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Lippische Landes-Zeitung ,
19.09.2001 :
CDU-Fraktion schließt Schnelle aus / Ratsherr lehnt Rückzug ab und bekommt einen Extra-Tisch
Detmold (mah). Die Detmolder CDU-Fraktion hat ihr Mitglied Hendrik Schnelle ausgeschlossen. Die Entscheidung sei einstimmig gefallen, berichtete Fraktionsvorsitzender Jürgen von Olberg.
Der Jura-Student Schnelle war am Freitag vom Amtsgericht vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen worden. Gleichwohl hatte der Richter es als erwiesen angesehen, dass Hendrik Schnelle sich äußerst abfällig über Homosexuelle und Ausländer geäußert hat.
Die Fraktion hat am Montag ihre Rücktrittsforderung vom Juni wiederholt. "Wir haben ausführlich diskutiert und Hendrik Schnelle dann eindringlich aufgefordert, sein Amt niederzulegen. Das hat er nicht getan", erläuterte von Olberg. Seine Weigerung sei eindeutig als fraktionsschädigend einzustufen, der Ausschluss daher laut Geschäftsordnung zulässig.
Der 25-jährige Schnelle wird künftig fraktionsloses Ratsmitglied sein. Er hatte bei den Kommunalwahlen im September 1999 über die CDU-Liste den Einzug in den Rat geschafft. Bürgermeister Friedrich Brakemeier als Vorsitzender des Rates nannte die Entscheidung der CDU-Fraktion "richtig und konsequent". Der Ausschluss werde bereits in der morgigen Ratssitzung (17 Uhr, Stadthalle) dokumentiert, Hendrik Schnelle werde einen Extra-Tisch bekommen. Brakemeier: "Ich hoffe, dass Herr Schnelle nun die Konsequenzen zieht." Es gebe keinerlei Möglichkeit, einem Ratsmitglied das Mandat zu entziehen.
Auch für die Mehrheitsverhältnisse im Rat hat Schnelles Ausschluss Konsequenzen. Die CDU verfügt nun ebenso wie die SPD über 20 Mandate. Hinzu kommen vier Mitglieder der Grünen, drei der FWG, zwei der FDP sowie der nunmehr fraktionslose Hendrik Schnelle. Die Partei wollte nach Worten des Stadtverbandsvorsitzenden Stephan Grigat gestern über mögliche Konsequenzen beraten. Ob ein Parteiausschluss zur Debatte stand, wollte Grigat nicht sagen: "Wir reden am Abend darüber."
Die Meldung von Schnelles Freispruch ist am Freitag bundesweit publiziert worden. Mit prompter Resonanz aus Berlin: Drei deftige E-Mails sind bei der Stadt eingegangen. Die Absender beschimpfen die Stadtverwaltung, bezeichnen Detmold mit barschen Worten und äußerst nieveaulos als "Stadt der Rechten" und sparen nicht an üblen Vergleichen mit der Nazi-Zeit. "Werden in Detmold Homosexuelle vergast? Es ist immer wieder unglaublich, was in deutschen Kleinstädten passiert. Leider ist die Öffentlichkeit zur Zeit durch andere Ereignisse abgelenkt, um auf solche Dinge wie in Detmold zu reagieren." – dies ist eine sogar vergleichsweise sachliche E-Mail aus der Hauptstadt. "Wir werden angemessen antworten", kündigte Pressesprecherin Petra Schröder-Heidrich an. Sie werde den Absendern die Entscheidung der CDU-Fraktion mitteilen und darauf hinweisen, dass ein "Stadtrat", anders als etwa in Berlin, gewähltes ehrenamtliches Ratsmitglied und kein Repräsentant der Verwaltung sei.
Detmold@lz-online.de
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