Lippe aktuell ,
09.04.2005 :
Lippe aktuell-Serie / 60 Jahre Kriegsende - Augustdorfer erinnern sich / Eine Serie in sechs Teilen / Teil 2 / 60 Jahre Kriegsende - Hilde Diekjobst erinnert sich: "Auf dem Feld schlug eine Granate ein"
Augustdorf (bo). Mit ihrer Familie lebte Hilde Diekjobst während des Krieges an der Pivitsheider Straße, in der Nähe der heutigen Bundeswehr-Kaserne, die auch im Zweiten Weltkrieg schon als Unterkunft für Wehrmacht- und SS-Soldaten diente: "Karfreitag, den 31. März 1945, kamen Soldaten aus der Kaserne zu uns und forderten uns auf die Häuser zu räumen, weil vorgesehen war, dass die Kaserne gesprengt werden sollte", erinnert sich die heute 78-Jährige. Die meisten Soldaten seien zu dem Zeitpunkt schon auf der Flucht gewesen, denn es wurde erzählt, dass amerikanische Truppen bereits in der Gegend seien. "Mein Großvater hatte große Angst und war fast die ganze Zeit in unserem selbstgebauten Bunker, während wir Kinder noch draußen herumgelaufen sind."
Als Hilde Diekjobst gerade mit einer Milchkanne nach Hause ging, sah sie die Vorboten der US-Soldaten: "Auf dem Feld neben uns schlug eine Granate ein, der Sand spritzte hoch." Am 1. April rückten die Alliierten in die Sennegemeinde vor. Hilde Diekjobst: "Als meine Großeltern morgens aus dem Haus gingen, waren unsere beiden Fahrräder weg. Wir vermuteten, dass Wehrmacht- oder SS-Angehörige damit geflüchtet sind." Auch an ihre erste Begegnung mit einem amerikanischen Soldaten erinnert sie sich zurück: Ihr Großvater hatte ein Gewehr, weil er russische Kriegsgefangene bewachen musste, die in der Nähe von Schloß Lopshorn helfen mussten, Bäume zu fällen: "Dafür sollte er die Waffe benutzen, aber so genau hat er dies nie genommen", schmunzelt sie: "Es hat immer am Fahrrad gehangen, in die Hand hat er es kaum genommen." Am Kirschenbaum im heimischen Garten hätten es die Amerikaner kaputt geschlagen. "Keiner der Gefangenen, mit denen er gearbeitet hat, ist anschließend gekommen um sich zu rächen", weiß die 78-Jährige. Das zeige, dass er sie gut behandelt habe.
Das haben offensichtlich nicht alle deutschen "Aufseher" getan, Hilde Diekjobst weiß von einem Mann, der von befreiten Gefangenen erschlagen worden ist. Mit ihren Schwestern und einem Eimer voll Milch ist Hilde Diekjobst an diesem 1. April zu einer Verwandten gegangen, die in der Nähe des heutigen Lopshorner Weg/Schlingweg wohnten. "Die hatten einen richtigen Keller. Auf das gemauerte Kartoffellager wurden Bretter und Decken gelegt. Da sind wir reingeschlüpft und haben geschlafen." Kurze Zeit später hat sie den ersten Amerikaner aus der Nähe gesehen. Bewaffnet kam er in den Keller, sie erinnert sich: "Er sagte nichts, guckte uns nur groß an. Mein Neffe lag im Kinderwagen, über den er sich mit seiner Waffe gebeugt und reingeschaut. Da hatten wir große Angst, was er machen würde. Aber es ist nichts passiert, er hat nur geguckt und ist wieder raus gegangen." Später hätten auch einzelne Soldaten im Haus übernachtet, im Erd- und Obergeschoss: "Sie haben ab und zu gekocht und uns auch etwas in den Keller gebracht. Insofern kann ich nichts schlechtes über die Alliierten sagen."
Lesen Sie die Fortsetzung dieser Geschichte in der kommenden Woche in Lippe aktuell.
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