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Mindener Tageblatt , 17.05.2005 :

Zwischen "Zirkus" und Besatzung / Frühjahr und Sommer 1945: Mindener erleben die ersten Wochen und Monate der Nachkriegszeit

Minden (mt). "Wir haben das Ganze wie einen Zirkus aufgefasst, jeden Tag gab es eine neue Nummer", erinnerte sich Helene Hoffmann an die Tage und Wochen nach dem Einmarsch der Alliierten im April 1945. Sie selbst arbeitete für Amerikaner und Briten.

Von Jürgen Langenkämper

"Ich habe Plakate geklebt mit Ankündigungen über die Ausgangssperre", erinnert sich die 82-Jährige. Als junge Frau hatte sie in der Telefonzentrale der Luftschutzpolizei gearbeitet. Nachdem die Amerikaner das Kommando in Minden übernommen hatten und in der ersten Zeit auf Bürgermeister Dr. Holle für die ersten Verwaltungsakte zurückgriffen, wurde auch Helene Hoffmann wieder vom Bürgermeister angeheuert. Die erste Dienstbesprechung der Stadtverwaltung gab es bereits am 9. April, vier Tage nach der Besetzung der Stadt.

"Der Stadtmajor verteilte über den Bürgermeister Passierscheine", berichtet die Mindenerin von einer ungewöhnlichen Bewegungsfreiheit für sich selbst. Für die übrige Bevölkerung aber galt eine Ausgangssperre von anfangs lediglich einer Stunde am Tag, in denen sich die Menschen in aller Eile zwischen 7 und 8 Uhr mit dem Nötigsten versorgen mussten - wenn es denn etwas gab. Aber schon nach wenigen Tagen wurde die Ausgangszeit auf drei Stunden von 9 bis 12 Uhr gelockert und schließlich seit dem 11. April 1945 auf 7 bis 18 Uhr ausgeweitet, wie Dr. Hans Nordsiek in seinem Buch "Die verdunkelte Stadt. Minden 1944/45" beschreibt. Ab dem 12. April wurde die Stadtverwaltung in ihrer neuen, auch nur vorübergehenden Unterkunft im Behördenhaus in der Heidestraße 8 auch wieder für das Publikum geöffnet.

Die Amerikaner übergaben die Stadt bis zum 17. April an die Briten, zu deren Besatzungszone Minden und der gesamte Regierungsbezirk vereinbarungsgemäß gehören sollten. "Ab 14. April musste an jeder deutschen Haustür eine komplette Liste aller Hausbewohner ausgehängt werden", berichtete Nordsiek in seinem Vortrag zum 60. Jahrestag des Kriegsendes. Für Dr. Holle endete sein Amt als Bürgermeister am 26. April 1945. Wie es im Frühjahr und Sommer des Jahres in der besetzten Stadt weiterging, wollen wir in loser Folge berichten.


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