www.hiergeblieben.de

Neue Westfälische , 01.10.2019 :

Arzt mit NPD-Parteibuch will Waffen behalten

Prozess: Bielefelder engagiert sich aktiv bei den Neonazis / Behörde zieht deshalb Besitzkarte ein

Minden / Bielefeld. Was muss über die reine Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei hinausgehen, damit man einem Parteimitglied die Waffenbesitzkarte entziehen kann? Diese Frage stellte sich der 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden.

Dem Bielefelder Arbeitsmediziner Günther H. (73) wurde im Juni 2017 von der Waffenbehörde bei der Polizei Bielefeld nach Anhörung mitgeteilt, dass man die 2010 ausgestellte Waffenbesitzerlaubnis zurücknehme. Als Begründung wurden neben seiner seit 2008 bestehenden Mitgliedschaft in der rechtsextremen, als verfassungsfeindlich geltenden NPD zahlreiche Aktivitäten des Arztes angeführt.

So kandidierte er 2009 und 2012 weit vorn auf der NPD-Liste bei den Landtagswahlen, war mehrfach Parteitagsdelegierter, nahm an rechtsradikalen Demonstrationen teil. Er war stellvertretender Vorsitzender der NPD im Kreis Unna, wurde vom Verfassungsschutz auf Liederabenden der rechten Szene gesehen, hielt Vorträge auf NPD-Konferenzen und fungierte 2015 und 2016 als Ringarzt beim "Kampf der Nibelungen", dem martialischen Sport-Event der gewaltbereiten rechten Szene. Alles zusammen reichte der Behörde, um den Bielefelder zur Rückgabe seiner Waffen und der Besitzkarte aufzufordern. Dagegen klagte der Mann.

Grundlage für die Behörde war Paragraf 5 des Waffengesetzes, in dem Personen die Zuverlässigkeit abgesprochen wird, bei denen "Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung" gerichtet seien.

Der Anwalt des nicht vor Gericht erschienenen Klägers berief sich auf Artikel 21 des Grundgesetzes zum Schutz von Parteien. Die NPD sei keine Vereinigung im Sinne des Waffenrechts. Außerdem verwies er auf zwölf Jahre Bundeswehr seines Mandanten, in der es nie eine Beschwerde des Militärischen Abschirmdienstes gegeben habe. Die Partei-Tätigkeit sei nie großes öffentliches Thema gewesen, die Teilnahme an Demos sei sein Recht auf freie Meinungsäußerung.

Die Mindener Richterin wies auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hin: Ein Waffenbesitzverbot sei gerechtfertigt, wenn es nicht nur an die Mitgliedschaft in einer Partei, sondern an eine Tätigkeit anknüpfe, nämlich daran, als Mitglied einer Vereinigung verfassungsfeindliche Bestrebungen zu fördern.

Ein Urteil sprach die Kammer noch nicht, es wird schriftlich zugestellt. Der Klägeranwalt vermutet aber offenbar eine Niederlage: Er beantragte, die Berufung beim Oberverwaltungsgericht zuzulassen. Die Waffenbesitzkarte ist bereits zurückgegeben, der Verkauf der Waffen nachgewiesen.

_______________________________________________


NRW rechtsaußen, 09.04.2010:

NRW: Kaum Überraschungen auf rechten Landeslisten

Düsseldorf. Die extrem rechten Parteien NPD, "Republikaner" und "pro NRW" setzen auf den ersten Plätzen ihrer Landeslisten für die Landtagswahl am 9. Mai weitgehend auf erfahrene Kräfte. Überraschungen gibt es wenige, dafür die eine oder andere Vorstrafe.

NPD

Auf der NPD-Liste weisen gleich die beiden Erstplazierten Vorstrafen wegen Volksverhetzung auf: der Landesvorsitzende Claus Cremer (Jahrgang 1979) aus Bochum, wo er auch dem Stadtrat angehört, sowie sein Stellvertreter Stephan Haase (1968), Ratsmitglied aus Lüdenscheid. Auf dem dritten Platz folgt der von der DVU zur NPD gewechselte Dortmunder Stadtrat Axel Thieme (1949). Ingo Haller (1973), Kreistagsmitglied in Düren und stellvertretender Landesorganisationsleiter der Partei, ist auf Platz 4 zu finden. Sein Dürener Kreisverband ist selbst für NPD-Verhältnisse besonders eng mit der parteifreien Neonazi-Szene liiert. Etwas überraschend war die Nominierung des Mediziners Dr. Günther Hartwig (1946) auf Platz 5. Als Wohnort gibt er Bielefeld an - aktiv ist er aber unter dem Label des Kreisverbands Unna / Hamm. Aufgefallen ist er bisher vorwiegend durch die zahlreichen Kommentare, die er auf extrem rechten Internetplattformen hinterließ.

Auf Platz 6 zu finden ist Helmut Gudat (1957), Kreistagsmitglied in Heinsberg und Beisitzer im NPD-Landesvorstand. Siebter auf der Liste ist Timo Pradel (1971), Landesorganisationsleiter, Kreistagsabgeordneter im Märkischen Kreis und Stadtrat in Iserlohn. Auf den Plätzen 8 bis 10 folgen Willibert Kunkel (1950), Kreisvorsitzender in Aachen und Stadtrat in Stolberg, Manfred Aengenvoort (1944) aus Oberhausen, der auf Bundes- und Landesebene Schiedsgerichten der Partei vorsaß, sowie Gunter Kretzschmann (1951), der in Viersen dem Stadtrat und dem Kreistag angehört.

