Lippische Landes-Zeitung ,
27.04.2021 :
Aufwertung - aber wie?
Im Schul- und Kulturausschuss ringen die Vertreter der politischen Parteien in Oerlinghausen um die richtige Einordnung des monumentalen Bauwerks am Hermannsweg
Knut Dinter
Oerlinghausen. Der Antrag der CDU zur "Aufwertung des Ehrenmals auf dem Tönsberg" hat im Oerlinghauser Schul- und Kulturausschuss zu einer längeren Debatte geführt. Sowohl der Begriff "Ehrenmal" wie die Wortwahl "Aufwertung" lösten Widerspruch bei den Anwesenden aus.
Letztlich waren sich die Kommunalpolitiker jedoch einig darin, die Geschichte des mehr als 90 Jahre alten Bauwerks aufzuarbeiten. Durch die jüngsten Baumfäll-Aktionen sei das Denkmal deutlicher sichtbar, führte Carl Beneke für die CDU-Fraktion aus. Zwar existiere bereits eine Informationstafel, doch solle der geschichtliche Hintergrund noch mehr ins Bewusstsein der Bürger gerückt werden. Im schriftlichen Antrag hieß es: "Das Ehrenmal dient zur Mahnung und Erinnerung an gefallene Soldaten der Weltkriege, hier besonders vom Ersten Weltkrieg". Diese geschichtlichen Ereignisse dürften nicht in Vergessenheit geraten.
Neben erweiterten schriftlichen Hinweisen sollten auch akustische Erklärungen erstellt werden. Ähnliche Angebote existierten bereits entlang des Hermannsweges. Überdies sollte das Thema auch im Geschichtsunterricht an den Schulen aufgegriffen werden, regte die CDU an.
"Das sehen wir auch so", sagte Peter Jong im Namen der SPD. Es seien sicherlich noch mehr Erläuterungen notwendig, zumal der geschichtliche Zusammenhang zu beachten sei. Schließlich verweise die Inschrift auf die so genannte "Dolchstoßlegende". Nach dieser Lüge wurde demokratischen Politikern die Schuld an der militärischen Niederlage gegeben. Jong schlug vor, ein Leistungskurs des Gymnasiums solle das Thema aufarbeiten. Außerdem könnte man auch die Leitung des Archäologischen Freilichtmuseums um Unterstützung bitten.
Gegen den Begriff "Ehrenmal" wandte sich Ute Hansing-Held (Grüne). "Ich möchte dringend dafür werben, es als Mahnmal zu bezeichnen", sagte sie. "Die Entstehungsgeschichte muss dringend berücksichtigt werden, denn es war immer mal wieder ein Treffpunkt der rechten Szene." Dennis Thon (Initiative Oerlinghausen) befürwortete die Hörstation und regte an, sämtliche Sehenswürdigkeiten in der Stadt kritisch zu beleuchten.
"Mich stört auch der Begriff "Ehrenmal", man sollte lieber von einem Mahnmal sprechen", meinte auch Ursula Flehmer (SPD).
Auch an der beabsichtigen Aufwertung nahm sie Anstoß. "Man kann eigentlich nur den Hintergrund vernünftig darstellen." Das sah Oliver Kaiser (Grüne) ähnlich. "Für mich wäre es schon eine Aufwertung, wenn man das Denkmal geschichtlich korrekt einordnet", sagte er. In Oerlinghausen gebe es genügend Experten, die dazu in der Lage wären.
Angelika Lindner (CDU) warnte vor Missverständnissen. Mit "Aufwertung" seien verbesserte Informationen gemeint. Nicht zuletzt werde der Charakter eines Mahnmals bei der Kranzniederlegung zum Volkstrauertag deutlich.
Katrin Tebben, Leiterin des Niklas-Luhmann-Gymnasiums, begrüßte die Anregung, die Schule zu beteiligen. "Das ist eine tolle Gelegenheit, die örtliche Geschichte in den Blick zu nehmen. Das haben wir auch schon öfter gemacht", sagte sie. Die Ausschussmitglieder verständigten sich einstimmig darauf, die Ergebnisse der Schülerarbeit bei einer der nächsten Sitzungen zu diskutieren.
