Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische ,
12.04.2005 :
Dank den russischen Kriegsopfern / Betrifft: Bericht "Deutsch-russisches Symposium in der Kulturwerkstatt" in der NWAusgabe vom 4. April.
Der NW ist zu danken, dass sie eingehend von diesem herausragenden Ereignis in der Kulturwerkstatt berichtet hat. Einige Anmerkungen möchte ich als Zuhörer der Veranstaltung machen:
Beschämendes Fernbleiben der städtischen Politiker
Ich war beschämt, dass die aus Moskau angereisten Zeitzeugen und Wissenschaftler nicht von einem offiziellen Vertreter unserer Stadt begrüßt wurden. Weshalb wurde die Veranstaltung nicht im Rathaussaal abgehalten? Wo waren die Paderborner Politiker und Lehrer, dann - kaum verwunderlich, das Fehlen von Schülerinnen und Schülern. Und auch wenn die Kriegsgeneration der heute über 80 jährigen abnimmt, den rüstigen Rentnerinnen und Rentnern hätte ein Zeichen der Solidarität mit den russischen Gleichaltrigen und Geschundenen gut angestanden. Ratsherr Reinhard Borgmeier von der Demokratischen Initiative sorgte spontan für einen Gruß im Namen des Stadtrates. Wie soll man das Wegbleiben von CDU, SPD, FDP Grünen und FBI deuten? Ist die Demokratische Initiative die einzige politische Kraft in unserer Stadt, die sich dieser Vergangenheit stellt?
Unerwähnt blieb die Resolution zum Denkmal des Obelisken, der von den Kriegsgefangenen unmittelbar nach der Befreiung des Lagers errichtet wurde. Er hält das Gedächtnis an die ermordeten und an den unmenschlichen Bedingungen des Lagers zu Tode gekommenen Häftlinge wach. Die vom Häftlingsarchitekten und den Erbauern aus rotem Glas gefertigte Fahne des Denkmals war in späteren Jahren entfernt und durch ein Kreuz ersetzt worden, wogegen die noch lebenden Zeitzeugen mehrfach protestiert haben, wie berichtet wurde, und was sie bis heute als unerträgliche Provokation empfinden.
Gemeinsam mit den beiden überlebenden Häftlingen forderten die anwesenden Teilnehmer und Zuhörer des Symposiums einstimmig die zuständigen Behörden auf, das Mahnmal wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen aus Respekt vor den Opfern und Überlebenden des Lagers.
Aus den Worten der russischen Gäste war zu entnehmen, dass die heute noch in Russland lebenden ehemaligen Gefangenen des Stalag 326 großen Teils in bitterer Armut und ohne ausreichende medizinische Versorgung leben müssen. Der Verein "Blumen fiir Stukenbrock" bemüht sich seit Jahrzehnten nicht nur die Gedächtnisstätte in würdigem Zustand zu halten und Aufklärungsarbeit zu leisten, sondern auch den Überlebenden finanzielle und materielle Unterstützung zu geben, da Kriegsgefangene, obwohl sie im Widerspruch zur Hager Landkriegsordnung Zwangsarbeit leisten mussten, von den Entschädigungen ausgeschlossen sind, die ehemaligen Zwangsarbeitern zustehen. Es wäre zu wünschen, dass sich auch Paderborner daran beteiligen, die materielle Not der Überlebenden zu lindern.
Mahnmal wieder in Ursprungszustand versetzen
lm Namen der Globalisierung, verhüllt im Mantel der Demokratie und der Terrorismusbekämpfung trommeln die Kriegstreiber heute erneut zum Kampf um Rohstoffe und gegen die Armen - aber ein Krieg produziert nur Verlierer, so die Aussage der Gäste aus Russland.
Frieden entsteht da, wo sich Menschen als Freunde besuchen. Danke Euch russischen Kriegsopfern, die ihr als Freunde zu uns kommt, und verzeiht, wenn viele Menschen in Paderborn Euch nicht wahrgenommen haben.
Dr. Johannes Wolf
Paderborn
lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de
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