Hause N." - eine unter Reichsbürgern oft genutzte Formulierung, um zu demonstrieren, dass der Name im Personalausweis als Dokument der Bundesrepublik Deutschland abgelehnt wird. Dennoch sei ihr Partner kein Reichsbürger, so wie ihn mehrere Behörden einordnen: "Wir wurden so betitelt. Das hat uns aufgeregt."

Als am 8. Februar 2020 nach und nach Männer zu Hause eingetroffen seien, habe sie davon nur wenige gekannt. Zum vermeintlichen Kopf der Gruppe Werner S. habe ihr Freund allerdings ein spezielles Verhältnis gehabt: "Ich hatte das Gefühl, dass er ihm hörig war."

Der Prozess wird Donnerstag fortgesetzt. Dann soll unter anderem die Lebenspartnerin des zweiten Mindener Angeklagten Markus K. aussagen.

Über das Thema berichtet die Lokalzeit OWL am 11.01.2023 im Hörfunk.

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Westfalen-Blatt Online, 10.01.2023:

Thomas Röckemann: "Ich stehe für Disziplin"

10.01.2023 - 16.19 Uhr

Landratswahl Minden-Lübbecke 2023: Kandidat der AfD

Lübbecke / Minden. Während die anderen kleineren Parteien auf die Nominierung eines Landratskandidaten verzichtet haben, geht die AfD bei der Wahl am Sonntag, 15. Januar, an den Start. Mit Thomas Röckemann. Der Mindener Anwalt für Verkehrsrecht ist im Kreisgebiet und darüber hinaus kein Unbekannter. 

Von Friederike Niemeyer

Schon im September 2020 wollte das 58-jährige Kreistagsmitglied Landrat werden. Mit 6,8 Prozent reichte es damals aber nur zu Platz vier unter vier Mitbewerbern. Bekanntermaßen gewann schließlich Anna Katharina Bölling (CDU) die Wahl, wurde im vorigen Jahr allerdings im Nachgang der Landtagswahl zur Regierungspräsidentin berufen, weshalb nun erneut gewählt wird. Für Thomas Röckemann ist genau diese Personalie Motivation, erneut anzutreten, wie er sagt: "Man kennt das schon aus anderen Bereichen, dass gerade Politiker, die nicht unbedingt geeignet sind, nach oben befördert werden. Es ist also an der Zeit, dass sich etwas in unserem Kreis zum Guten wendet. Genau deshalb kandidiere ich."

Dass Röckemann gegen Ende der Nominierungsfrist seinen Hut für das Landratsamt in den Ring geworfen hat, hat keinen politischen Beobachter im Kreis verwundert: Die AfD möchte ihren Wählern eigentlich immer eine Person anbieten, auch um Protest-Potenzial zu binden. Und der Familienvater mit vier Kindern darf in Sachen Parteiarbeit durchaus als umtriebig bezeichnet werden. Nach seinem Eintritt in die AfD direkt nach deren Gründung 2013 wurde er im Anschluss erster Sprecher des neuen Kreisverbandes und wurde 2014 in den Minden-Lübbecker Kreistag gewählt. Außerdem war er von 2015 bis 2017 Richter im innerparteilichen Bundesschiedsgerichts, das unter anderem über Parteiausschlüsse befindet. Von 2017 bis 2022 gehörte er dem NRW-Landtag an. Von 2017 bis 2019 war er Sprecher (also Vorsitzender) des AfD-Landesverbandes. 2022 verpasste Röckemann seinen Wiedereinzug ins Landesparlament nur knapp und sitzt sozusagen auf der ersten Wiedereinrücker-Position.

Teilnahme an Syrien-Reise

Thomas Röckemann gilt als Rechter innerhalb der AfD. 2018 nahm er an einer als privat bezeichneten umstrittenen Reise mehrerer Landtagsabgeordneten nach Syrien teil, auch um zu erkunden, ob Bürgerkriegsflüchtlinge dorthin abgeschoben werden können. Röckemann nahm an diversen Demonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen etwa in Berlin teil und begleitete auch die heimischen so genannten Spaziergänge intensiv. Jetzt wirbt er auf Wahlplakaten mit dem Beruf Polizist, den er allerdings nicht mehr ausübt.

In der IHK-Podiumsdiskussion zur Landratswahl reagierte das Publikum wie berichtet mit Empörung auf Röckemanns Forderung nach einer Abschiebe-Initiative. Skandalös sei viel eher gewesen, dass daraufhin SPD-Mitbewerber Ali Dogan mit der Forderung reagiert habe, lieber Leute wie Röckemann auszuweisen, sagte dazu jetzt der AfD-Kandidat. Er leiste "einen erheblichen Beitrag für unser Gemeinwohl". Röckemann weiter: "Ich bleibe bei meiner Auffassung, dass Menschen, die hierzulande keinen Aufenthaltstitel haben, schnellstmöglich in ihre Heimat verbracht zu werden haben."

Als Landrat würde Thomas Röckemann für Pünktlichkeit und Disziplin einstehen wollen. "Ich werde damit Vorbild geben und meine Hände all denjenigen reichen, die mithelfen unseren Mühlenkreis aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken", sagt Röckemann. "Nehmen Sie mich beim Wort."

Umwandlung des Rahdener Krankenhauses

In der Krankenhaus-Debatte hat sich das Verwaltungsratsmitglied gegen den Kurs der Mühlenkreiskliniken und für Sanierungen positioniert. "Durch eine Modernisierung des Standortes Lübbecke sowie eine Umstrukturierung des Standortes Rahden ist der Erhalt beider Kliniken möglich", sagt Röckemann vollmundig. Unter Umstrukturierung in Rahden versteht er allerdings eine Notfallambulanz und ein Hospiz. Den geplanten Krankenhaus-Neubau in Espelkamp bewertet der AfD-Politiker als nicht finanzierbar. Originalton Röckemann: "Dem Bürger drohen zu Zeiten von Hyperinflation massive weitere finanzielle Belastungen. Wenn die Bundesregierung ihre Hausarbeiten machen würde, die Kriegsvorbereitungen gegen Russland stoppen, die Energiesicherheit wieder herstellen und den Sozialmissbrauch in den Griff bekäme, dann sähe die Sache gleich anders aus. Zur Zeit ist das allerdings von diesen Leuten nicht erwartbar."

Gegen "rot-grüne Wohlfühl-Blase"

Röckemann hält eine Multifunktionshalle in Minden für wichtig für Stadt und Kreis und kritisiert, dass seit der vergangenen Legislaturperiode Zeit vertan worden sei. Inzwischen hat sich ja bekanntlich die schwarz-grüne Kreistagsmehrheit für eine Ertüchtigung der Kampa-Halle und eine "Rückgabe" des Multihallen-Projekts an die Stadt Minden entschieden.

Damit die Kreisfinanzen nicht aus dem Ruder laufen, schlägt Thomas Röckemann eiserne Disziplin vor, ohne richtig konkret zu werden: "Es gibt einige Projekte, die viel Personal beanspruchen und nur dazu dienen, die rot-grüne "Wohlfühl-Blase" zu erhalten. Wir brauchen Qualität in der Verwaltung und keine Quantität."

Bildunterschrift: Bei der IHK-Podiumsdiskussion zur Landratswahl stellen sich alle Kandidaten den Fragen, auch der AfD-Bewerber Thomas Röckemann (rechts) Daniela Drabert nennt Ali Dogan (SPD), Jörg-Michael Schrader (CDU) und Thomas Röckemann Halbsätze, die sie vollenden müssen.

Bildunterschrift: Thomas Röckemann als Sprecher der Landes-AfD.

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