Ehrenmal
Unter der Bezeichnung "Kriegerehrenmal" ist das Monument am Oerlinghauser Kammweg in der Liste der denkmalgeschützten Bauwerke vermerkt.
Der Pfeilerbau aus gelbem Sandstein wurde 1930 errichtet. Er ist den im Ersten Weltkrieg gestorbenen Soldaten gewidmet.
Auf einem Altar ähnlichen Sockel ruht die plastische Figur eines Kämpfers wie aufgebahrt, vor sich hält er ein Gewehr in Händen. Oberhalb, auf den steinernen Horizontal-Balken, ist ein Sinnspruch zu lesen: "Wanderer, hemme den Schritt, schirmend der Heimat heiligen Boden, starben die Tapferen unbesiegt, beuge dich vor des Opfers Größe."
Die Informationstafel vor dem Eingang zitiert unter anderem aus der 1978 gehaltenen Rede eines Überlebenden. Darin interpretiert er das Bauwerk als ein Mahnmal gegen Gewaltsamkeit und für "Versöhnung über den Gräbern".
Bildunterschrift: Bei der Aufarbeitung der Geschichte könne auch das St. Hedwigshaus Hilfestellung leisten, meint sein früherer Leiter, Johannes Stefan Müller (links). "Wir haben gute Kontakte zur Landeszentrale für Politische Bildung", sagte er bei einem Rundgang mit der Mitarbeiterin Viktoria Siedenhans.
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Lippische Landes-Zeitung, 11.12.2020:
CDU will das Ehrenmal auf dem Tönsberg aufwerten
Der Leiter des Archäologischen Freilichtmuseums, Karl Banghard, mahnt, keine neue Kultstätte für Rechte zu schaffen
Oerlinghausen (hb). Das Ehrenmal auf dem Tönsberg soll deutlicher ins Bewusstsein der Bürger gerückt werden. Dieses Ziel verfolgt die Oerlinghauser CDU-Ratsfraktion und möchte mit Informationstafeln und Audio-Angeboten am Denkmal die Besucher auf die Geschichte der Gedenkstätte für die gefallenen Soldaten des Ersten Weltkrieges hinweisen.
"Wir tragen nicht die Schuld dafür, aber wir tragen die Verantwortung dafür, dass es nie wieder geschieht", schreiben die Christdemokraten in einem Antrag an den Kulturausschuss des Rates. Deshalb solle das Ehrenmal eine stärkere Einbindung in den Geschichtsunterricht an Oerlinghauser Schulen erfahren. Dazu ist nach Ansicht von Karl Banghard eine Ergänzung notwendig: Er ist strikt dagegen, das Denkmal unkritisch aufzuwerten. Der wissenschaftliche Leiter des Archäologischen Freilichtmuseums beobachtet seit langem die Aktionen der rechten Szene. Immer wieder ziehe es diverse Gruppierungen von Neonazis zum Denkmal, sagt er. So habe die Gruppe "III. Weg - Stützpunkt Hermannsland" an der Bronzeplastik des gefallenen Soldaten einen Blumenstrauß niedergelegt und einen "Ehrendienst im Hermannsland" veranstaltet.
Karl Banghard empfiehlt eine echte historische Aufarbeitung. Denn der Leitspruch des Denkmals " ... starben die Tapferen unbesiegt" sei beispielsweise ein Teil der "Dolchstoßlegende". Banghard erinnert auch an die heftigen Auseinandersetzungen in Oerlinghausen Anfang der 1930er Jahre, als ein SA-Sturm am Denkmal einen Kranz niederlegte. Bürgermeister August Reuter habe das damals durch die Polizei verhindern lassen. Letztlich habe dieses couragierte Verhalten mit dazu geführt, dass die Nazis Reuter sofort nach der Machtergreifung 1933 aus dem Amt jagten.
Als Gedenkstätte für die Opfer beider Kriege und biete sich das Denkmal an der evangelischen Kirche an, sagt Banghard.
Das Ehrenmal
Auf Initiative des Vereins der ehemaligen Soldaten des Königs-Infanterie-Regiments 145, das während des Ersten Weltkriegs auch in Oerlinghausen stationiert war, errichtete die Stadt im Jahre 1930 die Gedenkstätte auf dem Tönsberg. In der Mitte des von Säulen begrenzten Raums liegt die Bronzestatue eines gefallenen Soldaten, die von dem Künstler Berthold Müller-Oerlinghausen geschaffen wurde.
