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Deister- und Weserzeitung , 11.05.2005 :

Im Heimatmuseum sah es einfach chaotisch aus / Schon 1943 wurden alle Sammlungsgegenstände ausgelagert / Wiederöffnung am 4. Juli 1948

Von Dietrich Lösche

Hameln. Kriegsbedingt war das Heimatmuseum, wie es damals hieß, schon seit 1942 geschlossen. 1943 wurde vom Provinzialkonservator für die Museen der preußischen Provinz Hannover die Auslagerung aller Sammlungsgegenstände angeordnet. So wurden fast alle Exponate auf verschiedene Stellen verteilt, unter anderem kamen sie in die Kirche in Salzhemmendorf, in die Krypta der Münsterkirche und in die Keller der Kreissparkasse und der Oberweser-Dampfschifffahrt. Einige Objekte wurden auch privat in Luftschutzkellern verschiedener Häuser in der Pyrmonter Straße und am Brückenkopf aufbewahrt. Auch andere Gebäude, wie zum Beispiel der Klütturm, dienten als Lager, aber gerade dort war mit einer erhöhten Einbruchsgefahr zu rechnen.

Diese Sorge war nicht unbegründet. Bereits am 20. April berichtete Rektor Friedrich Berner, damals Schriftführer des Museumsvereins, von der großen Gefährdung der Museumsstücke durch amerikanische Soldaten. Ihm war zugetragen worden, dass diese in den Klütturm eingedrungen waren. Sie hätten "alles durchwühlt" und "gewiss auch dies und jenes mitgehen lassen".

Die Rückführung des ausgelagerten Museumsgutes war schwierig: In den Räumen des Leisthauses sah es chaotisch aus, denn dort stapelten sich Möbel und andere Gegenstände aus verschiedenen Hamelner Schulen, weil diese als Lazarette für verwundete Soldaten gebraucht wurden.

Der Museumsverein sah es aber nach Kriegsende trotz oder gerade wegen des weitgehenden Niedergangs des kulturellen Lebens in der Stadt als seine wichtigste Aufgabe an, das Museum wieder derÖffentlichkeit zugänglich zu machen. Vor einer Wiedereröffnung mussten aber erst einmal auch die Kriegsschäden beseitigt werden, denn die amerikanischen Bomben- und Artillerieangriffe im April 1945 hatten auch den Dachstuhl des Leisthauses getroffen und einige Balken und Fenster beschädigt. Vor allem mussten die Räume frei gemacht und saniert werden. Erst dann konnte die Einrichtung des Museums beginnen.

Wiedereinrichtung konnte aber nicht bedeuten, den Zustand von 1939 wieder herzustellen. Das "Aufstellen" und sonstige "Schaustellen" von Gegenständen, die dazu angetan seien, "die deutsche militärische Tradition zu bewahren und am Leben zu erhalten, den Militarismus wieder einzuführen, die Nazipartei in Erinnerung zu bringen oder Kriegsereignisse zu verherrlichen", war verboten. Die entsprechenden Exponate sollten zwar nicht vernichtet,aber "von der Zurschaustellung entfernt" werden.

Dazu kam, dass Genehmigungen verschiedener Behörden und der Militärregierung abgewartet werden mussten, und die hatten unmittelbar nach Kriegsende ganz andere, dringendere Aufgaben, als sich ausgerechnet um ein Museum zu kümmern. Nach Einrichtung eines Museumsausschusses mit Dr. Heinrich Spanuth, Friedrich Berner und Dr. Moritz Oppermann wurde die örtliche Militärregierung in Hameln am 25. Juli 1946 vom Vorstand des Museumsvereins gebeten, ihm die "Genehmigung" zur "Fortführung seiner Arbeiten" zu erteilen. Im Antrag wurden die Namen der Vorstandsmitglieder - Reedereibesitzer Heinrich Meyer-Hermann, Mittelschulrektor a.D. FriedrichBerner und Kaufmann und Ratsherr Carl Witte - genannt. Im September 1946 wurden alle Museen aufgefordert, "ihre während des Krieges gemachten Ankäufe von Bildern und sonstigen Kunstgegenständen zu melden". Es ging vermutlich um die Registrierung von "Beutekunst" und Kunstwerken aus dem Besitz ehemaliger jüdischer Mitbürger. Die Antwort des Museumsvereins ist nicht auffindbar, möglicherweise wurde auch nur "Fehlanzeige" gemeldet, denn das Museum war während des Krieges weitgehend geschlossen.

Da die Probleme für eine Wiedereröffnung außerordentlich groß waren, strebte der Vorstand des Museumsvereins eine noch engere Kooperation mit der Stadt Hameln an, die sich schon immer für das Museum eingesetzt und den Verein unterstützt hatte. Ähnliche Überlegungen stellte auch der damalige Oberbürgermeister an. Bereits am 3. August 1945 schrieb er an den Museumsverein: "Ich trage mich mit dem Gedanken, das Museum auf die Stadt zu übernehmen, und würde Ihnen dankbar sein, wenn Sie zu diesem Plan baldmöglichst Stellung nehmen würden." Was auf Zustimmung beim Museumsverein stieß.

Die Schwierigkeiten mit der Wiedereröffnung und die Beschädigungen des Leisthauses waren sicher ausschlaggebend dafür, dass der Verein sich letztendlich dazu entschloss, dem Drängen der Stadt nachzugeben, ihr einen größeren Einfluss auf das Museum zuzugestehen und mit ihr einen Vertrag zu schließen, mit welchem im November 1946 das Grundstück mit dem Leisthaus und den beiden Museumsscheunen der Stadt unentgeltlich übereignet wurde. Diese verpflichtete sich ihrerseits, eine auf dem Grundstück lastende Restschuld von 9696,93 RM zu übernehmen, die Gebäude nur für Museumszwecke zu nutzen - was im Grundbuch eingetragen wurde - und das Grundstück ständig so zu unterhalten, dass es "außen und innen" den "einem Museum zukommenden würdigen Eindruck hervorruft". Damit war der Museumsverein die Sorge um das Grundstück los, behielt jedoch Inventar und Exponate im Eigentum und hatte weiter die ehrenamtliche Leitung des Museums. Tatsächlich wurde das Museum dann erst am 4. Juli 1948 mit einem Fest im Museumshof eröffnet, das gleichzeitig 50-Jahr-Feier des Museumsvereins war.

Lesen Sie morgen: Der Krieg bringt Lenze nach Hameln.


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