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Gütersloher Volkszeitung / Die Glocke , 09.05.2005 :

Allee der Erinnerung / "Wer aus der Reihe tanzt, hat auch Würde"

Harsewinkel (bit). 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges haben Harsewinkels Bürgermeisterin Sabine Amsbeck-Dopheide und der Bürgermeister von Les Andelys, Franck Gilard, im Rahmen einer ökumenischen Gedenkfeier die 25. und letzte Linde zur "Allee der Erinnerung" im Moddenbachtal gesetzt. Daneben enthüllten sie eine zur Wahrung der Menschenwürde mahnende Gedenktafel. Gleichzeitig bedankten sie sich bei den Sponsoren. 24 der Linden stehen in Doppelreihe. Amsbeck-Dopheide: "Sie sind richtungweisend." Der 25. Baum steht daneben. Die Bürgermeisterin zitierte den Artikel des Grundgesetzes "Die Würde des Menschen ist unantastbar" und interpretierte: "Das heißt, auch die Mitmenschen, die aus der Reihe tanzen, haben ihre Würde."

Zur gleichen Stunden pflanzten Ex-Bürgermeister Reinhard Haase und Julius Petri einen Baum in der französischen Partnerstadt. Die mehreren hundert Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen im damaligen Amt Harsewinkel hätten den 2. April 1945, als die Amerikaner einrückten, sofort als Tag der Befreiung empfunden, sagte die Bürgermeisterin. Täter und Mitläufer hätten je nach Tiefe ihrer Verstrickung in den Nationalsozialismus um so länger gebraucht, bis selbst sie begriffen hätten, von einem Unrechtsstaat befreit worden zu sein.

Das Stadtoberhaupt gedachte der 400 vor allem gegen Kriegsende gefallenen und ermordeten Harsewinkelern, die den Tag der Befreiung nicht mehr erleben durften wie den jüdischen Mitbürgern. Salomon Lorch wurde 1941 ins Konzentrationslager Riga eingeliefert und dort mit seiner Schwester Irmgard umgebracht. Im KZ Neuengamme wurde Heinrich Gerbaulet ermordet. Franck Gilard wertete die Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich als "Werk der Zeit und als Ergebnis von Bemühungen, die nicht nur von Politikern, sondern auch von der örtlichen Gemeinschaft getragen werden". Der Vertrag von Versailles 1918 sei zum Scheitern verurteilt gewesen, "da er vorsah, den Feind zu demütigen und schwächen", blickte der Bürgermeister von Les Andelys in die Geschichte. Anders sei der historische Schritt von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle nach dem Zweiten Weltkrieg darauf ausgerichtet gewesen, "Schuld- und Demütigungsgefühle abzubauen". Der Franzose: "Die Gründung der EU wurde von beiden Völkern gewollt." Trotz natürlicher Disparitäten ist Deutschland sei der beste Freund Frankreichs. Der Rhein wurde zum Symbol der Vereinigung."


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