Bildunterschrift: Das Ehrenmal auf dem Tönsberg steht gegenwärtig in der politischen Diskussion.
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Lippische Landes-Zeitung, 22.11.2017
Neonazis inszenieren "Heldengedenken"
Rechtsextremismus: Am Ehrenmal auf dem Tönsberg wird nationalsozialistisches Liedgut gesungen / Redner diffamieren die Demokratie und versuchen, Täter zu Opfern umzudeuten
Oerlinghausen. Erneut haben Neonazis das Ehrenmal auf dem Tönsberg für ein "Heldengedenken" missbraucht. Während in vielen Städten - auch in der Bergstadt - offizielle Gedenkveranstaltungen anlässlich des Volkstrauertages veranstaltet werden, zogen am Sonntagabend 15 Neonazis im Alter zwischen 20 und 60 Jahren mit Fackeln, schwarz-weiß-roten Fahnen und Trommeln den Kammweg auf dem Tönsberg entlang, um ihrer toten "Helden" zu gedenken.
Nach Informationen, die der Redaktion zugespielt wurden, sind in den Reden der Neonazis nicht nur die Taten der Soldaten der Waffen-SS und der Wehrmacht glorifiziert worden, sondern es wurde auch zum Kampf gegen das heutige "System" aufgerufen. Dieses würde durch Zulassen von Migration, Abkehr vom traditionellen Familienbild und das Verbieten des "Deutschseins" alles zerstören, wofür das deutsche Volk einst gestanden habe, hieß es beispielsweise in einem Redebeitrag.
Gegen 19 Uhr trafen sich die Neonazis, marschierten den Tönsberg hinauf und formierten sich unter wehenden Fahnen und im Schein von Fackeln vor dem Kriegerdenkmal. Dort stimmten die Rechtsextremen das Lied "Wenn alle untreu werden" an. Es galt zur Zeit des Nationalsozialismus als Treuelied der SS. Insgesamt habe das propagandistisch aufgeladene Gedenken der Heldenstilisierung im "Dritten Reich" geglichen, heißt es in den Informationen, die unserer Zeitung vorliegen. So wurden geschichtsrevisionistische Reden gehalten, denen zufolge Angehörige der Waffen-SS und der Wehrmacht nicht Täter, sondern Opfer gewesen sein sollen. Unter Trommelwirbeln seien diese Toten in die Reihen zurückgerufen worden.
Ein weiterer Redner sprach davon, sie würden erst den "toten Helden des Volkes gerecht werden, wenn auf Worte Taten folgen". Weiter führte er aus, dass für Deutschland alles zu geben sei und dass jeder "zu dieser Tradition bereit sein muss". Fotos, die diese Inszenierung dokumentieren, sind der Redaktion zugespielt worden.
Rund 20 Minuten dauerte der braune Spuk. Auch einen Kranz legten die Neonazis nieder. Bevor sie sich wieder auf den Weg machten, stimmten sie ein nationalsozialistisches Lied an. Mit "Ein junges Volk steht auf" haben die Rechtsextremen eine strafbare Handlung begangen - es handelt sich um ein offizielles Propagandalied der NSDAP, insbesondere der Hitlerjugend.
Veranstaltungen wie diese "Heldengedenken" dienen zur ideologischen Festigung der eigenen Bewegung. Bewusst scheut man die Öffentlichkeit bei solchen Aktivitäten, denn diese dienen überwiegend der internen Aufladung und Sinngebung.
Auf den Vorfall angesprochen, verwies Bürgermeister Dirk Becker auf die Versammlungsfreiheit. "Wenn keine Straftaten passieren, muss eine Demokratie so etwas aushalten, auch wenn es mir nicht gefällt", sagte er auf Anfrage. Ähnlich äußerte sich der Staatsschutz in Bielefeld. "Alle vermeintlichen Treffpunkte von Neonazis in OWL prophylaktisch zu überwachen, ist personell nicht zu schaffen", hieß es.
