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Mindener Tageblatt , 11.04.2005 :

Für religiöse Überzeugung gestorben / Straßenschild am Simeonsplatz erinnert an Heinrich Kurlbaum / Dienst an der Waffe verweigert

Minden (mt). "Es war ein langer Weg für einen recht kurzen Weg". Diese Aussage traf Bernd Brüntrup, Sprecher der Unterstützerinitiative "Heinrich Kurlbaum-Straße" bei der Enthüllung eines seit sechs Jahren, sechs Monaten und fünf Tagen geforderten Straßenschildes, das nun den Namen des hingerichteten Mindener Pioniers Heinrich Kurlbaum trägt.

Von Christine Potter

200 Meter Fußweg am Simeonsplatz entlang der Bastau erinnern an den jungen Soldaten, der aus religiösen Gründen 1944 den Dienst an der Waffe verweigerte. Heinrich Kurlbaum wurde von Richtern der Wehrmacht in Frankreich zum Tode verurteilt und hingerichtet. Er hinterließ eine Frau und vier Kinder (das MT berichtete mehrfach).

Als überzeugter Zeuge Jehovas hielt er immer an seinem Glauben fest, obwohl die Anhänger der Religionsgemeinschaft während des Nazi-Regimes von unterschiedlichen Verfolgungsmaßnahmen betroffen waren. 1943 wurde der junge Familienvater zum Bau-Ersatz-Bataillon 6 in Minden einberufen, verweigerte seinen Kriegsdienst und saß zunächst in Berlin in Haft. Um damals einer drohenden Hinrichtung zu entgehen, nahm er an der soldatischen Grundausbildung in der Simeonskaserne Minden teil. Ein Jahr später wurde er an die Ostfront versetzt und erklärte, nicht mit der Waffe kämpfen zu wollen, was sein Todesurteil zur Folge hatte. Er wurde aus Russland nach Frankreich gebracht und dort exekutiert.

1998 griff Ehrhardt Wichmann, Vorsitzender des Versöhnungsbundes Minden, das Schicksal des Heinrich Kurlbaum auf. Erste Anträge an die Stadt Minden wurden gestellt, die ehemalige "Alte Hausberger Torstraße" zwischen Klinikum und Gesundheitsamt nach Kurlbaum zu benennen. Ein Unterstützerkreis bildete sich, der zusammen mit dem Versöhnungsbund seit 1999 mit der Stadt Minden in Sachen Kurlbaum "kämpfte".

Am vergangenen Samstag war es endlich soweit: Rainer Dohn, ein Enkel Kurlbaums aus Bochum, konnte im Beisein von Lina Geratz, Schwester des Hingerichteten, das Straßenschild enthüllen. "Heute ist ein guter Tag für die Mindener Zivilgesellschaft", freute sich Ehrhardt Wichmann über den errungenen Sieg über die Stadt Minden. Die Straßenbenennung sei nun eine späte Wiedergutmachung auch für die Angehörigen. Ralf Schönewald von den Zeugen Jehovas dazu: "Heinrich Kurlbaum hat für seine religiöse Überzeugung sogar den Tod in Kauf genommen."

Bernd Brüntrup vom Unterstützerkreis, der sich nach der Straßenschildenthüllung übrigens auflöste ("wir haben unser Ziel erreicht!"), richtete an anwesende Kommunalpolitiker die Forderung, zukünftig keine Straßen nach militärischen Einrichtungen zu benennen, sondern nach Menschen, die pazifistisch gehandelt haben.


mt@mt-online.de

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