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Deister- und Weserzeitung , 13.05.2005 :

Gedenktafel gegen das Vergessen / Rat einstimmig für SPD/FDP-Antrag

Hameln (CK). In seltener Einmütigkeit hat sich der Rat in seiner öffentlichen Sitzung am Mittwoch abend dafür ausgesprochen, auf dem Gelände des ehemaligen Zuchthauses und auf dem Friedhof Wehl Gedenktafeln aufzustellen, die an die Verbrechen der Nationalsozialisten in der Zeit von 1933 bis 1945 im Hamelner Gefängnis (Zuchthaus) angemessen erinnern sollen.

Die SPD/FDP-Gruppe im Rat hatte die Initiative dazu ergriffen und einen entsprechenden Antrag gestellt, und Christa Bruns lieferte die Begründung. Im Herbst 2004 habe der Rat eine Ausstellung über das Zuchthaus besichtigt, und erst da sei vielen klar geworden, welche Opfer in der NS-Zeit auch in Hameln zu beklagen gewesen seien. Es sei Bernd Gelderblom zu verdanken, dass die dunklen Stellen in der Stadtgeschichte erhellt worden seien, sagte sie. "Und da haben wir beschlossen, dass wir angemessen an die Opfer erinnern möchten. Denn im damaligen Zuchthaus saßen nicht Mörder oder Räuber, sondern die politischen Gegner der Nationalsozialisten, darunter auch Hamelner Sozialdemokraten", so die Politikerin.

"Ein Verdrängen, ein Wegsehen darf es nicht geben." Darin stimmte CDU-Fraktionschef Alfred Hodek mit Christa Bruns überein. Ausdrücklich bedankte sich der Christdemokrat bei ihr dafür, das sie den Rat auf eine "gedankliche Fehlleistung" aufmerksam gemacht habe. Denn ursprünglich sollte die Gedenktafel an der Mauer der Weserpromenade - mit Blick auf den Klüt - angebracht werden. Das aber hätte keinen Bezug zum Gefängnis mehr gehabt.

Zustimmung auch bei Ursula Wehrmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen: "Das ist der richtige Antrag zum richtigen Zeitpunkt. Eine aktive Auseinandersetzung mit diesem düsteren Kapital der Vergangenheit ist wichtig für das demokratische Selbstverständnis", sagte sie. Die Gedenktafeln sollten dauerhaft an die unmenschlichen Gräuel während der NS-Zeit erinnern und auch als Mahnung dienen, denn: "Es gibt immer noch moderne Rattenfänger."

In der Begründung des Gruppenantrages, den der Rat einstimmig beschloss, heißt es, dass der Anteil der politischen Gefangegen in den Jahren 1933 bis 1939 rund 80 Prozent ausmachte. Mit Kriegsbeginn traten die "Kriegstäter" hinzu, darunter Männer, die ausländische Sender abgehört oder "schwarz" geschlachtet hatten, ab 1942 dann auch zahlreiche Widerstandskämpfer aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Die Bedingungen waren gegen Kriegsende derart katastrophal, dass in den Wochen vor und nach der Befreiung 305 Männer starben.


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