Der Staatsschutz rät: "Wenn man von solch einer Versammlung Kenntnis bekommt, sofort die Polizei anrufen. Die Kollegen reagieren dann recht schnell." Doch auch der Staatsschutz schränkt ein: "Es handelt sich erst mal nicht um Straftaten."
Bildunterschrift: Ehrenmal: Im Jahre 1930 wurde auf dem Kammweg des Tönsberges dieses Ehrenmal zum Gedenken an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges errichtet. Die Skulptur ist von Berthold Müller-Oerlinghausen. Heute ist das Ehrenmal ein Treffpunkt der rechten Szene.
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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 25.07.2017:
Nazi blickt auf die Bergstadt
Nationalsozialismus: Heute vor 80 Jahren kam der NSDAP-Chefideologe Alfred Rosenberg nach Oerlinghausen / Rivalität mit Himmler vermutet / Mythos Irminsul entsteht
Von Karl Banghard
Oerlinghausen. 1937 stand Alfred Rosenberg an einem Wendepunkt seiner mörderischen Karriere. Lange hatte er auf den Außenministerposten hingearbeitet, der ihm jedoch von Joachim von Ribbentrop weggeschnappt worden war. Und auf seinem ureigenen Gebiet, der ideologischen Grundlagenproduktion, machte ihm zunehmend Heinrich Himmler Konkurrenz.
Rosenberg war zu diesem Zeitpunkt der einzige große Nationalsozialist ohne echte Machtposition. Sein Amt mit der ebenso umständlichen wie nichts Gutes ahnen lassenden Bezeichnung "Beauftragter des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP" hatte zwar Ministeriumsrang. Aber echte Möglichkeiten waren dem nationalsozialistischen Superstar damit nicht gegeben.
Auch im Oerlinghauser Sennesand steckte Rosenberg vor genau 80 Jahren, am 25. Juli 1937, fest: Nach dem Besuch des "Germanengehöfts" drehten die Reifen seines schweren Mercedes hohl. Er konnte von Glück reden, dass an diesem Sonntag eine Grabungsmannschaft mitsamt Spaten anwesend war, die seine Staatskarosse wieder freischaufelte. Um den eng getakteten Terminplan einzuhalten, wurde der große Funktionär kurzerhand in einen von einer Frau gesteuerten DKW-Kleinwagen gesteckt, der ihn in eiliger Fahrt über eine Straßensperrung hinweg zu seinem nächsten Programmpunkt verfrachtete: dem Sternhof in Schlangen. All dies hat man akribisch im Grabungsbericht festgehalten.
Wieso kam der Chefideologe der NSDAP ausgerechnet in die Bergstadt? Äußerer Anlass dazu waren zwei archäologische Großgrabungen, die seit dem 1. Juli in Oerlinghausen liefen. Die aufgedeckten Flächen waren zu diesem Zeitpunkt wie aufgeblätterte Bücher vor den Besuchern ausgebreitet.
Eine Untersuchung fand auf dem Gelände des Freilichtmuseums statt. Das ein Jahr zuvor mit internationaler Resonanz eröffnete "Germanengehöft" sollte dadurch wissenschaftlich abgesichert werden. Und die zweite Grabung galt dem Tönsberg, der bedeutendsten frühgeschichtlichen Höhensiedlung Lippes. Ergänzt wurden die beiden Oerlinghauser Projekte durch eine moderne Grabhügeluntersuchung in Schlangen-Oesterholz.
Die grabungstechnischen Standards übertrafen alles bislang in der lippischen Provinz bekannte. Denn sie wurden direkt von der Universität Berlin geleitet. Dort hatte Hans Reinerth, der Leiter von Rosenbergs "Reichsbund für Deutsche Vorgeschichte", den renommierten Lehrstuhl übernommen. Der Reichsbund hatte den Anspruch, sich als zentrale deutsche Archäologieorganisation durchzusetzen. Über einen ganzen Monat hinweg - vom 8. Juli bis zum 8. August - leitete Reinerth die Projekte persönlich vor Ort.