Elfter auf der NPD-Liste ist Thorsten Crämer (1975), Kreistagsmitglied im Ennepe-Ruhr-Kreis, vorbestraft wegen gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruch. Einzige Frau auf der 18 Namen umfassenden Liste ist Marion Reinert (1976) auf Platz 16. Anders als bei zurückliegenden Wahlen finden sich keine "parteifreien" Neonazis auf der NPD-Liste.

"Republikaner"

Von "altgedienten" Funktionären geprägt ist auch die Liste der "Republikaner". Angeführt wird sie von der Landesvorsitzenden Ursula Winkelsett (Jahrgang 1962) aus dem münsterländischen Senden. Ihr folgt der REP-Bundes- und Landesschatzmeisters Ralf Goertz (1965) aus Erkelenz. Dr. Jürgen Heydrich (1933) aus Köln, Mitglied des Bundesvorstands und nach dem Abgang anderer REP-Funktionäre Winkelsetts letzter verbliebener stellvertretender Landesvorsitzender, ist auf Listenplatz 3 zu finden. Vierter ist Andreas Weber (1962), REP-Abgeordneter in der Städteregion Aachen. Bis Platz 10 folgen Arnd Schubeus (1967), Stadtrat in Herne und Beisitzer im REP-Landesvorstand, Dr. Dietrich Fischer (1930) aus Bad Salzuflen, Wolfgang Pohlmann (1940), Stadtrat in Wuppertal und Landesschriftführer, sein Wuppertaler Parteifreund Thomas Kik (1965), der stellvertretender Landesschriftführer der Partei ist, Mirco Hornig (1973) aus Gelsenkirchen sowie Volker Marsch (1956), Stadtrat in Porta Westfalica. Fischer und Marsch wurden eigentlich dem Lager von Ex-Landesvize Ulrich Manes zugerechnet, der die Partei inzwischen verlassen und bei "pro NRW" angeheuert hat.

"pro NRW"

Bekannte Namen sind auf der "pro NRW"-Liste auf den ersten zehn Plätzen zu finden. An der Spitze der "pro Köln"- und "pro NRW"-Vorsitzende Markus Beisicht (Jahrgang 1963), der dem Leverkusener Stadtrat angehört, und die "pro Köln"-Fraktionsvorsitzende Judith Wolter (1978), die auch als geschäftsführende stellvertretende Vorsitzende von "pro Köln" und Schatzmeisterin von "pro NRW" fungiert. Auf Listenplatz 3 wurde Kevin Garteh Hauer (1978) gewählt, Stadtrat in Gelsenkirchen und stellvertretener Vorsitzender von "pro NRW". Ihm folgt Markus Wiener (1976), Stadtrat in Köln und dort Geschäftsführer der Fraktion, außerdem stellvertretender Vorsitzender von "pro Köln" und Generalsekretär von "pro NRW".

Auf den Plätzen 5 und 6 sind zwei weitere "pro NRW"-Vize zu finden: Roland Micklich (1953), Stadtrat in Leichlingen und Kreistagsabgeordneter im Rheinisch-Bergischen Kreis, sowie Daniel M. Schöppe (1974), Stadtrat iun Dormagen und Kreistagsmitglied im Rhein-Kreis-Neuss. Auf den weiteren Plätzen bis 10 stehen Fabian Thies (1982), Stadtrat in Lemgo und Vorstandsmitglied von "pro NRW", Bernd M. Schöppe (1972), Stadtrat in Köln, Vorstandsmitglied bei "pro Köln" und Schriftführer bei "pro NRW", Udo Schäfer (1954), Kreistagsmitglied im Oberbergischen Kreis und "pro NRW"-Vorstandsmitglied, sowie Susanne Kutzner, Stadträtin in Leverkusen und ebenfalls Vorstandsmitglied bei "pro NRW".

Auf hinteren Plätzen folgen weitere interessante Kandidaten:

* auf Platz 13 der Bochumer Rechtsanwalt Andre Picker (1962), der von der Neonazi-Szene im östlichen Ruhrgebiet als Rechtsvertreter besonders geschätzt wird und in zumindest einem nachweisbaren Fall auch bei einer "Rechtsschulung" von Neonazis als Referent aufgetreten ist. Picker gehört auch dem "pro NRW"-Vorstand an.
* auf Platz 16 "pro NRW"-Vorstandsmitglied Tobias Ronsdorf (1989), Stadtrat in Radevormwald: Von ihm kursiert ein Foto, das ihn vor einer Reichskriegsflagge und einer Fahne mit dem Keltenkreuz zeigt.
* auf Platz 19 Heinz-Kurt Täubner (1944), der in den 80er Jahren der militant neonazistischen "Schwarzen Front" angehört haben soll. Der Kölner Stadtanzeiger dokumentierte ein Foto, das ihn bei einer Hitler-Geburtstagsfeier zeigen soll, vor ihm eine Schale mit Hakenkreuz, hinter ihm Kerzen mit Hakenkreuzen.
* auf Platz 22 der Bonner Stadtrat Nico Ernst (1982), der bis vor wenigen Jahren noch im Umfeld der Neonazi-Kameradschaft Rhein / Ahr und für die Kölner NPD aktiv war. (ts)

_______________________________________________


Am 30. September 2019 klagte das 73 Jahre alte "NPD"-Mitglied Günther Hartwig (aus Bielefeld) vor dem Verwaltungsgericht Minden wegen der Rücknahme seiner Waffenbesitzkarte (Aktenzeichen: 8 K 1025/18).

_______________________________________________


www.bielefeldstelltsichquer.wordpress.com

www.facebook.com/BielefeldStelltSichQuer

www.mobile-beratung-owl.de


zurück