SS-Ahnenerbe untersucht die Externsteine
Besuch erhielten die Oerlinghauser Grabungen von der internationalen Fachprominenz, etwa von dem niederländischen Pionier der Moorarchäologie, Albert van Giffen. Rosenbergs Reichsbund scheint demnach in diesem Sommer bewusst in Lippe Flagge gezeigt zu haben. Grund dafür war sicherlich die Rivalität mit Heinrich Himmler. Dessen Organisation, das SS-Ahnenerbe, hatte ein Jahr zuvor die archäologischen Untersuchungen an den Externsteinen okkupiert. Dem wollte der Reichsbund in der Öffentlichkeit mit offensiv zur Schau gestellter, modernster Grabungstechnik begegnen. Rosenbergs Besuch in Oerlinghausen wurde entsprechend intensiv medial begleitet.
Hans Reinerth sprach eine Woche später im Oerlinghauser Stadthotel über die Forschungsergebnisse vor der zahlreich angereisten NS-Parteiprominenz, unter anderem den beiden Landräten von Detmold und Lemgo, der Kreisleitung und dem Bürgermeister. Die politischen Leiter der Region besuchten die Tönsberg-Grabungen "truppweise". Die Folgen: Beide Grabungen blieben, wie so viele Aktionen des Reichsbundes, unveröffentlicht.
Am Tönsberg wurde erstmalig klar, dass dort oben in unterschiedlichen Perioden Verteidigungsanlagen standen. Zuvor ging man zunächst von einer rein germanischen und danach von einer rein sächsischen Höhensiedlung aus. Die Schnitte Reinerths zeigten dagegen klar die Mehrphasigkeit des Walles.
Aber auch der bis heute grassierende Mythos, auf dem Tönsberg hätte das zentrale sächsische Heiligtum, die "Irminsul" gestanden, stammt aus dieser Zeit. Diese haltlose Vermutung soll Hans Reinerth bei seinem Vortrag im Stadthotel ins Spiel gebracht haben. Und Alfred Rosenberg? Der wurde 1946 für seine vielfältigen Verbrechen als Reichsminister für die besetzten Ostgebiete und beim Holocaust durch den Strang hingerichtet.
Mehr Informationen dazu finden sich im Internet in dem neuen Blog des Freilichtmuseums.
www.afm-oerlinghausen.de
Persönlich
Alfred Rosenberg prägte maßgeblich die Ideologie der NSDAP. Ab 1920 trug Rosenberg mit zahlreichen rassenideologischen Schriften erheblich zur Verschärfung des Antisemitismus bei. Im Zweiten Weltkrieg verfolgte er als Leiter des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete das Projekt der Germanisierung der besetzten Ostgebiete bei gleichzeitiger systematischer Vernichtung der Juden. Rosenberg wurde im Nürnberger Hauptprozess als Hauptschuldiger der NS-Kriegsverbrechen angeklagt und zum Tode verurteilt. (Wikipedia)
Bildunterschrift: Erklärungen vor Ort: Alfred Rosenberg (im Vordergrund) lässt sich von Hans Reinerth am 25. Juli 1937 die Grabungen am Barkhauser Berg erläutern.
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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 31.08.2005:
Der Toten erinnern
Ehrenmal auf dem Tönsberg wird 75 Jahre alt / Wandelnde Erinnerungskultur
Von Corina Lass
Oerlinghausen. Das Ehrenmal ist ein Ort des Gedenkens, des Erinnerns und des Innehaltens, und das seit 75 Jahren. Errichtet wurde es von ehemaligen Angehörigen des Königs-Infanterie-Regiments 145 zwölf Jahre nach dem Ersten Weltkrieg. Und es gibt Auskunft darüber, wie auch Erinnerungskultur sich verändert hat.
Für die Gedenkstätte bot sich Oerlinghausen an, da sich dort von 1915 bis 1918 ein Ersatzbataillon dieses 6. Lothringischen Regiments befand, dessen ursprünglicher Garnisonsstandort Metz-Montigny war. In der Bergstadt wurden die Verwundeten des Bataillons gepflegt und neue Rekruten ausgebildet, hat Heimatkenner Werner Höltke aus alten Unterlagen erfahren.
Das Ehrenmal wurde zunächst ausgeschrieben, eine Jury entschied sich dann für den Entwurf des aus der Bergstadt stammenden Künstlers Berthold Müller-Oerlinghausen. Er sah eine in Säulenform errichtete Gedenkstätte vor, in deren Mitte auf einem steinernen Sarkophag ein bronzener Soldat ruht.
Als Vorarbeit sollte ein Plateau auf dem Tönsberg errichtet und der Kammweg um einige Meter in Richtung Süden verlegt werden. Doch es gab Probleme mit der Finanzierung. Das zuständige Ministerium in Berlin forderte die beteiligten Vereine auf, nach einem anderen Standort zu suchen. Erst als die Stadtverordneten im Oktober 1927 beschlossen, 5.000 Reichsmark zur Verfügung zu stellen, habe es seine Genehmigung erteilt, so Höltke.
Der Baubeginn zog sich noch zwei Jahre hin. Aber am 20. Mai 1930 teilte Bürgermeister August Reuter dem damals in Berlin lebenden Künstler Müller-Oerlinghausen mit, dass die Fundamente für die Pfeiler fertig seien und die Arbeiten "rüstig voran" kämen. Der Grundstein wurde am 9. Juni 1930 gelegt.
5.000 bis 6.000 Menschen strömten schließlich am 31. August 1930 zur Einweihung auf den Tönsberg. Eingeladen worden waren sie vom Fest- und Denkmalausschuss mit den Worten: "Dort oben auf dem Tönsberg, mitten im Teutoburger Walde, ist nun ein Ehrenmal entstanden, das in schlichter, aber erhabener Weise die Erinnerung an unsere teuren Toten und an unser stolzes Regiment verkündet." Zu dieser Zeit war auf den Traversen über den Pfeilern bereits die Inschrift angebracht: "Wanderer hemme den Schritt / Schirmend der Heimat heiligen Boden / Starben die Tapferen unbesiegt / Beuge Dich vor des Opfers Größe".
Diese Worte, insbesondere die dritte Zeile spiegele die damals weit verbreitete Dolchstoßlegende und einen deutschnationaler Militarismus wider, meint Alfons Kleinemenke, der Lehrer des Niklas-Luhmann-Gymnasiums ist. Durch die Dolchstoßlegende hatte Feldmarschall Paul von Hindenburg die Verantwortung für die militärische Niederlage im Ersten Weltkrieg von der Obersten Heeresleitung auf die politische Ebene verlagert.
In den Reden, die zur Einweihung des Ehrenmals gehalten wurden, sei diese Haltung noch deutlicher gewesen, so Kleinemenke. Die politische Orientierung zumindest eines Großteils der Königs-Infanteristen zeige sich aber auch in der Regimentszeitung vom 20. Februar 1933, in der es über den Tag der Machtergreifung durch die NSDAP heißt: "Der 30. Januar 1933 ist ein historischer Tag in der Geschichte des Nachkriegsdeutschland, er ist ein heiliger Tag! 14 Jahre nach der verbrecherischen Revolte des 9. November 1918 hat der Wille unseres greisen Reichspräsidenten, des General Feldmarschalls v. Hindenburg uns eine autoritäre, nationale Führung beschert."
Dieser Geisteshaltung setzt auf Initiative von Kleinemenke und Dieter Kochsiek seit einigen Jahren eine Tafel, auf der das Wort "Ehrenmal" in Anführungsstrichen steht, die folgenden Worte entgegen: "Dieser Ort soll heute für uns eine Mahnung zum Frieden und zur Versöhnung sein, so wie es Dr. Curt Roß, einer der letzten überlebenden Offiziere des Regiments, an dieser Stelle 1978 in einer Ansprache gesagt hat: " ... Wir sind dankbar dafür, dass auch nach unseren Tagen dieses Mahnmal in der Obhut der Stadt ... seine Aufgabe erfüllen wird, zur Versöhnung über den Gräbern aufzurufen, und wir hoffen, dass diese Botschaft doch einmal ihre Verwirklichung findet.""
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Am 11. Dezember 2020 warnte Karl Banghard, vom Archäologischen Freilichtmuseum Oerlinghausen - mit Aufwertungen am "Ehrenmal", auf dem Tönsberg - keine neue Kultstätte für extreme Rechte zu schaffen.
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www.afm-oerlinghausen.de
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